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Leipzig, den 1. Januar 1797.
Ehe ich von hier weggehe, muß ich noch ein Lebenszeichen von mir geben und kürzlich meine Geschichte melden. Nachdem wir am 28. December uns durch die Windweben auf dem Ettersberg durchgewürgt hatten und auf Buttelstädt gekommen waren, fanden wir recht leidliche Bahn und übernachteten in Rippach. Am 29. früh um 11 Uhr waren wir in Leipzig und haben der Zeit eine Menge Menschen gesehen, waren meist Mittag und Abends zu Tische geladen, und ich entwich mit Noth der einen Hälfte dieser Wohlthat. Einige recht interessante Menschen haben sich unter der Menge gefunden, alte Freunde und Bekannte habe ich auch wieder gesehen, sowie einige vorzügliche Kunstwerke, die mir die Augen wieder ausgewaschen haben.
Nun ist noch heute ein saurer Neujahrstag zu überstehen, indem früh Morgens ein Cabinet besehen wird, Mittags ein großes Gastmahl genossen, Abends das Konzert besucht wird, und ein langes Abendessen darauf gleichfalls unvermeidlich ist. Wenn wir nun so um 1 Uhr nach Hause kommen, steht uns, nach einem kurzen Schlaf, die Reise nach Dessau bevor, die wegen des eingefallenen starken Thauwetters einigermaßen bedenklich ist; doch wird auch das glücklich vorübergehen.
Ich erwarte eben den Juden Elkan, der mir Ketten bringen wird und überhaupt sehr geschäftig ist. Es geht mir im Ganzen recht gut, doch macht mir das Thauwetter den Aufenthalt hier sehr unangenehm, und eine große Schlittenfahrt, die das Militär angestellt hatte, verlor dadurch allen Glanz.
Von allen diesen Dingen werde ich Dir manches erzählen, schwerlich aber werde ich den Gedanken, länger hier zu bleiben ausführen; es ist in dieser Jahrszeit kein Heil und keine Zufriedenheit zu erwarten. Lebe recht wohl und grüße den Kleinen.
G.
Es geht ein Bote nach Weimar, und ich will Dir mit demselben nur einige Worte schreiben. Wir sind zwar auf dem Schlitten, aber nicht auf dem Schnee hier angekommen und haben eine sehr übele Fahrt gehabt; nun sind wir hier in Dessau, und das Wetter scheint nicht besser zu werden. Freitag Abends sind wir wieder in Leipzig und werden etwa Donnerstag, den 12.Geändert aus: 5., oder Freitag, den 13.Geändert aus: 6., wieder in Weimar sein.
Der Jude hat mir, als ein wahrer Jude, abscheuliche alte Ketten gebracht, und ich will, wenn ich wieder nach Leipzig komme, selbst zu Rost gehen; denn wenn ich auch etwas mehr zahlen muß, so habe ich doch dafür auch gewiß etwas Gutes, das Dir Freude macht.
An das Gedicht habe ich wenigstens gedacht und werde den Plan ausarbeiten, so weit mir nur möglich ist; so kann es alsdann einmal, ehe wir es uns versehen, fertig sein. Lebe recht wohl, grüße Herrn Jacobi und macht euch auf der Redoute recht lustig. Dessau, den 3. Januar 1797.
G.
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*
[Weimar,] Dienstags Abend, den 21. [Februar 1797.]
Ich und Dein liebes Bübchen sind glücklich und wohl wieder zu Hause angelangt, die Ernestine und Werners kamen uns bis Umpferstedt entgegen. Heute den ganzen Tag habe ich mich [mit] der Reinlichkeit Deiner Zimmer beschäftigt und bin in der Komödie gewesen. Morgen werden vom ganzen Hause die Vorhänge gewaschen und den Donnerstag gebügelt, und überhaupt habe ich mir diese Woche vorgenommen, das Haus vom Boden bis runter in Ordnung zu bringen, den Sonntag mich mit dem rothen Kleid zu putzen und künftige Woche die Aufsätzchen in Ordnung zu bringen, und alsdenn das Übrige wird sich finden. Stell Dir vor, wie lieb Dich Deine beiden Hasen haben: wie Du in Kötschau von uns weg warst, gingen mir raus und sahen auf dem Berg Deine Kutsche fahren, da fingen mir alle beide eins an zu heulen und sagten beide, es war uns so wunderlich.
Der Kleine läßt Dich grüßen, er ist heute bei Gakala gewesen.
Mittewoche, den 22.
Hier schicke ich Dir, was Du verlangst, die Uhr, das Buch und 6 Bouteillen Wein. Es folgt auch das Geld; ich habe 10 Stück Laubthaler raus genommen, weil, der Tapezier vor Pferdehaare, Leinwand, Garn, Nägel und Macherlohn vor die Stühle und das Kanapée 14 bis 15 Thaler haben will. Ich habe es nachgerechnet, und sie kommen uns doch nicht so theuer wie die vorigen.
Ich wünsche Dir, daß der Herr von Schönfuß [?] bei Dir einkehren möchte und Dir die allerbeste und förderseligste Laune zum Gedicht mitbringe.
Leb wohl und behalt lieb
Dein kleines Naturwesen.
Es war mir neulich auch gar nicht recht, euch zu verlassen, wir waren, obgleich nicht gesprächig, doch gar wohlbehaglich beisammen. Die Botenweiber haben alles richtig überbracht. Buch, Uhr, Geld, und was sonst von Packeten und Briefen war, auch den Wein; dießmal habe ich nichts zu verlangen und sage Dir nur: daß ich wohl bin und an allerlei Dingen arbeite in Erwartung der Laune zum Gedicht. Beiliegende Austheilung gib Deinem Bruder und sag ihm: daß ich ihm ehestens wegen des ›Nathans‹ schreiben würde. Das andere schicke sogleich an Herrn Geheimde Rath Voigt.
Lebe recht wohl, grüße den Kleinen, und wenn das Haus in der Ordnung ist, besorge alsdann die Aufsätzchen auf das allerschönste; indessen will ich sehen, was ich hier vollbringen kann. Jena, am 24. Februar 1797.
G.
[Weimar, 25. Februar 1797.]
Daß Dir es gut gehet, freut mich sehr, ich will recht beten, daß es bald an das Gedicht kommt, daß wir es uns alsdann können recht wohl sein lassen. Wenn Du so weg bist, sehe ich immer, wie schlecht es mir zu Muthe sein wird, wenn Du in ItalienFidaligen sein wirst. Vielleicht kann ich auch das weg beten. Ich denk, es geht mir, seit ich mit dem Schatz bin, alles zum Guten aus, so wird es da auch so gehen. Der gute SchatzSaß macht mich so oft mit allerlei glücklich, daß ich doch auch einmal zu Deiner Glückseligkeit etwas beitragen muß, und das besteht in Schwarzwurzlen, die hier folgen. Das Haus wird fertig, und auf den Dienstag ist Redoute und der Ernestine ihr Geburtstag, da habe ich mir einen kleinen Spaß ausgedacht, der ist nämlichmehlig dieser: es wird morgen der Sonntagsbraten gespart und nur Fleisch gegessen, und den Mittewoch nach der Redoute wollte ich ihn feiern mit einem kleinen Mittag-Essen und dazu unsere jungen Freundinnen und Freunde von hier und die von Jena, welche sich zur RedouteReude von unsern Ball-Freunden einfinden, einladen. Sonst ist hier nichts Merkwürdiges. Das Bübchen läßt das liebe Väterchen grüßen. Leb wohl und mache auf dem heutigen Ball ja nicht zu viel Äuglichen.
[Weimar, 1. März 1797.]
Ich will Dir, Lieber, nur mit wenig Worten sagen, daß die Redoute zufrieden und fröhlich ist geendet worden, und der Bürgemeister ist zu Beschluß auch da gewesen. Und heute bei mir, hoffe ich, soll es auch recht vergnügt hergehen. Die guten Freunde bleiben alle da und nehmen mit mir vorlieb.
Daß Du die Decke verlangst, kommt mir vor, als wenn das Gedicht nicht in Jena fertig werden wollte. Da hätte mein Gebet dießmal nichts geholfen.
Leb wohl und behalt mich nur recht lieb.
Nun kann ich Dir die gute Nachricht sagen: daß das Gedicht wieder im Werk ist und daß es wahrscheinlich in kurzem fertig sein wird. Ein leidiger Katarrh, den ich mir wahrscheinlich durch einen Spaziergang zuzog, hat mich diese Tage her geplagt, jedoch, weil ich zu Hause bleiben mußte, meine Arbeit mehr gefördert als gehindert. Man kann schon zufrieden sein, wenn das Uebel nur zu etwas gut ist.
Ich sehe indessen auch die ersten Gesänge durch, und so wird eins mit dem andern fertig werden. Bis heut über 8 Tage wird alles entschieden sein, und ich wünsche zu hören, daß Dirs recht wohl geht. Lebe wohl und grüße und küsse den Kleinen und laß die inliegenden Packete gut besorgen. Jena, den 3. März 1797.
Weimar, Freitags den [3. März 1797.]
Das Gastmahl ist auch recht gut und vergnügt vollendet worden, und nach Tischennahtimsche wurde eine kleine SpazierfahrtSpaß siert fart gemacht. In dem Burgemeister seinem Wagen fuhr ich, die Werner, Eberwein und August, und der Burgemeister kutschirte; in Eckert seinem Wagen Ernestine, die Jungfer Wernern, BohlPuhl und Treuter, und Eckert kutschirte. Mein Bruder und die übrigen Herren hatten einen hiesigen Wagen, und so ging es nach Ober-Weimar, wo mir Kaffee tranken und alsdann in [die Komödie] gingen, wo die Jagemann wieder sehr schön spielte. Aber gestern, Lieber, fehltest Du, um mich zu trösten. Ich bin so erschrocken, daß ich noch immer mich nicht recht erholen kann. Es wurde Feuer gerufen, und ich sahe zum Fenster raus und sahe gleich Rauch und Flammen zusammen, es war auf dem Plan, 2 Häuser von dem Schneider, wo nichts als Schindeldächer waren. Aber durch die guten Anstalten ist bald wieder gelöscht worden. Du kannst Dir aber mich denken, ich war beinahe todt, und in 2 Minuten war auch schon unsere ganze Stube voll gute Freunde, die mir beistehen wollten. Und in Gedanken wünschte ich nur Dich. Heute habe ich Wein abgezogen, und morgen wollen mir Flachs hecheln.
Leb wohl.
Es wird mir sehr schlecht gehen, wenn Du weggehest, denn ich sehe es schon, ich mache mir alle mögliche Beschäftigung, gehe immer aus, aber ohne Dich will mir gar nichtsJarn nichts gefallen.
Sonnabend [4. März].
Daß Du Dich nicht wohl befindest, ist mir gar nicht lieb; daß aber das Gedicht im Werden ist, freut mich, da habe ich doch Hoffnung, Dich bald wiederzusehen. Die BohlenPfuhellen möchte auch gern ein paar Tage in Jena sein, sie hat sehr viel Bekannte da, wo sie logiren kann. Da habe ich mir es so ausgedacht: wenn das Gedicht fertig wäre, aber nicht ehr, so kämen mir, ich, die Bohlen und die Wernern und August, in der Bohlen ihrem eigenen Wagen. Die Wernern ging' nach Lobeda und Bohl zu ihren Freunden, und blieb' ein paar Tage bei Dir und wir führen alsdann zusammen herüber, und die Werner und die Bohlen brächte der Burgemeister in seinem Wagen wieder zurück. Wenn Du aber gleich, wenn das Gedicht fertig ist, herüber willst, so schreib mir ja, daß ich Dich abholen soll mit dem Bübchen, welches sich schon sehr darauf freut. Da fahren mir recht frühe aus und Abends mit Dir zurück. Leb wohl, Lieber, und werde bald wieder gesund.
Ich habe von Hamburg Nachricht, daß 6 Spickgänse an mich unterweges sind. Es wird eine mit dem Porto keinen halben Thaler kosten, und dafür kann man sie brauchen; hebe sie sorgfältig auf, wenn sie ankommen. Man fragt auch an, was ich etwa sonst noch wünsche? Da die Fahrszeit schon so gelind ist, möchte nicht wohl räthlich sein, etwas Anders als etwa geräucherte Zungen kommen zu lassen; sage mir Deine Meinung darüber und schreibe mir gleich, wenn die Gänse ankommen. Du hast doch eine einzelne neulich in einer Schachtel erhalten?
Ich kann denken, wie Du über das Feuer erschrocken bist, und bedaure Dich herzlich; doch kann es, bei unsern guten Anstalten, nicht schaden, wenn manchmal ein kleines Unglück begegnet, damit nur die Aufmerksamkeit nicht einschläft. Ich will aber doch, sobald ich hinüberkomme, die Treppe an Deiner Seite hinaufwärts machen lassen und Hornyen, auf einen solchen Fall, die Sorge für das Museum übertragen; dadurch wärest Du schon einer großen Sorge überhoben.
