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XIII.
Denunciationen gegen das weibliche Geschlecht.

»Platon, der im Zweifel zu sein scheint, ob er das Weib zu den vernünftigen oder vernunftlosen Thieren ordnen solle, wollte dadurch nur die große Narrheit dieses Geschlechts andeuten.«

( Erasmus, Lob der Narrheit.)

* * *

a) Frauenzimmer-Raison.

»Die Männer wollen in allen Dingen überzeugt sein; die Frauen begnügen sich damit, überredet zu werden.« ( De Beauchené.)

»Worüber ein Mann ein Jahr hindurch nachgedacht hat, das stürzt eine Frau in einem Tage um.« ( Demosthenes.)

»Die Frauen haben zu viel Phantasie und Erregbarkeit, um viel Logik zu haben. Frauen sind gründefest,« hat Börne gesagt.

Nach meiner Ueberzeugung kann der Mann den Frauen keinen ehrlichern Respect beweisen, als wenn er mit ihnen, wie mit ebenbürtigen, d. h. mit Wahrheit liebenden Wesen, und nicht wie mit solchen Geschöpfen spricht, die vermöge ihrer vorherrschenden Sinnlichkeit nur durch einschmeichelnde Phrasen bei liebenswürdiger Laune zu erhalten sind. – Der Aerger solcher Frauen, die sich von meinen Denunciationen getroffen fühlen, darf mir keine Gewissensbisse machen; und Diejenigen, welche meinen Charakteristiken nicht ähnlich sehen, brauchen sie nicht auf sich zu beziehen. Die Anklage auf Verläumdung und Carrikatur muß Jeder auf sich nehmen, der den Leuten unbequeme Wahrheiten sagt und dabei den Nagel auf den Kopf getroffen hat; was endlich das beliebte Requisit der Liebenswürdigkeit für den Autor betrifft, so ist es Zeit, daß den um ihre Grazie und Anmuth verwöhnten Frauen eine Art von Ungeheuer auf den Hals geschickt werde, weil an einem solchen sich ihre Schönheit und Liebenswürdigkeit desto besser contrastirt. – Daß die Damen sich am besten auf diesen Vortheil verstehen, kann Jeder aus einer Musterung von Ehe-Paaren entnehmen, falls er die Ungeheuer in allen Gestalten und Masken heraus zu finden versteht. Den Frauen gegenüber bleibt der Mann halb ein Narr; er sei ihr Eheherr, ihr Bräutigam, ihr Sachverwalter oder ihr Freund. Er erklärt ihnen einmal und zehnmal dasselbe; er explicirt, er demonstrirt, daß es eine Art hat; er wolle es eben so, weil es nur so und zu der Zeit seinen Zweck erfülle, anders aber nicht; er spitzt die Argumentation, und er begründet sie so gründlich, daß ein Zaunstecken davon Wurzel kriegen könnte; er accentuirt den casus quaestionis mit aller möglichen Mimik und logischen Emphase; die Dame fürchtet auch einen Augenblick das hereinbrechende Donnerwetter; aber den geistigen Effect, den, welchen das Argument als solches, die Wahrheit als Wahrheit machen soll: den respectirt das Weiblein nimmermehr; – sie respectirt nicht von Herzen, sondern nur nothgedrungen und in halber Verzweiflung Gesetz und Recht.

Der Mann kann reden, was er will: das Wort ist für ein richtiges Frauenzimmer keine geistige Macht. So lange sie leidenschaftlich bewegt ist, scheinen ihr die Vernunftgründe, welchen das Wort dient, eine von den Männern erfundene Schul-Pedanterie, ein gelehrter Hokus-Pokus zu sein. Sie hört nicht auf Gründe, sie gelten ihr als unausstehliche Zumuthung, als eine Beeinträchtigung ihres Gefühls und ihrer Herrschaft durch weiblichen Instinct. Ihre Logik ist der Affect, sie fühlt nur ihre Stimmung, ihr Interesse; sie bezieht Dinge und Verhältnisse nur eben auf ihre Person. Welch ein Unrecht anderen Leuten geschieht, und was die Sachen als solche auf sich haben, das begreift und behält eine Frau selten in dem Falle, wo ihr Interesse oder ihre Antipathie in's Spiel gekommen ist. Ja, während der klarsten, bündigsten Auseinandersetzung ist die Zuhörerin nur mit ihrer Alteration und Opposition beschäftigt, und nimmer bei dem Object oder der Nothwendigkeit. Das Wort ist ihr, sobald es Träger und Stellvertreter des Geistes sein, sobald es absolute Geltung haben soll, nur Schall. Sie läßt höchstens Pathos, Emphase und Deklamation an sich kommen, wie in einem Schauspiel. Die Darlegung wirkt auf sie allenfalls rednerisch, mimisch, plastisch, selten als überzeugende Macht. Wenn alle Beweisgründe erschöpft sind, und der Sprecher die Wirkung entgegenzunehmen vermeint, um deretwillen er seinen ganzen Redewitz auf die Croupe parirt und all seine Logik, alle Eloquenz in beide Hände genommen hat: so kommt Madame auf denselben fatalen Punkt, auf denselben Nonsens wieder zurück, von dem sie ausgegangen war; und alle rhetorischen Künste, alle aufgewendeten Vernunft-Gründe gelten für nichts.

Nun geräth der Mann außer sich, er ist empört; ein Stück Kupfer läßt sich vom Hammer zureden, bis es ein Theekessel wird; in Stein und Stahl lassen sich Worte graviren, warum nicht in die tabula rasa, in die unbeschriebene Daguerreotypplatte einer Frauen-Vernunft?

Der ruhigste, gleichmüthigste Mann muß verzweifeln, wenn die Menschen-Vernunft nicht mehr verfangen will. Aber Madame soll partout Raison annehmen. Die geharnischten Gründe werden ihr nochmals an zitternden Fingern, mit bebenden Lippen, mit blitzenden Augen, mit von Ingrimm gepreßter Stimme hergezählt; jedes Wort wird so betont, als wenn es Geister beschwören und Gestorbene erwecken soll. Die Argumente werden der Hartnäckigkeit wie Daumschrauben angesetzt; die ganze Beweisführung wie eine Pistole auf die Brust gehalten; die Vernunft wird ihr auf den Kopf zugesagt, und gleichwohl wieder abgefordert, wie man einem Menschen, der im Verdacht des Irrsinns steht, die Beglaubigung seiner gesunden fünf Sinne abverlangt. – Madame soll sich kurz und deutlich erklären, ob sie begriffen hat; sie soll gar nicht sagen, was sie thun oder lassen will; das Object des Streites und dessen Erfüllung soll Nebensache bleiben; der Mann will nur die Satisfaction haben: daß er Recht hat, daß seine Ehehälfte Menschen-Vernunft besitzt und respectirt. Es gilt jetzt nicht mehr ein materielles Interesse: Frau Gemahlin sollen factisch ihr Stück durchsetzen; es soll nur im Interesse der Wahrheit, der Logik, der Menschenwürde eine Erklärung abgegeben werden: dies aber ist die zur Vernunft Gepreßte nicht capable; das ist zuviel von ihrer Frauenzimmer-Natur gefordert; es bricht ihr das Herz. Sie fühlt sich maltraitirt; sie hat vor Alteration nur Worte gehört, und ist als Tragödin nur mit ihrem Leidwesen beschäftigt gewesen. – Sie begreift nur ihr grenzenloses Elend, die dialektische Barbarei der Männer. Jetzt brechen auch die langverhaltenen Thränen hervor und schwemmen alle Rhetorik, Logik und Erörterung fort: das ist Weiber-Raison! Man muß das Fischlein seinem nassen Elemente überlassen; und am wenigsten darf man hoffen, diesen Fisch im Wasser, d. h. im elementaren Unsinn, in der flüssigen Confusion ertränken zu wollen. Die Scene war für nichts, und Alles bleibt beim Alten bis ans sanftselige Ende. Die Natur läßt sich nicht zwingen, und am wenigsten die Frauen-Natur. Sie verliert von der Grammatik, von der Logik: Appetit, Fülle, Witz, Teint, Grazie, Liebenswürdigkeit und Lebhaftigkeit. Ist das Weiblein unsere Eheliebste, hübsch und graziös, der verunglückte Vernunftsprediger obendrein verliebt, so wird die Differenz bald ausgeglichen; denn ein hübscher koketter Unsinn, eine Unvernunft, die sich mit einem junonischen Wuchs, mit runden Armen, mit blitzenden Augen und so weiter in Scene setzen kann, ist doch immer eine versöhnlichere Erscheinung, als eine Gouvernanten-Vernünftigkeit, die gar nicht zu den Sinnen spricht; denn sinnlich sind wir Männer nun einmal, eben wegen der Contrebalance für unsere Vernunft.

Ein platonischer Damenfreund ist in der Regel ein unmännliches Ding; d. h. ebenso unvernünftig und schwächlich construirt, wie das Frauenzimmer, dem er sich ansympathisiren will. Von männlichen Differenzen ist in solchem widernatürlichen Verhältniß nicht die Rede, und von männlichen Satisfactionen ebenfalls nicht. Einen Fall giebt es aber, der vollends zum Erbarmen eingerichtet ist: wenn nämlich ein rechter Mann: der Untergebene, der Bevollmächtigte und der galante Freund eines eitlen, von allen Grazien verlassenen alten Weibes sein muß; wenn etwa der Schwiegersohn die Geschäfte seiner Frau Schwiegermama verwalten muß. Entweder wird dann der Dame Raison beigebracht, oder die Pietät bringt den Schwiegersohn um's Leben. Mit der corruptesten Mannspersonnage läßt sich plaidiren, läßt sich irgend ein Abkommen und Ende finden, bei jedem Mannsbilde verfängt irgend ein Manoeuvre, aber nicht bei einem Weibe, welches ihr Interesse und die Autorität ihres Eigensinns gefährdet glaubt. Sie ist in diesem verzweifelten Fall ohne Vernunft und Charakter, ohne Methode und Consequenz, ohne Einsehen und Billigkeit, eine Feindin jeder Geschäftsform und Präcision, ja sogar ohne Gewissen und Barmherzigkeit. Sie will ein Geschäft machen, aber gar nichts riskiren; sie will riskiren, aber nichts einbüßen; sie will zuletzt einbüßen, aber es soll ihr nichts kosten. Geizig sind bekanntlich alle alten Damen; Karte spielen ist ihre Leidenschaft, aber mit der Bedingung: daß sich der Cavalier aus pflichtschuldiger Artigkeit das Geld abgewinnen läßt. – Langweilig sind alle gealterten Damen und schwer zu amüsiren, sobald sie nicht ihre verwitterten Coquetterien zum Besten geben können, oder sich als Gegenstände der Verehrung und Aufmerksamkeit bezeichnet sehen. – Geschäftsconfus sind freilich alle Damen ohne Ausnahme, die jungen wie die alten: aber die alten keinmal zu ihrem Nachtheil, wenn es Geldberechnungen gilt. Mißtrauisch sind Alle von Rechtswegen und neugierig schon um deswillen, weil sie so mißtrauisch sind. Mitleiden haben sie in verschiedenen Fällen, z. B. in Krankheitsfällen, von denen sie mehr angeborne Kenntniß und sublime Diagnosen haben, als ein Medizinalrath bis zum Jubiläum erwirbt; aber mit ihren Gläubigern und mit ihren Schuldnern verfahren sie mehr als barbarisch: nämlich ohne Sinn und Verstand. Daß ein vom Gericht anberaumter Termin nicht versäumt werden darf, daß er mit sammt dem Prozeß verloren geht, wenn es ein peremtorischer Termin in allerletzter Instanz war: das können wiederum Frauenzimmer nicht begreifen; nämlich im bestimmten Falle nicht, und falls ihnen die Leidenschaft über den Kopf gewachsen ist; denn in abstracto und wenn sie sich nach einer Wahrheit nicht zu richten haben: sind sie oft scharfsichtiger wie der Mann. Z. B. ein gefälliger französischer Astronom zeigt seinen bekannten Damen eine Sonnen- und Mondfinsterniß noch extraordinair; und ein höflicher deutscher Sachwalter weiß den Prozeß immer noch einmal in integrum zu restituiren, nachdem er durch die Nachlässigkeit der weiblichen Interessenten bereits in allen Instanzen verloren worden ist. Es muß Alles gehen; auch das Recht muß flöten gehen, sobald ein liebenswürdiger Cavalier, liebenswürdigen Damen gegenüber, seine Verpflichtungen begreift.

Frauen vermengen unaufhörlich das Geringfügigste mit dem Wichtigsten, die Nebensachen und die Hauptpointen, die Halssachen und die Eitelkeiten, die Person und die Sache, die Toilette und den Prozeß.

Das punctum juris bringt ihnen kein alter Justiz-Minister und kein junger Rechts-Anwalt bei, auch wenn sie Beide Gras wachsen hören; denn naturwüchsig mögen die Frauen sein, aber rechtswüchsig sind sie so wenig wie die Botokuden oder die Engländer, wenn sie gut gelegene Acquisition machen wollen. » Gerechtigkeit kommt nicht aus dem Gesetz der Natur«, hat bereits der Apostel Paulus gesagt.

Von zwei Uebeln können Frauen so lange nicht das kleinere wählen, bis ihnen das größere auf den Hals gekommen ist.

Sie wollen z. B. ein großes Haus bauen, aber kein tiefes Fundament legen; es soll drei Stockwerk haben, aber ohne die Unbequemlichkeit von Treppen, und der Keller soll wo möglich in jedem Stockwerke sein; dafür ist ja der Bau-Inspector ihr Geliebter, oder ihr lieber Mann und Freund. Sie wollen eine Reise thun, aber es gleichwohl bequemer und wohlfeiler haben, als zu Hause: es soll ohne Packwagen abgehen, aber doch mit zwölftehalb Schachteln, denn eine halbe dingt man endlich ab. Ihr Reiseziel liegt nach Norden, sie möchten aber nach Süd-Westen kutschiren, weil es zufällig von Nord-Osten in den Kutschenschlag bläst. Eine Frau hat z. B. ihr Landgut verpachtet und jammert hinterdrein über den prächtigen Getreide-Einschnitt, den sie auch so gut machen konnte wie der Pächter. Sie hat endlich das Gut verkauft und das Geld in der Tasche, aber sie ist ganz befremdet, daß zuletzt wirklich abgezogen und das Gut übergeben werden muß. – Daß die Sachen sich nicht zugleich behalten und verkaufen lassen, dies macht eine Frau nachdenklich und desorientirt. Nobel und großartig denkt und handelt eine Frau selten im Geschäft; aber kleinlich sind sie fast alle bis zur Gemeinheit und Absurdität. Ein Weiberhandel kann eine ganze Herrschaft betreffen, und zuletzt geht er um ein Lieblingsfüllen oder um eine Legehenne mit einem sogenannten »Tschups« auseinander; oder es wird über Leben und Tod debattirt; es gilt die künftige Subsistenz; es kommt alles darauf an, daß die Unterhandlung nicht die geringste Störung und Zeitversäumniß erleidet, denn die Post verweilt nur noch eine Stunde; aber auch diese Stunde geht ohne Resultat vorüber, wie so viele Stunden, blos weil die gnädige Frau durch Rücksichten der Hausfrau und der Wirthin, der Mutter und Großmama Abhaltungen und Zerstreuungen gehabt hat. Z. B. das eine Mal kam Carlchen, das Lieblings-Enkelchen, auf die liebe Großmama zugestürzt, wiewohl ihn der Sachwalter bereits der Kindergärtnerin gegen ein Trinkgeld zum Anbinden übergeben hatte; das entwischte Carlchen mußte aber für seinen Geniestreich mit Aufmerksamkeit entgegen genommen werden. Das zweite Mal hatte sich mit dem Carolinchen, dem Zwillingsschwesterchen, im mütterlichen oder großmütterlichen Schooße etwas Unaussprechliches zugetragen, und das dritte Mal war dem Gaste, demselben Manne, mit welchem eben das Geschäft von 100,000 oder 300,000 Thaler abgeschlossen werden sollte, die vierte, aufgenöthigte Tasse Kaffee eiskalt geworden und mußte wegen augenblicklicher Abwesenheit der Hausjungfer, trotz aller Protestationen des Interessenten, von der Hauswirthin eigenhändig warm gestellt werden.

Dergleichen Eventualitäten sind ein Kaffee-Schicksal; aber eine Wirthin weiß es zu repariren und sollte sie 10,000 Thaler laufen lassen; einen Thaler hält sie dafür desto fester; den Verlust eines Silbergroschens begreift sie unendlich eindringlicher, als einen Banquerutt, der sich täglich und stündlich durch ihre Verschwendung und unzeitige Knauserei präparirt. Ob die Tags geplagte Magd auch Abends ihr Stück Garn spinnt, das muß von einer ökonomischen Frau Ober-Amtmann streng controlirt werden; ob aber der Inspector die Betriebs-Capitalien und der Sachwalter die Informationen und Vollmachten erhält, das ist Bagatell. Geschäftsgedächtniß gilt für die fatalste Prätension, die man an eine geschmackvolle und feine Dame stellen kann. Das sind freilich Dinge, die sich kaum lesen, aber um so weniger re vera aushalten lassen, ohne daß man an Leib und Leben verzagt, ein Gallenfieber riskirt, jedenfalls aber zermürbt und zu Grunde gerichtet wird. – Mit der Welt haben es solche Damen endlich verdorben, die Kinder sind ihnen über den Kopf gewachsen; in die Mode können sie sich länger nicht einschmuggeln, denn der leibhaftige Mumientod ist nie Mode gewesen.

