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Gogoljs Bemerkungen für die Darsteller.
Der Stadthauptmann – ist im Dienst ergraut und in seiner Art durchaus nicht dumm. Läßt er sich auch bestechen, so giebt er sich doch sehr solide und recht ernst, fast wie ein Raisonneur; doch spricht er weder zu laut, noch zu leise, weder zu viel, noch zu wenig. Jedes seiner Worte ist bedeutungsvoll. Seine Gesichtszüge sind grob und streng wie bei jedem, der sich in einem schwierigen Dienst von der untersten Stufe emporgearbeitet hat. Der Übergang von Furcht zu Freude, von Unterwürfigkeit zu Hochmut vollzieht sich bei ihm ziemlich rasch – als bei einem Menschen mit rohentwickelten Instinkten. Gewöhnlich trägt er einen Uniformfrack mit Litzen und Kanonenstiefel mit Sporen. Sein Haar ist kurz geschnitten und beginnt zu ergrauen.
Anna Andrejewna, seine Frau, ist eine Provinzialkokette, nicht sonderlich vorgerückten Alters; ihre Bildung verdankt sie teils Romanen und Stammbuchversen, teils der Vorratskammer und dem Mägdezimmer. Sehr neugierig und bei Gelegenheit eitel und hoffärtig. Behält mitunter die Oberhand über ihren Mann nur, weil dieser nicht gleich eine Entgegnung bereit hat; doch erstreckt sich diese Autorität nur auf Kleinigkeiten und besteht in Vorwürfen und Sticheleien. Viermal während des Stückes wechselt sie die Toilette.
Chlestakow. Ein junger Mann von etwa 23 Jahren, dünn und schmächtig, etwas dumm und sehr windbeutlerisch; gehört zu jenen Leuten, die in den Kanzleien für Nullen gehalten werden. Spricht und handelt ohne die mindeste Überlegung. Er ist nicht imstande, einige Zeit bei demselben Gedanken zu verweilen. Er spricht in unzusammenhängenden Sätzen und die Worte fliegen ihm völlig unerwartet vom Munde. Je mehr Offenherzigkeit und Einfachheit der Darsteller in diese Rolle legt, desto größeren Erfolg wird er haben. Nach der neuesten Mode gekleidet.
Ossip – ein Diener, wie sie sich gewöhnlich in etwas vorgerücktem Alter geben. Der Ton seiner Rede ist ernst, er schaut beständig ein wenig zur Erde, ist ein Raisonneur und liebt es im Selbstgespräch, seinem Herrn den Text zu lesen. Er spricht fast immer in gleichem Ton, nur im Gespräch mit seinem Herrn bekommt seine Stimme einen mürrischen, schroffen, ja sogar groben Ausdruck. Er ist klüger als sein Herr und faßt darum alles schneller auf. Doch liebt er's nicht, viele Worte zu machen: er ist ein schweigsamer Schelm. Sein Rock ist grau oder blau und schon ziemlich abgetragen.
Bobtschinskij und Dobtschinskij. Beide niedrig, untersetzt und sehr neugierig; sie gleichen einander außerordentlich: beide sind sie etwas wohlbeleibt, beide sprechen sehr schnell und gestikulieren dabei übermäßig mit dem ganzen Körper. Dobtschinskij ist ein wenig höher und gesetzter als Bobtschinskij, doch Bobtschinskij ist gewandter und lebhafter als Dobtschinskij.
Kreisrichter Ljapkin-Tjapkin. Hat fünf oder sechs Bücher gelesen und ist darum ein wenig Freigeist. Ist sofort mit Vermutungen und Ahnnungen bei der Hand und legt darum jedem seiner Worte Gewicht bei. Der Darsteller dieser Rolle muß seinem Gesicht fortwährend einen vielsagenden Ausdruck verleihen. Er spricht im Baßton und dehnt die Worte, wobei er röchelt und gurgelt – gleich einer alten Wanduhr, die eine Zeitlang schnarrt und brummt, ehe sie schlägt.
Kurator der Armenanstalten Semljanika, ein sehr dicker, schwerfälliger und unbeholfener Mensch, dabei aber ein ränkevoller Gauner. Sehr dienstfertig und eifrig.
Der Postmeister – einfältig bis zur Naivetät.
Die übrigen Rollen erfordern keine besondere Erklärung: ihre Originale hat man fast immer vor Augen.
Die Darsteller haben ganz besonders auf die letzte Scene zu achten. Das zuletzt gesprochene Wort muß augenblicklich, urplötzlich, wie ein elektrischer Schlag auf alle wirken. Die ganze Gruppe muß sofort ihre Stellung ändern. Den Schrei der Bestürzung haben alle Damen gleichzeitig auszustoßen, als käme er aus einer einzigen Brust. Bei Nichtbeachtung dieser Bemerkungen kann der ganze Effekt verloren gehen.