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Spät am Abend kam Sami heim, nachdem Anne Bäbi schon lange aufbegehrt hatte, der wäre gut nach dem Tod zu schicken, man wüßte doch dann, daß man noch einen Rung zu leben hätte; keifend empfing es ihn auch. Sami war nicht der, welcher viel in die Sachen redete, aber auch nicht der, der schweigend sich ungere recken ließ. Wenn er nicht früh genug sei, sagte er, so wär es ihm dann lieber, an selligi Ort schickte man ein andermal jemand anders; er hätte genug an einmal, und hintendrein dann noch balget zu werden, das sei ihm notti nicht anständig. «A selligi Ort?» fragte Anne Bäbi. «A wettigi sött me di de schicke? Öppe in es Schloß zum ene Landvogt?» Selb begehre er nicht, sagte Sami, «aber doch öppe zu Leuten, wo wüsse, was dr Bruch ist, und öppe o Vrstang hey.»
Anne Bäbi war in Verlegenheit, schweigen heißen konnte es ihn nicht; zum Teil war es selbst neugierig, zum Teil war es zu ungeduldig und ärgerlich zum Schweigen und hoffte mit Trümpfen dem Sami seine Sache zu vernütigen und ihn endlich zu gschweigen. Auf der andern Seite aber war Hansli da; Mädi kam immer wieder wie ghexet, gäb wie Anne Bäbi ihm Aufträge gab, und verflümeret ungern hatte es, daß sie hörten, was Sami erzählte, der sich durch Anne Bäbis Trümpfe im mindesten nicht irren ließ. Nur den Trost hatte es, daß Jakobli im Bett war. Daß er verhexet sein sollte, war ihm doch in den Kopf gestiegen, hatte ihm ganz wunderlich gemacht, und er war froh, sein unwillkürlich Bangen zu vergessen in den Armen des Schlafes.
Sami erzählte, gegen neun Uhr sei er auf dem Zyberlihoger gewesen und hätte wohl gesehen, wie man erst zwei Furen gefahren gehabt, und zwei Töchter seien erst dem Acker zugegangen; grad wie we me se dert häyche wett, sy si kniepet u hey si si dräyht. In der Küche ist die Bäurin gewesen, tat, als ob sie abwische; ich habe aber das Kaffeekännli wohl gesehen, wo si drin Kaffee gekochet hat für seye. Dieser hab ich meinen Auftrag ausgerichtet, und die hat ein Gesicht gemacht grad wie eine Kuh, wenn man ihr Blut herauslassen will; ich habe mich fast gförchtet. Darauf hat sie mich ausgeputzt, als ob ich in keinen Schuh gut wäre, ist mit dem Kaffeekännli ins Stübli gschosse und e Längi drinne bliebe, es het mi duecht, ih wett ungerdesse es Wyfaß ussuffe; wenn ih nit Bscheid hätt müsse ha, ih wär gange. Darauf ist sie heraus gekommen und ist an mir vorbeigeschossen wie eine Ferlimore we die Junge dusse sy, und ist uf e Acker use.»
Nun beschrieb Sami in die Länge, wie dort der Pflug stillgestanden, als die Bäurin dahergeschossen gekommen wie eine entronnene Wasserbütte, wie alles um den Pflug herumgestanden und die Hände verworfen, daß man hätte meinen sollen, sie wollten alle predigen auf einmal. Endlich hätte es eine Lücke gegeben und der Bauer und seine Alte und Lisi seien auf ihn zugekommen wie drei Bauernhüng uf ene Pommer; er hätte geglaubt, sie wollten ihn fressen eys Gurts. Mit dem Leben sei er zwar davongekommen, aber angerebelt hätten sie ihn, so hätte er noch nichts gehört, eins wüster als das andere. Sie hätten gemeint, man wolle sie zum Narren haben, sie auftagen und zuletzt z'leerem abspeisen, und hätten darüber wüst getan vom Tüfel. Er hätte sie machen lassen und nicht viel dazu gesagt, bis das Wüsttun ihnen zuletzt selbst erleidet wäre; da habe er gesagt, er wisse nichts angers, und er solle sie bestellen über vierzehn Tage, bis dahin werde es, so Gott will, gebessert haben; man könne aber nichts Bestimmtes sagen, dDokter wüßten selber nicht, was es sei, und bis einer darübergekommen sei, wisse man nicht, welchen Weg und wie lange es noch gehen werde.
Darauf hätten sie sich anfangen zu setzen, und er hätte wohl gesehen, daß ihnen etwas i Gring schieß, aber er hätte nichts drglyche getan, u sellig Hans obe im Dorf sinne nicht, daß einem Knecht auch etwas in Sinn komme, und daß er etwas merke. Sie hätten ihn endlich geheißen in die Stube kommen und ihm ein paar blaue Schnitz vorgestellt und e Platte voll Erdäpfelbitzli, denen man den Schmutz von weitem gezeigt und für ds angermal ihn versprochen, und beides hätte die Bäurin nur angehaucht, statt es zu wärmen, aber sie werde gemeint haben, so fürn e Hung vo Knecht sei alles gut genug. Während sie geglaubt, er nehme, hätten sie Gringe zämegsteckt und abgeraten, was zu machen sei. Und er hätte wohl gesehen, wie jemand abgelaufen, er hätte nicht gewußt, für was.