Das Vermögen ist auf die Nothdurft und auf ein Leibgedinge zusammengeschmolzen; das bischen Mobiliar und disponible Capital ist schon dreimal anders verschrieben und testirt; die unruhige, jedes Centrums beraubte Dame sieht sich auf ihr ursprüngliches Nichts reducirt: da will sie es mit dem Himmel halten; aber auch er scheint ihr zu strenge; zu strict, zu rücksichtslos und zu langweilig zu sein.

Die paar behaltnen Bibelsprüche und Gesangbuchverse aus der Confirmation treiben auf den versumpften Lagunen der Sinnlichkeit und Confusion, wie die losgerissenen Tonnen, welche das Fahrwasser bezeichnen sollen. Auf die Wissenschaften und Künste haben solche Weiber, als auf Luxusartikel, die der jugendlichen Toilette beigegeben sind, Verzicht geleistet, also wird fleißig Liqueur getrunken, Tabak geschnupft, mit einer Nachbarin geklatscht, mit der Magd geschmält, mit Katzen und Hunden conversirt, mit Kaffee restaurirt und zuletzt im Herrn entschlafen, so gut oder übel sich das mit Gottes Gnade thun lassen will.

Als Inschrift auf den Grabstein solcher Normal-Damen schlage ich die beliebte klassische Phrase vor: »Die Natur wollte ihr Meisterstück schaffen, doch sie vergriff sich im Thon, sie nahm ihn etwas zu weich.« Bei unserer eben illustrirten Dame hatte die liebenswürdige Natur, die himmlische Protektorin des wetterwendigen Frauenzimmers, den bewußten Töpferthon oder Teig etwas zu höflich mit großen Rosinen und bittern Mandeln angefüllt, wovon selbiger Thon oder persönlicher Napfkuchenteig zu confuse, zu bitter und zu » klitschig« geworden war. Ich würde diese Spezialität nicht accentuiren, wenn sie nicht an so vielen Damen als eine so typische erschiene, daß sie zu ihrer Naturgeschichte gerechnet werden muß.

* * *

b) Frauen-Caprice, Zähigkeit, Inconsequenz, Wetterwendigkeit und Geduld.

» Ich bin ein Weib; was ich will, das will ich auch nicht; aber es muß auf der Stelle geschehen.« Wer die Frauenzimmer studiren will, der kann sich lieber die personificirte Caprice vorstellen und seine Studien unterwegs lassen.

Ein Frauenzimmer will Etwas, weil sie es eben will; sie will es so und nur so; aber sie will es nie so absolut, daß sie es nicht etwa sollte anders wollen können, sobald sie es einmal anders will! Es ist mit dem Frauenzimmer-Willen nicht einmal wie mit der Verdrießlichkeit von Bechstein: » Ich bin verdrießlich, weil ich verdrießlich bin, bin ich verdrießlich.« Bei den Weibern heißt es: Ich bestehe auf meinem Stück; weil ich auf meinem Stücke bestehe, so bestehe ich doch lieber nicht auf meinem Stücke, denn das wäre zu viel Consequenz und zu wenig Laune und Widerspruch.

Frauenzimmer haben einen Willen und haben doch keinen Willen, denn sie haben keinen Charakter, er sei denn: die Charakterlosigkeit und Unvernunft. Falstaff sagt: »Und wenn Gründe so wohlfeil wären wie Brombeeren, so sollt ihr doch nicht das kleinste Gründchen von mir haben.« Das ist aus der Seele der Frauenzimmer gesprochen. Aus bloßen Gründen zu handeln ist ihnen ordentlich empörend. So eine abgeschmackte Pedanterie kommt blos in Mannsleuten und Schulmeistern zu Fleisch und Blut. Wenn Frauen merken, daß man ihnen eine Consequenz zieht oder am Muthen ist, so gerathen sie außer sich; denn sie wissen, daß die Consequenz ihre schwache Seite ist, und sie haben so viel schwache Seiten, daß sie keine bestimmte Seite mehr darbieten, es sei denn die der Inconsequenz. Ein Frauenzimmer will seinen Willen; aber weh' dem Cavalier, der ihr nur den Willen thut; denn alsdann giebt's nichts zu schmollen, und ein Weib muß schmollen und lebt vom kleinen Krieg.

Ein naturwüchsiges Frauenzimmer, d. h. so eins, das noch nicht in höheren Töchterschulen reflexionswurmstichig geworden ist, thut etwas heute, morgen, ein Jahr, und zehn Jahr, und mit einem Mal thut sie es nicht mehr, während Jedermann glaubt, daß es ihre feste Lebensart geworden ist. Das nennt man Frauenzimmer-Unbeständigkeit, Inconsequenz und Caprice. Wo ein Frauenzimmer Strich und Stich hält, da ist es weniger aus Grundsatz oder Natur, als aus Gewohnheit. Es weht sie ein Wind an, es fliegt sie ein Sonnenstäubchen an, es fährt ihr ein Gast-Gedanken durch den Sinn, und dieser Sinn schlägt plötzlich um, wie April-Wetter oder süße Milch im Gewitter. So wetterwendig und unzuverlässig sind die Weiber im Großen, und nicht selten sind sie es im Kleinen. Jahr und Tag hat eine Magd die Hausordnung in irgend einem Stück getreulich befolgt, aber mit einem Mal springt sie davon ab, deckt sie den Tisch wie eine wildfremde Person, vertauscht sie Messer, Gabeln und Servietten, aus keinem anderen Grunde, als weil es ihr eben so in den Sinn gekommen ist. Wegen dieser Willkür, Launenhaftigkeit und Charakterlosigkeit sind denn auch die Frauenzimmer so wenig a priori zu construiren, wie das Wetter. Sie sind, wie es ihnen eben einfällt und wie sie von ihrem Naturell getrieben werden, und bilden so den ergänzenden Factor zur genicksteifen Pedanterie und Chablonen-Wirthschaft des männlichen Geschlechts.

Ein Lieblingswort der lieben Weiblein ist das Gerathen, und eine Lieblings-Ausrede das Mißrathen. Die Guten tractiren eine Sache ihr Leben lang alle Jahr und alle Tage im Jahr, ja alle Stunden im Tage und alle Augenblicke in der Stunde; aber eines Augenblicks will es ihnen doch nicht gerathen; Exempli gratia: das Backen und Braten; aber dieses Thun und Lassen auf's » Gerathewohl« ist eben die Liebenswürdigkeit und Gebrechlichkeit des schwachen Geschlechts, ist zugleich ihre Tugend und Bravour. Die Zufälligkeit, meine ich, ist das echte Damenprinzip! Die Willkür, die Launenhaftigkeit, die Regellosigkeit, die Chicane, die Intrigue, die naive Zweideutigkeit und Vieldeutigkeit, die Balance sind die Mächte, welchen die Weiber geschworen haben; die Praktiken sind ihre Alliirten und alle ersinnlichen Manöver ihre Rekruten. Will's nicht auf die eine Art verfangen, so giebt's der Spielarten und der Unarten so viele wie Sand am Meer, und so ein Sand ist ein praktikables Ding, man kann ihn den Mannsleuten in die Augen streuen, wenn sie ihren Weiblein zu streng auf die Finger sehen, auf die niedlichen immer fixen Finger, die so geschickt häkeln, stricken, sticken und Karten mischen, aber daneben sich auch auf Manöver, Verhäckelungen und Netzarbeiten verstehen, die ihnen der Teufel dankt, weil er sie ihnen beigebracht hat.

Die Inconsequenz und Unpräcision der Frauen zeigt sich in den unwillkürlichsten Aeußerungen. Ein dummer Kerl faßt einen Eigennamen, den er zum ersten Mal hört, zwar schwer auf, aber dann spricht er denselben einmal sowie das andremal aus. Ein ordinaires, dummes Frauenzimmer dagegen verdreht nicht nur einen Namen, sondern sie bleibt auch nicht einmal dieser Entstellung getreu.

Walter Scott giebt im St. Ronans-Brunnen ein ergötzliches Beispiel von so einer Namensverstümmelung. Ein Arzt wird von seiner Frau Wirthin, die in Handlungen und Handhabungen, z. B. des Besens, äußerst resolut und consequent auftritt, in einem und demselben Rede-Paroxismus Doktor Quickleben, Kicksleben, Kacksleben, Quakleben und sogar – Kickerhahn u. s. w. genannt.

Diese-Unpräzision beruht aber nicht nur in Zerfahrenheit und Gedächtnißschwäche, sondern in der frauenzimmerlichen Respectlosigkeit vor Personen, Sachen und Formen, die nicht zu ihrer Toilette gehören. Und die Gedächtniß-Schwäche ist bei den meisten Leuten das Symptom ihrer Herzlosigkeit, Geistes-Unmacht und Zerfahrenheit. Was einen Menschen andauernd und tief im Gemüth bewegt, das behält er auch.

Im Traume werden wir mit keinem Geschäft fertig, wir kleiden uns z. B. an, und stehen doch zuletzt nackt da. Sinnlichkeit und Seele, welche im Schlafe den Ton angeben, schneiden die sich bildenden Lebens-Prozesse nicht willkürlich ab; diese scharfe Selbstbestimmung kommt vom Geiste. Sinnlichkeit, Seele und Einbildungskraft sind die Lebens-Passivität. Menschen, in welchen die Sinnlichkeit vorwiegt, Kinder und Leute aus dem Volke, Naturalisten und auch die gebildeten Frauen zeigen sich darin unmächtig, daß sie nicht mit Freiheit eine Reihe von Vorstellungen, den Umständen angemessen, begrenzen können. Sie verstehen kein ruhig gehaltenes, geordnetes, sachgemäßes, von ihrer Leidenschaft ungefärbtes Referat zu machen; sie kommen »aus dem hundertsten in's Tausendste«, sie gerathen in Confusion; sie finden und machen im Abschiednehmen, selbst in Geschäften kein Ende. Ja, es geht ihnen oft im Wachen wie im Traume; sie werden selten mit Auskleiden, mit dem Anrichten der Mahlzeit oder mit andern Vorbereitungen zur bestimmten Zeit fertig. Gleichwohl sind sie selten im Stande, bei einem und demselben Gedanken oder Impulse lange zu verharren, sondern springen ab oder bleiben zerstreut.

Auch ein gebildetes Frauenzimmer ist kaum dahin zu bringen, daß es über einen Vorfall oder ein Sachverhältniß eine ruhige, geordnete, von der Persönlichkeit ungefärbt gebliebene Mittheilung macht. Eine Frau läßt sich selbst da parteiisch und subjectiv finden, wo ihre Interessen nicht im Spiele sind. – Nur Weiber aus dem Volke machen hier insofern eine Ausnahme, als sie vor Gericht ein Sachverhältniß oft klarer und kürzer vortragen, als der schwerfällige und verdutzte Mann. – Der Grund dieser Erscheinung liegt aber nicht in dem größeren Talent und Mutterwitz des Volksweibes allein, sondern zugleich darin: daß der Mann von Natur bescheidener, und mehr zur Pietät geneigt ist als das Weib, dem nichts imponirt. Der Mann will systematisch, wahr und gründlich sein, das macht ihn unsicher und ungeschickt, während des Weibes Naivetät und Dreistigkeit durch nichts einzuschüchtern ist. Dazu kommt, daß nicht nur die Oberflächlichkeit der Frauen, sondern ihre Leidenschaftlichkeit, Eitelkeit und Einbildungskraft bei dem mündlichen Referat Hebammedienste thun. Der Vortrag, die Darstellung eines Weibes ist lebendiger und flüssiger, aber auch von der Wahrheit und Gewissenhaftigkeit weiter entfernt als bei dem unbeholfenen Mann.

Man muß den Frauen zusehen, wenn sie einen Falbelan ausplätten; wie viel mal und wie vorsichtig sie mit der Spitze des Plätteisens in die tausend Falten hineinfahren; oder mit welcher Sisyphus-Geduld sie dieses verwünschte Falten-Gekröse über einem »Piel-Eisen« in die förmliche Vielfältigkeit bringen müssen. Man soll diese Prozedur und Geduld-Tortur der Frauenzimmer bei einem einzigen Falbelan, der rings um ein Kleid von sechs Zeug-Breiten läuft, von A bis Z, mit ansehen, um zu begreifen, was so eine unglückliche Plätt-Jungfer aushalten muß, welche fünf oder sechs Falbelans für ein einziges Kleid, um ein halb Dutzend solcher Falbelankleider für die Grazien des Hauses, auseinander zu trennen, zu waschen, zu plätten und wieder zusammen zu nähen hat. Die Töchter solcher Eltern, welche keine Plätt-Jungfern halten, also ihr Falbelan-Wirrsal und Schicksal selbst auf sich nehmen müssen, kriegen das nichts desto weniger fertig, ohne närrisch oder melancholisch zu werden. Man sollte meinen: die Falbelan-Religion, der Falbelan-Verstand, die Falbelan-Leiden und -Freuden müßten zuletzt alle anderen Gedanken, Empfindungen und Sorgen absorbiren; aber es zeigt sich, näher besehen: daß ein richtiges Frauenzimmer auch noch allen möglichen anderen Verstand z. B. Ball-, Tanz-, Klavier-, Sing-, Liebes- und Intriguen-Verstand besitzt; und daß, wenn sie einen Mann bekommt, sie eine ganz reguläre Mutter, Hausfrau und Großmutter wird.

Also der Falbelan-Verstand und Falbelan-Kummer schadet den Frauenzimmern nichts. Es hilft ihnen sogar die Miserabilität ihres Schicksals, d. h. der Mannsleute zu überstehen. Erst muß es mit diesen besser werden, dann wird auch der Falbelan fortfallen. Poetisch aufgefaßt: soll das Weib sich auch in der Kleidung nicht so kahl, so imaginationslos und gradlinig darstellen, wie der, durch Schule und Welt-Vernunft entfremdete und auf mathematische Oekonomie reduzirte Mann. Es spiegelt sich auch in den Falten- und Spitzen-Mysterien, in diesen endlosen Säumen und farbigen Einfassungen, in diesem Bänder- und Schleifen-Wesen, diesen Seiden-Roben mit klaren Ueberwürfen etc. die Fortsetzung derselben Natur, welche die Blumen so bunt und mannigfaltig und alles Natürliche so unergründlich mysteriös geschaffen hat. Durch jede Evas-Tochter soll aber diese unerschöpfliche, verführerische Natur, bis in den Kleiderputz hinein, repräsentirt und vorgebildet werden. – Eine naive, elementare Koketterie gehört zur Natur und Bestimmung des Weibes, und wer die Eva gar nicht an sich kommen läßt, der hat die Adams-Natur eingebüßt.

Wenn man die Natur der Weiber und Juden studirt hat, so findet man, daß die Aehnlichkeit zwischen ihnen noch größer ist, als ihre Unähnlichkeit. –

Das Weib zeigt zwar die graziösen Formen des Naturalismus, die schönen Elemente neben den unvernünftigen auf; und während der Jude durch die consequent religiöse Entgegensetzung von Natur und Geist fast aller natürlichen Harmonie und Aesthetik quitt gegangen ist, charakterisirt die Ineinsbildung von Natur und Geist, von Geist und Seele, von Materie und Geist recht eigentlich die weibliche Natur; aber nichts destoweniger ist die Aehnlichkeit zwischen Weib und Jude so tief und so natürlich, wie zwischen Baum und Strauch, zwischen Morgen und Abend, zwischen Frühling und Herbst oder zwischen Greis und Kind. Die Juden und die Weiber sind fügsam und widerspenstig, spröde und zähe, sanft und heftig, leidenschaftlich und doch nicht brutal, leidensfähig, barmherzig und egoistisch; geld- und gewinnsüchtig; sie sind knausrig und verschwenden gleichwohl mit Prahlerei.

Sie sind leicht erschöpft und noch leichter restaurirt; Juden und Weiber zeigen sich mühselig, ausdauernd und doch abspringend, confuse und scharf unterscheidend, oberflächlich und skrupulös, zerstreut und keinen Augenblick ihre Interessen vergessend; concentrirt und doch zerfahren, mutterwitzig und unwissend, phantastisch und trivial, eigensinnig und schmiegsam, eigenartig und gleichwohl über denselben natürlichen Leisten des Geschlechts und der Race geschlagen. Juden und Weiber sind ehrgeizig und gleichwohl ohne Verständniß dessen, was der Cavalier, der Gentleman unter Ehre versteht; sie fordern die Gefahr mit Kecklichkeit heraus, sind überdreist und furchtsam, respectlos und unterthänig in einem Athem.