Mit dem Gedichte geht es gut, wie es aber mit meinem Kommen oder Deinem Abholen werden kann, läßt sich noch nicht sagen. In der nächsten Woche erwarte ich einige Besuche, vielleicht auch den Herzog. Lebe Du indessen recht wohl mit dem Kleinen. Jena, am 5. März 1797.
G.
Inliegendes laß gleich besorgen.
Ich schicke Dir hiermit einige Packete, die Du sogleich wirst abgeben lassen. Ich kann Dir nur so viel sagen, daß ich mich wieder sehr nach Dir und dem Kleinen sehne. Mein Katarrh ist wieder ziemlich vorbei, doch hat er mich mehr, als billig war, geplagt. Mit dem Gedichte geht es ganz gut, und ich bin nahe am Ende, doch weil ich die ersten Gesänge wieder vornehmen muß, so gibt es noch manches zu thun, und ich will daran arbeiten, so lange ich Lust behalte, damit ich mich so viel als möglich frei davon mache. Ich will deßwegen lieber etwas länger hier bleiben und mich aller der Vortheile bedienen, die ich aus der hiesigen Lage ziehen kann, wir können nachher desto ruhiger eine Zeit lang zusammensein. Ich habe bisher wegen des Katarrhs keinen Wein getrunken, Du brauchst mir also nichts zu schicken.
Aber ein Paar Pantoffeln mußt Du mir gleich bestellen, da meine alten gar zu schlecht worden sind; Du läßt sie mir wie die vorigen mit Leinwand füttern und schickst mir sie so bald als möglich. Lebe wohl, grüße den Kleinen und sageVon Goethe geändert aus sagt mir, wie es euch ergeht.
Wegen Riehls wird sich die Sache vielleicht machen lassen. Ich will erst hören, was mir der Hofkammerrath schreibt, ich will alsdann meine Meinung sagen. Auf alle Fälle leide ich keine Wohnung im Komödienhause mehr; das Uebrige, was dabei für Vortheile sind, die kann ich ihm so gut als einem Andern gönnen.
Lebe nochmals recht wohl.
Jena, am 7. März 1797.
Laß doch bei Starken fragen, ob die Silhouetten noch nicht fertig sind? sowie auch bei Facius nach dem Siegel.
[Weimar, 8. (?) März 1797.]
Ich habe letzt eine geräucherte Gans erhalten. Die 6 kannst Du brauchen vor diesen Preis; sobald sie ankommen, will ich Dir schreiben. Ich dächte, wegen der Fahrzeit ließ' sich immer noch was von Zungen und Rindfleisch transportiren, besonders wenn Du noch einige solche Spick-Aale kriegen könntest. Daß Du Dich auch wieder nach uns sehnest, freut mich, weil es mir ebenso geht. Mir ist alles gar nicht recht; man sagt sogar, ich habe sehr übeln Humor. Ich sehe nicht ein, wie ich es ein halbes Jahr aushalten soll. Und der Kleine fragt mich den ganzen Tag: »Holen mir denn das Väterchen noch nicht bald ab?« Ich will Dich auch wegen des nüberkommens nicht quälen, und wenn ich es nur 2 Stunden vorher erführ, daß mir Dich holen sollten, so will ich bereit sein. Sollte es Dir aber gemüthlicher sein, einmal, wenn Du fertig bist, allein rüber zu uns zu kommen, so wirst Du Dein Haus immer in der besten Ordnung finden. Du mußt Dich wegen uns in nichts irre machen lassen. Denn mir waren schon einmal schuld, daß das Gedicht nicht fertig wurde. Und besonders bitte ich Dich, doch nicht ehr herüber zu gehen, bis Dein Katarrh völlig vorbei ist.
Ich freu mich recht, wieder bei Dir zu sein. Man sollte, wenn man zusammen ist, immer fröhlich und lustig sein; ich habe mir es auch fest vorgenommen, wenn ich bei Dir bin, immer froh zu sein.
Wenn wegen des Riehl was zu thun ist, bitte ich darum. Der Hofkammer-Rath thut auch, als wenn er sehr gut gegen ihn wäre.
Es ist überhaupt wegen des Diensts bei mir nicht leer geworden, ich soll vor alle ein gut Wort einlegen. Auch ein gewesener Unteroffizier Rommel, den der Herr Geheime Rath sehr gut kennen sollen, hat bei Durchlaucht Herzog darum nachgesucht, und ich soll ihn auch bei Dir empfehlen.
Hier folgt auch deßhalb ein Schreiben von dem Maler Walter, es ist der alte, der Eckebrecht war.
Ich komme auch noch mit einer Bitte bei Dir an: es steht mit meiner Seife schlecht, und hier ist sie wieder theuer geworden. Ich dächte, wenn das Gedicht fertig wär, bekäme ich einen halben Stein.
Leb wohl. Ich will wünschen, daß, wenn mein Brief ankömmt, der Katarrh vorbei ist. Das Kind läßt Dich vielmals grüßen; wir leben in der Hoffnung, bald bei Dir zu sein.
Durch die Anwesenheit des Herzogs bin ich ein wenig an meinem Gedicht gestört worden, doch ist es noch recht gut im Gange und wird gewiß fertig, wenn ich mir nur die gehörige Zeit lasse. Ich will nicht eher von hier weggehen, bis das Ganze beisammen ist, und bis die ersten drei Gesänge abgeschrieben und fortgeschickt sind. Dadurch gewinne ich auch ein paar Monate die schönste Ruhe und Freiheit, denn ich möchte jetzt um vieles nicht den guten Gang unterbrechen, in welchen ich diese Arbeit eingeleitet habe.
Sobald das Gedicht fertig ist, soll die Seife ankommen und noch etwas dazu, damit Du Dich auch auf Deine Art mit mir freuen könnest.
Das Packet, was in der Pappe liegt, schickst Du an Fräulein Gore, die Pappe selbst aber an Starke, dem Du zugleich einen Thaler bezahlst.
Mein Katarrh hat sich recht hübsch gegeben, es ist nur noch ein wenig rauher Hals übrig geblieben.
Lebe recht wohl, grüße das Kind und sag ihm, daß ich es recht lieb habe. Der Brief, den Du mir durch die Essigfrau geschickt hast, ist auch soeben angekommen; es war recht schön, daß Du mir die guten Nachrichten von Meyern so bald schicktest, er sitzt noch ganz ruhig in Florenz. Er grüßt Dich und das Kind aufs allerschönste.
Jena, den 10. März 1797.
G.
[Weimar, 12. (oder 13.) März 1797.]
Lieber Schatz, ich bin sehr in Sorge, Du bist kränker, als Du mir schriebest. Man sagt hier, Du wärst sehr krank, ich bin recht in Sorge. Aber nicht wahr, Lieber, Du hättest mir es gewiß geschrieben oder mich zu Dir kommen lassen. Dem Bübchen darf ich gar nichts davon wissen lassen, sonst weint es den ganzen Tag. Warte Dich nur recht ab und bleib so lange drüben, als Du es vor nöthig hältst. Mache uns nur die Freude, daß mir Dich abholen dürfen, da fahren mir bei Zeiten aus und sind bei guter Zeit bei Dir. Riehl ist bei dem Hofkammer-Rath gewesen und hat auch ein Schreiben an die Direktion übergeben; er ist auch recht gut gegen ihn gewesen. Dem Friedrich seine Frau besorget die Sachen gewiß einstweilen. Ich bitte Dich recht sehr, daß Du doch den DienstDiems nicht sogleich vergäbest. Ich wünschte Dich erst mündlich darüber zu sprechen. Werde aber ja nicht böse auf mich; dem alten Riehl sein jetziger Dienst ist gar zu schlecht. Hier folgen auch warme Schuh, ich wünsche, daß sie recht sein mögen.
Leb wohl und behalt mich lieb.
Die Tage waren bisher nicht schön, und das Wetterglas prophezeit noch keine bessere, darum tröste ich mich in meiner Einsamkeit, denn der Schloßhof ist noch kein guter Spielplatz.
Mein Katarrh mag den Leuten schlimmer vorgekommen sein, als er war, da ich ganzer 8 Tage zu Hause blieb, jetzt befinde ich mich wieder völlig hergestellt und habe nichts verloren, da mein Gedicht sich zu Ende neigt; ich will aber, da ich einmal so weit bin, von hier nicht weggehen, bis das Ganze fertig ist und die drei ersten Gesänge nach Berlin abgeschickt sind.
Die warmen Schuhe sind leider zu klein, ich bringe sie wieder mit, und wir können sie ja wohl vertauschen. Ich will mich indessen mit den alten behelfen.
Da ich von Schillers das Essen habe, so geht es mir von der Seite recht wohl. Man hat uns von Beutnitz Schwarzwurzeln versprochen, ich dächte, ich nähm auch eine Partie.
Lebe recht wohl, grüße den Kleinen, schicke mir, was indessen angekommen ist, und behalte mich lieb.
Jena, am 14. März 1797.
Die Stelle des Theaterdieners vergebe ich nicht, bis ich wieder nach Weimar komme.
G.
Weimar, den 15. M[ärz 1797].
Daß Du wieder wohl bist, ist sehr lieb, und daß das Gedicht zu Ende geht, ist mir auch recht; da habe ich doch Hoffnung, Dich bald wiederzusehen. Mir und dem Bübchen wird die Zeit sehr lang, bis mir wieder bei Dir sind. Wenn Du Schwarzwurzeln kriegen kannst, so nimm [?]müb sie ja.
Nun etwas vom alten Garten. Ich dächte, mir geben Wächtern wieder den Garten, denn voriges Jahr haben mir eingebüßt, und er kam doch wieder in Ordnung, und es ist doch beinahe die Hälfte, was der Gärtner bekommt, und man bekömmt es dann miteinander alles so zugleich [?] in Stand [?].Kaum zu enträtseln Schreib mir Deine Meinung darüber. Itzo will ich mit dem Kind ein bißchen spazieren gehen. Leb wohl und behalt mich lieb.
Ich muß Dir noch, indem ich das Geld absende, einen guten Abend sagen. Es war mir gar zu angenehm, Dich einmal wiederzusehen, und ich habe jetzt wieder Lust, noch die Sachen wegzuarbeiten, die zunächst vor mir liegen, damit ich Dich recht frei und heiter, wiedersehen kann. Lebe recht wohl. Grüße das Kind und behalte mich lieb. [Jena,] den 17. März 1797.
G.
[Weimar, 18.(?) März 1797.]
Lieber Schatz, es ist doch sehr gut, wenn man sich recht lieb hat! es ist mir heute noch so eine angenehme Erinnerung, wenn ich mir denke, daß mir uns so vergnügt sahen und sprachen und uns lieb hatten. Nur sehr schlecht war mir zu Mutheschlät wahr mier Zu mude (von Goethe mit Blei berichtigt), wie ich so allein zu Hause ankam. Dem Kinde sagt ich es, und er freute sich sehr über die Soldaten, fragt' aber gleich: »Wenn kömmt denn aber mein liebes Väterchen?« Er ist wieder etwas besser und bedankt sich schönstens. Ich habe das Schlüßlichen aufgemacht und schicke Dir hier, was Du verlangtest, und lebe nunmehro in der guten Hoffnung, Dich bald bei mir zu sehen. In unserm Garten sieht es sehr gut aus. Morgen ist kein Conzert, die Regierende Herzogin ist nicht wohl.
Leb wohl und behalte lieb Deinen Schatz. Viele Grüße vom Bübechen.
Ich bin nun so weit, daß die letzte Hälfte des Gedichts nun auch rein abgeschrieben ist, freilich nicht zum letzten Male; indeß ist schon viel gewonnen, die erste Hälfte ist beinah ganz im Reinen, doch gibts immer dabei noch genug zu thun; es wird sich nun bald ausweisen, wann ich wiederkommen kann.
Schicke mir einige Bouteillen Wein und laß doch auf die Stöpsel recht Acht haben, es waren einige gar zu schlecht.
Sonst weiß ich weiter nichts zu sagen, denn ich habe mich diese Zeit fast bloß mit dem Gedicht beschäftigt und fast weiter nichts gehört, noch gesehn. Lebe recht wohl und grüße mir das Kind. Jena, am 21. März 1797.
G.
Hier schicke ich Dir 4 Bouteillen Wein; sollte es nicht genug sein, so schreib mir den Freitag, so will mehr schicken. Weil Du nichts bestimmt hast, wußte ich [nicht], wie viel ich schicken sollte. Dieser Brief sollte gestern mit Böttiger seinem fortgeschickt werden, es war aber zu spät.