Es sei keine Stunde gegangen, so sei Einer dahergekommen, der hätte Beine gehabt wie ein Heustüffel und e Gring, won er no Tambur gewesen, so hätte er gerne gewollt, er hätte e selligi Trumme gha, und eine Kutte hätte er angehabt, er hätte gar nicht gewußt, was daraus machen, sie sei nit herrschelig gsi u nit e Länderkutte und o nit eini, wie dSchuhmeister afe heyge; du heyg er däicht, es werd eini sy uf dArgäuer Mode, das sei öppe die werklichsti, wo er ghört heyg. Wo sie den Mann gesehen, da wären sie ihm entgegengeschossen und hätten ein Brichten gehabt vom Tüfel ebe, und es hätte ihn duecht, wenn er ume es Zöpfli erwütsche chönnt vo ihrem Bricht, er wett de scho öppis wüsse drus z'mache. Es hätte ihn neue duecht, es sei nit dr wert, e sellige Lärme z'ha vo wege vierzeche Tage, we nit neuis angers drhinger wär.
Da hätte er sich leise hinausgemacht aus der Stube und sei vors Haus gegangen, während sie auf der andern Seite im Schopf gewesen. Glücklicherweise sei der Roßstall auf seiner Seite offen gewesen, e ganz dürgänte. In den hätte er sich hineingemacht ganz süferli bis z'hingerist, wo er afe etwas hätte merken können von ihrem Berichte; aber alles hätte er nicht mögen verstehen, gäb wie er aufgepaßt. Der mit der apartigen Kutte hätte am deutlichsten geredet, und der hätte gesagt, man solle pressiere, was man möge, es komme sonst etwas dazwischen; und wenn er nicht nach Burgdorf könne, so könne man das Nötige im Hause machen. Und je kränkner er sei, desto mehr tät ds Pressiere not; wenn einmal der Knopf gemacht sei, so hätte Lisi nichts mehr darnach zu fragen, und wenns scho müß gstorbe sy, su werd es sich nicht zTod pläre. Er glaube nicht, daß Gspäß drhinter seien, sonst hätte man sellig Leut bald im Bahre obe; man brauche ihnen nur ein paarmal Anschicksmänner zu senden und einige Kundmachungen, so gruppen sie gleich ein, und wenn man gar mit einem Eid komme, so sei es Feierabend mit ihrem Kuraschi. Wenn mans verstehe, so sei zu allem Grund da, und einmal ein Jahr oder zwei wollte er mit der Sach prozedieren, prozedieren, bis sie anekneueten. Am besten sei es daher, wenn Lisi ginge und gschauete, wie alles sei; es sehe gleich, ob Fantast darhinter sei oder der Kerli wirklich so übel krank, und je nach dem könne man dann luegen. Wenn man einmal sellig Schlitzhösler im Garn hätte, so entwischten sie einem nicht mehr, wenn man es nur ein wenig verstehe.
«Wo ich das so vernommen eins ums ander, hier ein Wort und dort ein Wort, so habe ich mich süferli wieder hinausgemacht und bin unter einen Baum gelegen; dort haben sie mich auch gefunden, als sie mich zum Essen gerufen, wo es bald zwei Uhr gewesen ist. Ich glaube, sie haben dort auch nur einen halben Tag, wie auch noch an andern Orten, wo man dem Betteln näher ist als dem Bauern. (Sami wußte natürlich nicht, daß das eigentliche Pariser Mode ist.) Ein Essen haben wir gehabt, ich begehrte nicht, daß die, welche es gekochet hat, alle Tage meine Köchin wäre. Eine Suppe war da: wenn einem ein Hosenknopf abgesprengt wäre und in die Kacheln gesprungen, man hätte ihn auf dem Boden von weitem gesehen, doch wars wohl eine zweimäßige Kachle. Brot habe ich nur ein klein Stückli gesehen darin, und das war noch auf der andern Seite, ich konnte es nicht erlangen. Die Erdäpfel waren nur halb gekocht, aber die Milch, die war schön himmelblau, es hat mich nur duecht, dSterne sötte fürecho, aber sie hey nit welle, es ist ne doch no z'früh gsi. Da konnte ich essen, wenn ich mochte, aber viel aß ich ihnen nicht ab. Es war bald drei, als ich gehen konnte mit dem Bescheid, Lisi werde die nächsten Tage kommen und sehen, was es geben müsse; aber sagen solle ich, ausnarren lasse man sich nicht.» Froh sei er gewesen, sagte Sami, als er endlich das Haus im Rücken gehabt; er sage es frank, dort möchte er nicht sein, und wenn man ihm des Jahrs hundert Kronen geben wollte.
Anne Bäbi machte alles Mögliche, um ihn z'schweigen; aber es mußte es erfahren, wie es einem geht, wenn man einen Sami einmal angestochen hat. Gäb wie es sagte: «Selb wird nicht wahr sein, das sind rechte Leute, aber sie haben dir nur nicht genug Ehre angetan, nicht wahr? Sie hätten dir kücheln sollen, und verstanden hast auch nicht, was sie hinter dem Hause zusammen geredet; das ist nur es Gstürm eso» – Sami blieb bei seiner Sache und hielt fest den Satz, das seien die wüstesten Leute, die er noch angetroffen; mit denen wollte er nichts zu tun haben, und wenn sie noch einen Zyberlihoger hätten und einen noch einmal so großen.