Ihre Tugenden gehen aus Unmachten hervor; sie sammeln Weisheit wie Salomo aus Eitelkeiten und Thorheiten. – Sie werden fromm aus Profan-Sinn, Abtrünnigkeit und Gottvergessenheit; sie werden witzig und naiv durch absurde Combinationen, aus Dreistigkeit, Unwissenheit und Unaufmerksamkeit. Weiber und Juden bewähren sich talentvoll, praktisch, anstellig, in allen Sätteln gerecht und gleichwohl pfuscherhaft durch und durch; sie sind voller Listen, Praktiken und Metamorphosen und gleichwohl immer dieselben und immer wieder aus der Wurzel ausschlagend wie die geköpften Erlen im Sumpf; bei keinem Princip, bei keiner Farbe, Gestalt, oder Norm festzuhalten, aber eben darum so gestaltenreich, so zeugungsfähig wie die Natur. Die Juden sind die treibenden Hefen der Welt-Geschichte, die Weiber die ewige Unruhe der Männer, ihr Zephyr und ihr Sturm; sie sind die Begründer des häuslichen Comforts und die dämonischen Zerstörer desselben. Auch die Juden haben selten Sinn für Comfort und Ruhe und essen am schlechtesten, wenn sie unterwegs oder in außerordentlicher Aufregung sind.

Die Juden sind heute noch wie zu Abrahams und Pilatus' Zeiten, und die Frauen sind bei allen Nationen, zu allen Zeiten, auf allen Bildungsstufen, in allen Situationen aus demselben Stoff, demselben Sinn und Unsinn zusammengesetzt. –

Gewöhnliche Weiber sind wie ein Kosacken-Gesindel: zehnmal und hundertmal geschlagen, immer wieder schlagfertig und von demselben Zuschnitt; nie zu besiegen, weil sie sich nie zum ordentlichen, massenhaften, stichhaltigen Kampf stellen: aber jedesmal da, wo man sie aus vernünftigen Gründen am wenigsten vermuthet. Sie schwärmen auf der Tête und hinter dem Rücken ihres Soutiens und sind so frugal wie jene Barbaren, wenn keine Vorräthe existiren, aber unersättlich vergeudend, wenn die Fülle und die Vollmacht vorhanden ist. Diese Weiber sind sparsam und schlampampig, mitleidig und erbarmungslos zugleich; zärtlich gegen die Kinder, weichherzig, hartherzig, wehmüthig, übermüthig, gesangslustig, melancholisch, seelenvergnügt, furchtsam, waghalsig, feige, listig, lauernd, unermüdlich wachsam, und immer wieder von neuem da. Alles wie die Kosacken!

Weiber wie Kosacken geben sich an ihren Herrn und Meister hin; sind mit vielen Talenten und Tugenden ausgerüstet und doch ohne den Begriff echter Cavalier-Ehre, ohne Charakter und Styl. Leicht geschlagen und nie besiegt, retiriren sie, sobald der Feind vorgeht, und ergreifen die Offensive, wenn er retirirt. Man hält sie bei keiner Couleur, bei keiner Ordnung fest und am wenigsten bei einem Princip oder System. Ueberall, selbst auf fremdem Terrain, sind sie rasch orientirt, immer en débandade, immer beunruhigend und herausfordernd, bei jeder Gefahr nach allen Windgegenden versprengt; aber gleich wieder gesammelt und schwerer abzuwehren als Septemberfliegen, die sich auf eine Nase gesetzt haben.

* * *

c) Frauen vermengen das Größeste und Kleinste ohne Witz und Humor, aus Mangel an Organ für Unterordnung der Nebensache unter ein Princip.

»Lange Haare, kurze Gedanken.«

»Die Frauen, die ich sehe, bringen mich physisch ganz herunter, spannen mir Nerven und Gedanken ab. Sie sind so erstaunlich matt, beinahe unklug aus Zusammenhangslosigkeit; und nehmen die Parallele mit mir so gewiß an, daß nur aus dem Zimmerlaufen mich retten kann. Lügen thun sie auch, weil sie's so oft nöthig haben, und weil Verstand zur Wahrheit gehört. Lügen ennuyirt mich aber bis zur Krankheit.«

( Rahel.)

Ein Mensch von geselligen Bedürfnissen gewinnt zuletzt eine Routine im Verkehr mit jeder Art und Potenz von Nichtigkeit und Unausstehlichkeit. Er lernt mit den Schlaf-Wachen gähnen, von den gedankenfaulen Phlegmatikern das Damen-Spiel mit über den Bauch gefalteten Händen; er lernt eine gedrechselte Phrase witzpeitschen, wie der Schulknabe einen Kreisel peitscht; er treibt und verträgt alles, was der Strauß-Magen sandwüstenstöhnender Philister, Pedanten und Convenienz-Menschen verdaut: er kümmert sich zuletzt so wenig um die Luftspiegelungen wie um die bleichenden Gerippe, welche ihm den richtigen Weg durch die Sahara zeigen; er trinkt faules Brak- und Cisternen-Wasser, als wenn's Spring-Quell wäre; und dann wieder bringt diesen Helden, Märtyrer und Wüsten-Pilgrim eine Kleinigkeit zur Verzweiflung; ähnlich jenem Unglücklichen, den ein Bischof aus der mittelalterlichen Zeit lange vergebens martern ließ, bis die Henker entdeckten, daß er mit einem Kitzel um den Nabel zu allen möglichen Geständnissen zu bringen sei.

Was mich nun betrifft, so ist mein Geduldsfaden, mein kitzlicher Nabel: die Conversation mit einer Personnage, die so zerstreut und zerfahren ist, daß sie keine fünf Minuten und keine fünf Sekunden mit ungetheilter Aufmerksamkeit bei einem Thema oder einem Gedanken verbleiben kann; daß sie auf keinem Punkte fest zu machen ist, daß sie sich auf kein Interesse mit ihren Gemüths- und Geisteskräften concentrirt.

Und wer hat wieder die Ehre, Pracht-Exemplare dieser Zerfahrenheit zu liefern? – wer anders als das schöne Geschlecht, das sich die Zerstreutheit und Oberflächlichkeit noch zur Liebenswürdigkeit, zur Leichtigkeit und zum feinsten Ton anrechnen darf, welcher bekanntlich nicht erlaubt, daß man irgend ein Thema gründlich mit Eifer und Accenten ventilirt.

Callot Hoffmann klagt in seinen Phantasiestücken über Musik:

»Ach! es geschah Euch vielleicht noch nie, daß Ihr irgend ein Lied singen wolltet vor Augen, die Euch aus dem Himmel herab anzublicken schienen, die Euer ganzes besseres Sein auf Euch herniederstrahlten, und daß Ihr auch wirklich anfingt und glaubtet, nun habe Euer Laut die geliebte Seele durchdrungen, und eben nun werde des Klanges höchster Schwung Thauperlen um jene zwei Sterne ziehn; aber die Perlen wandten sich ruhig nach irgend einer Läpperei hin, etwa nach irgend einer gefallenen Masche, und die Engelslippen verkniffen, unhold lächelnd, Gähnen, – und Ihr hattet die gnädige Frau ennuyirt.« – Aber welche schnellste Concentration gewinnt diese sinnliche Zerfahrenheit der Frauen, wenn es das Arrangement der Toilette und ihre Rectification im letzten Augenblick gilt! Mit welcher Präcision und Consequenz, mit welcher Umsicht und Detail-Gewissenheit wird hier jedes Haar und jedes Fältchen kontrolirt. Bei Eitelkeitskünsten zeigt der Frauen-Verstand allerdings Centrum und Peripherie.

»Ich stand zuweilen (berichtet der Reisende Kohl in seiner Schrift » aus meinen Hütten«) einige Augenblicke in dem Vorzimmer vor einem Gesellschaftssalon still, um die Gesichter der Menschen zu beobachten, die hier ihre Mäntel und Capoten ablegen und die sich in den für ihre Bequemlichkeit aufgehängten Spiegeln zu betrachten pflegen, um noch einige schließliche Correcturen in ihrer Toilette zu machen und die kleinen Rockfalten, Lockenverschiebungen, und Collierverdrehungen zu rectificiren.

Wie eifrig sind sie dabei! Welch ernstes Gesicht machen sie dazu! Wie hastig zupfen sie die Kleider zurecht! Fast mit zitternden Händchen legen sie die Perlen auf dem schönen Nacken in Ordnung und fahren mit dem bebenden Finger an dem äußersten Rande der Locken hin, um irgend ein widerspenstiges Haar in Reihe und Glied zu bringen. Es scheint fast, als sei ihre ganze Seele von einer ängstlichen Spannung ergriffen. Die Worte, die sie einander zulispeln, stoßen sie rasch und heftig hervor: »Ach Himmel, mein Handschuh!« – »Halt einmal, Anette, deine Schnalle sitzt etwas schief!« – »Ich bitte dich, Luise, laß sehen, dein linker Ohrring hat sich verhängt!« – Eine Wolke von sorgender Erwartung scheint auf den schönen Stirnen zu liegen, die Tochter hält sich nahe zur Mutter.

Führt jene Thür zu einer Folterkammer? Oder sitzen dort vielleicht Professoren, welche diese Damen in irgend einer Wissenschaft streng examiniren wollen? Sind es vielleicht gar die Glaubensforscher der heiligen Hermandad? Nein! Denn siehe, sie öffnet sich und ein Lichtmeer von Heiterkeit und Schönheit bricht strahlend daraus hervor.«

In einem Frauen-Roman kommt die Stelle vor: » Die Frau, in welche Lage des Lebens sie auch kommen mag, entsinnt sich jeder Kleinigkeit und erwägt jede Kleinigkeit. Sie kann an ein kleines Tuch von Flor denken, wenn sie vor Liebe brennt; sie kann daran denken, wie sie mit Anstand sterben soll, und zwar in den Augenblicken, daß sie stirbt; und sie kann auch an jede mögliche Kleinigkeit denken, wenn sie ihr Alles verliert.«

In Göthe's »Hermann und Dorothea« liest die Mutter der Dorothea beim Gange durch den Garten, während der größten Aufregung und wo es sich um das Wohl und Wehe der Tochter handelt, Raupen vom Kohl.

In derselben Stunde, in demselben Augenblick, wo der Mann seiner Frau den Banquerutt des Hauses entdeckt, ihren Rath und ihre ungetheilte Mitleidenschaft verlangt, bekommt es die Dame, wenn sie eine richtige Repräsentantin ihres Geschlechts ist, fertig: über einen zerbrochenen Teller ein Halloh zu machen, oder die Magd auszuschelten, daß sie das Aufwasch-Wasser nicht beim Mittagsfeuer zum Kochen gebracht, sondern extraordinair Holz angelegt hat.

Näher erwogen, bildet die Sparsamkeit der Frauen, das Elementare, gar nicht zu zerstörende Gegengewicht zu der verschwenderischen Lebensart der Männer; daß aber selbst gebildete Frauen ihre Natürlichkeiten bald listig zu maskiren, bald ganz und gar nicht zu kontrolliren und zu suspendiren verstehen; das ist eben die Fatalität und der Skandal vor der Vernunft.

Die ganze Natur der Frauenzimmer spiegelt sich in ihren freundschaftlichen Briefen.

Wie da z. B. Alles durcheinander gerührt ist, wie dort naiv und leichtfertig vom Höchsten und Wesentlichsten zum Gemeinsten, Trivialsten und Geringfügigsten übergegangen, Witz und Aberwitz zusammengebraut wird; so ist auch in der Briefstellerin selbst Himmel und Hölle, »Dreck und Feuer« durcheinander gerührt.

Eine Gräfin giebt z. B. Briefe über Aegypten in den Druck, und begreift nicht, daß die » liebe Clara,« mit der sie korrespondirt, unmöglich neben den Pyramiden und den Königsgräbern zu leiden, und daß überhaupt die ägyptische Welt nicht im Conversationsstyl abzufassen ist. Solche Inconvenienzen lehrt aber das Gewissen, lehrt eine tiefere Natur den Mann. Weiber und Bündel-Juden kombiniren ohne Sinn und Gefühl für die Heterogenität der Sphären und Potenzen; welchen die analogen Momente angehören; ihr Witz und Humor wird geschmacklos und absurd, so wie er den ganz bekannten Boden verläßt.

Neulich sollte eine Gouvernante mit ihrer Prinzipalin auf die bequemste Weise nach Rom reisen: nämlich ganz umsonst, was die Reisekosten betraf. Das Frauenzimmer hatte aber nicht so viel ordinairen Verstand, nicht so viel Sinn und Gefühl einzusteigen, obgleich der Wagen vor der Thüre stand. Und was meint man, was der Guten fehlte? Vielleicht Gesundheit, Taschengeld, freie Disposition etc.; bewahre: sondern » ein Reisekleid.« Und dies Beispiel will nichts sagen im Vergleich zu andern Geschichten: – Es geht eine Hochzeit am Polterabend rückwärts; und was bedauert die Mutter der Exgeburt bei dem Malheur?: »daß nun all die schönen Kuchen umsonst gebacken sind« – und diese Kuchenbäckerin gilt sonst mit Recht für eine verständige und kreuzbrave Frau. – Es ist einmal so die Natur des Weibes, das Allernächste und Handgreiflichste in Rechnung zu nehmen, das Wichtigste mit dem Unwichtigsten zu vermengen, das Zufällige interessanter zu finden als das, was zur Hauptsache gehört.

Es giebt Frauenzimmer, denen die Ehre ihres Hauses lange nicht so viel Sorge, als die Weiße ihrer Stubendielen macht. Ihr eheliches Gemahl könnte womöglich bespieen werden: sie ertrügen es mit Ruhe und würdiger Haltung; aber, der Bespuckte darf sich nicht beigehen lassen, seinen Aerger auf die weißgescheuerten Dielen zu speien, sonst haben Resignation und Styl bei Derjenigen ein Ende, welche den guten Genius der Dielenwäsche vorzustellen die Ehre hat. Ach! es ist so süß, weiße Dielen zu haben, und erhebend ist das Bewußtsein, wenn es die weißesten in der Stadt und Umgegend sind.

Ein deutscher Arzt in Warschau erzählte mir bei Gelegenheit, daß von den liebenswürdigen Eigenschaften der polnischen Damen im Geschäfts-Verkehr die Rede war: Ich besuche hier Frauen, und es sind eben die Gebildeten; da bellt mich, so wie ich in's Zimmer trete, ein Lieblingshund an, wenn's nicht ihrer dreie sind; – da erheben Kanarienvögel ein so betäubendes Geschrei, daß ich mein eigenes Wort nicht verstehe; diese Dinge ignorirt indeß die Dame vom Hause mit der größten Gemüthsruhe; erst wenn der bissigste Köter mich am Beinkleide zerrt (oder ein anderer steinalter Hund mich vor Schwäche und ohnmächtiger Wuth anhoffirt hat), sagt die liebenswürdige Patientin, welche beständig an unregistrirten und unbestimmbaren Krankheiten, an einem allgemeinen unaussprechlichen Uebelbefinden leidet » Joli, fi donc! sei doch artig zum Onkel!« – Einmal riß mir dieser Hunde-Neffe wirklich einen Fetzen aus dem Beinkleide heraus, da strafte ihn seine süße Herrin mit einem Zipfel ihres parfümirten und gestickten Taschentuchs, indem sie, wie in der Veranlassung der leichten Unart eines Kindes sagte: »Das hat der garstige Joli noch nie gethan.« – Man hörte deutlich die Genugthuung der Herrin über Joli's Kühnheit; mein Aerger und Schaden ging die Dame nichts an.

* * *

d) Frauenzimmer-Façons und Satisfactionen.

Es giebt Personen, und namentlich Frauen, die durch keine Freundschaft, keine noch so außerordentliche Situation, und durch kein Manöver, aus ihrer Förmlichkeit, zu irgend einem Selbstbekenntnis oder einer Aufrichtigkeit zu bringen sind. – Man kann mit ihnen 20 Jahre verkehren, und ist soweit als am ersten Tage. Man decouvrirt ihnen Alles, und sie schütten keinen Augenblick ihr Herz gegen uns aus, weil sie das für Schwäche und gemeine Natürlichkeit halten; weil Verstellung ihre andere Natur ist, weil sie Froschblut haben; weil das Bewußtsein einer distinguirten, förmlichen Haltung ihrer Eitelkeit zu schmeichelhaft ist. –

Wir Menschen werden von einem Instinct getrieben, das zu thun und zu lassen, was unserer Natur convenirt. – Durch diese Oekonomie und Divination geschieht es, daß die Frauen, weil sie inwendig die wetterwendigsten, die weichsten und schwächsten Menschen sind, sich nach außen hin gegen die Einwirkung von Dingen und Menschen durch ein Arsenal von Formen und Grundsätzen verschanzen; und daß sie sich plötzlich in Schaum verwandeln, sobald einmal von der Leidenschaft die Flasche entkorkt, ist, welche den allzuelementaren Geist verschlossen hielt. –

Hiermit ist aber nur die Geschichte der Fashion in gefühlvollen und noblen Frauen angedeutet. Die Prüderie, die Formen-Heiligung und der sogenannte feinste Ton bei der großen Masse distinguirt-sein-wollender Personen: ist ein Schwamm-Gewächs, ein Verfilzungs-Prozeß, – ein, mit microscopischen Pilzen bedecktes Moos auf der Rinde des Lebensbaumes; oft nur ein mineralisches Product, eine Krystallisation. Stolz und fashionable Haltung sind in der Regel die Diagnose eines herz- und phantasielosen Verstandes, der in seiner Unfähigkeit: die Gedanken mit der Seele zu verschmelzen, sich mit Cultur-Chablonen begnügt. Chablonen-Höflichkeit ist auch eine Grobheit. – Im Verkehr mit Ebenbürtigen, Freunden und Verwandten ist man natürlich, mit gemeinen Leuten und Dienstboten ist man sans façon – und mit solchen, deren Dreistigkeit oder Selbstgefühl man in gehöriger Entfernung halten will, braucht man Förmlichkeit oder Ceremoniell als Scheidewand und Polizei. –

Die gebildetsten Weiber können aber nicht begreifen, daß die große Courtoisie, mit der man sie behandelt, ein Zeichen ist, daß man sie für eitle, oberflächliche Geschöpfe hält, die man mit Armseligkeiten abfinden darf. Mit Frauen, die der Mann von Herzen hochachtet, geht er unbeschadet der besonderen Delikatesse, welche Frauen allerdings beanspruchen müssen, ganz so ehrlich, freimüthig und natürlich um, wie mit Personen seines Geschlechts.