Leb wohl.
Weimar, den 22. März [1797].
[Beilage: August]
Lieber Vater,
mir wird die Zeit sehr lang, bis Sie wiederkommen, ich bin noch immer krank und darf nicht ausgehen, muß in der Stube bleiben.
Leben Sie wohl und behalten Sie lieb
Ich habe nunmehr festgesetzt, daß ich heute über 8 Tage, den 31. März, wieder bei Dir anlangen will. Alle meine Sachen sind bisher recht gut gegangen, und ich habe sogar wieder allerlei neue Ideen, die auf die Zukunft gute Frucht bringen werden. Denn es ist nun einmal nicht anders, daß man, sobald man fertig ist, gleich wieder was Neues im Sinne haben müsse. Schicke mir doch die grüne Manchesterbeinkleider, ich bin einmal wieder in allem auf das erbärmlichste heruntergerissen, und es ist auch deßwegen höchst nöthig, daß ich wieder nach Hause komme. Schicke mir etwa noch 4 Bouteillen Wein, und was sonst noch angekommen ist, und lebe recht wohl und liebe mich.
Jena, am 24. März 1797.
G.
[Weimar, 25. März 1797.]
Es folgen 4 Bouteillen Wein. Wenn ich nicht gewiß geglaubt hätte, Du würdest heute kommen, so hätt ich Dir am Mittewoche geschrieben, daß ich kein Geld mehr habe, und so gehet es mir nun sehr schlecht, ich bin in größter Noth, denn ich gebe der Köchin alleweile meinen letzten kleinen Thaler. Ich habe auf das Buch Einen Carolin ausgelehnt, ich wär also noch künftige Woche ausgekommen, und alsdann ist das Vierteljahr um. Und man hat doch immer auch was in Vorrath, ohne das man doch nicht sein kann. Wenn ich das alles rechne, komme ich doch gewiß ordentlich aus. Denn bei itzigerjzier Zeit ist es würklich Kunst; denn, wenn Du nicht da bist, es sind unser doch immer 6 zu Tische, und ich habe es die Zeit, daß Du nicht da warst, sehr eingetheilt, so daß die Köchin immer nicht mit mir zufrieden ist. Freilich weil der Bube krank war, habe ich wieder manche paar Groschen mehr ausgeben und ihm auch wieder etwas Apartes kochen müssen. Er ist aber wieder wohl und gehet wieder aus. Von dem Carolin, den Du mir schicktest, habe ich das Komödie-Abonnement bezahlen müssen und Starke den Thaler. 2 Paar Strümpfe vor Dich, habe Holz lassen machen, dem Kutscher Trinkgeld, und wenn ich nur nicht den Dukaten von Dir schon angewandt hätte, so hätte ich doch noch was. Die Weiber, die sich etwas schmuscheu (deutlich, aber wohl schmu beabsichtigt) machen, thun doch nicht ganz übel, um im Nothfall was zu haben. Sei so gut und schicke mir durch einen Expressen oder durch die Post was. Ich muß auch deßhalb Antwort haben: der Rath KrausGrauße will künftigen Montag das große Bild von Meyern haben, soll ich es hingeben oder soll ich sagen, ich könnte nicht dazu? Der Herzog will es in das Römische Haus haben. Antworte mir ja bald. Leb wohl und behalt mich nur lieb.
[Beilage: August]
Lieber Vater,
ich und mein liebes Mütterchen betrüben uns sehr, daß Sie heute nicht kommen. Ich bin wieder recht gesund. Wenn ich nur wieder bei Sie wär. Leben Sie recht wohl. Ihr August.
Hier schicke ich Dir, mein liebes Kind, etwas Geld, damit Du diese Woche versorgt seist. Wie gern käme ich gleich heute zu Dir, denn ich habe eigentlich hier nichts mehr zu thun. Nur möchte ich abwarten, bis Schiller mit einem Stück seiner Arbeit fertig ist, das er mir vorlesen will. Alles Andre könnt ich recht wohl drüben, in der Nachbarschaft meiner lieben Kinder thun. Ich sehne mich recht, euch wiederzusehen, und komme vergnügt zurück, da mir alles nach Wunsch gelungen ist. Lebe recht wohl und behalte mich lieb.
Jena, den 26. März 1797.
G.
[Weimar, 28. oder 29. März 1797.]
Ich und das Kind freuten uns sehr, wenn mir uns dachten, daß mir Dich bei dem schönen Wetter gewiß abholen dürften. Denn bei uns ist das Wetter sehr schön. Da es aber nicht ist, wollen mir Dich recht fröhlich zu Hause erwarten, den Freitag. Ich freu mich sehr auf Deine Zurückkunft, zumal da Du zufrieden und vergnügt wiederkommst.
Leb wohl und behalt mich lieb.
Geist soll die Wein-Bouteillen mitbringen, er hat noch 8 Stück.
*
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[Weimar, 24. (?) Mai 1797.]
Ich bin mit dem Bübchen sehr vergnügt in Tiefurt gewesen, er hat auch als Hochzeit-Gast mit am Tische sitzen müssen neben dem Bräutigam, und er hat sich sehr artig betragen, einen Habtanz und einen Dreher mit getanzt. Die Mamsell Rudolf und Mamsell Pielern [?] waren auch da; um 8 Uhr waren mir wieder da. Weil ich zu einem großen Ball bei der Eberwein eingeladen war, da bin ich erst um 1 Uhr nach Hause gekommen, und heute um 9 Uhr muß ich wieder nach Tiefurt. Vom Spargel muß ich Dir doch den großen schicken, es ist mir, als ob ich den nicht essen könnte. Vor die KrebseGrläbesse danke ich recht herzlich, morgen sollen sie zum Feste verzehrt werden. Das Bübchen grüßt schönstens.
Auf den Sonnabend ein Mehreres. In Eile.
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Ich hoffe, daß ihr euch bei dem schönen Wetter wohlbefindet, und freue mich, daß euch der Hochzeitspaß so gut gelungen ist. Die übersendeten Steine sind gut angekommen, wie auch der schöne Spargel.
Ich bin die Zeit auf allerlei Art fleißig gewesen und hoffe, noch manches in diesen Tagen zu Stande zu bringen.
Gestern Abend fuhr ich allein auf die Trießnitz, wo es recht lustig herging, ich hätte Dich und das Kind dabei gewünscht.
Schicke mir ein oder zwei Paar weiße, seidne Strümpfe, es kommen doch mancherlei Fälle, wo man sie nicht entbehren kann.
Lebe recht wohl, grüße das Kind, schicke mir, was angekommen, und schreibe, was allenfalls vorgefallen ist. Jena, am 26. Mai 1797.
Inliegende Quittung übersendest Du Ulmann.
G.
Wenn Herr Rath Jagemann Bücher schickt, so schicke mir solche wohlgepackt baldmöglichst herüber.
[Weimar,] Freitag [26. Mai 1797], des Abends um 6 Uhr.
Lieber, ich habe heute Abend große Lust, Dir noch ein paar Worte zu schreiben. Vors erste, daß ich heute Deine Fenster-Vorhänge gewaschen und getrocknet habe, und alles, was noch sonsten schmutzig war, die grünen Stühle, die schwarzen ausgebessertaus gebußert habe, und daß ich nach aller der vielen Arbeit noch sehr lustig bin und mir alleweile meinen Schatz wünsche. Da Du nun aber nicht da bist, so muß ich mich schriftlich unterhalten. Das Bübechen ist auch sehr vergnügt, wär es aber freilich mehr, wenn das Väterchen da wäre. Aus lauter Hasigkeit möchte ich, wenn es nur einigermaßen anginge, ein Wägelichen nehmen und mit dem Bübechen zu Dir fahren, damit ich nur recht vergnügt sein könnte. Da es aber nicht geht, so will ich sehen, ob ich nicht irgend jemand finde, der mit mir im Garten herumspringt. Nun aber komme ich auch mit einer Weheklage. Der unglückselige Theater-Dichter ist in der größten Noth und Betrübniß. Er bitte sehr, daß Du, Lieber, seinen bestimmten Gehalt von Ostern angehen lassen möchtest, weil er schon Vorschuß bekommen hat. Und wenn daher nichts auf Unleserlich hat, daß er dann nur etwas auf Johanni herausbekäm, weil er von dem Gelde von der BibliothekBiebeldäck noch sein Fähnichen bei den Juden zu bezahlen hat. Auch bitte er sehr, daß Du ihm doch etwas bestimmen solltest, denn der Hofkammer-Rath wär zwar gut gegen ihn, wenn es aber Geld beträfe, so wär er keines Menschen Freund. Er hat mir im Vertraun gesagt, daß er schon an ihm gemerket hat, daß er ihm auch den Operhandel [entziehen werde], wenn er eine Besoldung bekäm. Er hat gewiß auch schon welche verhandelt, worüber Kranz, der von meinem Bruder die Hälfte kriegt, auch sehr ärgerlich ist. Kurz, der arme MannKönnte allenfalls auch Narr heißen ist sehr betrübt. Ich bitte Dich recht sehr, daß Du Dich seiner ein bißchen annimmst, er verspricht auch, fleißig zu sein. Du wirst Deinen Hasen nicht unerhört lassen. Leb wohl.
Morgen ein Mehres.
[Weimar,] Sonnabend [27. Mai 1797], früh.
Ich bin heute noch sehr hasig, aber gestern war ich gar ausgelassen. Spargel schick ich Dir heut nicht, die Frau von Stein hat sich erkundigen lassen, weil Du nicht da wärst, ob sie nicht etwas Spargel kriegen könnte. Da habe ich heute 2 Pfund hingeschickt durch das Bübechen. Er wird immer größer und schmeckt gar vortrefflich. Alleweile kommt BrechtBerch zu mir und sagt mir, daß Gerning geschrieben hat, daß er fragen sollte, ob Siesie an Meyern was mitzugeben hätten; wenn es nicht viel wäre, so wollte er es mitnehmen. Auf den Dienstag geht BrechtBerch fort, und auf Pfingsten wollen sie von Frankfurt fort.
Leb wohl, die Wenzel kömmt.
Es hat mich recht sehr gefreut, daß Du mir auch einmal einen langen Brief geschrieben hast, und ich antworte Dir sogleich mit der Post, um Dir zu sagen: daß es mir auch ganz wohl geht, ob ich gleich, wenn ich die Wahl hätte, lieber in meinem Hause wäre, weil die Veränderung von Schillers Wohnung und das warme Wetter, bei dem man bei Tage nicht gut ausgehen kann, mir gar nicht behaglich ist.
Brechten gibst Du beiliegenden Brief und drei Hemden mit. Du kannst sie nur in ein paar große Bogen einschlagen und zusiegeln.
Der Frau von Stein schicke ja von Zeit zu Zeit etwas Spargel und schicke das Kind überhaupt manchmal hin.
Die Angelegenheit, von der Du mir schreibst, will ich besorgen, ich kann wohl einsehen, warum man damit zu langsam ist. Lebe recht wohl, Dienstag ein Mehreres. Sage Brechten, den Brief an Herrn Gerning wollte ich auf der Post schicken. Jena, am 28. Mai 1797.
Herr Cotta hat sich mit lauter schönen Doppellouisd'oren gezeigt, an denen ich nur erst eine Freude haben kann, wenn ich Dir sie aufzähle, oder sie zu Deinem und des Kindes Nutzen anlege.
Sage mir, was Du lieber magst: ein Goldstück für Dich, zum Spaße, oder etwas in die Haushaltung, wie man hier mancherlei anschafft.
Lebe wohl. Liebe mich. Sobald ich nur kann, komme ich zurück. Wenn ich aufrichtig sein soll, so ist mir hier noch keinen Tag wohl geworden.
In die Veränderung von Schillers Wohnung kann ich mich nicht schicken, es ist mir alles so unbequem und hinderlich. Adieu, mein Liebes, grüße das Kind.
G.
Weimar, den 29. Mai [1797].