Wie üblich zündete Hansli noch im Stall, ehe er zu Bette ging, ob alles in der Ordnung sei; und als Sami ihm nachtrappete, sagte Hansli: «Wenns so wär, es wär mr doch neue zwider.» «Zell darauf», sagte Sami, «so ists; u so gwüß als dir das Mönsch is Hus überchömmit, heyt dr ke rühige Stung meh.» «Es wird doch müsse sy», sagte Hansli, «mit dem Prozediere ma ih nüt z'tue ha, lieber no meh Wybervolch.» «He», sagte Sami, «förcht du di ume nit! Ih ha hüt e Ton ghört, da het mr gfalle. Die Milch het nit welle darha; u no nit wyt bin ih gsi, so bin ih leere worde; es het mi duecht, ih syg ganz hohle, und es well alles zungerobis i mr. Ih ha müsse ychehre, u eys Wort het ds anger gä, u da het dr Wirt gseyt, es gelt jetzt alles nüt meh, u we nit es gschriftligs Ehevrspreche vom ene Notari syg u no drzu gut ungerschribe, su chönn me nüt meh mit eim mache. U so bist drus u dänne; we d ume recht puckte Bscheid gist, su lö si di, mi armi, rühig.» «Wes wär, es wär wohl gut u nützti doch nüt. Anne Bäbi het gseit, es müß sy. Gut Nacht!» antwortete Hansli kleinmütig. «Und es muß nit sy», sagte Sami halb für sich selbst, «und wenn ds Anne Bäbi hundertmal seyti, e sellige Elefant soll de nadisch nit i das Hus, es nähm mi de wunger!»
Am folgenden Morgen war Anne Bäbi noch müde, war unwirsch dazu und meinte, es müsse den Jakobli hüten, damit dä Tüfels Sami ihm nicht dr Gring großmache. Mädi mußte ablaufen zum Schnupfsäckeli mit scharfen Instruktionen, daß es ja die Karte nit füregäb, sondern luege, was es sagen wolle.
Als Talleyrand noch lebte und als Großbotschafter sechsspännig in einer großen Kutsche zusammengekauert wie ein halbtoter Affe von Hof zu Hof rollte in den wichtigsten Staatssachen und alle Welt Augen machte, ihn zu sehen, und alle Federvieher die Federn spitzten, um zu schreiben was er sagte, da mag er wohl kaltblütig gewesen und auf den Stockzähnen lachend an den Fingern abgezählt haben, wie Manchen er abermals über den Löffel barbieren wolle. Aber wenn ein junger Diplomat zum erstenmal mit bedeutendem Auftrag Kurier fährt, um irgendeinen guten Freund seines Herrn vaterländisch zu schwänzen, wie pocht ihm da nicht sein Herz, und Hoffnungen arfelsweise schwellen seine Seele. Hundertmal durchläuft er die Reden, die er halten will, stellt sich den Eindruck vor, den er macht, und sieht Orden hageldicht auf seiner Brust, sieht sich als Faktotum, als Staatsminister, als alles in allem. Und wenn er so hintenaus ist, so fängt er von vornen an, bis er wieder hintenaus ist, und so fort, bis er an Ort und Stelle ist.
Oder so ein junger Tagsatzungsheld, der zum erstenmal mit der Standesfarbe im Rücken in der Eidgenossenschaft herum sich kutschieren läßt in der üblichen Kutsche an die Tagsatzung, was keimt da nicht alles in seiner jungen Brust! Wer an die Tagsatzung fährt, dem hat das Vaterland einen Talpen auf die Achsel gelegt; ach, und wie lange gehts noch, bis es mit beiden Talpen auf seinen beiden Achseln ruht, bis der erste Sessel ihm wird, bis er Präsident einer Kommission wird, bis er der Öberist daheim ist, bis keiner mehr ob ihm ist, bis seine Frau mit ihm zufrieden ist, eben weil er jetzt der Öberist ist und sie die Frau Oberistin im Lande oder Ländchen. Ach, wie so süß und mild hats nicht schon in so mancher jungen Brust gewackelt, wenn sie zum ersten Male an die Tagsatzung gefahren ist.
Aber süßer und erhabener hat sicher nie eine Brust gewackelt als jetzt Mädis seine, als es den wichtigsten Gang seines Lebens tat in so hochwichtiger Angelegenheit, wegen Jakoblis Verhexetsein, zum Schnupfsäckeli. Daß Jakobli nicht krank war, das wußte es gar wohl; aber ob er nicht verhexet sein könnte, das war ihm zweifelhaft geworden; das wäre doch noch möglich, hatte es bei sich ausgemacht. Er war ungfellig von Jugend auf, und jetzt sollte er eine Frau nehmen, die er nicht mochte. War das ihm nicht angetan, daß er die haben müsse? Und konnte es Jakobli nicht insgeheim wirklich fehlen und immer mehr fehlen, solange er sich wehre, die Täsche, wie Mädi Lisi titulierte, zu heiraten? Und wie sollte es das vornehmen, daß es punktum das Rechte vernehme, ohne sich zu verraten? Ja, das alles waren Dinge, die einem Mädi zu sinnen gaben. Und wenn das Schnupfsäckeli ihm sagte, Jakobli müsse die Täsche nehmen, das wasche ihm der Rhein nicht ab, die seien einander geordnet: wollte es das sagen oder etwas anderes und es mit Jakobli auf das Äußerste kommen lassen? Das war ein Knopf, den es noch nicht aufgelöst hatte, als es nach vielem Fragen das Haus des bekannten Säckeli gefunden hatte.