Boz Dickens giebt uns in » Klein-Dorrit« mit stereoskopischer Treue und einem Witz, den nur die Indignation so prägnant machen kann, das Urbild einer fashionablen Dame, die Jedermann den Eindruck macht, daß sie durch Himmel und Hölle reisen kann, ohne ein Stäubchen vom aristokratischen Puder zu verschütten. »Von Person war Mrs. General mit Einschluß ihrer Unterröcke eine würdevolle und imposante Erscheinung: voll, stolz, einherrauschend, ernst, voluminös, und kerzengrade. Man hätte sie auf den Gipfel der Alpen und in die Tiefe von Herkulaneum mitnehmen können, ohne daß eine Falte ihres Kleides aus der Ordnung gerathen wäre, oder eine Stecknadel ihren Platz verlassen hätte. Wenn ihr Antlitz und Haar ein mehliges Aussehen hatten, so war es mehr, weil sie zu den Kalkschöpfungen gehörte, als weil sie grau geworden war. Wenn ihre Augen keinen Ausdruck besaßen, so war es wahrscheinlich, weil sie nichts auszudrücken hatten. Wenn sie wenige Runzeln hatte, so war es wahrscheinlich, weil ihr Gemüth niemals seine Mysterien oder irgend welche andere Inschrift auf ihr Gesicht geschrieben hatte. Sie war ein kaltes, wächsernes, ausgeblasenes Weib.

Mrs. General hatte keine reellen Erziehungs-Ansichten. Ihr Weg, ein Gemüth zu bilden, bestand darin, daß sie es davor bewahrte, sich Ansichten zu bilden. Sie hatte einen kleinen runden Apparat von geistigen Geleisen oder Schienen, auf welchen sie anderer Leute Ansichten laufen ließ, die einander nie einholten und nie irgend zu einem Ziele gelangten. Selbst ihr Anstandsgefühl konnte nicht bestreiten, daß es unanständige Dinge in der Welt giebt; aber der Weg, wie Mrs. General das Unanständige los wurde, bestand darin, daß sie es versteckte und die Leute glauben machte, es gäbe nichts der Art. Dieses war eines von den Manövern, wie sie Gemüther bildete. – Sie stopfte alle schwierigen oder fatalen Dinge in Wandschränke, verschloß sie und sagte, sie seien nicht vorhanden. Es war der leichteste Weg und ohne allen Vergleich der anständigste.

Dieser Mrs. General durfte nie etwas Entsetzliches erzählt werden; Unfälle und Leiden und Gewaltthaten durften nie gegen sie erwähnt werden. Die Leidenschaft mußte in ihrer Gegenwart schlafen gehen, und Blut sich in Milch oder Wasser verwandeln. Mrs. General's Mission war es, das Wenige, was nach allen diesen Abzügen in der Welt übrig blieb, zu überfirnissen. Bei diesem ihrem Bildungsprozeß tauchte sie den kleinsten aller Pinsel in den größten der Töpfe, und überfirnißte die Oberfläche jedes in Betracht kommenden Gegenstandes. Je rissiger er war, desto mehr überfirnißte ihn Mrs. General.

Es war Firniß in Mrs. General's Stimme, Firniß in Mrs. General's Berührung, eine Atmosphäre von Firniß um Mrs. General's Gestalt. Die Träume von Mrs. General hätten gefirnißt sein müssen, aber Träume stellten sich bei ihr niemals ein.

Selbst zu den gebildeten ungemeinern Frauen gehören ihre Verhältnisse, die Umgebung, bis auf die äußerlichen Dinge und Zufälligkeiten; die Kleider aber ganz und gar. Man kann sie fast als mit ihrem Körper verwachsen ansehn. – Kleider machen nicht blos Leute, sondern recht eigentlich Frauenzimmer; Frauen fühlen sich degradirt und vernichtet in einer Coiffüre, die unter ihrem Stande ist, oder ihm eben nur entspricht, ohne zu einer höhern Stufe hinaufzuzüngeln. Weiber studiren an sich wie an Andern zuvörderst den Anzug nach Moden-Geschmack und Preis; sie verzeihen einen Fehler gegen die Kleiderordnung viel schwerer, als einen gegen die Vernunft. Die Façon geht den Weibern in den meisten Fällen über die Sache, und die Titelsucht ist bei ihnen so unheilbar, wie alle die andern Suchten in dieser curiosen Welt.

Hat ein Vice-Gefreiter eine Frau, so ist ihr Kummer sicherlich der, daß sie nicht Frau Gefreitin titulirt wird.

Alle Weiber avanciren in allen Sphären, gelehrten wie ungelehrten, weltlichen wie geistlichen, mit ihren Eheherren in die Wette. Eine Frau Räthin ( nicht Frau Rath), markirt schon andere Airs, als die Frau Assessorin von gestern. Verhältnisse und Aeußerlichkeiten beherrschen wohl auch den Mann; zum Weibe gehören sie aber wie die Seele zum Körper; sie geht in Aeußerlichkeiten und Convenienzen auf.

Selbst die Mysterien der Theologie ziehn keine Scheidewand zwischen dem gelahrten Gatten und seiner naturellklugen Frau Gemahlin. – Wenn sie z. B. einen Pastor heirathet, weiß sie in der Regel nur, daß sie Frau Pastorin werden will; wo möglich auf dem Lande, um die Martins-Gänse der Calende einzuschlachten. Nebenbei aber begiebt sich im Interesse ihrer divinatorischen Seele das Wunder: daß sie, wie man eine Hand umdreht, fromm und bibelgelehrt geworden ist. In Werken zeigt sich diese Wandlung weniger als in Geberden und Worten. Mit diesen ergänzt, erhärtet und bestätigt die Frau Pastorin alle christlichen Aussprüche und Behauptungen, die von ihrer ordinirten Ehehälfte ausgehen, – wie eine christliche Echo, die zugleich auf Repliken eingerichtet ist. Das » mulier taceat in ecclesia« adoptirt die geistliche Dame aus dem theologischen Privatissimum nur unter der Bedingung, wenn es ihr von dem guten Pastor sehr entschieden insinuirt ist. – Auf dem Lande aber, wo dem vereinsiedelten Mann Gottes die liebe Frau Alles in Allem sein muß, da läßt sich kein Mannes-Regiment und keine Disciplin so strikte durchführen. Anfangs regieren zwei Gewalten das Haus; zuletzt aber ist's die Frau Pastorin, welche sagt: la famille c'est moi; und die Familie ist dann der Mann. Und wenn's nur noch bei der Familie bliebe; die Dorf-Gemeinden aber wissen am besten, wo die ersten und die letzten Impulse und » Drucker« der Dorf-Hierarchie, und die Consequenzen bei Eintreibung der Stol-Gebühren herrühren. So etwas Selbstveredeltes, rundum Abgeschlossenes, fix und fertiges, Charakterfestes und Diplomatisch-Elastisches wie eine Pastorsfrau auf dem Dorf, giebt's unter Männern und Helden nimmermehr.

Wie leicht Frauen den Esprit de corps und die Situation begreifen, kann man an jungen Offiziers-Damen ersehen. Kaum ist die Bürgerstochter zu dem Glück gelangt, eine gnädige Frau titulirt zu werden, so hat sie sich auch alle die großen und kleinen Airs, welche zu ihrer neuen Weltstellung gehören, dergestalt zu eigen gemacht, daß man ihre Tournüre von der einer gebornen gnädigen Frau nur in dem Falle unterscheiden kann, wenn man selbst zu diesen »Gnädigsten von Extraction« gehört.

Offiziers-Damen debütiren ein feines distinguirtes Genre; es haftet ihnen ein Duft von romantischen Illusionen an; denn ihre Männer sind die letzten Vertreter der Standes- und Bildungs-Unterschiede des Mittelalters, der Ritterlichkeit, des Royalismus, der persönlichen Ehre, des Zweikampfes, der Courtoisie. Die Gattin des Beamteten, des Gelehrten, des Künstlers, des Kaufmanns, des Gutsbesitzers kann sehr leicht nicht nur eine reiche, sondern eine feingebildete Frau sein; aber sie darf sich gleichwohl nicht so zuversichtlich in den Arm ihres Mannes hängen, und an seine dicke oder dünne Taille schmiegen, als die noble Gattin eines Offiziers; denn nur diese ist einem Ritter, einem Cavalier getraut, der ihre Ehre mit dem Schwerte zu vertheidigen bereit und geschickt genug ist. – Nur der Offizier ist der Ehemann, der seine Mußestunden der Familie und der Dame des Hauses widmet; der Mann, dessen romantische Gefühle sich nicht von gemeinen Geschäftssorgen, Arbeiten, oder aufreibenden Studien absorbirt finden. Die Frau eines Präsidenten, Professor's, Rittergutsbesitzers oder Banquiers weiß sehr wohl: daß ein engstes Anschließen an die strapazirte, entweder zerstreute oder abstracte, und nachlässig gekleidete Figur ihres Herrn Gemahl unmotivirt, ja sogar unmöglich wäre; sintemalen der Gute seine tiefsten Satisfactionen: aus den Geschäften, den Studien und ihren Erfolgen bezieht. Wie läßt sich bei diesen notorischen Wahlverwandtschaften zu Künsten und Wissenschaften, zum Geld oder zu Kirche und Staat ein Amalgamations-Prozeß von Liebe und Ehe auf der Gasse zur Schau stellen? Man geht also lieber nebeneinander her.

Die Sicherheit und Selbstzufriedenheit einer jungen Offiziers-Dame, die einen schlanken Lieutenant, vielleicht gar einen noch jugendlichen Capitain, ja einen bespornten und besäbelten Rittmeister ihren bleibenden Ritter nennen darf, giebt sich bei allen möglichen, aber ganz besonders bei öffentlichen Gelegenheiten, z. B. auf Spaziergängen durch die Gassen kund. Es liegt etwas Rhythmisches, etwas Tänzelndes, und dennoch majestätisch Gewiegtes, Gewichtiges und Patentirtes, eine graziöse Paradies-Aisance, ein ewiger Flitterwochen-Stolz und Uebermuth im Gange einer Rittmeisterin. Man fühlt es ihrer biegsamen Taille, ihren graziösen Hüftbewegungen, ihren elastischen Zehen an, daß sie leicht und lustig durch's Leben zu tanzen meint, daß sie einem Manne getraut ist, dem im Tanz-Salon der Vortritt vor allen Männern gebührt. – Man muß darin eine weise Naturökonomie anerkennen: daß die Satisfactionen und Illuminationen nicht im gerechten Verhältniß zunehmen; weil sonst die Frau eines Generals oder General-Feldmarschalls, aus purer Satisfaction und Seligkeit, den Geist aufzugeben in Gefahr wäre. Es geschieht aber keineswegs, weil sie zuletzt alle Kräfte in's Maaß setzen; also auch die Frau Oberst-Lieutenant viel menagirter zu sein pflegt, als es die Frau Lieutenant war. –

Eine Hochmuths-Närrin.

Man sieht Leute nach zehn und zwanzig Jahren wieder, und findet sie verständiger, manierlicher, vom Leben gewitzigter wieder; im Untergrunde ihres Charakters aber sind sie dieselben und zwar in dem Maaße, als ihre eigentliche Natur eine materielle, gemeine, und unliebenswürdige ist. – Wer daran zweifeln wollte, dürfte die alte Bekanntschaft nur in leidenschaftlichen Augenblicken, in Geschäfts-Verhältnissen, bei Erbtheilungen und in Prozeßstreitigkeiten sehen. Wie unverwüstlich aber die Menschen-Natur ist, muß man an abgeschmackten, dünkelhaften und halb närrischen Weibern, an sogenannten verrückten Originalen in Erfahrung gebracht haben. Man geräth dann in Zweifel, ob die Erziehung eine wesentliche Umwandlung der Natur bewirkt; ob die menschliche Civilisation etwas anderes als eine Einschläferung, eine bloße Abschwächung der natürlichen Energien sein kann. Hochmuth aber ist von allen zähen Natur-Wurzeln diejenige, welche ihre Zähigkeit bis auf die letzte Faser conservirt. Ich kannte aus den Tagen meiner Kindheit eine verwittwete und originell-häßliche Dame; eines ehrlichen Schneiders Tochter, und dann verheirathet an einen armen, emeritirten, freiherrlichen Offizier, dem eine Krankenpflegerin noth that. Als der Mann gestorben war, fixirte sich die Idee und das Ideal einer gnädigen Frau und » verkannten Edeln« in der von Hause aus verdrehten, unausstehlich hochmüthigen, durch Romane verbildeten, schneiderlichen Freifrau bis zur Absurdität; denn bei Lebzeiten des Mannes, der ein Praktikus und Lebemann war, gab es für jene Rolle kein freies Feld. Der Kranke brauchte zunächst und zuletzt eine Köchin und Wärterin, und die Novize der Adelschaft hatte somit für noble Airs und distinguirte Lebensarten keine Zeit. Dann aber zeitigte sich ihre Narrheit bis zur Corruption. Sie gab eine Studien-Figur ab; führte aber trotz aller Misèren, Verhöhnungen und methodischen Hungerkuren, ihre hochnäsige Rolle mit natürlicher Spitznasigkeit, bis zu ihrem hochadligen Ende durch.

Sie erschien Sommer und Winter in einer, den Würmern mit Terpentin abgejagten Sammet-Enveloppe; ferner in ein und derselben, ewig umgefärbten und umgeschneiderten Garderobe, von drei geerbten altseidenen Roben; mit drei werthlosen Demant-Ringen über vernutzten Handschuhen, die mit selbstreparirten Schuhen correspondirten.

Besondere Aufmerksamkeit verdiente ein der Vernichtung trotzender Sammet-Federhut; seidene, von seidenen Stöpseln zusammengewürfelte Strümpfe nicht zu vergessen. – Die Standes-Mienen der Dame verläugneten sich selbst im Tode nicht ganz, aber man legte die edle Mimin und Standes-Künstlerin nichtsdestoweniger in einen ganz ordinairen Sarg.

Das Bild dieser Närrin sieht sehr wenigen Frauenzimmern schlechtweg ähnlich: aber das Grund-Thema dieser Dame wird desto öfter variirt und heißt Hochmuthsteufelei.

Exempli gratia: Man kommt heute zu einem Manne in's Haus, der vier- oder sechshundert Reichsthaler Gehalt bezieht. – Da giebt es ein Visiten-Zimmer, womöglich mit Mahagonimöbeln, mit dem unvermeidlichen Fortepiano, mit einem Klingelzug von Perlen-Arbeit, nicht zu gedenken: der Rokokospiegel, der colorirten Gardinen, der Epheu-Ampeln und Epheu-Lauben, der mit Porzellan und Glas, mit Silber-Geschirr und Nippes-Spielzeug ausgestatteten Servante, der Photo- und Lithographien und aller andern Modeherrlichkeiten unserer luxussüchtigen Zeit. Frau Gemahlin (gnädige Frau) erscheinen in Abwesenheit des Herrn Gemahls mit Manieren und Redensarten, die einer echten gnädigen Frau von Adel incorrect nachgedruckt sind. Und hinter all der prätentiösen Façon und Eleganz ist weder ein materielles, noch ein geistig solides Fundament. – Es ist weder Wohlstand noch solide Bildung da, sondern Flitter und Schulden. – Lächeln, Lispeln, Tournüre, Phrasen, Lächerlichkeiten, Miserabilitäten mit und ohne Scandal und spottwohlfeile Façons ohne Herz und Mutterwitz: das sind die Lebens-Requisiten einer Künstlerin, welche in einem Hausstande von vier- bis achthundert Thalern ein Visiten-Zimmer etablirt, welches zwei- bis dreitausend Thaler Renten vorspiegeln soll. – Wie der Familien-Magen die Kartoffel-Mast, wie er die materiellen Requisiten des Hausstandes in Gestalt von Speicherbutter, von Brackfleisch, von echtem Cichorien-Kaffee, von starkem Halbbier und Kommißbrod mit jenem Visiten- und Möbel-Lüstre in Harmonie bringen kann: das kümmert die neusilberne Gnädige keineswegs. Sie ist in vielen Fällen nur eine ehrliche Wurstmachers-Mademoiselle, gewesene Putzmacher-Schönheit, oder abgerauchte Schnaps-Laden-Madonna, alleweile affectiren aber Dieselben höhere Airs, und haben sich, wie bereits vermeldet, ein gnädiges Entrée-Zimmer von den zwei Piecen abgezweigt, die überhaupt zur Disposition stehen.