Lieber, ich muß Dir nur schreiben, daß kein Brief als der an Voigt in meinem Brief eingeschlossen war, und Du schriebst mir, ich sollte beiliegenden Brief Brecht mitgeben. Und wie ich über Herrn Meyers Koffer komme und die Hemden aufmache, so sehe ich, daß (sie) innewendig sehr schlecht sind und es nicht der Mühe werth, Herrn Gerning zu beschweren, denn es sind ganz alte und nur 2, das übrige ist gar nicht zu brauchen. Wenn Du wiederkömmst, wirst Du mir Recht geben. Aber da ich wieder in dem Koffer nachgesehen habe, ist ein Stücke ganz neue Leinwand darin; ich habe ihm einmal 2 Stücke kaufen müssen, er sagte zu mir, sie war vor Lipsliebes. Da hat er eins davon behalten. Es war von dem Mann, der sie so wohlfeil gab, wenn Du Dich noch erinnern kannst. Ich dächte aber, der Meister müsse noch Hemden haben, denn da keine im Koffer sind, so hat er doch ein Dutzend ganz neue mitgenommen ohne die alten. Mir geht es ganz wohl, ich bin noch immer sehr vergnügt. Wenn Du nur bei mir wärst! Am Sonnabend bin ich auch mit der besten Laune in dem ›Petermännchen‹ gewesengewemsunn trotz des abgeschmacktenabgeschamden Stückes, und da, weil Du nicht da warst, alles ziemlich confus ging, zum Exempel: die Walter [?] kam aus der Coulisse und ging auch so wieder hinein, und mehres dergleichen weiße TeufelVielleicht weiß der Teufel Aber die kleine Götzen hat aufs erste Mal ihre Sache recht artig gemacht. Nur daß man an dem armen Kind so viel gespart hatte; es war sehr schlecht angezogen, sie bekam aber derb applaudirt. Der Herr Hofkammer-Rath scheint ihr auch nicht ganz günstig zu sein. Der Vater war aber ganz glücklich; er kam gestern zu mir und sagte: So viel Ehr wär ihm so lange, als er am Hofe war, nicht widerfahren als am Sonntag, bei Hofe freute sich alles über das Kind, die Herzogin hätte ihm auch was drüber gesagt, und das geschähe nicht leicht, und wenn Du hier wärst, wär es gewiß besser mit ihr gegangen. Das Äuglichen war auch hier; und was sagst Du dazu? weil sie nicht that, als sähe sie mich, bin ich zu ihr gegangen und habe lange mit ihr gesprochen, bin sehr artig gewesen und habe das Bübechen zu Carlinchen sitzen lassen. Das arme Kind fiel von der Bank; wenn es ihr nur nichts geschadet hat. Daß der Herr Cotta sich so schön gezeiget hat, freut mich sehr. Wenn Du gern was in die Haushaltung kaufen willst, so soll mich es auch freuen. Aber etwas werde ich doch davon grabsen müssen, ich will Dir auch sagen warum. Gores schicken gestern 2 Florkleider zu mir: eins boten sie 3 Laub[thaler], das war ganz neu und sehr schön, mit einer Bordürebudur; vor 2 sollte ich es haben, ich bot aber nur 2 und ½ Thaler und kriegte es nicht. Und eins ist prächtigerbrähtier, weißer Flor, das boten sie 2 Laubthaler, und bot einen und bekam es. Das ist unter 2 Louisd'ors nicht gekauft. Ich will Dirs erst zeigen; wenn es Dir nicht gefällt, so kann ich es wieder zu Florkanten verkaufen und gewinne noch daran. Aber wenn Du hier wärst, Du hättest mir das neue gewiß gekauft. Es hat der schönen nicht gefallen, die lahme aber hat ihrs behalten; sie werden itzo auch sparsam und verschenken nicht alles, sondern verhandeln auch.
Der Frau von Stein habe ich heute wieder Spargel geschickt. Wenn Du drüben etwas Sommergewächs kriegen kannst, so schicke mir was.
Leb wohl und behalt mich lieb.
Das Bübchen grüßt schönstens.
[Beilage: August]
Lieber Vater!
Ich habe eine sehr große Sammlung von Sommervögeln, die sich täglich noch vermehrt, es fehlt aber ein Kasten, wo ich sie gut aufbewahren könnte, die Kanker haben mir schon einige beschädigt. Lassen Sie mir also, lieber Vater, einen Glasrahm machen, denn es wäre schade, wenn der Schwalbenschwanz, der Todtentopf, der Citronenvogel, das schöne silberne C auch noch zu Grund gingen, denn ich habe mich oft eine halbe Stunde mit einem herumgejagt, ehe ich ihn fangen konnte. Ich habe noch eine andere Bitte. Ich bin lange nicht in Jena gewesen; wollten Sie mir also nicht erlauben, daß ich Sie mit meiner Mutter abholen darf. Zum Jahrmarkt habe ich mir ein recht schönes Kegelspiel für 3 Groschen gekauft und Töpfchen, Schüsselchen und andere schöne Sachen, aber bei dem Drechsler habe ich mir nichts gekauft, weil alles so theuer war. Der kleine Götze drüben hat mir eine kleine Scheere mitgebracht und eine hölzerne Pfeife.
Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb.
August.
Von der Frau von Stein habe ich 8 Groschen zum Jahrmarkt bekommen.
Den inliegenden Brief an meine Mutter gibst Du Mittwoch Abend auf die Post und das Stück vom Reichsanzeiger schickst Du gleichfalls auf die Post zurück, man hat es mir aus Irrthum unter den andern Zeitungen zugeschickt.
Ich bin hier fleißig, so wie es gehen will, und mache eins nach dem andern fertig. Besorge nur von Deiner Seite, daß wir packen und reisen können, sobald wir wollen, und daß ich nachher damit keine Sorge, noch Beschwerlichkeit habe. Für alles Übrige, was nöthig ist, will ich sorgen.
Ich sehe aus dem Brief des Zapffs, daß seine Frau in seiner Abwesenheit, weil sie keinen rothen Wein hatte, einen Eimer Wertheimer geschickt hat. Es ist auch kein Unglück, und ich sage Dir es nur, damit Du beim Abfüllen nicht etwa deßwegen besorgt wirst.
Schicke mir doch meine Sporn, die Stiefel sind so weit, daß sie mir fast von den Füßen fallen. Lebe wohl und schicke mir, was indessen angekommen ist. Jena, den 30. Mai 1797.
G.
[Weimar, 31. Mai 1797.]
Heute frühe, wie ich aufwachte, freut ich mich sehr auf ein Briefchen von Dir, aber es war nichts. Wenn die Botenweiber kommen, und ich bekomm keinen Brief von Dir, so ist es mir betrübt. Ich habe gestern auf dem Jahrmarkt alles vor Dich recht schöne eingekauft und wünsche mir, wenn Du kömmst, daß Dir alles mag recht sein. Nun wollen mir uns an die Hemden machen. Erst glaubte ich, Du würdest Pfingsten wieder hier sein, aber da Du mir heute nichts schreibest, so wird es wohl nicht sein. Heut gehe ich zur Gambyn und in die Komödie wegen der Madame; sie ist nicht ganz schlecht, aber mir sind nur ihre Aussprache nicht gewohnt. In Zwei nicht zu enträtselnde Worte: bedrülen Schem hat sie mir recht artig gefallen. Ihre Statur und Anzug gleicht der Madame Blumenfeld, auch ihr Gesicht. Ich wünschte mir, die Feiertage bei Dir zu sein; wenn Du wiederkommst, laß uns ja Dich abholen. Hier folgt etwas vom Buchbinder. Dieses fehlt an der Litteraturliedratdur-Zeitung; soll ich es im Comptoir holen lassen, oder liegt es bei Dir? Ich habe mir auch gestern Seife gekauft; aber wenn mir der Schatz nur ein halbes ViertelFridel-Steinichen mitbrächte, so wär es garjahr nicht übel, es ist nur wegen des Grabsens. Hasig bin ich noch immer. Am Sonntag haben mir in dem Garten, wo die geschlossene Gesellschaft ist, gefrühstückt mit meinem Bruder, und alle die Weiber, wo ihre Männer dabei sind, waren da. Und einige haben mit gekugelt, ich und das Bübechen auch. Die Herrn haben von 24 geschossen, die Damen von 16 und Bübechen von 12; ich habe 6 Kegel bezahlt bekommen und das Kind 4, es hat mir sehr wohl gefallen.
Leb wohl; ich wünsche nur, Du wärst hier, weil ich immer so vergnügt bin.
Alleweile kommt der Berg-Rath Scherer und bringt mir Deinen Brief.
Ich will, so viel als möglich, alles in Bereitschaft halten.
*
*
[Weimar, 2. Juni 1797.]
Lieber, mir sind glücklich und wohl angekommen, und ich danke Dir noch herzlich vor das vergönnte Späßchen. Das Bübechen läßt Dich schönstens grüßen, es freute sich sehr, sein VäterchenDein Mütterchen zu sehen. Heute bleibe ich zu Hause, denn im Garten kommt es mir stupendStubend schön vor. Leb wohl und behalt uns lieb. In Eile.
[Weimar, 3. (?) Juni 1797.]
Heute kann ich Dir noch nicht so viel, als ich wünschtewüste, schreiben, weil ich, wie es gehet, wenn man ein paar Tage nicht da war, allerlei zu thun findet. Der Bauverwalter war da und fraget, ob Sie nichts befohlen hätten, und wegen der bewußten Sachen würdewär [es schwebte vor: wär er wohl nicht eher im Stande usw.] er wohl nicht eher [als] bis zu Ende künftiger Woche nüberkommen, weil Sie erst den beiden Pächtern ihre Meinung abwarten müßten. Auf Rossel ist wieder seit Ihrem Gebot dreimal geboten; das besteVielleicht ist gemeint: letzte ist noch nicht 8 Tage, das ist von Grunern in Jena, und der alte Pachter Hoffmann liegt am Tode. Mir sind recht wohl wieder angekommen, aber ein bißchen betrübt. Im Wagen haben mir um die Wette ein bißchen geheult.
Leben Sie recht wohl.
Ich danke noch vielmal vor alles.
[Weimar, 5. Juni 1797.]
Ich schicke Dir diesen Brief mit der Post, weil er von der Frau Räthin ist. Pfingsten, das liebliche Fest, ist dieses Mal nicht lieblich, denn ich sitze zu Hause, und mir ist alles verdrüßlich.
Und um vergnügt zu werden, muß ich an Schatz schreiben, und es ist mir schon, als ob es besser wär. Das Wetter ist aber sehr nutzbarmußbahr. Wenn ich mir die 2 Tage denke, daß mir bei Dir waren, freue ich mich noch immer; mir waren doch sehr vergnügt. Und ich und das Bübchen sprechen immer: es ist doch ein gutes Väterchen. Die kleine Götzen hat mich heute sehr gebeten, ich möchte doch ein gutes Wort bei Dir vor sie einlegen, daß sie doch mit nach Lauchstädt gehen dürfte; und sie möchte es doch gerne ein bißchen voraus wissen, weil sie sich noch allerhand anschaffen müßte.
Heute wird die Demoiselle Schmidt mit Herder in Herders Hause vom alten Herder getraut, und heute ist bei Herders großes Gastmahl, und morgen ist es bei Schmidts, wo auch Ball ist. Itzo will ich mich, weil ich nichts besser weiß, zu [den] ›Jesuiten‹ bereit machen. Leb wohl. Das Bübchen empfiehlt sich bestens, es ist alleweile mit einem Raritätskasten beschäftigt.
Behalte uns nur recht lieb.
Unsere Spazierfahrt war noch zur rechten Zeit angestellt, denn der Regen hat gestern besonders alle Trießnitzliebhaber sehr an ihren Freuden gehindert.
Schreibe mir doch, ob Böttiger Dir die 100 Ducaten mit einem Briefe von mir überschickt hat? ob Du den Schein abgegeben und das Geld verwahrt hast?
Ich schicke drei Täschchen zurück, eins hab ich behalten. Zwar hab ich die Zettelchen verloren, aber ich erinnere mich, daß es einige Groschen über einen Thaler angesetzt war; vielleicht läßt er es für einen Thaler, mehr ist es auch nicht werth.
Dir schicke ich 1 Pfund Spargel, die sehr schön sind, und dem Kinde Erdbeeren. Meine Mutter hat mir die Nummer des Looses geschickt, sie befindet sich wohl und grüßt.
Sind die Hemden für Meyer Montags abgegangen?
Der Schluß des Gedichtes hat sich noch nicht gezeigt, dagegen habe ich aber eine große Gespenster-Romanze für den Almanach in diesen Tagen fertig gemacht.
Wir müssen nun eben noch so manches abwarten und uns in der Stille zu unserer Expedition vorbereiten.
Die Sachen, die Du mir empfohlen hast, sind auch besorgt. Lebe recht wohl und grüße das Kind. Da es uns neulich auf unserer kleinen Reise zusammen so gut gegangen ist, so wünsche ich mir bald eine größere; versäume nicht, mit Schilling zu sprechen. Jena, am 6. Juni 1797.
G.
[Weimar, 7. Juni 1797.]
Den Brief und das Geld habe ich erhalten und den Schein zurückgegeben. Ich hatte vergessen, Dir Dein Schlüsselchen zu schicken, und da war es gut, daß ich es noch habe, ich habe das Geld zu dem andern gethan. Das Röllichen nahm sich wieder recht gut aus. Die Hemden sind am Montag fort. Ernestine ist sehr fleißig; Deine sind auch bald fertig, und ich habe schon wieder 3 vor Meyern geschnitten.