Es fand eine kleine, alte Frau alleine, die handlich fluchend es bewillkommte und nach seinem Begehren fragte. Mädi erzählte, sie hätten einen Bub, e manierliche und e ordlige, wie me se jetz selte atreff. Allbets syge si no gsy. Und dä hätt sölle hürate, die Alti hätt ihm se gsucht, und jetzt werd er krank, und ke Dokter chönn ihm helfe, und all Tag werd er schlechter, und da syg ne gseit worde, er syg vrhexet, u es chönni säge, wer dHex syg, u wie me se chönn mache ufzhöre. Das sei so eine Sache, sagte das Säckeli, wo manchmal uchummlig usechömm; und dann sei noch die Frage, ob das von einer Hex chömm, so jung Burschte hätten manchmal etwas im Gring, es sei grad, wie wenn sie verhexet wären, und es sei doch nicht. Es nahm sein altes Kartenspiel, und während es die schmutzigen Blätter mischte, sagte es so im Vorbeigehen: «Es wird ihn blangen, bis er kann Hochzeit halten?»
Mädi sah in schauerlicher Andacht dem Mischen zu, denn es hatte gehört, ein grau Männchen setze sich zum Säckeli, sobald es zu wahrsagen anfange, und sage ihm die Geheimnisse; die meisten Leute könnten es aber nicht sehen, nur einige, die auch von den rechten Augen hätten, täten es deutlich wahrnehmen. Es nahm Mädi gar wunder, ob es rechte Augen hätte, und mit Herzklopfen sah es bald links, bald rechts, wo das graue Männchen sitze, und ob es etwas von ihm merke.
Als die unerwartete Frage kam, schrak es zusammen und antwortete: «O selb nit; es wäre ihm am liebsten, wenn er von der ganzen Sache nichts wüßte; aber die Alti wotts ghebt ha, u was die wott, das sött de sy.» Kaum hatte das Schnupfsäckeli die Karten vor sich, so rief es aus: «Ich habs doch gedacht, bim Dolder, was das für eine Hexe sei; eine Andere hat er im Kopf und möchte sie gerne und darf nichts sagen, und bis er die hat, wird er nicht gesund; und wenn er die Andere nehmen muß, so stirbt er, gäb ds Jahr ume ist, zell druf!»
Dem Mädi klopfte das Herz, ja es sprang hochauf, und mit wackeliger Stimme frug es: «Kannst mir nicht sagen, was für eine es ist, die er im Gring het?» «Es ist ein armes Meitschi, aber sust ist nichts wider ihns zu sagen, es werchbars und es husligs und es hübsches, und wenn er das überchunnt, so ist er glücklich; säg ume, ds Schnupfsäckeli heygs gseit!» «Es husligs un es hübsches, gäll, hest gseit», fragte Mädi, «un er schüch dEltere, gäll?» «Ja», sagte die Alte, «und sie sollten nur machen, daß es bald ab Brett gang. Die Andere werde sich wohl wehren, aber sie sollen sich nicht fürchten; wenn ds Hochzyt einmal vorüber ist, so werde sie sich schon setzen.» Mädi konnte kein Bein mehr still halten und frug: «Was bin ich schuldig?» «Kannst geben, was d witt!»
Anne Bäbi hatte ihm sechs Kreuzer gegeben zu diesem Zwecke; es legte aber Mädi extra noch einen halben Batzen zu und machte sich fort, als ob es Fäcken hätte. «Eini im Gring, e Armi und e Werchbari un e Husligi; das kann uf my armi Türi niemere sy as grad mi; er chennt ja sust keni, und wo ist eine werchbarer und husliger, wo, da will ih doch usbiete! U wege dr Hübschi het mr keni nüt fürzha; won ih jungs gsy bi, han ih e Hut gha wie gsalbet, un e Gring, son e rote, mi het nüt Schöners chönne gseh; und jetz möcht ih wüsse, won e Bräveri und e Hübscheri ist, wo dJahr het, won ih! Zähng han ih no meh as die halbe, und öppe e Gflischeteri als ih, für so hert, wie ih werche, gibts ds Lang uf ds Lang ab nit; u wenn ih einist Sühniswyb bi u de o übers Fleisch cha, wenn ih ma, u hingerestah bim Werche, so sölls bim Schieß nit lang gah, so gibe ih di brävsti und töllsti Büri, wo me gseh will; emel ds Halbe hübschen ih no u schwäre. Ih has doch geng denkt, es gang zletzt no so; es müßt ja sonst gar keine Gerechtigkeit sy im Himmel und auf Erde.»