Die Novize der aristokratischen Zimmer-Mysterien pökelt also sich selbst, die liebenswürdigen Würmerchen, und den persuadirten Ehe-Krüppel in das Hofzimmer, d. h. in die Kinderstube ein, die zugleich Schlafstube, Laboratorium, Eßzimmer und alles Mögliche oder Unmögliche darstellen muß, also eine Atmosphäre produzirt, die gleich einer chronischen Familien-Pest: das ganze Nest imprägnirt, und langsames Gift in alle Organe mischt; das giebt dann propre und heile Nachkommenschaft.

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e) Die Knauserei und der Geiz des schönen Geschlechts.

Wer sein Ideal von feinen Damen einbüßen will, muß sie kaufen und dingen sehen. Bei dieser Gelegenheit zeigt sich mit photographischer Ausführlichkeit und Consequenz, daß den Frauenzimmern Scham und Delicatesse nicht in allen Formen und Chancen innewohnt, und daß ein Mann im Geschäfte unendlich einsichtsvoller, billiger, nobler und delicater ist, als das gebildetste Weib. Ich lasse mir's gefallen, daß man diese Zähigkeit und Knauserei aus der ganzen Stellung der Frauen herleitet, die auf unablässige Sparsamkeit und einen Verkehr mit den kleinlichsten Dingen angewiesen sind; aber Alles in der Welt hat seine Grenzen, und die Frauen halten diese Grenze bei'm Herunterdingen so wenig ein und betreiben dasselbe so con amore, daß sich jeder unbefangene Beobachter überzeugen muß, wie gänzlicher Mangel an Billigkeit, Scham und Einsicht dabei im Spiel ist. Polnische Damen überbieten in der Unverschämtheit noch bei weitem die deutschen Frauen. Die jüdischen Schnittwaaren-Händler offeriren ihnen beim Handeln einen Stuhl, damit die Prozedur mit aller Zähigkeit und Zeitverschwendung vor sich gehen kann. Die polnische Gutsbesitzers-Frau, gnädige » Imósc Pani« läßt sich weit und breit mit ihrer Robe nieder, schlürft die präsentirte Tasse Kaffee mit Grazie ein und schachert einen polnischen Groschen von der Elle Kattun herunter, ohne zu bedenken, daß sie den so erlangten Profit zehnfach an einer Seidenwaare büßen muß. Deutsche Frauen lassen sich auch einen halben Laden durchwühlen, kaufen dann dreiviertel Ellen Futterzeug und bringen es den andern Tag wieder, weil die Schneider-Mamsell auf einer ganzen Elle besteht.

Die Gemeinheit der Leute kann man aus mancherlei Dingen abnehmen, unter Anderm auch aus der Kargheit der Trinkgelder, mit der sie die genossene Gastfreundschaft vor den Dienstboten ihres honetten Wirths blamiren. Oder soll der Diener seinen Herrn nicht zuletzt für einen Lump halten, weil er mit solchen Lumpen Verkehr und Freundschaft hat, die nicht einmal wissen, was bei gastlichen Gelegenheiten Anstands halber für das Dienstpersonal abfallen muß? Weibsleute zeigen auch wieder bei dieser Gelegenheit vorzugsweise ihre edle Dreistigkeit und Knauserei. Sie setzen mit ihren tausend kleinen Bestellungen, Bedürfnissen und geforderten Bedingungen einen ganzen Hausstand in Alarm, und sind hinterdrein unverschämt genug, den Dienstboten, welche durch sie auf die ungebührlichste Art abgemüdet und chicanirt worden sind, entweder nichts oder solche Kleinigkeit anzubieten, die ein honetter Dienstbote selbst als ein Biergeld fortgiebt. Und wie gern wollte der Genius der Menschheit diese Schwäche verzeihen, und für Sparsamkeiten auslegen, wenn die Hausfrauen nicht das gewissen- und das gefühllose Verbrechen begingen, den armen Dienstmädchen Abzüge von dem geringen und sauer erworbenen Lohn zu machen – weil sie zerbrechliche Sachen mit und ohne Schuld zerbrochen, weil sie leicht verlierbare Kleinigkeiten verloren haben, oder weil schwer zu hütende und zu controllirende Gegenstände ihnen abhanden gekommen sind. – Der Luxusteufel der Damen führt aber den des Geizes, der Ungerechtigkeit und Gefühllosigkeit an der Hand.

Weiber prätendiren eine delicate Natur; wenn sie aber ein paar Silbergroschen zu ersparen denken, so sind sie unbillig, waghalsig und undelicat. Ein Weib auf Reisen macht Kisten und Kasten doppelt so groß und schwer, als die Vorschrift erlaubt, und ist höchlich erstaunt, wenn das nicht gut gethan wird. Sie verbietet den Herren das Rauchen und erlaubt sich einen Pinscher oder ein schreiendes Kind. Wenn diese Weiber Karten spielen, so halten sie den Cavalier für einen Grobian, der ihnen das Geld abgewinnt. Der roheste Mann macht nimmermehr solche Zumuthungen an seinen Nebenmenschen, wie oft ein gebildetes Weib. Auch die Wohlgezogenen sind die personificirte Unbilligkeit, wo nur irgend ihr Interesse, ihr Eigenthum oder die Persönlichkeit in's Spiel geräth. Es ist wunderhübsch mit einem Weibe auf der Grenze zu wohnen. Drei Juden haben nicht so viel Industrie und Frechheit im Schmuggeln als ein Weib. Es kommt vor, daß Weiber von Stande dem Kaufmanne Waaren unter den Händen fortstehlen, das thun die Männer nimmermehr, falls sie nicht professionirte Spitzbuben sind. Jedermann nimmt Anstand, seinen Nebenmenschen ohne Noth zu incommodiren; ein Weib giebt unbarmherzig zehn Bestellungen in einem Athem und ist uns eine Einbuße von zehn Thalern am Muthen, falls sie dabei wenige Groschen zu profitiren gedenkt.

Einem armen Kinde werden die feilgebotenen Erdbeeren, welche es den ganzen Tag bei einem Stückchen Brod – oder ohne dasselbe – gesammelt hat, erst beschmeckt, dann bemakelt und behandelt, um sie zuletzt halb mit Gewalt für den beliebten Preis zu behalten oder zurückzuweisen. Dergleichen und viel schlimmere Dinge bringen sogar die gebildeten Damen fertig, es schadet aber weder ihrer Bildung, noch ihrer Frömmigkeit. Sie präsentiren unmittelbar hinter solchen Gemeinheiten homöopathisch präparirten Thee und ätherische Butterschnittchen mit gewohnter Grazie und sanft-gesäuselter Liebenswürdigkeit. – Wenn man die Hauslehrer, die Gouvernanten, die Nätherinnen und Wirtschafterinnen, die jungen Oekonomen, die Kaufdiener, die Lehrburschen und überhaupt die jungen Leute über ihre Erfahrungen im Verkehr mit jungen und alten, mit gebildeten und ungebildeten Weibern ausfragen will, so wird man eine wunderbare Uebereinstimmung der Aussagen von dem Geize, der Unbilligkeit, der Unvernunft, der Launenhaftigkeit und Willkür des zarten Geschlechts wahrnehmen, falls man selbst noch ein naiver Neuling in diesen Mysterien geblieben ist.

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f) Die Lüge und Verstellung der Frauen.

»Die Weiber stimmen, den Harfenisten gleich, mit einem Fußtritt die ganzen Töne der Wahrheit unter dem Spielen um.«

( Jean Paul's Titan.)

»Gott hat euch ein Gesicht gegeben, und ihr macht euch ein anderes; ihr schlendert, ihr trippelt und ihr lispelt, und gebt Gottes Creaturen verhunzte Namen, und stellt euch unwissend aus Leichtfertigkeit.«

( Shakespeare.)

Im Weibe sind Natur und Verstellung so verwachsen, daß man in gewissen Fällen zu dem Glauben versucht werden kann: Lüge und Intrigue gehörten zum Wesen der weiblichen Natur. Kinder und Wilde sind, den Thieren ähnlich zur List und Verstellung, also zur Lüge geneigt. Sinnlichkeit und Phantasie überreden zur Lüge, die primitive Natur im Menschen ist egoistisch und beschränkt, führt also von der Wahrheit ab. Das Weib inclinirt durch seine Schwäche, seine untergeordnete Stellung und passive Natur zur Verstellung und List, ihm fehlt der Enthusiasmus für die Wahrheit, welcher die gebildeten Männer charakterisirt. Weiber sagen nur gezwungen, zögernd und widerwillig die Wahrheit, sobald sie ihren Interessen, Capricen und Leidenschaften widerspricht. Sie lieben die Unumwundenheit, die geraden Wege und Lebensarten fast nie; ihnen erscheint die Wahrheit zu einfach und plump. Ihre Phantasie und Sinnlichkeit liebt die Winkelzüge, sucht das Verschleierte, das Farben-Schillernde, das Gestaltenreiche und Verfängliche, ähnlich der Phantasie des Orientalen. Der Naturmensch sieht sich mit den ersten Schritten in der Civilisation nach einem Elemente um, welches für die allzu wetterwendige und flüssige Natur ein Gegengewicht abgeben kann; und er findet dasselbe in einem Schematismus, weil er für organische Form erst nach Jahrhunderten reif wird. Mit Chablonen und conventionellen Formen kann das lebhafte Weib ihrem elementaren Wesen eine Handhabe und ein Gefäß geben; kann sie allerlei Versteck und Zeitvertreib spielen; die einfache, bildlose und unsinnliche Wahrheit hat für ihre sinnliche Natur keinen Reiz. –

Frauen sind wahr, in wie fern sie natürlich sind; wahr, wo es natürliche Handlungen gilt: wie in der Liebe und Mutterschaft. In dem Augenblicke aber, wo ihre Leidenschaften in's Spiel kommen und sie mit Bewußtsein operiren, sind sie allen Verstellungskünsten geneigt. Die Frauen zeigen in den Naturprozessen ihrer Leidenschaft und Liebenswürdigkeit auch die elementare Wetterwendigkeit und Verwandlungsfähigkeit.

Was der natürlich und weiblich geartete Goethe so naiv bei Gelegenheit des ersten Besuchs in Sesenheim aussagte: daß er es liebe »etwas zwischen sein Ich und seine Erscheinung einzuschieben«, das charakterisirt alle Naturmenschen und also auch das Weib. Die Frauen sind wie Goethe; in ihren unwillkürlichen Lebensäußerungen, in ihren Sympathieen, Antipathieen und Affekten naturwahrer, d. h. minder corrumpirt von Schule und Schematismus als die Männer; aber diese sind wahrer in der Darstellung ihres geistigen Wesens; wahrer durch Verläugnung der sinnlichen Natur für den Geist und seine Ideen. Goethe's Gedichte und Naturempfindungen sind wahrer, weil natürlicher als die von Reflexion durchsetzte Natur Schiller's; aber Schiller ist trotz seines Idealismus mehr ein wahrhaftiger Mann als Goethe, weil er sich überall ehrlicher, selbstverläugnender, entschiedener und rhythmischer finden läßt. Der schlechtweg objectiv proclamirte Goethe steht der Geschichte, der Religion und der Philosophie ganz so subjectiv gegenüber, als Schiller: der Natur, den sinnlichen Werktags-Biographieen. Die Natur ist freilich Wahrheit; Kinder, Wilde und naive Mädchen sind aber nur so lange wahr, als die Natur nicht durch Reflexion wachgerufen und mit dem Geiste polarisirt wird. Der cultivirte Mensch und der Mann bestehen auch diese Probe; sie beziehen den Geist auf die Natur, und die Natur auf den Geist; sie individualisiren das allgemeine Leben des Gedankens in Charakterhandlungen, und sie generalisiren, sie rectificiren Geschichte wie Biographie mit philosophischem Geiste.

In diesem Wechsel-Prozeß von Persönlichkeit und Vernunft, von Thun und Denken, von Praxis und Theorie: steigern sich Natur und Geist zur absoluten Wahrheit; und in dem Streben nach derselben manifestirt sich des Mannes Wahrhaftigkeit. Frauen und Naturalisten halten es dagegen nur mit einem Schematismus, oder mit der Praxis; und verläugnen weder ihre Persönlichkeit, noch ihre persönlichen Interessen je ganz und gar für eine Idee!

Die Unwahrheit und Coquetterie der Weiber kleidet sich in tausend Gestalten; am liebsten mögen die Weiblein den Mannsleuten gegenüber zart, verlegen, schüchtern, also hülflos und schutzbedürftig thun. Und falls es nur einen dreisten Schritt über die Gasse gilt, so wird frauenzimmerlich getrippelt, zaghaft und rathlos gethan, sobald ein interessanter Ritter in der Nähe ist, der seinen Arm offeriren kann. Also immer wieder das uralte perpetuum mobile von Lügen und Buhlerei, die sich gegenseitig dienstbar sind.

Wenn z. B. Damen zu spät in ein Concert oder eine Vorlesung eintreten: so können sie unmöglich, wie andere verständige und natürliche Menschenkinder, mit einem Blick die leer gebliebenen Plätze erspähen und sich zu diesen still und ohne Umstände hin verfügen; sondern sie trippeln und zögern hin und her und affectiren eine alberne Rathlosigkeit, eine kleidsam sein sollende Unentschlossenheit oder jungfräuliche Verlegenheit, bis das Elend irgend einen alten galanten Herrn erbarmt und derselbe den schüchternen Tauben Bahn bricht und Plätze nebeneinander verschafft; denn getrennt können sie es für die zwei Stunden doch nicht ertragen; das hieße für so zarte, in Sympathieen aufgelöste Geschöpfe auf die Wogen des Meeres hinaus gestoßen sein. Mit dem ganzen Manöver war es darauf abgesehen, daß sich zu den distinguirten Damen ein Ritter heran finden sollte: denn die dürfen keinen Augenblick vergessen, was sie der hülflosen Weiblichkeit und der Noblesse schuldig sind. Die Damen und gnädigen Frauen aus der Bourgeoisie thun es aber im Punkte der Affectation und Prätension den adeligen Damen wo möglich noch zuvor; aber freilich mit weniger Grazie, Geschmack und Natur. Um blöde Ritter heranzulocken, oder dickfellige zu elektrisiren, steht routinirten Individuen ein sehr populäres Experiment aus der höhern Frauenzimmerphysik zu Gebot. Die Debütantin bildet sich im entscheidenden Augenblick mit solcher Lebhaftigkeit und Willenskraft eine Verlegenheit, Verlassenheit und rührende Situation ein, daß ihr das Blut in die Wangen und die Thräne in's Auge steigt; die Ohnmacht aber ist das Meisterstück in der weiblichen Kunst: sich durch Phantasie und fixirten Willen zu magnetisiren!

Die Rahel schreibt: »Was sind die Weiber elend! So wahr mir Gott in meiner letzten Noth beistehen soll, ich fasse sie nicht! Nur eitel, gräßlich; so schlecht find' ich sie in ihren ewigen, gediegenen, schleimigen Lügen, in den unbewußten Lügen, in dem auf Nichts sich beziehenden Putzen des Leibes bis zu den innern Fasern; wegen dieser plumpen, gräßlichen, ja nicht glaublichen Dummheit in Lügen; in dieser völligen Kunstlosigkeit und Unfähigkeit zu einer Mäßigung.«

Stoll in seiner Ratio medendi sagt: » Mulieri et ne mortuae quidem credendum est« d. h. für die Damen übersetzt: »Nicht einmal einer todten Frau darf Glauben geschenkt werden.« –

Rudolphi, der große Physiologe und Arzt, fügt diesem Ausspruche bei: »In allem was Nervenkrankheit heißt, stimme ich Stoll vollständig bei.«

Verstellung und Koketterie bilden bei den Frauenzimmern die zweite Natur. Sie wissen nur halb oder gar nicht darum, und leiden so wenig Gewissensbisse oder Unbequemlichkeiten von ihrer Unwahrheit, als ein Schauspieler von seiner Rolle. Verstellung ist bei den gebildeten Polinnen und Französinnen von Stande so ganz und gar die feine Lebensart, Taille und Toilette (zumal den Mannsleuten gegenüber) daß Wahrheit und Natürlichkeit diesen Damen als eine Gemeinheit und Rohheit erscheint, sobald sie sich als Frauen-Art giebt. –

Ich habe aber auch deutsche Frauenzimmer kennen gelernt, welche die Natur und Alles, was auf sie gebaut ist, für eine solche Gemeinheit halten, daß sie, wenn es dazu kommt, mit einer Grimasse sterben, die allerdings noch im Tode zu lügen fortfährt. Was nun die Nerven-Affairen betrifft, so steht bei den Frauen der Wille in so unmittelbarem und innigstem Contact mit ihrem Nervensystem, und ist eben hierdurch ein solcher Virtuose im bestimmten Falle, daß er nicht nur augenblicklich losweinen und loslachen, sondern den Körper nach Belieben in Ohnmacht fallen, ihn wahrscheinlich auch sterben lassen kann: wie man das von einem gewissen Stamme amerikanischer Wilden erzählt. Wo Seele und Geist, wo Leib und Seele so ganz und gar aus einem Gusse sind, wie bei Weibern und Wilden: da ist die notorische Diagnose von Ohnmachten und die hypothetische von Selbsttödtung durch fixirten Willen und Liebesgram ein durchaus naturgerechtes Phänomen.