Nun ein Wort vom Schauspiel. In den 2 Spectakel-Stücken haben die Herrn StudentenStudten auch sehr gespectakelt, gepocht und getrommelt, daß es eine Art hatte; ich behaupte, daß mancher nur einen halben Sporn mit nach Hause gebracht hat. In [den] ›Jesuiten‹ war es so argrarchi, daß die meisten Damen heraus gingen, und ich bin auch nach dem 3. Act heraus gegangen, denn es war zu arg. Ich möchte nur wissen, vor was 2 Husaren da stündenStüdenten. Gestern in ›Oberon‹ war es wieder zum erdrücken voll, das Meiste Studenten, und weil die Herrschaft da war, schienen sie im Anfang ganz ruhig zu sein. Da es aber ihnen bei dem dritten Aufzug etwas zu lang schien, ehe es aufging, so fingen sie nicht nur an zu trommeln, sondern auch zu pfeifen. Und es geschieht immer der Anfang auf unserer Seite, und das kommt daher, weil kein Husar da steht. Ich dächte, wenn Du noch weggingst, daß Du es ausdrücklich beföhlstbefühlts, daß einer nüberkäme. Denn die vernünftigen Studenten ärgern sich selbst über den Spuk; ich glaube, es sind lauter neue, die diesen Spuk machen. Einer zeichnet sich besonders aus, er heißt Lavaterlavadert, es soll ein natürlicher Sohn vom Lavater sein. Das ist ein ganz unvernünftiger Mensch, er sieht aus wie ein englischer BereiterEmliser Barreider mit einem Helm mit Federn und einer rothen Jacke.
Daß wieder etwas fertig sein würde, dachte ich mir gleich, der Schatz muß immer fleißig sein. Ich dächte aber, Du fingst nichts Neues an, und sähest, daß vielleicht das Gedicht fertig wär, und machtest itzo eine Weileweilele nichts mehr, denn es ist doch ein bißchen zu arg, und am Ende könnte es Dir doch auch schaden. Und bei dem übeln Wetter kannst Du auch nicht ausgehen, und bist immer allein, das betrübt mich ordentlich. Das Kind dankt herzlich vor die schönen Erdbeeren, und ich vor den Spargel.
Ich habe vorhin vergessen zu schreiben, daß gestern ›Oberon‹ sehr gut gegangen ist, und daß sie alle recht sehr gut gespielt haben, die Jagemann außerordentlich und Leißring auch sehr gut; und bei der Weyrauch war alles Mögliche gethan, um es durch den Anzug zu zwingen. So schön ist noch keine Actrice als Türkin angezogen gewesen. Die Gräfin Egloffstein hat ihr den ganzen Anzug gegeben, und sie hat sich auch da anziehn müssen; die Gräfin hat sie selbst hoher Hand geputzt. Warum dieß geschieht, wirst Du Dir schon denken; sie hatte Schmuck um sich, der war fürstlich, aber sie hat doch die Jagemann nicht ausgestochen bei Fremden und Einheimischen.
Mit Schilling habe ich gesprochen. Er will, wenn er vor nichts stehet, 2 Thaler des Tages haben; auf das Futter könnte er sich gar nicht einlassen, weil es immer an einem Orte theurer als am andern wäre. Aber er möchte gerne wissen, ob wir künftige Woche verreisen wollten, daß er keine Fuhre von den Schauspielern annehme. Wenn ich nur auf den Sonnabend darüber Antwort erhalte, da ist es noch Zeit, daden morgen über 8 Tage die Schauspieler fortgehen. Es ist billig, denn VentinVänzen reist nach Hannover und hat dem Adler-Wirth seine Fuhre, muß vor alles stehen und muß des Tages 2 Thaler 12 Groschen geben. Er thuts, weil mir immer mit ihm fahren. Leb wohl. Wegen der Reise vergiß nicht, mir zu schreiben.
Ich sehe Dich doch bald wieder?
Alleweile kommt Götze zu mir und sagt mir, daß ihn der Hofkammer-Rath hat kommen lassen und ihm gesagt hat, daß sie mitgehen sollte, und er wollte davor sorgen, daß die Madame Beck sie zu sich nähme; aber sie müsse nicht denken, wenn sie was könnte, daß sie etwa in ein paar Jahren fortginge. Da sagte der alte Götze: davor stünd er als Vater, ich sollte es dem Herrn Geheimen Rath schreiben, daß er, wenn Sie es verlangten, es schriftlich von sich geben wollte, daß sie, so lange er lebte, sich nicht unterstehen dürfte, aus Weimar zu gehen. Aber nun hat er noch eine Bitte. Der Herr Hofkammer-Rath will ihr draußen gar nichts in die Hände geben, sondern der Madame Beck alles Kostgeld. Das ist er auch recht wohl zufrieden, aber er meint doch so, daß es nur etwa 4 Groschen die Woche in [die] Tasche bekomme; sie wäre doch nur noch ein Kind, und die Kinder hätten doch manchmal auch außer Tischzeit Appetit, und es [ent]stünd manchmal allerhand Übel daraus. Und 2tens hätte sie doch den ganzen Winter Saison mitgemacht und noch nie etwas bekommen. Er bittet also nur um ein Carolin oder etwas; er müßte ihr doch allerlei kaufen und mitgeben, und der Herr Geheime Rath wüßten wohl, was ein armer Hofbedienter hätte, daß es ihm nur nicht gar zu schwer fällt.
Leb wohl. Das war ein langer Brief.
[Beilage: August]
Lieber Vater!
Hier schicke ich Ihnen ein Bild, das ich von der Frau von Stein bekommen habe. Ich danke Ihnen für die Erdbeere, die Sie mir heute früh geschickt haben, und die mir recht gut geschmecket haben, ich habe sie diesen Morgen nur halb gegessen, und Nachmittag will ich mir die übrigen zum Nachessen auch gut schmecken lassen. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb.
August Göthe.
Das Wetterglas ist diese Tage stark gefallen, es fängt an zu regnen, und ich fürchte, bei abnehmenden Mond wird es noch schlimmer; wir wollen daher unsere Fahrt noch aussetzen, sage das Schilling, damit er sich die Fuhre nach Lauchstädt nicht verschlägt.
Ich schicke hierbei schöne Erdbeere und wünsche, daß sie gut ankommen, leider sind sie schon einige Tage alt; sage dem Kind, wenn es mir hübsche Briefe schreibt, so sollen auf dem Mittwoch noch frischere ankommen.
Schicke mir doch auch 4 Krüge frisches Seltzer Wasser, es ist mir diese Tage recht ein Bedürfniß geworden.
Für Deinen langen Brief danke ich Dir recht sehr, es geht schon wirklich mit dem schreiben, wenn Du es nur recht üben willst.
Hier schicke ich Dir einen Brief meiner Mutter, daraus Du sehen kannst, wie gut sie denkt. Alle Einrichtungen können nunmehr aufs beste gemacht werden, und ehe 14 Tage herumgehen, kann alles in der besten Ordnung sein.
Die beste Nachricht, die ich Dir zu geben habe, ist denn doch wohl, daß das Gedicht fertig ist, und so wäre es recht gut, wenn ich nur sonst ruhen könnte; es wird aber jetzt unermüdet am Almanach gearbeitet, der denn auch recht stattlich ausgestattet werden soll. Lebe recht wohl, besorge inliegende Briefe und Packete sogleich. Noch 8 Tage, so wird schon vieles klärer, und wir werden einander hoffentlich näher sein.
Jena, den 9. Juni 1797.
G.
[Weimar, 9. (?) Juni 1797.]
Ich danke Dir vor alles Überschickte, wie auch vor den lieben Brief von der Frau Räthin. Meine einzige Beschäftigung ist itzo mit Garten und Krautland, und das Wetter ist mir zu meinen Pflanzungen sehr günstig, und wenn es so bleibt, glaube ich künftigeNach diese Woche (nur letzteres Wort gestrichen) Woche so ziemlich fertig zu werden, und ich kann alsdann ohne Sorgen hinreisen, wohin ich will. Wenn Du wiederkömmst, so mußt Du aber auch alles erst ein bißchen ansehn, damit ich auch ein bißchen gelobt werde.
Niemand ist unglückseliger als Götzen. Ich habe es gleich von Anfange gemerkt, daß der Hofkammer-Rath keine Lust dazu hatte; wenn er nur nicht vorgestern die Leute hätte rufen lassen und als so gewiß versprochen hätte. So macht er es auch mit dem armen Riehl; der hat mir auch seine Noth geklagt. Der mich doch alles thun und noch mehr als FriedrichFrierich gethan hat, und er beschneidt [?] doch den Dienst auf alle Art, und Bloß der muß ihm zu allem behilflich sein, weil er dem den Dienst versprochen hat. Er bekommt nicht ein StückchenKann auch Stümpchen heißen sollen Licht, und das [ist] früher sein Hauptaccidens gewesen. Das macht alles Bloß, und der hat auch den Garten. Ich möchte immer bei meiner guten Laune sagen: das ist ein rechter Nicht enträtseltes Wort: Schembhund oder Schembhud (ebenso S. 188. 417). Das Kind schickt Dir einen Brief, er ist nicht bleistiftüberzogen, den andern hat er mir gestern geschickt. Hier hat mir auch die schöne Marianne [?]marain geschrieben.
Ich habe bis alleweile in der ganzen Stadt herumgeschickt, auch bei dem Hofkammer-Rath, aber es ist kein Selzer Wasser zu kriegen. Hier schicke ich was Pyrmonterbernoder. Wenn ich nur erst wieder um Dich bin, so sollst Du gewiß wieder heiter werden; da soll der Herr von Schönfuß [?] viel [?] da sein.
Leb wohl in Eile.
[Beilage 1: August)
Lieber Vater!
Ich bedanke mich für die Erdbeere und für die Kirschen, sie haben mir recht gut geschmeckt, ich habe sie aber diesen Morgen nicht alle gegessen, weil ich die übrigen nach Tische essen will. Heute früh bin ich bei der Frau von Stein gewesen, die mich diesen Mittag zu Gaste geladen hat. Sie gab mir auch 8 Pfennige. Leben Sie wohl.
[Beilage 2: August]
Liebe Mutter!
Wir reisten vor kurzem, wie Sie wissen, von Jena nach Dornburg, ein hübscher Ort, der mir wegen seiner Lage an der Saale sehr gefallen hat. Der Schieferhof liegt besonders schön, man hat von ihm eine ziemlich weite Aussicht auf die Wiesen an der Saale, auf eine Mühle, die so alt ist, daß man sich wundern muß, warum sie das Wasser nicht schon längst mitgenommen hat. Ich wäre gern in der schönen Gegend noch einige Tage geblieben und hätte im Schieferhofe gern noch die jungen Küchelchen gefüttert, obgleich der böse Truthahn mich immer gejagt und gebissen hat, aber ich mußte mit Ihnen nach Jena. So viel für heute, bald ein Mehreres. Leben Sie wohl.
August Göthe.
[Weimar, 10. oder 11. Juni 1797.]
Lieber,
Soeben schicket mir die Frau Vice-Präsident diesen Brief und läßt mir sagen, daß ich aber gleich einen Expressen zu Dir mit diesem Brief schicken müßte. Da es nun aber schon 8 Uhr ist, wirst Du diesen Brief wohl etwas spät bekommen; es ist mir aber ausdrücklich gesagt worden, es müsse sein. Leb wohl und schicke mir auchaus ein paar Worte durch diesen Boten, daß ich weiß, ob Du es richtig erhalten.
Hase in Eile.
Ich schicke Dir das gewöhnliche Packet, Du wirst so gut sein und die Einlagen bald bestellen. Das Barometer steht noch immer tief, und wir werden unsere große Tour wohl nicht machen können. Indessen erkundige Dich doch, wenn Schillings Wagen von Lauchstädt zurückkommt? Da kannst Du mich abholen, denn es ist nun Zeit, daß ich einmal wieder meinen Aufenthalt verändere. Indessen habe ich alle Ursache, dießmal zufrieden zu sein, indem ich nicht allein viel gearbeitet, sondern wieder zu künftigen Arbeiten gar manchen Gedanken gefaßt habe.
Lebe wohl, grüße das Kind, und gedenket mein, wenn ihr das Obst, das ich euch schicke, zusammen verzehrt. Jena, am 13. Juni 1797.
G.
Es versteht sich, daß ich vorher den Tag schreibe, wenn Du herüberkommst.
[Weimar, 14. Juni 1797.]