Anne Bäbi werds ungern ha, aber jetz syge dHäng ihm bunge u ds Mul vrmacht, und es geschehe ihm i Bode yche recht, un es sött allne, wo sellige Hochmut heyge, so gah; si wüßte de, was dr Hochmut chönn. Es daure ihns nur der arme Bub, daß da sövli heyg müsse lyde sinetwege und e selligi Angst usstah, dachte Mädi und nahm sich vor, es well ihms de öppe luege z'vrgelte. Aber er syg selber dSchuld ei Weg, warum heyg er ihm nüt drglyche ta, u won es ihms uf dZunge gleit u fast graduse gseit heyg, es wett ne, warum heyg er ta wien es Meitschi, wo z'schüchs syg, ja z'säge, u dEltere zWort heyg! E Bueb syg doch nadisch kes Meitschi. Wohl, wenn es es fry eso recht gwüßt hätt, der alte Käsgepse hätt es welle dr Marsch mache, u dSach wär längst am Ort. Es freus wegem Sami, dem Schnürfli well es de drGring i Bahre uchebinge, daß er de wüß, daß er e Meister heyg. Wer Mädi zugesehen hätte, wie es heimzog, hätte meinen können, es tanze ein Irrwisch des Wegs entlang, ein etwas massiver freilich.
So glücklich ist sicher kein sechsspänniger Diplomat von seiner Mission heimgefahren und kein zwei- oder dreispänniger Tagsatzungsherr, und wäre er auch in zwei oder drei Kommissionen gewählt worden statt nur in eine, als Mädi tanzend seines Weges trampelte. Daß ihm erst kunterbunt alles durcheinander im Kopfe brauste, wer will sich dessen wundern? Wieviel Flachs es pflanzen wolle, und wie im Kabisplätz eine andere Ordnung sein müsse, und daß es wenigstens eine Sau mehr erleiden möge, und gäb es Ching bigehre oder nicht, und noch eine ganze Menge anderer Dinge.
Nach und nach setzte sich der Sturm, und Mädi bekam diplomatische Gedanken. So gerade mit der Türe ins Haus, dachte es, wolle es nicht. Jakobli muß es selber bikenne, wen er im Kopf habe, er müsse selber füre mit dr Sprach; mi müß ihm nachher nit fürhalten, es hätt öppis gloge oder dem Säckeli es paar Batze gä, daß es ihm i Kram red, o Jere de! Sie müßte ihm denn cho aha unds dr tusig Gottswille bätte, daß es si drzu lay vrstah, u de nähm es viellicht no Bidenkzyt; es wüßts no nit, aber es heyg ghört, das syg unger de Fürnehme dr Bruch. Es wolle nur sagen, ds Schnupfsäckeli hätte gesagt, die, won er sött ha, töt ne churzum, wenn er se näh müß; hingege heyg er e Angeri im Kopf, wenn me ihm die löy, su chömm er zweg u werd glücklig. Meh hätt es nit welle säge, gäb wie es gfraget heyg und ihm agha. So wolle es reden, ganz kaltblütig, wie wenn ihns die Sache nichts anginge; die werde de aber lose, wenn es endlich dKarte füregäb! Gar königlich freute es sich auf die Geschichte, fast soviel als auf den Bub; und was Anne Bäbi mit für einer Rede komme, das mochte es fast nicht erwarten.
Zeitlich kam Mädi heim mit einem recht gelassenen Gesicht, wie es die zu machen verstehen, die etwas hinter den Ohren haben. Anne Bäbi empfing es sehr freundlich und sagte, so sei es doch noch öppere uszschicke, we me de o heimchömm us nit mach wie Sami, dä Muffi; es hätt fast nit möge erwarte, bis es chömm, «u was hest für Bricht?» «He, gute oder böse, wie d witt», sagte Mädi, «vrhexet ist er nit.» «Nit?» sagte Anne Bäbi, «Herr Jemer! Was fö mr de a; ist de nüt meh z'helfe?» «Wohl, het ds Schnupfsäckeli gseit; mi chönn, wenn me well enangerenah.» «Su sägs», sagte Anne Bäbi, «u schleipf eim nit so im Gwunger desume!» «Ich will es dir schon sagen», erwiderte Mädi, «aber zürns denn nicht an mir und häbs ungern; ich vermag mich dessen nicht und habe es nicht ersinnet. Ds Schnupfsäckeli hat gesagt, es steck dem Jakobli eine Andere im Kopf; wenn er die bekomme, so komme er zweg und werde glücklich; wo aber nicht, und solle er die haben, wo du ihm geben wollest, so sterbe er; darauf könnest du zählen; denn die Krankheit komme nur daher, daß Eine in ihm stecke und er es nicht sagen dürfe.»