Es kann ein Frauenzimmer aus Gram, Alteration oder Liebe sterben; und gleichwohl war Alles in erster Position eine Schauspielerei; wie es denn vorgekommen ist, daß sich Mimen, hingerissen von ihrer Einbildungskraft, und indem sie sich mit dem dargestellten Helden identificirten, im Ernst erstochen haben; während es blos pro forma in ihrer Rolle stand. Um aber auf die sublime Naturgeschichte der Ohnmachten zurück zu kommen, so vermuthe ich, daß es Frauenzimmer giebt, die in einer willentlich herbeigeführten Ohnmacht, noch wieder durch ein anderes Kunststück betreffs der Behandlung ihrer Nerven, die Ausdauer des interessant machtlosen, kleidsamen und verführerischen Zustandes in der Gewalt haben, und ohne das derselbe ein fingirter sein darf, in einer Art von Clairvoyance Alles sehen und hören, was von Interesse für die Experimental-Physiologie ist. –

Jedenfalls dürfte bei diesen weiblichen Ohnmachten eine Art von frauenzimmerlicher Freimaurerei im Spiele sein. Man sieht das aus der contenancirten und zuversichtlichen Art, mit welcher ein ohnmächtig gewordenes oder werdendes Frauenzimmer von einer Person ihres Geschlechts und besonders von ihrer Nebenbuhlerin behandelt wird. Diese Art drückt vollkommen deutlich aus: »das kennen wir aus eigener Erfahrung, das wird frei improvisirt und auch so inhibirt werden, falls die Interessentin will.« Ich wohnte einmal dem Kunststück des Köpfens bei, und der Schüler Philadelphia's tractirte den vermeintlichen Leichnam mit derselben Manier, mit der ich Darstellerinnen der Ohnmachts-Komödie von ihres Gleichen zum Bewußtsein bringen gesehen.

In Deutschland liegt diese Kunst in der Kindheit; Französinnen und Polinnen wissen desto besser mit ihr und mit allen Ausgaben von Nervenspielen und Krämpfen, von gebildeten und eingebildeten Krankheiten Bescheid. Es giebt eine Sprache in der Sprache, und nicht blos in der Diplomatie, sondern überall. »Die Meereswellen sind heiser geworden von dem Wiederholen ihres Geheimnisses,« sagt Dickens schön und wahr bei Gelegenheit, daß er eine alte Marquise schildert, die hinter rothen Bettvorhängen ihren Geist aufgiebt, damit der Schein ihr Leichengesicht roth färben soll. Der Mensch ist wie eine Welle im Meer. Die Heuchler, die Schauspieler und Lügner, die alten koketten Weiber sterben aber an diesem Geheimniß und begreifen es sterbend noch nicht; denn sie geben nicht selten mit Grimassen und Schminke ihren Lügen-Geist auf. Ein alter Hofmann und Diplomat, ein alter Hofnarr ist auch eine säcularisirte, trostlose Figur, denn er tröstet sich über sein schlechtes Gewissen und sein nichtig verbrachtes Leben durch die gnädige Condolenz-Miene seines Souverain noch in dem Augenblick, wo er vor Gott treten soll, und ergiebt seinen Geist mit submissen Geberden auf. Es kann hier aber eine sittliche Gewohnheit, eine ächte Pietät zum Grunde liegen. Was soll man aber von einer alten Oberhofmeisterin sagen, die wenig Augenblicke vor ihrem Ende noch Roth auf die Wangen legt, während sie der Tod bereits mit Leichengrau geschminkt hat; und die (statt mit einem Vater-Unser) unter dem Versuche stirbt, ihrem Verehrer am Sterbebette mit einem schalkhaften Fächerschlage zu antworten. Dergleichen Ungeheuer menschlicher Entartung und Vernichtung durch Convenienz und Eitelkeit sind selten; aber ein einziges Beispiel ist genug, um zu bethätigen, was aus einem Menschen werden kann, der den Rest von Natur und Gewissen aufgegeben und an die Stelle: seine miserable Persönlichkeit, d. h. eine leere, förmliche Lebensart gesetzt hat. –

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g) Züge und Zeugnisse von Grausamkeit in der weiblichen Natur.

»Warum dachten sich die Griechen ihre Eumeniden als Weiber? Warum verbindet der deutsche Volksausdruck mit dem Worte » Drache« den Begriff der weiblichen Bosheit? Warum läßt der größte und tiefste Kenner des menschlichen Herzens unter allen Dichtern das schändlichste Verbrechen, kindlichen Undank und geistigen Vatermord, von zwei Weibern, den Töchtern des Lear, verüben? Warum schildert Shakespeare im Weibe Macbeth eine schwärzere Seele, als im Manne Macbeth? – Es hat sich mir oft die Beobachtung aufgedrängt, versteht sich im Festhalten des allgemeinen Verhältnisses unter den Geschlechtern, wie es jede Verbrecher-Statistik nachweist: daß Verbrechen, bei denen der Thäter mit großer Grausamkeit verfährt, in überwiegendem Verhältniß mehr von Weibern als von Männern verübt werden."

( Mörder-Physiognomien von Casper.)

»Unter allen Giftmischerinnen, von denen die Geschichte weiß, ist Helene Jegado (genannt: die Frau mit der weißen Leber) bei weitem die entsetzlichste. In einem Zeitraume von beinahe 20 Jahren hat sie zahllose Giftmorde begangen; der Prozeß, der ihr endlich gemacht ward, hat sich nur mit der kleinsten Zahl derselben beschäftigen können, indem es für die übrigen, so unzweifelhaft sie auch in moralischer Hinsicht sind, doch bei der Länge der Zeit an den erforderlichen juridischen Beweisen mangelte, – und diese kleine Zahl belief sich bereits auf 17 Fälle, in 8 Jahren, von 1843-51 begangen! Aber was das Allerentsetzlichste ist: zu dieser Unzahl von Verbrechen ist nirgends ein genügendes Motiv aufgefunden worden; selbst von jener dämonischen Lust am Morde, wie sie z. B. bei der berüchtigten Gesche Gottfried und zum Theil auch bei der Ursinus hervortritt, läßt sich bei der Jegado keine Spur entdecken. Es scheint bei dieser Verbrecherin eine gänzliche Zerrüttung und Umkehrung aller moralischen Organisation stattgefunden zu haben; die geringfügigsten Ursachen, ein schiefer Blick, ein ungleiches Wort, sind hinreichend, ihre Mordlust zu entzünden; Helene Jegado theilt Gift aus, wie ein Anderer Scheltworte austheilt; wo gewöhnliche Menschen in Wortwechsel geraten, da mordet sie. Fast eben so merkwürdig wie diese Entartung der menschlichen Natur ist die beispiellose Sicherheit, mit der die Verbrecherin ihr furchtbares Handwerk fast ein volles Menschenleben hindurch betreiben konnte. Wohin sie kam, da starben die Leute weg wie Fliegen, sie kokettirte, ähnlich wie die » Zwanziger«, ordentlich mit ihrem Schicksal, – und wiewohl Jedermann vor ihr grauste, und obschon die Jungen auf der Straße ihr Spottnamen nachriefen, ja obschon die Opfer ihrer Mordlust sie zum Theil auf das allerdeutlichste als Urheberin ihres Todes bezeichneten, so wagte doch Niemand, theils aus abergläubischer Furcht, theils aber auch aus Indolenz, sie vor Gericht zu ziehen!«

(Das deutsche Museum.)

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»Zwei Mädchen in der Vendée ( Michelet, in seiner »Geschichte der Revolution«, nennt die Namen) belustigten sich damit, den verwundeten republikanischen Soldaten in – – – in den Augen herumzusticheln!!«

Ein eifriger Royalist erzählte mir einmal in der Vendée und zwar ganz wie eine Heldenthat: daß die Weiber in einem nahen Dorfe zwei republikanische Soldaten in einem Backofen versteckt gefunden; sofort fielen sie über sie her und zerschnitten sie in Stücke, d. h. ohne sinnbildliche Redensart, in wirkliche Stücke und Stückchen!

Die Kinder waren nicht minder fanatisirt; sobald sie eine Waffe führen konnten, bedienten sie sich ihrer nach Kräften, und wo sie nicht selbst tödten konnten, verriethen sie mit einer Perfidie, welche »die Unschuld des zarten Alters« zur lächerlichen Redensart macht, den verirrten einsamen Republikaner dem verborgenen Mörder, der sodann den Nichtsahnenden aus dem Gebüsch heraus niederstreckte. Und nun schwatze man noch von » wehrlosen Frauen und Kindern« die von den Republikanern in der Vendée umgebracht worden sind.

(Bemerkungen zum Kriege in der Vendée von Hermann Semming.)

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Wieder und immer wieder melden die Zeitungen Kinder-Mord, selbst von Mädchen der gebildeten Stände, und mit abscheulicher Barbarei ausgeübt. Ein achtzehn Jahre altes Mädchen schneidet dem Kinde, das sie geboren, den Hals ab, und da sie nicht Kraft und Gelegenheit findet, den Körper fortzuschaffen, so behält sie ihn zwei Tage lang unter dem Kopfkissen; schläft also auf dem Leichnam des von ihr abgezweigten Geschöpfs, das sie mit ihrer Milch und ihrem Herzblut nähren soll, und dem sie gleichwohl den Tod gegeben hat, während sie selbst das Leben erträgt. –

Eine andere Mutter führt ihr vierjähriges Töchterchen zum Ufer der Weichsel, gräbt ein Grab und wirft das unglückselige, um sein Leben flehende Kind gebunden hinein, indem sie dann die ausgeschaufelte Erde auf dem winselnden Geschöpfe mit den Füßen festzutreten vermag. Solche teuflischen Gefühllosigkeiten beschimpfen das ganze Menschengeschlecht. Dergleichen muß gar nicht menschenmöglich sein. Solche Thatsachen ruiniren den Verstand wie den Glauben, verdunkeln den Begriff von Mutter, Weib und Seele, von Gewissen und Menschen-Natur! Solche Excesse zeigen den Abgrund und die Dämonie namentlich in der Weiber-Natur!

Einmal sind die Frauen nicht selten mitleidiger und barmherziger als der Mann; sie unterziehen sich der Pflege von Kranken und Leidtragenden mit engelgleicher Aufopferung; und dann, wenn dem Manne der Muth und die Mordwaffe entsinkt, wird er von seinem Weibe ein Feigling gescholten und von ihr in dem Mord-Handwerke abgelöst; das Weib vollendet mit kalter Berechnung und Geistesgegenwart, ohne Erbarmen, was der Mann nicht zu Ende brachte, woran seine Teufelei erlahmte. Und wie ist es nur möglich, daß dasselbe Weib, welches die Gefühllosigkeit besitzt, ihr Kind zu schlachten oder lebendig zu begraben, oder in einem Ofen zu calciniren, daß sie wiederum ein solches Furcht-Gefühl vor dem Urtheil der Menschen, daß sie ein solches Schamgefühl vor der Welt besitzt, während sie es nicht vor sich selbst oder vor einem Gott im Himmel aufzubringen vermag, an den sie nichts destoweniger glaubt! Also Menschenfurcht, Furcht vor der äußeren Schande, dem Skandal, vor dem Hohn und Spott der Bekannten; die Vorstellung: was werden die Leute sagen, wie wirst du die Schande ertragen, die Strafe ertragen, vor Gericht erscheinen? Furcht vor dem Ungeheuer »Convenienz«, vor Menschensatzung und vor dem nächsten Uebel kann stärker als Gottesfurcht und Gewissen, stärker als das Muttergefühl sein, als der Instinkt der Natur! Und wenn wiederum die Macht der Convenienz und die Menschenfurcht nicht mächtiger wären als die Natur, wie wäre dann an eine Sitte zu denken, an Ehrgeiz und überhaupt an eine Cultur.

Eben bei gewöhnlichen Menschen und bei Weibern zeigt sich die Convenienz oft mächtiger als die Natur und Religion.

» Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft.«

Es sind sehr wenig Weiber so grausam, wie jene aus dem niedrigsten Stande emporgehobene russische Fürstin, die den Busen ihres aufwartenden Kammermädchens zum Stecknadelkissen machte, ohne einmal eifersüchtig auf die Gemarterte zu sein; aber es giebt Weiber genug, die ihren weiblichen Domestiken kein gutes Haar lassen, und nicht nur empört sind, wenn der verliebte Herr Gemahl den schönen Zopf des Mädchens schön findet, sondern auch wüthend werden, wenn er nicht leiden will, daß die weiße Sklavin mit den Nadelstichen unausgesetzter Scheltworte, Scheerereien und Launen zur Verzweiflung gebracht wird. Der bloße Anblick von Geschöpfen, die, obwohl untergeordnet, gleichwohl noch den Zauber des weiblichen Geschlechts innerhalb ihrer inferioren Sphäre auf Soldaten und Handwerks-Gesellen oder gar auf den Herrn Gemahl ausüben, verrückt auch der gebildeten und gutmüthigen Frau Herz und Verstand, und steigert ihre elementare Leidenschaft leicht bis zur Dämonie.

Die Männer sind nur eifersüchtig auf den geliebten Gegenstand. – Ein Weib gönnt aber einen Mann, auch wenn er ihr gleichgültig ist, keiner Andern. Weiber wollen nur dann in die Ehescheidung willigen, wenn der Mann die Nebenbuhlerin nicht heirathen darf. In Lessing's Fabel schlägt der Mann Tiresias verliebte Schlangen auseinander und verwandelt sich in dem Augenblick in ein Weib.

Ein Weib stört Verliebte aus Instinct, ein Mann geht ihnen aus dem Wege. Neid und kleinliche Persönlichkeit, Unfriede und Unbilligkeit ist die Natur des Weibes.

Man muß die Symptome der Eifersucht unter den liebenswürdigen Naturmenschen auf dem Dorfe beobachtet haben, um zu wissen, welch' ein Abgrund der Bestialität durch zügellose Leidenschaft in einem Weibe aufgähnen kann. Ein Bauerweib in Polen vollzog einen Act der Lynch-Justiz an ihrer Nebenbuhlerin, sie band ihre Magd, der sie an Kräften überlegen war, und theerte sie dann in so scheußlicher Weise, daß die gemißhandelte den Geist aufgab.

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h) Die Sünden der Frauen gegen das weibliche Gesinde.

Die barbarische Wurzel der Weiber zeigt sich in ihrer unvertilgbaren Tyrannei gegen die Dienstmädchen. Stand und Bildung der Frauen ändern blutwenig in der Lieblosigkeit, der Unbilligkeit, der Chikane, der Willkür und ausgesprochenen Geringschätzung, mit welcher die weißen Sklavinnen von ihrer betitelten und unbetitelten Hausherrin behandelt werden. Die Frau Präsidentin, Generalin, Superintendentin, und Baronin ist ganz so hart und rücksichtslos, so gefühllos und unvernünftig in der Anwendung der Gesinde-Ordnung auf das weibliche Personal, als die Handwerkers- und Bauerfrau. – Behufs der Unterdrückung und cultur-barbarischen Behandlung der dienenden Klasse bieten sich alle Weiber stillschweigend die Hand; bilden sie Alle einen Freimaurerbund; und die Ausbündigsten von ihnen sind eine heilige Vehm! Bildung ändert hierin nichts. Dieselbe Dame, welche mit vollendeter Grazie: Thee und Theebrödchen präsentirt, über Schiller und Göthe philosophirt, oder schmelzend gesungen, und die Worte des Textes so ätherisch hingehaucht hat, daß ihr nur noch die Engelsfittige fehlen, um zum Himmel aufzufliegen: diese Unvergleichliche fängt in dem Augenblick, wo der letzte Gast zum Hause hinaus complimentirt ist, über eine zerbrochene Tasse, oder fortgenaschte Ueberbleibsel mit dem Mädchen einen Heidenlärm oder ein boshaftes Inquisitions-Verfahren an, welches drei Tage fortgesetzt wird und drei Wochen oder drei Monate als ein Echo spuken darf. Die Vorstellungen und Einschreitungen der Männer gegen barbarische Haus-Polizei und Matrimonial-Gerichtsbarkeit, gegen Gesinde-Mysterien, weibliche Cadi-Justiz und weibliche Inquisition: werden als Ansichten der Uneingeweihten und Verblendeten ganz ignorirt, oder, wenn sie mit Insinuationen an die Adresse gelangen, auf eine zweideutige Theilnahme des Mannes gedeutet, welche den Prozeß der Inquisition um tausend Prozent verschlimmern muß, also giebt's da für die Männer nur das Mittel: alte Weiber oder Ungeheuer von Häßlichkeit in den Dienst zu nehmen, als womit eine officiöse Blamage für die Ehe und das ganze Hauswesen verknüpft wäre. – Die gefühlvollsten, die gebildetsten Dame haben einmal das eingewurzelte und erblich gewordene Vorurtheil, daß Stubenmädchen und Köchinnen zum Ausschuß der Menschheit gehören; daß jede Nachsicht und honette Behandlung sie nur in ihren Nichtswürdigkeiten bestärkt; daß man gegen diese freche, lüderliche, genäschige, verlogene, verliebte, faule, schmutzige, unaccurate, vergeßliche, obstinate, vergnügungssüchtige Klasse, welcher alle Dinge aus den Händen fallen, die leicht entzwei gehen: nicht hart und disciplinar genug sein könne; daß ihnen jedes vermeintliche Malheur mit Porzellan und Glas und womit immer sonst, vom Lohn abgezogen werden müsse: falls die Herrschaft nicht von entzwei geschlagenen oder abhanden gekommenen Sachen banquerutt werden soll. Jeder engere Cirkel, jedes gemüthliche Zusammensein der Frauen bildet eine Damen-Jury, die ihre Präsidentin, Alters-Präsidentin, Geschwornen, Staatsanwälte, aber fast nie einen Defensor hat, der sich der weiblichen Pariakaste von Herzensgrunde erbarmt. Auch die besten und billigsten Frauen halten sich an die allerdings richtigen Thatsachen: von der Nichtsnutzigkeit, der Bescholtenheit, Aufsätzigkeit und Lüderlichkeit der Dienstmädchen, – aber keine einzige kann oder will je begreifen, daß der gebildete und noble Mensch seiner eigenen Würde: eine billige und großmüthige Behandlung der Untergebenen schuldig ist; – daß der Versuch, die dienende Klasse durch Güte und Strenge am rechten Ort zu erziehen, keinmal aufgegeben werden darf; und daß er durchgreifend noch nirgend in's Werk gerichtet worden ist. – Die frömmsten Damen können nicht fassen: daß eben in der selbstverläugnenden Behandlung verwahrloster Dienstboten die nächste und himmelschreiende Gelegenheit vorliegt: eine Christlichkeit und Herzensbildung zu bethätigen, mit welcher so viel heuchlerischer Prunk getrieben wird. Und wer sind wir Berechtigten, Eximirten, wir sogenannten Gebildeten und Tugendhaften, wir Herrschaften denn selbst, daß wir so strenge über die Gebrechen unserer Untergebenen richten!! – Verschulden wir nicht dieselben Schwächen, Leidenschaften, Gemeinheiten, Dummheiten und Nichtsnutzigkeiten; spielen wir sie nicht in verfeinerten Formen, aber auch mit Lügen-Masken, mit Selbstbewußtsein und mit viel mehr Raffinement und Herzensbosheit aus? Und was geschah oder geschieht für die Herzensbildung, für die unentbehrlichste Unterweisung jener armen Mädchen, im besten Falle, daß wir über ihre Verkehrtheit und Rohheit so empört sein dürfen? Was ist ihr Schicksal, ihr Anfang, ihr Ende, ihre Genugthuung; – als nie endende Arbeit, Dürftigkeit, Unwissenheit, Dienstbarkeit, Herabwürdigung, und nur zu oft die Prostitution.