Daß Du immer so an mich und das Bübchen denkest und uns immer etwas schickest, dafür danke ich Dir von ganzem Herzen. Du meinst es sehr gut mit uns, aber mir haben Dich dafür auch sehr lieb, und wenn mir allein sind, sprechen mir immer von Dir. Daß aus unserer Reise nunmehro nichts werden könnte, habe ich mir gedacht, weil es Dir nun wohl zu spät wird. Wenn Du aber noch bis Montag, den 19., drüben bleiben willst, so will ich Dir einen Vorschlag thun. Ich bin mit Werners auf den Sonntag nach Lobeda zu einem Ball bei den Burgemeister eingeladen. Er will den Sonnabend früh mit der Kutsche rüberkommen und uns abholen. Da führen mir nach Mittag weg und wären auf den Sonnabend gegen Abend in Jena. Da käm es nun auf Dich an, ob ich sollte im ›Bären‹ absteigen mit dem Kind und blieb' bei Dir und führ' erst nach Tische den Sonntag nach Lobeda, oder ob ich gleich nach Lobeda führ und nur das Kind bei Dir ließ'. Ich blieb' aber lieber bei Dir. Ernestine bliebe hier in Weimar. Und den Montag führen mir herüber. Sollte Dir es aber zu lang werden, und ich sollte Dich ehr abholen, so bin ich es recht wohl zufrieden; ich bestehbeste nicht auf den Ball, so können Werners allein fahren. Schilling kommt erst den Sonntag wieder, kann also auch nicht ehr fahren bis den Montag; ich dächte, wenn ich drüben wär, nehmen mir Schäfers Wagen zum rüberfahren. Sei so gut und schreib mir den Sonnabend Deine Meinung darüber. Ich bitte aber nochmals: es muß Dich nicht geniren, denn ich bin alles zufrieden, wenn es nur Dich nicht verdrüßlich macht. Soll ich einen andern Wagen nehmen und Dich abholen, oder willst Du etwa Schäfers Wagen nehmen und den Sonntag herüberfahren, so bleibe ich recht gern zu Hause. Ich freu mich, Dich auf alle Fälle bald zu sehen und Dir sagen zu können, wie lieb ich Dich habe.
Alleweile kam Riehl und war ganz unglücklich, da er nach so vielem, was er an dem Dienste verliert, auch heute vom Hofkammer-Rath gehört hat, daß Bloß auch die Zettel in Lauchstädt rumtragen soll. Da er es dem Hofkammer-Rath hat beweisen können, daß es Friedrichen gehört hat, so hat er ihn, wenn er es nicht mit Bloß theilen wollen, auf die Wache setzen wollen. So hat er [es] sich, weil Sie nicht da wären, gefallen lassen, aber nur für dieß Jahr; er will alles, was am Dienst fehlt, aufsetzen und Sie es in einem Schreiben übergeben. Seine Frau hat sich über alle diese Geschichten so angenommen und geärgert, und liegt am Tode. Das ist ein großes Unglück vor den Mann und vor die armen Kinder.
Leb wohl. Mündlich ein Mehres.
[Beilage: August]
Lieber Vater!
Ich war gestern früh mit meiner Mutter im alten Garten und fand in meinem kleinen Gärtchen ein Stückchen Silber, das mir Dortchen verkauft und dafür einen Groschen gebracht hat. Mein kleines Gärtchen ist jetzt im guten Zustande, die Gurken stehen besser als meiner Mutter ihre, meine Bohnen wachsen auch recht schön in die Höhe, aber meinen Kohl haben mir die garstigen Schnecken fast ganz weggefressen. Für die schönen Kirschen, die Sie mir heute geschickt haben, danke ich Ihnen. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb.
August Göthe.
Ich muß Dir wieder einen Boten schicken, damit Du inliegenden Brief heute Abend noch auf die Post gibst. Gerning lädt mich ein, mit ihm über Regensburg und Wien nach Italien zu gehen; ich kann mich aber nicht darauf einlassen, weil ich noch Nachricht von Meyer erwarte und ungewiß bin, ob dieser nicht gar wegen seiner Gesundheit heraus und in die Schweiz geht.
Schicke mir durch diesen Boten, was Du den Botenweibern mitzugeben gedachtest; zwar wird er auch nicht früher wieder herüberkommen.
Ich wünsche, nun bald wieder bei Dir zu sein, denn meine hiesigen Arbeiten sind vollbracht; nur noch wenige Dinge sind zu berichtigen, dann schreibe ich Dir entweder, daß Du mich abholen sollst, oder komme einmal unvermuthet selbst. Lebe wohl und liebe mich und küsse das Kind.
Jena, den 14. Juni 1797.
*
*
[Hanau, 7. August 1797.]
Ich will Dir durch Deinen Geist nur ein paar Worte sagen. Ganz zufrieden bin ich freilich nicht, daß Du, mein Lieber, nicht bei mir bist, ich will mich aber recht gut aufführen und nicht gramseln und mir nur immer denken, wie lieb Du mich hast, und wie gut Du es mit mir meinst. Ich danke Dir noch vor alle Liebe und Güte. Ich bin nur zufrieden, wenn ich mir denke, daß der gute Schatz bei der lieben Frau Rath ist, wo es Dir gut geht. Empfiehl mich ja noch vielmal, und ich will ihr von Weimar schreiben. Leb wohl.
In Eile.
[Beilage: August]
Lieber Vater,
Thun Sie mir den Gefallen und reisen Sie nicht in die Schweiz, sagen Sie der lieben Großmama viele Grüße, und ich hätte sie recht lieb.
Leben Sie wohl und sein Sie mein gutes Väterchen.
Ihr August.
Hanau, den 7. August [1797]
Ich bin euch immer in Gedanken nachgefolgt, und gestern Abend in der ›Müllerin‹, die mir nur theilweise Vergnügen gemacht hat, dachte ich oft, daß ihr nun ruhig in Schlüchtern sitzen würdet. Ich verlange recht sehr zu hören, wie ihr eure Reise zurücklegt, und hoffe das Beste. Eure Briefchen von Hanau haben mir viel Freude gemacht; sage dem Kleinen, daß ich seine Briefe aufhebe und sehen will, wie er nun immer besser schreibt. Ich habe angefangen, einiges zu überlegen und zu dictieren, aber es wird ganz unmöglich sein, in dieser Wohnung etwas zu arbeiten; ich will noch etwa acht Tage zusehen und dann irgend einen Entschluß fassen. Wenn Du wieder stille zu Hause bist, so wirst Du erst recht gewahr werden, was für eine Menge Gegenstände Du gesehen hast.
Wenn Packete angekommen sind, so mache sie nur auf; wenn eins mit Noten dabei ist, so schickst Du es an den Kämmerier Wagner. Lebe recht wohl, schreibe mir bald und behalte mich lieb. Frankfurt, den 9. August 1797.
G.
[8.-11. August 1797.]
Saalmünster, Dienstag den 8. August, Mittag 12, im Gasthaus zum ›Stern‹.
Gestern in Hanau, wie Du weißt, ist mir nichts Merkwürdiges passiert, als daß ich habe sehr viel bezahlen müssen. Heute frühe in RothenbergenRodenberg kam das erste Schröcken auf der ganzen Reise: bei Rothenbergen, wo man nicht ausweichen kann, da kamen Fuhrleute, und es fiel ein Pferd und der ganze KramKarm [Karren ist wohl kaum beabsichtigt] wäre bald auf unsere Kutsche gefallen; aber es ging, Gott sei Dank, noch gut ab. Alsdenn kam aber ein lustig Abenteuer, das war Folgendes. Es hatten die Kaiserlichen Husaren exercirt, und mir mußten halten, daß sie vor uns vorbei konnten. Da kamen etliche von den Husaren-Officiers zu uns an den Wagen und unterhielten sich mit mir und fragten mich, wo ich her käme, wo ich hin wollte. Ich beantwortete alles mit der größten Hasigkeit und habe ihnen sehr dummes Zeug weißgemacht. Es wurde auch über die Pistolen gesprochen, die ich, da ich Soldaten kommen sahe, ein bißchen weiter als sonst herausgucken ließ. Sie waren gar nicht garstig; wär ich nicht so betrübt gewesen, daß Du nicht bei mir warst, es hätte gewiß ein bißchen Äuglichen gegeben; aber so ging es dießmal so ab. Das SpäßchenSäsgen muß ich Dir einmal erzählen. Das Kind ist sehr brav und gut. Das Mittagessen war hier schlechtSchlät.
Den 8.
Abends 8 Uhr in Neuhof. Der Kutscher kam nicht wieder. Wir sind sehr schlecht logirtlusirt und werden nicht viel zu essen haben. Das ganze Haus ist voll Kaiserliche Soldaten; ich bin mit meinen 2 Pistolen durch ein 50 Mann ins Haus gegangen, und es hat keiner gepiepstgebies.
Mittag, den 9. August, Mittewoch, im Dorfe RasdorfDaßdorf, eine Stunde von Buttlar,
wo es wieder sehr schlecht ist. An was ich mich und das Bübchen erhole, ist der Wein, den ich im ›Weißen Schwan‹ habe mitgenommen, und Semmeln. Was hilfts? man muß nur immer gutes Muths sein. Wir legen doch alle Tage ein gutes Stück Weg zurück. Ich habe hier von Götzen einen Schwager angetroffen, einen Roß-Händler. Er war in Frankfurt und hat alles verkauft, auch sein Reit-Pferd. Den will ich, solang er mir nicht beschwerlich wird, mitnehmen und eine Geldkasse mit 2000 Gulden. Er ist, wie er mir sagt, immer in starker Connexionkonnecksieonn mit dem Herrn Geheimen Rath Schmidt, von dem er, wenn er Louisd'ors braucht und nirgends keine kriegen kann, 19 g. gibt.
Den 9. Abends um 10 Uhr in Marksuhl zur ›Goldnen Krone‹.
Heute ist doch der Roß-Händler zu etwas gut; er brachte die Wirthsleute heraus, und ich bin hier recht leidlich logirt.
Donnerstag, den 10. August, Morgens.
Der Herr Gericht-Secretär empfiehlt sich bestens, und der Kutscher hat seine Halfter wieder da geholt. Das Kind hat auch seine Schafnüsse in FuldaPfulte wieder bekommen; wir fragten an, als wir vorbeifuhren.
Den 10. August, Mittag um 11 Uhr.
Nun bin ich wieder in Eisenach im ›Halben Mond‹. Ich wollte heute hier bleiben, aber Gille ist nicht hier; er ist in Creuzburg und kommt erst morgen Abend wieder. Das ist mir zu lang. So viel, nach Tisch weiter. Wehe, denn es sieht mit meinem Gelde schlecht aus, es werden [?] vol däcken Nicht zu enträtseln. Der ganze Satz nachträglich eingeschoben Leb wohl, Lieber. Das Kind ist gar zu artig, aber ohne Dich reist sichs doch nicht gut. Die Reise ist sehr schön und gut, werde nur nicht über das Geld verdrüßlich. Wir können Gott danken, daß wir [sie] so glücklich gemacht haben.
Donnerstag, den 10., Abends um 1 Uhr, Gotha, im Gasthaus zur ›Schelle‹.
Hier ist es recht artig; heute ist uns alles recht gut gegangen, und wir haben, ich und das Kind, immer von Dir gesprochen. Bei dem HörselHirsall, so weit als mir den Inselsberg nur sehen konnten, hieß es immer: Ach, wenn nur der gute Vater bei uns wär! Morgen um 12 Uhr denke ich in Weimar zu sein, und schicke Dir dieß und noch ein Briefechen. Leb wohl.
Freitag, den 11. August, Mittag 3 Uhr in Weimar.
Mir sind beide gesund und wohl angekommen und haben auch zu Hause alles in rechtem gutem Stand gefunden. Das Kind läßt Dich und die liebe Groß-Mama grüßen. Und Du, Lieber, wirst mich bei der lieben Frau Rath auch entschuldigen, daß ich heute nicht schreibe. Ich bin heute von der Reise sehr echauffirteschäffiert, daß mir diese paar Zeilen fürchterlich heiß machen. Leb wohl und behalt mich so lieb wie ich Dich.
Weimar, den 11. August.
[Beilage: August]
Lieber Vater!
Ich bin glücklich nach Weimar gekommen und habe unter meine Kinder Zuckerbrod ausgetheilt, das ich in Erfurt gekauft hatte. Ich danke Ihnen sehr, daß Sie mich in Frankfurt herumgeführt und mir so viel Schönes gezeigt haben. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb.
August Göthe.
Ich denke mir nun, daß ihr glücklich zu Hause angelangt seid, und erwarte mit vielem Verlangen Nachricht von eurer Reise; ihr werdet nun genug erzählen von allem, was ihr gesehen habt, und indem ich mich in Frankfurt umsehe, finde ich noch manches, das euch Vergnügen machen wird, wenn ihr wieder herkommt, und das zweite Mal macht es fast noch mehr Vergnügen, weil man mit den Gegenständen mehr bekannt ist und sie besser genießen kann.