«Das hast du erheyt und erloge, graduse!» schrie Anne Bäbi «und das chunnt alles ume vo dir u süst vo kem angere Mönsch. Öppis Dumms eso het ds Schnupfsäckeli nit gseit, un im Gring het Jakobli keni; sövli schlecht ist er doch no nit, daß er syr liblige Mutter, won en unger em Herz treyt het, selligs zleid tät.» «Mira, glaubs oder glaubs nit», sagte Mädi, «mach, was d witt! We d di Bueb ungere Herd witt, su zwängs; du hest es de u chast luege, ob ih gloge ha. De chast dr dAuge us em Gring pläre; aber de ist es z'spät. Mach jetz, was d witt; ih ha dr gseit, was ih vrno ha, u dr Reste geyht mi nüt meh a.» «Ih merke di wohl», sagte Anne Bäbi, «u ih merke die, wo dir das agä hey; aber es söll euch nüt nütze!» «Mach, was d witt, hest ghört», antwortete Mädi, «ih will ke gsungni Stung meh ha, wenn mir öpper öppis agä het, oder wenn ih es Wort gloge ha; aber we dus witt uf em Gwüsse ha, su häbs, was frage ih dem drna!» «Bigehr ume nit grad eso uf!» sagte Anne Bäbi, «es wird doch öppe erlaubt sy, z'frage, u we geng alles gege eim ist, su het me Ursach, z'zwyfle; u de het Jakobli niemere im Gring, das müßt ih ja wüsse!» «Su frag ihn!» sagte Mädi, «das chast grad erfahre, wenn er dr offeniere darf; aber du bist geng e Uflat gsy gege dim einzige Ching und hest ne kujiniert, es ist ume dFrag, ob er dr darf dWahrheit säge, oder ob er nit lieber geyht ga sterbe.» «Das soll mir niemand nachreden», sagte Anne Bäbi, «und so komm mir nadisch nit; sust sy mr de bald lang gnue binenangere gsy; u uf dr Stell will ih jetz hinger e Bueb, er muß mit dr Wahrheit füre; es wird si de scho zeige, wer recht het!» «Gang ume», sagte Mädi, «u wenn ih de z'lang dagsy bi, su bruchsts ume z'säge; ih will niemere im Weg sy, o Jere!» Anne Bäbi hörte die letzten Worte nicht mehr; es war hinausgeschossen nach Jakobli. Mädi sah schmunzelnd ihm nach und sagte: «Das wird afe lose; aber ih man ihms gönne; un erst jetz will ih mi recht gstabelig mache, u si müsse mr aha fry uf de Chneue, ehn ih säge, mira!»
Anne Bäbi schoß hinaus, und Angst und Grimm stritten sich in seinem Herzen, und bald war das eine oben, bald das andere; taubs war es über die ganze Welt. Bleich und träumend saß Jakobli noch an der Abendsonne, die eben über dem schwarzen Tannwald stand so schön golden und groß und den Menschen zeigte, was die Sonne selbst aus schwarzen Tannen zu machen vermöge, damit sie denken möchten, was aus dunkeln Gemütern zu werden vermöchte, wenn groß und golden die Sonne über ihnen stände, die in die Welt kam zu der Welt Erleuchtung. Aber Anne Bäbi achtete sich der Sonne nicht, wie schön sie auch war; es hätte ihr wüst gesagt, wenn sie ihm auf irgendeine Weise bemerkbar in den Weg gekommen wäre.
«Fehlts dr no?» rauzte es barsch den träumenden Buben an. «Ganz wohl ist es mir nicht», sagte Jakobli weichmütig, «aber es wird schon bessern, wenns Gottes Wille ist.» «Weißt, daß Mädi zruck ist, u was es für Bscheid het?» fragte Anne Bäbi. «Ih hocke scho lang da u ha niemere gseh», gab Jakobli gleichmütig zur Antwort. «Du söllest nit vrhexet sy», sagte Anne Bäbi. «Es het mi doch o duecht», antwortete Jakobli, «ih ha ja myr Lebtig niemere nüt zleid ta u bi niemere i Weg cho.» «Weißt, wos dr fehle söll?» «Wie wett ihs wüsse, wes ke Dokter weiß» antwortete Jakobli. «Im Gring sölls dr fehle», antwortete Anne Bäbi. «Mit Kopfweh hets agfange», sagte Jakobli, «aber es duecht mi, es ziehe ab.» «Tue doch nit drglyche, du merkist nüt; das ist schlecht vo dr, dMutter so ga azführe u da eso drNarr z'mache!» «Wäger, Mutter, weiß ih nit, was d meinst, u agloge ha di myr Lebtig nit.» «Hest de nüt im Gring?» fragte Anne Bäbi. «Nei wäger nit, Mutter», sagte Jakobli, «ih wüßt nit, was ih wett drin ha?» «Nu, so gseht me doch de, was son e Dolders Wahrsägere cha; jetz weiß ihs, was uf ne z'ha ist. Geyht die nit ga säge, du heygist Eini im Gring und mögist Lisi nit, u das mach di krank u z'sterbe, we d se ha müssist. Ih wills Mädi grad ga säge; es cha de gseh, was es für Bricht bracht het; aber ih has doch gwüßt, daß du keni hest u mr das Herzeleid nit anemachist!»
Während die Mutter so redete, dünkte es Jakobli, man fahre mit zweischneidenden Messern im Herz herum, und unterdessen schwebte ihm von den goldenen Tannenspitzen her ein wunderholdes Bild mit süßen Augen und goldenem Haar und stellte sich vor seine Seele, und es war ihm, als frage ihn das schöne Bild: «Willst du mich verleugnen vor den Menschen?» Und es fiel ihm ein, daß er der Mutter versichert, er habe ihr noch nie gelogen, und hatte er nicht etwas vor in seiner Seele, und dieses Etwas zehrte an seiner Seele, und je mehr und mehr, je näher er Lisi kam? Und war das nicht nun denkbar, daß die Wahrsagerin sah, was in seiner Seele war und kein Mensch wußte? Und war dieses nicht eine Fügung, daß er reden müßte, wenn er nicht sterben wolle?