Auf welchen Grund hin sollen diese armen Geschöpfe feinfühlend, ehrbar, aufrichtig und ehrerbietig sein? Haben sie dazu eine reelle Aufmunterung, ein nachahmenswerthes Beispiel bei ihren Herrschaften? Sind die Hausfrauen etwa so solide und tactfest in Kleidung, in Worten und Werken, und so billig und gerecht, so gewissenhaft in ihrem Haus-Regimente, daß es auf den Dienstboten als eine erziehende Macht influiren könnte? Haben die Aermsten einen Impuls von Außen oder von Innen; thut der Staat, das Gesetz, die Kirche, die Orts-Gemeinde oder die gebildete Gesellschaft auch nur das Mindeste für die Vorbildung dieser armen Geschöpfe, oder für die Controlle ihrer Menschenrechte? Geschieht etwas Durchgreifendes für die Kranken-Pflege und Alters-Versorgung? Und wenn diese Fragen von uns Allen, wenn sie von den Gebildetsten und Besten nicht mit gutem Gewissen und gegen die stricte verurtheilten Dienstmädchen beantwortet werden können, was hält dann die Hausfrauen ab, sich zu einer vernünftigern, gütigern und gewissenhaftern Behandlung ihrer pflegebefohlenen Mädchen zusammenzuraffen, als eben ihr weiblicher Egoismus, ihre cultivirte Barbarei, ihre Indolenz und Bequemlichkeit?

Und es ist nicht wahr, daß diese Mädchen einer Veredlung durchaus unzugänglich sind! – Es giebt hier und da Frauen, denen ihr gutes Herz und ihr nobler Sinn die richtige Behandlung ihrer Untergebenen an die Hand giebt; und sie ernten die Früchte ihrer Güte und Ausdauer in einer Anhänglichkeit und Respects-Bezeigung, welche sich keine Dame durch Tyrannei, durch Lieblosigkeit und hochfahrendes Wesen erzwingt. – Es geht mit der Veredlung, mit der Erziehung unserer Dienstboten für eine gütige Behandlung sehr langsam; – das ist wahr; – sie kostet tausendfältige Opfer, Verläugnungen, Täuschungen und Unbequemlichkeiten; aber sie ist gleichwohl möglich und geboten für Jeden, der ein Herz und Gewissen besitzt, – so sehr geboten, so selbstverständlich ist die Verpflichtung der Herrschaften, und insbesondere der Hausfrauen: zur Nachsicht, zum Wohlwollen, zur Gerechtigkeit, zur Billigkeit gegen die ihrer Pflege und Erziehung überantworteten, verlassenen und verwahrlosten Geschöpfe, daß die Darlegung der Gründe eine Blasphemie der Menschheit, der Cultur und des Christenthums ist.

* * *

i. Zum Signalement der gemeinen Weiber.

Die Fatalität, welche einem feinorganisirten und so gebildeten Menschen mit den Männern begegnet, tritt ihm an den Frauen um so peinlicher entgegen: sie sind entweder ordinair praktisch und so werktagsgeschäftig, so verstrickt und verflickt, verwaschen, verplättet und verkocht, daß sie sich von ihrer Köchin und Wirthschafterin nur durch die Kleidung und durch die Tournüre bei feinen Kaffee-Visiten unterscheiden, oder sie haben die Ambition: gebildet zu sein; dann gleicht ihr Verstand einem schlechten Mosaik-Gemälde, aus bunten Schulfragmenten und Lesefrüchten zusammengesetzt; sublimsten Falls mit einem Firniß von abstracten Ideen und confusen Gefühlen überzogen, durch welche das Ideal repräsentirt wird. Wiederum giebt's persönliche Rühreier von sublimen Gefühlen und ordinairen Gewohnheiten, von hohlem Idealismus und materiellem Realismus, von nüchternster Verständigkeit und blutloser Phantasterei, von Unwissenheit und Belesenheit, durch welche alle Tendenzen, Conversationen und Verhältnisse verwirrt, verschoben, entstellt und verstellt, übertrieben und trivialisirt werden. Endlich muß man noch mit dem, aus Jähzorn und Apathie, aus Leichtfertigkeit und Mißtrauen, aus Gelächter, aus Uebellaunigkeit und Spitzfindigkeit zusammengesetzten Personnagen, mit den ganz ordinairen, blödsinnig-schlauen, gewissenlos-gemüthlichen, naiv-bösartigen, liebenswürdig-taugenichtsigen Frauenzimmern vorlieb nehmen, von denen man nie sagen kann, ob man mehr von ihrer Empfindlichkeit oder ihrer Ehrlosigkeit, ihrer Prüderie oder Schamlosigkeit, ihrer natürlichen Frechheit oder affectirten Bescheidenheit, ihrer Krinolin-Repräsentation oder ihren Negligee-Lebensarten indignirt und gelangweilt wird. Findet sich hier und da ein wirklich gebildetes und geistvolles Weib, so hat sie sich einem Rhinoceros oder Kameel von Mannsbild antrauen lassen; so daß man mit ihr nur solche Glaubensbekenntnisse, Kritiken und Lebensarten austauschen kann, welche nicht über das wilde oder über das zahme Thierreich hinausgehen: denn durch angedeutete Ideale verführt man doch die gute Ehefrau zu Reflexionen und Mittheilungen, die sich weder mit dem Respect vor dem Herrn und Gebieter, noch mit der ehelichen Liebe und Treue vertragen. Und wenn endlich Mann und Frau gleich gebildet, gescheut und liebenswürdig sind, so leben sie in der Regel in so pauvern, subalternen, unwürdigen oder verwickelten Verhältnissen, daß wiederum kein Trost und Genuß zu holen ist. – Wer nicht ein ganz ordinairer Praktikus ist, wird bei allen Gelegenheiten an Schiller's » Pilgrim« gemahnt, der, getrieben vom heiligen Sehnen, dem Osten zuwandert, aber das » dort niemals zum hier« werden sieht.

Das gewöhnliche Weib legt mit der Verheirathung alle Delicatesse, alle Grazien des Mädchenthums und der Jungfräulichkeit ab. Sie wird knauserig, ordinair und dreist; ihre körperlichen Bewegungen bekommen etwas Unternehmendes und Hastiges; ihre Gesichtszüge etwas Verwaschenes, und, was unendlich schlimmer ist: der ganze Charakter erinnert an eine Art Bettdecken, die aus bunten dreiseitigen Lappen zusammengenäht werden. – So ein Alltags-Weib verliert jede Norm und giebt sich allen Augenblicken hin, welche ihrer Zankteufelei und Spectakelsucht ein Genüge thun. –

Vor allen Dingen aber ist die Mutterschaft diejenige Qualität und Situation, welche ihre Menschenliebe, ihren Witz und ihren geselligen Tact absorbiren darf. So eine Mutter fühlt nur ihre eigene Person und ihr Kind. Was sie nicht irgend wie zu ihrer Ablegerschaft in Beziehung bringen kann, das existirt nicht für sie. Sie soll vorzugsweise Mitleidenschaft haben: sie ist aber unbarmherzig, über die jammervollsten Bettler, über Blinde und Taubstumme empört, kriegsgerüstet und hart; – höchstens, daß sie von der Verzweiflung einer andern Mutter ergriffen wird. Hat sie als Mädchen schöne Künste und Wissenschaften getrieben, so treibt sie dieselben als Mutter nicht mehr; wenigstens tractirt sie den Ueberrest von Musik ohne Seele und verschlechtert Sprache wie Orthographie dergestalt, daß sie nicht mehr einen Waschzettel richtig schreiben mag. Nichts fesselt andauernd mehr ihr Interesse. Es ist, als ob die Kinder-Brut ihr mit der Mutter-Milch zugleich das Herzblut, den Nervensaft und das Hirn aus dem Kopfe gesogen hat. Selbst die Liebe zu ihrem Manne kommt nur ruckweise und unter gewissen Bedingungen zum Durchbruch. Alle Vernunft, alle Billigkeit, alles universelle Organ liegt bei so einem menschlichen Säugethier wie im Starrkrampf. Ihre Weiber-Freundschaft ist eine Klatschpastete geworden, und die Freundschaft aus der Mädchenzeit ein längst verdufteter Blumengeruch, ein abgeschiedener Geist. Diese Metamorphose aus dem Idealismus in den Materialismus, aus dem heiligen und stillen Schwan in eine zahme, laut schnatternde oder in eine kreischende wilde Gans: sieht und fühlt nun der Mann jeden Tag nach den Flitterwochen, die kaum ein paar Tage geflittert haben; er findet sie nach jedem Kindbette je länger je unerträglicher, wenn er nicht zu den schlaffen, gemeinen Charakteren gehört, die sich durch die Gewohnheit mit der abscheulichsten Lebens-Misère in's Niveau setzen.

Dazu kommt noch, daß der Mann nicht selten aus einem unordentlichen, lärmenden, wüsten und malpropren Junggesellen: ein ordnungsliebender, ein reinlicher, accurater, Ruhe und Gemächlichkeit liebender Ehemann und Familienvater wird. Des burschikosen, abstracten, ungemüthlichen, abenteuerlichen Lebens müde geworden, heirathet er; nun fortan still, solide, säuberlich und regelmäßig zu leben. Das Weib aber, als Mädchen genirt, in Entbehrungen oder unter dem Druck gewesen: fühlt sich als verheirathete Frau plötzlich in ihrer Würde und Befehlshaberschaft: in einem Wirkungskreise und frei; so will sie sich loslassen, sich entwickeln, entschädigen, sich activ herausthun; als Herrin vom Hause bezeigen; macht also bei aller Gelegenheit eine Monstre-Zurüstung, einen Heidenlärm und Randal, einen Treppen-Sturm, ein Thüren-Geschmeiß, ein Gezänk mit den Nachbarsleuten, mit Handwerksleuten und Gesinde. Kommt nun noch Krankheit, kommen Sorgen und Noth, die große Wäsche und das Stubenscheuern, die Wochenstube und die Eifersucht dazu: so giebt das eine recht allerliebst kleine Vorhölle auf Erden, bei der sich der Delinquent, auch wenn er ein Dichter ist, nicht einmal mit der Romantik, oder einem von der Welt anerkannten Heldenthum schmeicheln darf; da er vielmehr das köstliche Bewußtsein in sich trägt: ein ganz abgeschmackter Ehekrüppel vom Dutzend zu sein, – der heute nicht einmal mehr zu einer Figur in einem Possenspiel taugt – weil man den Scandal in hundert Originalen umsonst haben kann.

Mir klagt ein Freund: »Meine liebe Frau ist die bravste Seele und das beste Weib von der Welt; aber sie hat Eigenheiten und Mucken, die mich um so mehr zur Verzweiflung bringen, als sie dieselben gerade vor meinen Gästen producirt. Sie gefällt sich vor allen Dingen in der Rolle der Dulderin. Ich gebe ihr keine Gelegenheit dazu, dadurch eben fühlt sie sich fatalisirt, und doch ist sie nichts weniger als romantisch, sondern nur so unnützlich praktisch, daß ich aus der Haut fahren möchte, weil ich das Genre auf keinem Punkte zu capiren vermag. – Meine Liebste hat z. B. einen Wunderschrank, in welchem sie selbst dann herumkramen muß, wenn Gäste im Hause sind. Die Bodenkammern sind ihr liebster Aufenthaltsort; und wenn es große Wäsche giebt, muß sie für zwei Mägde mitwaschen, ja » mitstauchen«, so daß mir Doctor und Apotheker mehr kosten, wie die ganze Operation, ungerechnet meine Alteration. Ich habe auch bemerkt, daß meine Frau mit leidenschaftlicher Aufregung gegen die amerikanische Waschmaschine perorirt, daß sie dieselbe mit ihrem Hasse verfolgt; wie soll ich mir diese Thatsache erklären, wenn nicht aus dem Instinct meiner waschwüthigen Gattin: daß durch jene über das Meer gekommene Maschine vielleicht der weiblichen Waschdictatur die Spitze abgebrochen wird.«

Man könnte das Thema sehr ergötzlich und vielfältig variiren; aber es prozessirt in allen verehelichten Lesern von selbst weiter fort. – Diese orthodox-praktischen Hausfrauen sind nicht minder eine Monstrosität, als die künstlerisch und närrisch Gebildeten, die Schriftstellerinnen (wie eine in »Bleakhouse« von Dickens geschildert ist).

Die klügsten und liebenswürdigsten Frauen halten nicht selten mit garstigen Grobianen und geschmacklosen Genies Freundschaft, weil sie einen Contrast für ihre Harmonie und Weiblichkeit brauchen; aus dieser Naturökonomie ist es vielleicht erklärlich, daß die gleichmütigsten und liebenswürdigsten Männer wahre Sprühteufel von extravaganten und ewig unruhigen Weibern am Halse haben, die nur in den Augenblicken zur Vernunft kommen, wo der Mann, der bei ihren Excessen ruhig blieb, endlich von dem Einbruch in das Heiligthum der Schreibstube außer sich gebracht worden ist. Die beschworene Leidenschaft des Eheliebsten ist aber eben die ersehnte Satisfaction; die lange minirten Vernunft-Bollwerke sollen in die Luft fliegen; der Vernunft-Gott soll empfinden, wie das Weib eine Macht ist, die keinen Augenblick ignorirt werden darf.

Wer sich factisch überzeugen will, daß profane und absolut prosaische Personnagen in keiner Situation und mit keinem Dinge zu illuminiren oder heilig und nachdenkend zu machen sind, der muß gewisse Weiber im Wochenbette sehen. Die Guten sind kaum dem Tode entronnen, also dem Leben mit höherem Bewußtsein wiedergegeben; sie sind vielleicht zum zwölften Mal in die Mysterien der Niederkunft und Mutterschaft eingeweiht, um so mehr müßten sie diese begriffen haben. Die Natur hat ihnen einen Säugling an die Brust gelegt, welcher warme Milch vom Mutterblute trinkt, und dessen Seele, trotz der abgeschnittenen Nabelschnur, noch mit der Mutterseele durch die Muttermilch, durch die Mutterliebe und durch den Mutterodem zusammenhängt: aber was verfängt ihnen das? Diese angetrauten Haushälterinnen, diese anständigbetitelten Waschweiber: rufen, lärmen, hantiren, kommandiren und schefferiren zum heiligen Wochenbette hinaus; sie rühren con amore in dieser Situation Kindtaufskuchen ein, schmieren Butterbrode, weil Niemand so transparent mit der Butter umzugehen versteht, und entwickeln einen so scheußlich-ökonomischen Pflichteifer, daß dem Manne nicht nur alle Ideale, die letzten Bräutigams-Erinnerungen, sondern alle fünf Sinne vergehen. Zuletzt aber wundern sie sich über die Sinneswandelung des Gatten und den Mangel an Zärtlichkeit.