Sei nur so gut, alles, was Packete und größere Briefe sind, aufzumachen und nach dem Inhalte etwa ans Theater und sonst, oder auch wenn etwas eingeschlossen ist, dasselbe nach der Adresse abzugeben, die kleineren Briefe schickst Du mir hierher; Du kannst ja allenfalls Deinen Bruder notiren lassen, was angekommen ist, damit ich nur in kurzem erfahre, was zurückbleibt. Die Hitze ist wieder sehr groß, und die Gewitter, die von Zeit zu Zeit aufsteigen, gehen mit wenig Regen vorüber, die Gärtnerei verlangt sehr nach ein wenig Feuchtigkeit. Schreibe mir ja, wie Du Dein Hauswesen gefunden hast, und grüße das Bübchen.
Die Mama schickt Dir eine schöne Chocoladen-Tasse, über welche jetzt ein Futteral gemacht wird, und wenn ich weiter reise, so soll es auch an allerlei guten Gaben nicht fehlen. Ich bliebe gerne hier, aber die Zerstreuung ist so groß, daß ich zu keiner Besinnung komme. Lebe recht wohl und schreibe fleißig.
Frankfurt, den 12. August 1797.
G.
Weimar, den 13. August [1797].
Lieber Schatz,
Ich habe heute Deinen Brief erhalten vom 9. August, Du wirst nun auch unsere Reise erhalten haben. Wenn Du diesen Brief der lieben Frau Räthin gibst, so entschuldige mich ja wegen meines Schreibens, ich bin recht böse auf mich selbst, daß ich auch garJahr nichts kann. Vor die schöne Reise und vor die viele Mühe und Beschwerlichkeit, die Du mit uns gehabt hast, sage ich Dir noch vielen Dank. Ich werde noch sehr lang davon zu erzählen haben; in Weimar sind die Leute sehr neugierig und haben sich wegen unserer Reise allerhand Mährichen gemacht, die ich Dir, wenn mir wieder zusammen sind, erzählen will.
In meiner Haushaltung habe ich alles in der größten Ordnung gefunden. Meine guten Freunde haben mich gestern alle besucht, und es ist Rath gehalten worden, wie der schwarze ChemisSchimss gemacht werden soll. Die Strümpfe vor die Frau Räthen sind auch besorgt. Mit der nächsten Post soll auch der fehlende ›Merkur‹ erscheinen.
Gestern bin ich auch wieder im Römischen Hause gewesen und habe die schöne Leuchter [?]leuder gesehen; der Kammerdiener Venus war darin und hat uns gerufen. Der vortrefflichevorderöfeliche Hofkammer-Rath ist vorgestern auch wieder zurückgekommen. Mit der Jagemann soll ein unerhörter Spectakel gewesen sein, und der Herr Hofkammer-Rath hat die Ehrenbezeugungen alle gewiß, weil sie in Einem Hause logiren, auf seine Rechnung mit angenommen und sich was Rechts darauf zu Gut gethan. Dieß alles hat mir Schmidt, der da war, erzählt. Die Jagemann aber läßt sichssich auch schon sehr merken, sie richtet auch schon ihr Compliment darnach ein.
Ich bin sehr heiter und vergnügt, wenn ich an unsere Hinreise nach Frankfurt denke; wie Du, Lieber, so gut warst und uns so lieb hattest, das werd ich nie vergessen. Und die liebe Frau Rath hat uns so gut aufgenommen! ich glaube, ich bin nach der Reise ganz anders, ich komme mir ganz glückselig vor. Ich werde wohl nie wieder gramselen. Die Ernestine will, weil sie das Einmachen einmal übernommen hat, auch es dieß Jahr allein machen. Dieß lass ich mir, da ich sehe, daß sie es ordentlich macht, sehr gern gefallen und will nun auch alle meine guten Freunde besuchen und etwas von Frankfurt erzählen. Das Kind ist sehr wohl und war sehr vergnügt, seinen Spielcamerad wiederzusehen. Es ist kein Wein, kein Globus, kein Aal, kein Packet angekommen. Wenn nur etwas Wein käme, sonst werde ich doch ein bißchen unglücklich, denn den Wertheimer liebe ich mir nicht, und mir haben auch nicht viel; und auf Deinen Geburtstag da müssen doch auch etliche Bouteillen aufgehn, denn da werden meine guten Freunde, jungjuchn und alt, eingeladen. Wenn ich nur ein paar Fläschchen Malaga hätte! Was recht übel war, daß mir in Frankfurt keine Flasche Champagner getrunken haben. Das betrübt mich ordentlich. Leb itzo wohl. Aber wenn Du wiederkommst, da will ich Dich auch lieb haben, so wie Du Dir es gar nicht denken kannst. Adieu, liebe mich wie ich Dich.
Du hast mir sehr viel Vergnügen gemacht, daß Du mir gleich den Tag Deiner Ankunft geschrieben und Dein Tagebuch geschickt hast; fahre ja fort, mir fleißig zu schreiben, damit ich wisse, wie es Dir geht, und was bei euch vorfällt.
Es freut mich gar sehr, daß Deine Hinreise zwar nicht ohne Unbequemlichkeit, doch glücklich und mit bester Ordnung vollbracht worden, so wie mir unsere ganze Expedition Lust und Muth gegeben hat, mit euch künftig dergleichen mehr zu unternehmen, und mit dem Kinde wird es, je älter es wird, immer eine größere Lust sein.
Ich habe die Zeit oft an euch gedacht und euch zu mir gewünscht, besonders in der ›Palmira‹, welche vergangenen Sonntag gegeben wurde. Die Repräsentation war überhaupt sehr gut und anständig, die Decorationen besonders ganz fürtrefflich. Ich habe nun meistens meine alten, guten Freunde gesehen und die nothwendigsten Visiten gemacht, auch finde ich mancherlei und sehr gute Unterhaltung; doch reizt das schöne Wetter, das sich bald in Regen abkühlt, bald in klaren Tagen gar vergnügliche Stunden macht, mich zur weitern Reise.
Ich will heute über 8 Tage von hier abgehen und kann, wenn Du mir den nächsten Freitag schreibst, Montag Abend noch den Brief hier erhalten. Auf alle Fälle setzest Du außen drauf: gefällig nachzuschicken, und adressirst überhaupt alles immer fort an meine Mutter.
In meinem vorigen Briefe habe ich Dir schon wegen ankommenden Packeten und Briefen geschrieben, ich will mich hier noch umständlicher erklären:
Alle Arten von Packeten machst Du auf, siehst, was sie enthalten, und läßt sie alsdann entweder liegen oder gibst sie dahin ab, wohin sie allenfalls gehören; die Briefe aber schickst Du an meine Mutter.
Wenn Du mir schreibst, so mußt Du immer zugleich auf die Adresse setzen: gefällig nachzuschicken, und mußt Deinen Brief noch besonders siegeln, wenn Du ihn auch in ein Packet legst; das Packet aber wird jederzeit an meine Mutter adressirt, damit sie es aufmachen und mit den inliegenden Briefen nach meiner Anweisung verfahren kann. So viel von dieser Sache.
Von Hamburg wird ein kleines Fäßchen an mich kommen, worin Seeschnecken sich in Brandewein befinden werden. Denke nicht etwa, daß es eine Eßwaare ist, sondern thu die Geschöpfe in ein Zuckerglas und halte sie mit Brandewein bedeckt, bis ich wiederkomme. Sonst weiß ich nichts zu erinnern, denn das Übrige haben wir ja alles abgeredet.
Schreibe mir ja, wie das schwarzseidne Kleid gerathen ist, und wann Du es zum ersten Mal angehabt hast; sage dem guten August, daß der Säbel, den ich mitbringe, da er sich so gut auf der Reise aufgeführt hat und gewiß auch in meiner Abwesenheit ein gutes Kind bleiben wird.
Seit eurer Abreise bin ich noch einigemal ausgefahren und oft gegangen und habe noch manches gefunden, das ihr mit Vergnügen sehen werdet, wenn ihr einmal wieder in diese Stadt kommt. Auf alle Fälle werden wir uns bequemer und auf längere Zeit einrichten können.
An das Wasser bin ich nicht wieder gekommen und habe in der Komödie immer nach der Loge hinaufgesehen, wo wir so vergnügt zusammen waren.
Und nun, zum Lebewohl, noch ein paar Worte von meiner Hand. Ich liebe Dich recht herzlich und einzig, Du glaubst nicht, wie ich Dich vermisse. Nur jetzt wünschte ich reicher zu sein, als ich bin, daß ich Dich und den Kleinen auf der Reise immer bei mir haben könnte. Künftig, meine Beste, wollen wir noch manchen Weg zusammen machen. Meine Mutter hat Dich recht lieb und lobt Dich und erfreut sich des Kleinen. In acht Tagen will ich hier weggehen, denn an eine Arbeit ist nicht zu denken, Du hast selbst die Lage gesehen; und so will ich die Zeit wenigstens anwenden, um viel zu sehen. Lebe recht wohl, halte alles in Ordnung, denke an mich und behalte mich recht lieb. Eh ich weggehe, schreibe ich Dir noch einmal. Küsse das Kind.
Frankfurt, den 15. August 1797.
G.
Weimar, den 16. August [1797].
Lieber,
Hier schicke ich der Frau Rath den ›Merkur‹ und habe auch zugleich von diesem Monat diesen mit beigelegt. Ich bin mit dem Kinde recht wohl und vergnügt, ich glaube, die Reise hat uns beide sehr heiter gemacht. Wenn ich nur bei Dir sein könnte, das ist meine einzige Betrübniß; und manchmal werden die Wehe sehr groß, denn ich habe Dich nur immer lieber. Gestern ist HunniusHunigus hier angekommen und hat mir gleich seine Visite gemacht; dem war es auch gar nicht recht, daß Du nicht da warst. Heute will mir seine Frau und ihre Schwester den Besuch machen. Ich muß Dir auch ein BonmotBommo von der Vohsen schreiben, das gar nicht übel ist. Wie in Lauchstädt der Lärm mit der Jagemann gar zu groß ist, und der Hof-Kammer-Rath die Jagemann nach der Komödie nach Hause führt, so stehen die Studenten in 2 Colonnen und applaudiren; so gehet die Vohsen ganz vergnügt hinterdrein und singt immer die Strophe »Pflücket die RosePlicket die Rosse, ehe sie verblüht.«
Ich habe nun 2 Briefe von Dir und freue mich, daß Du so gut bist und mir so fleißig schreibst. An Dich ist auch kein Brief und gar nichts angekommen. Vergiß nicht, wenn Du von Frankfurt weggehest, den Wein an den Bauverwalter zu besorgen.
Die Frau von Wedel hat gestern zu mir geschicket, ob ich nicht etwas von Antwort an den Herrn von FouquéVucket mitgebracht hätte, oder ob Geist Dir das Packet, das Dir Frau von Wedel geschickt hätte, Dir nicht übergeben hätte. Alleweile schickt sie wieder, ich möchte ja deßwegen schreiben. Sei doch so gut und schreibe ihr darüber ein paar Zeilen.
Leb wohl und behalte mich ja lieb.
Alleweile schicket die Frau von Wedel wieder, ob etwa das Packet liegen geblieben wäre. Schreibe ihr ja bald
[Beilage: August]
Lieber Vater!
Jetzt habe ich sehr viel Vergnügen in unserm Garten, denn die schönen Birnen sind reif und werden nun abgenommen. Am Dienstage um 4 Uhr habe ich die Birnen von dem kleinen Bäumchen abgenommen, das bei dem türkischen Waizen steht, ach! da waren viele Birnen, ich hätte sie nicht alle herabgebracht, wenn mir mein liebes Mütterchen nicht geholfen hätte. Sagen Sie meiner Großmama viele tausend Grüße, und behalten Sie mich lieb.
Göthe.
Weimar, den 18. August [1797].