Wie bei dem Ertrinkenden die Gedanken nicht kommen einer ehrbar nach dem andern, sondern in Massen ins Bewußtsein treten, wie in entscheidenden Lebensmomenten überhaupt die Tätigkeit des Geistes eine ganz andere ist, als wenn in gewöhnlichem Gange die Dinge kommen und gehen, so drängten in diesem Augenblick Bilder und Gedanken in des armen Knaben Seele in nie empfundener Fülle; aber sie fanden nicht Kräfte zum Handeln, nicht Worte zum Reden, sie fanden nichts als den geheimnisvollen, heiligen See, der im Heiligtume jeder Seele seine heiligen Wellen schlägt, in jeder Seele nämlich, die noch ein Heiligtum hat, bei der nicht alle Mauern niedergerissen, der Grund durch unheilige Füße hart getreten, mit Frechheit und Lastern gepflastert worden.
In solchem Heiligtume schlägt der klare See seine kühlen Wellen; sie werden nicht sichbar in gewöhnlichen Tagen, aber wehen dem getreuen Arbeiter Kühlung zu in süßer Arbeit, stärken ihn, wenn er ermatten will, geben höhere Weihe jedem Tagewerk, höheres Ziel jedem Streben, läutern das Unreine und brechen die Kraft der Pfeile, welche der Teufel auf getreue Herzen schießt, und waschen rein die Wunden, welche Mißkennung getreuen Herzen schlägt. Nur wo Schmerz wie glühend Eisen in die Wellen zuckt, da brausen sie auf, und ihre Spitzen dringen ans Licht, rollen groß und schwer zutage und zur Erde nieder, oder wo Kummer das Herz zusammenpreßt oder die innigste Angst den Grund der Seele aufwühlt und zutage wirft oder die Freude nach langem Bangen wie ein kühner Windstoß nach langer Windstille die Wellen aufreget und mit silbernem Schaume ihre Häuptlein krönet.
In den Kindern wohl, bei denen noch keine verhärtete Brust ist, deren ganzes Wesen sonder Mauern zutage liegt, da schäumt und schlägt seine Wellen sichtbarlich alle Tage dieser See; aber selten einer schaut sie mit kundigem Auge und lernt ihre Bedeutung. Allmählig zieht er seine Ufer zurück, allmählig verhärtet sich, was täglich vom Täglichen berichtet wird, zu den Mauern um den heiligen See. Wohl mag hie und da diese Verhärtung gestört werden, die Bildung der Mauern unvollkommen sein; es mag ein Loch bleiben, das alle Tage rinnt; es mag dieser See vertrocknen, von giftigem Winde verzehrt; die Mauern mögen fallen, vom Roste der Laster zerfressen.
Wo aber der Mensch aufwärts schreitet in seiner göttlichen Vervollkommnung, da werden die Mauern um den See höher, dichter, alle Tage tiefer und klarer der See; seine Wellen schlagen weniger hoch, schlagen seltener über die Mauern; Steine erzeugen keine Gewitter mehr; die bewegenden Kräfte verlieren ihre Macht, wenn sie seine Wellen berühren; aus dem Schmerz wird der Brand gezogen; der Kummer saugt das Vertrauen ein, die Angst löst sich auf wie Morgennebel in der Sonne, die Freude verklärt zum klaren Spiegel sich. Nur die Sehnsucht noch zieht des Sees Wellen höher und höher, und wenn das alternde Auge gen Himmel blickt, dort oben die verheißene Wohnung sucht, nach dem Winken der Lieben forschet, da glänzen die Häupter der Wellen des heiligen Sees im alternden Auge und funkeln in ihren strahlenden Wassern. Dann kömmt die Stunde einmal, wo diese Wellen sich legen zum klaren Spiegel; über die Mauern wehen keine Winde mehr, ewige Ruhe weilet auf den Wassern; da taucht aus denselben auf Jehova, voll seiner Herrlichkeit erglüht der See. Dann fallen die Mauern, der See rauscht auf; er wird zum heiligen Strome, auf dem Jehova dahinfährt, dahin, wo die Rätsel wohnen, die kein sterbliches Auge enthüllt.
Aus diesem See herauf rauschten die Wellen, erregt durch des Knaben unendliches Bangen, und groß und schwer drängten sich die kristallenen Tropfen aus Jakoblis Auge, und goldener spiegelten sich in selben die letzten Blicke der scheidenden Sonne. Wie im Lichte Diamanten leuchten und Strahlen werfen ringsum, so trafen die funkelnden Strahlen aus Jakoblis strömendem Auge des zornigen Anne Bäbis Augen, als es sich eben wendete dem Hause zu: «Was plärist? Was hest?» schnauzte es seinen Knaben an, doch hatte die mütterliche Angst den Zorn schon gelöscht aus den Tönen des letzten Wortes.