Entweder giebt es einen Cultus und ein Mysterium der Natur: dann ist beides in der Mutterschaft, oder nirgends sonst. Ein Weib, welches Poesie und Religion auch nicht einmal in der geweihten Zeit an sich kommen läßt, in welcher sie einem Geschöpfe das Leben gegeben, das ihrige eingesetzt, und durch Gottes Segen zum andernmal erhalten hat: ist eine Kinder-Maschine, und wenn sie sonst tüchtig ist, mag man sie ein sittliches Säugethier nennen; aber eine Person, die Gattin eines gebildeten Mannes und Menschen kann sie nur pro forma sein!!

Daß alle Frauenzimmer Schlüssel »verlegen«, möchte hingehen, denn man braucht sie ihnen nicht suchen zu helfen, sobald man nicht im zärtlichen Mond-Viertel steht; aber schlimmer ist es, daß die jungen Frauen, ohne Ausnahme, mit einer Geschmacks-Unwissenheit behaftet sind, die alle Augenblicke auf den Magen der Männer zurückwirkt; sie haben nicht die blasse Idee von Essen und Trinken. Sie halten nichts von guten und concentrirten Nahrungsmitteln, sie können in der Stadt nicht begreifen, daß frische Butter von altem Rahm gebuttert und eben deshalb total alt sein kann. Sie verwechseln Sättigung mit Restauration. Altes Kuhfleisch gilt ihnen so viel wie englisches Roastbeef von einem jungen Ochsen, der nie ein Joch trug. Zerlassene Butter ist ihnen der schönste Bratensaft. Sie verbraten alles Fleisch. Zuletzt, wenn sie den edelsten Mischmasch, und dreimal gewärmte Suppe im Leibe haben, durch deren Fettsäure sie sich nicht vergiftet fühlen, sagen sie mit schauerlicher Naivetät: » mir sieht Niemand in den Magen«, Sancho pansa, der personificierte gesunde Verstand, sagt schlagend wahr: »Der Magen stärkt das Herz, aber nicht das Herz den Magen.« ohne zu begreifen: daß die weibliche Schwächlichkeit und Kränklichkeit, wie die der Säuglinge, vielfältig von der vernachlässigten Pflege dieses unsichtbaren Magens herrührt; daß zuletzt Doctor und Apotheker die ersparten Markt-Thaler profitiren, und daß sich Jeder selbst in den Magen sieht, wenn er miserabel bespeist wird. Frauenzimmer halten es lieber mit bunten Lumpen, als mit solidem Proviant; und sie selbst werden selten gewahr, ob sie etwas Gutes gegessen haben oder nicht; aber ihre Leibesfrucht, ihre Milchbrust und der unglückliche Professor, Professionist, Tagelöhner oder Actenschreiber müssen den Fehler entgelten; und durch solche Dummheit wird der Keim zu siechen Generationen gelegt. –

So ein wohlgefüttertes, mit Butter und Käse handelndes Amtmannsweib probirt immer wieder von Neuem, ob der aus der Stadt auf's Land geholte Maurer- und Zimmer-Geselle sich nicht auch ein Pflaumenmus-Brod statt des Butterbrodes gefallen lassen will, und ob man ihm nicht sonst was abdingen und zumuthen kann, wobei ein Profit herauszuschlagen ist. Das knauserigste, roheste Mannsbild giebt und begreift leicht, was einmal sein muß und Rechtens ist; aber selbst bessere Weiber sind hartnäckig und störrig wie ein Maulthier, wenn sie herausgeben sollen was sich gebührt. Man kann ihnen zuweilen nicht einmal begreiflich machen, daß die Köchin ihre Mahlzeit auf einem reinen Teller haben muß, – und daß ihr nicht die Ueberbleibsel von den andern Tellern zusammengescharrt werden dürfen, – wenn nicht der ganze Hausstand beleidigt werden soll. Respect vor den billigen und contractlich festgestellten Forderungen des Nebenmenschen, des Pflegebefohlenen, des Untergebenen hat nur der Mann.

Ein verlottertes Mannsbild ist ein Ekel; aber ein lüderliches Weib muß vollends ein Greuel sein; weil seine sinnliche Natur bereits zur Unordnung, Zerfahrenheit und Schmutzerei inclinirt, und weil das Frauenzimmer kein Gegengewicht am vernünftigen Geiste, an der Wissenschaft und Weltstellung besitzt wie der Mann.

So eine Schlumpe kommt mit den Einkäufen vom Wochenmarkt, und hat die Tresor-Scheine zwischen die Butterpfunde, oder die Häringe mit den Pflaumen zusammen gelegt. Sie leert dann ihr Museum von festen und halbflüssigen Victualien auf den Kaffeetisch aus, und leckt den vergossenen Syrup mit den Fingern von der Kaffee-Serviette oder vom Kalbs-Gekröse ab; und während sie weiter hin ausruhend, Markt-Neuigkeiten zum Besten giebt, bemerkt man mit Ekel, daß die harmlose Seele in Gedanken ein Stückchen Klopsfleisch zwischen den Fingern knetet und rollt. Sie nimmt Servietten zu Windeln, sie deckt gährenden Brodteich mit Deckbetten zu und giebt sie hinterdrein, wenn sie eine Gutsbesitzersfrau ist, aus Versehen in Gemüthsruhe ihrem Gast. Sie fährt mit den Händen in alles Mögliche und Unmögliche hinein, und hantirt gleichwohl mit diesen universell verkehrsamen Händen alles das, was von reinlichen Menschen mit Messer und Gabel angegriffen wird. Sie stößt bei Tische mit dem Daumen jedes Fleisch von der Gabel, auch wenn sie keine Handwerks – und Bauerfrau ist; sie bricht von einem frischen Brode die Kante herunter und fährt mit derselben in ein Pfund Butter oder in einen Schmalztopf hinein. Sie ißt sich eine halbe Stunde vor der ordentlichen Mahlzeit an den eßbaren Dingen satt, die ihr eben unter die Hände kommen; oder sie setzt sich allein zum gedeckten Tisch, falls ihr die Gäste zu lange ausbleiben. Sie sitzt am liebsten auf ihrer Hacke und ist andern unaussprechlichen Natürlichkeiten beflissen! Die Nachkommenschaft aber macht der Mama Alles getreulich nach. Der mystische Familien-Rapport stellt sich in einem kleinen Kinder-Geruch dar, mit welchem die edle Trägerin der Mutterschaft selbst am Sonntage behaftet ist. Und alle diese Lüderlichkeit in der äußerlichen Oekonomie ist nur der Abdruck der inwendigen Schmutzerei und Bestialität, gegen welche keine Disciplin und keine höhere Töchterschule, kein Pensionat zu 200 Ducaten und kein Bildungs-Recept hilft. –

Wer unsauber, schamlos, unpräcis, profan und undelicat geboren ist, stirbt so trotz aller Politur. So ein Weib ist wie Messing und Zinn; gleich nachdem das Reiben und Putzen ein Ende hat, kommt die Oxydation, und sie nimmt sich verzweifelt selten so ästhetisch aus wie an einer alten Metall-Bildsäule das Grünspan-Email. Spath an Pferden erbt nicht mit solcher Natur-Zähigkeit fort, als von Weibern: Lüderlichkeit und Schmutzerei. – Wer ein Enthusiast für Ordnung, Präzision, Anstand und Reinlichkeit ist, der sehe sich gründlich die Frau Mama und Großmama an, bevor er sich mit dem Sprößling verlobt.

Diejenigen, denen es im Leben sauer geworden ist, wie dem reich gewordenen Bauer, oder dem Präsidenten, der sich vom Schreiber emporgearbeitet hat, die wollen ihre Jugend-Sklaverei auf ihre Untergebenen und Pflegebefohlenen übertragen. Der Glückspilz rächt sich gleichfalls für den Hohn und Neid, den er erfährt, durch ein übermüthiges Regiment. Um gut zu bleiben, muß man vor allen Dingen keine malpropern oder verzwickten Antecedentien und keine zu große Versuchung haben, schlecht zu sein. Menschen von Verdienst und edlem Selbstgefühl, hochgestellte, genievolle und hochgebildete Männer sind in der Regel immer die billigsten, die leutseligsten, die besten, weil ihnen keine Ursache zu irgend einer Mißgunst, Rivalität, Rache und Beargwöhnung inne wohnt.

Das Bewußtsein ihres eigenen Werthes ist stark genug, um fremdes Verdienst und Recht bequemlich und mit gutem Muthe neben sich zu dulden.

Die Sicherheit ihrer Stellung giebt ihnen die Ruhe, Haltung, Behaglichkeit und Liebenswürdigkeit, die auch auf ihre Umgebung übergeht. – Sie brauchen Niemand zu schinden und zu blamieren, um sich selbst zu erhöhen und zu distinguiren.

Das Gegentheil ist es mit den genie- und verdienstlosen Emporkömmlingen, mit allen den Leuten, die eben nur darum weiter avancirten, weil die Reihe an ihnen war. Am unerträglichsten aber sind die Weiber von solchen Männern; denn nach ihrem Dafürhalten sind sie jedesmal, wie ich bereits gezeigt, mit avancirt und mit decorirt worden, wehe also dem Menschen, der das ignorirt. Hochmüthige und genielose Damen von Extraction sind nicht meine Leidenschaft; aber ich finde sie schon um ihrer Bildung und Erziehung willen viel leidlicher als die aufgeblähten, linkisch-vornehmen, halb rohen und halb gekochten Weiber der reich gewordenen Leute mit ihrem Mischmasch von Gemeinheit und Convenienz.

Der Hochmuth, der Geldstolz in der Bourgeoisie und ihr Corporations-Dünkel zeigt viel garstigere Variationen, Mysterien, Unbarmherzigkeiten und Brutalitäten auf, als der aristokratische Kasten-Geist. – Ein Extra-Wurstmacher hält sich und die Seinigen schon für unendlich feinere Leute, als einen Fleischer, der nur zu schlachten und Naturell-Fleisch zu verkaufen versteht – und ein Kürschner ist empört, wenn man ihn mit einem bloßen Mützenmacher identificirt. Der Schneider dünkt sich einen Künstler, verglichen mit einem Schuster; und der Posamentier blickt auf die beide mit Hohn. – Auf einem Entrée-Ball, wo lauter Handwerkstöchter tanzten, sah ich ein unbescholtenes Schenkmädchen hinausgewiesen, die anständig gekleidet war und sich ebenso betrug. Und auf jedem Honoratiorenball kann man die Bemerkung machen: daß die reichen Bürgerstöchter und ihre Mütter über die Dreistigkeit der Dienstmädchen empört sind, welche nach Mitternacht in den Tanzsaal gucken; obgleich und weil sie wissen, daß viele von diesen Dienstmädchen Töchter verarmter Bürger sind.

Nichts Erbärmlicheres kann gefunden werden, als Verkehr unter ordinairen Frauenzimmern. Anfänglich ein Gleis, der alles Rauhe und Garstige nach innen kehrt; weiterhin eine Portion Natur-Geruch, der den künstlichen Parfüm so weit unterkriegt, daß er mit ihm eine verzweifelte zweideutige Aesthetik zusammen braut; zuletzt ein kleiner Spalt und Riß, aus dem der ganze ordinaire Inhalt rücksichtslos hervor brodelt. Zuerst die verbindlichsten Gemeinplätze, Tournüren, Gefälligkeiten und Tractamente: – – –

Bald sind aber die liebenswürdigen Lebensarten depensirt, die gegenseitigen Illuminationen consumirt, und an die Stelle der Illusionen tritt dann die leidige ordinaire Natürlichkeit, und mit dem Mutterwitz wird die Gemeinheit ausgespielt. Man erleichtert, man demaskirt sich, man ennuyirt sich gegenseitig; nicht zu vergessen: man beklatscht und haßt sich; man despectirt sich, und bei der geringsten Differenz dankt man einander ab. – Die improvisirte Freundschaft klafft zu einem Riß auseinander, den keine artige Lebensart überbrücken oder ausfüllen kann. Auch ein nobler und gebildeter Mensch kann den intimen Verkehr mit ordinairen Leuten nicht aushalten. Er läßt sich in ihrer Gesellschaft gehen, er verliert die Façons, er kehrt den Naturalismus heraus; dies ist dann das Signal für die Naturalisten, ihre Grund-Suppe zu erschöpfen. Haß und Verachtung machen den Schluß. –

Es giebt Leute, die werden zu einer Kneipe mit Ohrfeigen hinausgeworfen, und falls es eben kothig auf der Gasse ist, so suchen sie sich sehr zierlich mit zugespitzten Zehen die Mittel-Steine aus, als wenn nichts vorgefallen wäre. Sie haben auf ihre Weise recht, denn was brauchen die Leute auf dem Markte zu wissen, was in den Bier- und Weinstuben mit anständigen Personen für Experimente probirt sind? – Es gehört aber doch eine aparte Contenance und Unverschämtheit zu solcher Lebens-Philosophie. – Wer ein ehrlicher deutscher Kerl ist, der denkt hinausgeworfenen Falls: bin ich an die Luft gesetzt, so mag auch die Stiefel und die Façons der Teufel holen; oder er hat vor Alteration und Ingrimm gar keinen Kopf, und schlägt sich und andere todt, wenn er auf Leben und Tod beleidigt ist. –

Eine so verzweifelte Consequenz kennen die politischen Leute keineswegs; die Maulschellen werden von ihnen hübsch in die Tasche gesteckt und die trockenen Mittelsteine gesucht. – Anstands-Damen zumal sind ganz besonders stark im Ignoriren oder Vertuschen der malheureusen, malpropern Eventualitäten ihrer Biographie. –

Es erzählt z. B. ein armer Schuster oder Schneider, der zum zehnten Mal mit seiner Rechnung abgewiesen ist, vor der Thüre der feinen Dame sein Malheur den Leuten auf der Gasse; die Interessentin aber liegt in der Bel-Etage im Fenster und lorgnettirt oder grüßt die Vorübergehenden so harmlos, als wenn sie nicht so eben laut und öffentlich eine ordinaire Betrügerin genannt worden wäre. Die Gute steht am Pranger, aber sie ist nicht mit dabei. Mögen die Antecedentien, die Zufälligkeiten oder die Augenblicklichkeiten so ordinair in der Substanz ausfallen wie sie wollen, die Dame von Contenance und Façon bleibt so unbefangen und so distinguirt in ihren Manieren, wie wenn sie selbst nicht einmal eine Episode in der Scandal-Komödie hätte, bei welcher sie sogar die Prima-Donna abgeben muß. –

Das ist eben der Vortheil der politischen Lebensarten: sich nichts merken zu lassen und keinmal alterirt zu sein. Wer sich auf die feinste Haltung versteht, der hält auch solche Affairen aus, vor denen ein blos natürlicher Mensch den Verstand und vor Gram das Leben verlieren muß. – Eine Dame von edel Dreistigkeit und Diplomatie kann z. B. einen Dummkopf vom reinsten Wasser, oder einen Schurken zum Ehegemahl haben, der längst für den Galgen reif ist: die Dame aber lehnt sich so sicher auf seinen Arm, oder giebt dem Inculpaten vielleicht so naiv schäkernde Fächerschläge und zärtliche Reprimanden, als wenn sie nicht wüßte, was alle Welt weiß, und unter Anderm dieses, daß der edle Ritter und Gatte nur vor Kurzem wegen Alimentations-Klagen vor Gericht gestanden hat. – Dieselbe Dame benutzt nach dem Tode ihres sauberen Herrn Gemahls, mit dem sie nicht in Gütergemeinschaft gelebt hat, das Gesetz dahin, daß sie nicht einmal den Arzt bezahlt, der Tag und Nacht um den Kranken bemüht gewesen ist; aber das thut ihrer äußeren Erscheinung, ihren feinen Airs, der Aisance und dem Aplomb keinen Abbruch. – Sie drapirt mit derselben Grazie ihren Shawl um die zarten Schultern und dankt mit derselben Anmuth, wenn sie vielleicht darauf aufmerksam gemacht wird, daß der Zipfel ihres falschen und unbezahlten Kaschmir im Kothe schleift. – Man muß die Sorte kennen, um zu wissen, daß der Henker ihr auf dem Hochgerichte Ohrfeigen geben kann, ohne daß sie die feine Haltung und Contenance, oder die Elegance verliert.

Es ist überall, in der Literatur wie im Leben, eine Schönthuerei mit Decorationen und eleganten Formen, während der Stoff so grob und schmutzig ist, das er nicht einmal Kalk-Anstrich festhalten will. – Kaum ist ein Verstoß gegen die nichtigste Convenienz gemacht, so erregt das bei den feinen Leuten eine Sensation und Indignation, die gar nicht wieder gut zu machen scheint: aber die infamsten Schuftereien, eine Gewissenlosigkeit, der man nichts von Polizei und Mode wegen anhaben kann, findet Duldung und Entschuldigung, schon weil man nicht weiß, wie bald man diese Toleranz für sich selbst in Anspruch nehmen wird.

Man muß die Heuchelei, die Schauspielerei, die Unverschämtheit und Nichtswürdigkeit hinter den feinsten und liebenswürdigsten Façons kennen gelernt haben, um zu begreifen: warum mitunter ein Cavalier und Ehrenmann sich die schroffen und groben zugelegt hat.

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