»Ach Mutter», sagte Jakobli, «wenn ich dir etwas sagen dürfte! Aber du bist so bös mit mir, und längi Zeit schon hast du mir kein freundlich Wort gegeben. Was ich dir zuleid getan, das weiß ich nicht, aber expreß gwüß nüt.» «Jetzt soll ih no bös gege dr sy, Herr Jemer!» sagte Anne Bäbi, «u sinne ih Tag u Nacht nüt angers as für di u ha mr die letzti Zyt no fast dBei unger abglüffe u soll jetzt no bös gege dr sy! So, ist das dr Dank drfür, für das, won ih für di tue u sinne? He nu so de! Ebeso mähr das o no! Su säg grad no, was de z'säge hest u z'klage, ih wills i Gottsname ertrage.» «O Mutter, we d grad höhn wirst, su cha ih dr nüt säge; ih will lieber sterbe, wie dWahrsägere gseit het, u si wird recht ha.» «Was, was recht?» sagte Anne Bäbi, «hest de Eini im Gring? Du Uflat du, was de bisch!» «We d so chunnst, Mutter», sagte Jakobli, «so kann ich dir nichts sagen; du hast gehört, ich will lieber sterben und je eher, je lieber, u lang gehts nicht, ich gspüres am beste.» «Jawolle sterbe, du Löhl! Wer redt vo sterbe? Aber su red doch, hest de Eini im Gring oder nit?«
«O Mutter», sagte Jakobli, «aparti nit; aber es Meitschi han ih gseh u chas nit vrgesse; won ih gange u stange, steyhts mr vor de Auge, und wenn ih schlafe, so chunnts mr vor und hocket by mr ab; dNacht ist ume, ih weiß nit wie. Ih cha wäger nüt drfür, Mutter; nagloffe bin ihm nüt, und mängist han ih welle a öppis angers sinne, aber gang u mach Nacht, was Tag ist, u vrhäb dSunne, we si schyne will! Ih vrma mi desse nüt, es wird so ha sölle sy; allemal wenn ihs gseh ha, han ih nit uf e Weg welle u nit vo Hus bigehrt, u du hest mi nachegführt oder mi gschickt, ih ha müsse gah, u de han ih das Meitschi gseh, und es ist mr allimal gsi, als wenn ih e Engel gsächt, und wenn es wieder furt ist, so het es mi duecht, mis Herz gang mit und wenn ih ume o mitchönnt, wärs, wohi es well, in es wits Land oder i Chilchhof, oder wos wär, es wär mr alles glych. So ists mr, Mutter, aber säge han ih nüt welle, ha kem Mönsche drvo gredt, ha welle drbi sterbe; u wie das dWahrsägere het chönne wüsse, weiß ih nit, aber vrma tue ih mi desse nüt, u zürn mr wäger nüt!»
Unterdessen war Anne Bäbi dagestanden wie verschmeyet; von selligen Dingen, von Engeln und Tag und Nacht und Sterben hatte es sein Lebtag nie gehört, und alles das war in Jakoblis Gring, und es wußte es nicht; und an allem sollte es noch schuld sein, weil es den Bub von Haus genommen, und punktum wußte dies das Schnupfsäckeli; das alles stürmte auf ihns ein, daß ihm längs Stück Maul und Nase offen blieb. Endlich schnappte es Luft und frug: «Aber Mädi het drum gwüßt, gäll, u das ist es abgeredts Spiel, für mi lings z'mache u für e Narre z'ha?» «Nein, wäger nicht», sagte Jakobli, «kein Mensch hat darum gewüßt, auch kein einziger, der Ätti nit, dr Sami nit u ds Mädi de gar nit.» «Aber wem ist de das Mönsch, wo si da so ygnistet het bi dr? Es wird e suferi More sy, daß d niemere drvo säge darfst; es wird drs verbote ha, damit ere niemere zBöst redt, wie sis mache, die, wo die nütguetsigiste Trücher sy.» «O Mutter, red nit so!» sagte Jakobli, «ds Meitschi weiß so weni as du u ds Mädi drvo, u du hest fast meh mit ihm gredt as ih.» «Seh, red, wem ists? Es laufe dere Schlärpli soviel desume, daß ih nit weiß, weles es ist; es wird es lustigs Bettlermönsch sy, daß es bis jetz nit hesch dörfe säge, e sufere Engel, ja, we dEngel vo Dreck u Lüse anstatt Fäcke gmacht wäre u Fotzle hätte zringsum.» «Nei, Mutter, es Bettlermönsch ist es nit, u Dreckigs han ih nüt an ihm gseh. Bsinn di nume, es ist das Meitschi, wo byn is gritte ist vo Solothurn, u wo mr du wieder gseh hey da bim ene Bohneplätz bi Raxige, u du han ihs wieder atroffe, won ih vom Zyberlihoger cho bi u vrirret gsi bi u niene meh usegwüßt ha.»
In Anne Bäbi kämpfte es auf und nieder, und es wußte lange nicht, was sagen. Es sah, Jakobli war aufrichtig; aber daß es jetzt mit Lisi nichts sein sollte, das war ihm schrecklich, das konnte es nicht verwerchen, und das Schnupfsäckeli hatte den ganzen Handel gewußt und vom Sterben geredet, wenn er Lisi nehme! Es war zwar sehr geneigt, zu glauben, es habe das Ganze nur erraten, und das vom Sterben sei es Gstürm; aber trauen durfte es doch nicht recht, bsungerbar da Jakobli geweint, als von Lisi die Rede war. Es sagte daher nur: «So, selb Schlärpli ists mit dem Dittigfräß, wo ihm en iederi Fleuge, wo draflügt, e Plätz abmacht, u wo me nit aluege darf, us Furcht, es überchömm Brämi im ganze Gsicht ume? Das ist mir e suferi Gschicht, un ih wott mit allem nüt meh z'tue ha; mira, lueg du zu, un ih wett, ih wär ungerem Herd!»