Wenn ich mir es gleich schon lange vorgestellt habe, daß Du reisen würdest, so ist es mir doch heut, als ich Deinen Brief erhielte, sehr schwer aufgefallen. Ich und das Kind haben beide sehr geweint. Es soll nach der Schweiz auch wegen des Kriegs übel aussehen. Ich bitte Dich sehr, schreibt mir nur bald. Und wenn Du in der Schweiz bist, laß mich auch immer etwas von Dir hören, und ich bitte Dich um alles in der Welt, gehe itzo nicht nach Italien! Du hast mich so lieb, Du läßt mich gewiß keine Fehlbitte thun. Was mich die Menschen hier ängstigen, daß Du nach Italien gingest, das glaubst Du gar nicht; dem einen hat es der Herzog selbst gesagt, das andere weiß es von Dir gewiß, ich will gar keinen Menschen mehr sehen und hören. Lieber, Bester, nimm mir es nicht übel, daß ich so gramsele, aber es wird mir dießmal schwerer als jemals, Dich so lange zu entbehren; mir waren so aneinander gewöhnt. Die Wege in [den] Garten sind nicht allein groß, alles im ganzen Hause kommt mir groß und leer vor. Bleibe ja nicht so lange aus, ich bitte Dich sehr. Ich tröste mich immer damit, daß Dir das Reisen zu Deiner Gesundheit dienlich, weil Dir das zu Hause Sitzen doch nicht gut ist: aber gehe nur nicht weiter als in die Schweiz. Du glaubst gar nicht, wie lieb ich Dich habe, ich träume alle Nacht von Dir. Heut hatte ich auch von Dir und der lieben Frau Rath geträumt; und ich hatte etwas lang geschlafen, da wurde ich durch Deinen Brief aufgeweckt. Das Kind ist nicht recht wohl, aber der Doktor sagt, es hätte nichts zu bedeuten, es wär von der Reise, wegen des andern Wassers. Der Kleine will Dir es selbst schreiben. Wenn Du nur die Güte hättest und etwa wegen des Weines von Frankfurt aus an Herrn Zapff schriebest. Ich habe gar nichts zu trinken. Das schwarze Kleid ist noch nicht fertig; ich denke, ich werde es auf den Sonntag anziehen und in die Kirche gehen. Ich habe aber eine große Bitte an Dir: zu dem schwarzen Kleid kann man nicht gut was umthun als ein paar schöne, dicke Goldschnuren mit Quasten. Die kosten 2 Laubthaler. Wenn Du mir schriebest, ob ich mir von den Ducaten nehmen dürfte und mir eine Schnur dazu machen lassen dürfte. Einen von den Ducaten habe ich schon dem Kutscher geben müssen, ich habe nur noch 2. Das Silbergeld reichte nur bis Erfurt; in Marksuhl war ein Jude, da habe ich noch vor 2 Laubthaler cattune Halstücher gekauft. Denn Du weißt wohl, wie es ist; es hieß doch: ich käme von Frankfurt, und ich wollte doch auch ein bißchen Aufsehen machen. Du wirst gewiß nicht böse darüber werden. Wenn Du wiederkömmst, will ich Dir die Rechnung geben. Auf dem Wege habe ich gar genaugenua gelebt. Was Du mir wegen der Packete und Briefe geschrieben hast, will ich pünctlichbücklich besorgen. Es ist aber itzo nichts als der Brief, den ich Dir hier schicke, angekommen. Heute kommen die Schauspieler und gehen morgen nach Rudolstadt. Es ist die Markgräfin von Baden hier mit 2 Prinzessinnen, eine ist 14, die andere 15 Jahr; die älteste ist gewiß mit dem König von Schweden versprochen und ist noch nicht confirmirt. Sie soll hier confirmirt werden, und man sagt, auch die Vermählung sollte hier sein. Der König von Schweden ist incognitoin Comido dagewesen, aber er ist wieder weg. Die Solennitäten gehen alle im Römischen Hause vor, wo sich die armen Bedienten bald die Beine weglaufen müssen. Heute soll Concert sein. Leb wohl. Ich wünsche Dir eine vergnügte Reise, Gesundheit und gutes Wetter. Behalte mich nur lieb und schreibe mir bald.
C. V.
Vergiß nicht, mir wegen der Frau von Wedel ein Wort zu schreiben.
[Beilage: August]
Weimar, den 18. August.
Lieber Vater!
Ich bin jetzt etwas krank, meine Augen thun mir sehr wehe, besonders das linke, welches auch ziemlich roth ist, doch ist es nicht mehr so schlimm, als es vor einigen Tagen war. Auch habe auf dem Nacken einen Ausschlag, der mich sehr juckt, so daß ich immer kratzen möchte. Ich muß alle Tage 6 mal einen Trank einnehmen, der recht garstig schmeckt. Kommen Sie bald nach Weimar, ich sehne mich recht nach Ihnen. Meiner lieben Großmama sagen Sie viele schöne Grüße. Leben Sie wohl, und behalten Sie mich lieb.
August Göthe.
[Weimar, vor 24. August 1797.]
Lieber,
Ich schicke Dir diesen Brief gleich nach, weil mir die Fräulein Waldner sagen ließ, ich möchte ihn Dir gleich nachschicken; die fremde Herrschaft hätte ihn mitgebracht, und sie kämen in drei Wochen wieder, da wollten sie die Antwort mitnehmen wegen des Scheines, der darin läge. Du sollst nur die Antwort an die Fräulein Waldner schicken. Ich melde Dir auch zugleich, daß es mit dem Bübchen besser ist; er würde Dir selbst schreiben, aber er ist zu müde. Gestern ist das schwarze Kleid angezogen worden und hat sich im Park präsentirt; es ist sehr schön gerathen, und die Leute sagten auch, es stünde mir gut. Am Sonnabend war Ball bei Hof, und ich und alle gute Freundinnen haben uns in Fritz Stein wegen seines schönen Tanzens in ihn verliebt. Die Eberwein hat Verlöbniß gehabt, und ihr Liebhaber kommt als Hofmusicus nach Rudolstadt, wo sie heute zum Vogelschießen hin gereist sind. Das ist mir sehr fatal; die hätte auch zu einer andern Zeit heurathen können als itzo. Nun bin ich ganz allein. Vergiß nicht, an Zapff zu schreiben, denn itzo sehe ich erst, wie nothwendig der Wein ist, weil ich keinen habe. Mein MägelchenMächlichen thut mir gewaltig wehe, wenn ich keinen trinke; denn keinen Wertheimer nehm ich nicht, und was ich habe, muß [ich] auch auf Deinen Geburtstag aufheben. Denn wie Du weggingst, waren nur noch 16 Bouteillen da, und davon sind die Sonntage wieder welche getrunken worden, und kaufe ich doch nicht gerne welchen.
Das Kind grüßt Dich vielmals und sagt immer: »Nun kommt mein Vater gewiß bald.« Leb wohl und behalte mich nur lieb, und grüße Meyer und sage ihm: wenn er bald käme, so sollte er die besten Suppen haben.
Vor allen Dingen muß ich Dich bitten, mein liebes Kind, daß Du Dich über meine weitere Reise nicht ängstigst und Dir nicht die guten Tage verdirbst, die Du haben kannst. Du hast Dich mit Deinen eignen Augen überzeugt, daß ich in meiner hiesigen Lage nicht würde arbeiten können, und was sollte ich sonst hier thun? da das Allgemeine der Stadt bald beobachtet ist, und ich kein besonderes Verhältniß weder habe, noch haben mag. Die Jahrszeit ist so schön, daß man schon den täglich beneidet, den man zum Thor hinaus fahren sieht.
Du weißt überhaupt und hast auch auf der letzten Reise gesehen, daß ich bei solchen Unternehmungen sorgfältig und vorsichtig bin, Du kannst leicht denken, daß ich mich nicht von heiler Haut in Gefahr begeben werde, und ich kann Dir wohl gewiß versichern, daß ich dießmal nicht nach Italien gehe. Behalte das für Dich und laß die Menschen reden, was sie wollen; Du weißt ja die Art des ganzen Geschlechts, daß es lieber beunruhigt und hetzt, als tröstet und aufrichtet. Halte gut Haus und richte Dich so ein, daß Du mich entweder empfangen oder auch vielleicht wieder zu mir kommen kannst. Du hast bei Deiner kurzen Abwesenheit gesehen, wie sich Deine Leute betragen haben, und was Du allenfalls für Einrichtungen machen müßtest, wenn Du länger wegbleiben solltest. Sorge ja für das Kind und rede mit dem Doctor ab, was man allenfalls künftig auf der Reise thut, wenn das Uebel wiederkommen sollte.
Ich bin recht wohl zufrieden, daß Du Dir die goldnen Schnuren anschaffst und Dich recht hübsch herausputzest; auch liegt ein Blättchen an Herrn Zapff bei, laß es von Deinem Bruder ordentlich siegeln und überschreiben.
Auch für einen Eimer Markobrunner 81ger für den Bauverwalter ist gesorgt, wovon Du Nachricht geben kannst; es ist ein excellenter Wein, ich habe ihn gestern ausgesucht. Ich werde ihn unter meiner Adresse und, um mehrerer Sicherheit willen, unfrankiert schicken, Du übergibst dem Bauverwalter gleich den Wein und bezahlst die Fracht, Accis und Tranksteuer.
Hierbei liegt auch eine Anweisung auf zweihundert Thaler, die Du bei Herrn Geheimde Rath Voigt auf Michael erheben kannst.
Ich lege Dir auch die Preise von verschiednen Victualien bei, wie sie gegenwärtig hier bezahlt werden; Du wirst Dich freuen, daß Du in Deiner Küche nicht so theure Ware brauchst.
Die gute Mama schickt Dir eine sehr schöne Tasse und noch einiges Zuckerwerk fürs Kind und Dich; laß dagegen sogleich durch Deinen Bruder, wenn Du es selbst nicht finden kannst, Hufelands Buch über das lange Leben, in zwei Bänden, in meiner Bibliothek suchen und schicke es ihr mit einem dankbaren, heitern Briefe. Laß auch den Kleinen schreiben, denn sie ist gar zu gut gegen euch gesinnt.
Mein Koffer ist nunmehr nach Stuttgart fort, und ich erwarte nur, daß das Wetter sich ein wenig bestätigt. Denn vor acht Tagen hatten wir ein Gewitter, das 15 Stunden dauerte, und seit der Zeit ist das Wetter kühl, trüb und veränderlich.
Lebe recht wohl, behalte mich lieb, grüße den Kleinen und gib ihm beiliegendes Blättchen. Schreibe mir bald, Du sollst auch immer von mir hören. Frankfurt, den 24. August 1797.
G.
Heilbronn, den 28. August 1797.
Zu meinem Geburtstage, den Du gewiß in Ruhe und Zufriedenheit feiern wirst, aber nicht ohne Verlangen, mich bei Dir zu sehen, muß ich Dir einige Worte sagen und Dir zugleich, wie es mir bisher gegangen ist, erzählen.
Freitag, den 25., nahm ich früh von der guten Mutter Abschied, nicht ohne Rührung, denn es war das erste Mal nach so langer Zeit, daß wir uns wieder ein wenig aneinander gewöhnt hatten. Der Tag war neblig und bedeckt und sehr angenehm, ich hätte Dir nur die schöne Bergstraße, in die ich kam, eben als der Himmel sich aufheiterte, zeigen mögen; ich hoffe auch, wir sehen sie noch einmal miteinander. In Heppenheim ward ich aufgehalten und kam deßwegen spät in der Nacht nach Heidelberg.
Den 26., an einem außerordentlich klaren und schönen Tag, blieb ich in Heidelberg und erfreute mich an der schönen Lage der Stadt, die am Neckar zwischen Felsen, aber gerade an dem Puncte liegt, wo das Thal aufhört und die großen fruchtbaren Ebenen von der Pfalz angehen. Den 27. hatte ich eine schöne, aber zum Theil warme Reise hierher. Heute habe ich mich hier umgesehen, habe die Stadt ein wenig durchstrichen und umgangen. Sie liegt gleichfalls am Neckar, hat aber die schöne, fruchtbare Ebene vor sich und im Rücken sehr weit ausgebreitete Weinberge. Da ich ein artiges Zimmer habe, so werde ich mich wohl verleiten lassen, morgen noch da zu bleiben.
Stuttgart, am 31. August.
Hier bin ich vorgestern Abend im Kühlen angelangt, nachdem ich die heiße Zeit des Tags in Ludwigsburg abgewartet hatte. Ich wünschte, daß Du die unendliche Fruchtbarkeit zwischen Heilbronn und hier, an Feldbau, Obst-, Garten- und Weinbau sehen könntest; man kann wohl sagen, daß auf der ganzen Tour kein Fuß breit Landes ungenutzt ist.
Hier gefällt es mir sehr wohl. Die Stadt liegt in einem Kreis von Bergen, die alle bebaut sind, mitten in Gärten und Weinbergen, das Obst ist sehr gut gerathen, und ich habe mich gestern zum ersten Mal seit langer Zeit wieder in fürtrefflichen Mirabellen satt gegessen, die ich doch Dir und dem Kinde lieber gegönnt hätte. Ich habe einige alte Bekannte gefunden und auch neue gemacht, die meistens Freunde von Schillern sind.
Stuttgart, den 4. September.
Ich habe in diesen Tagen viel Bekanntschaften gemacht und mich in der Stadt, sowie in der Gegend umgesehen, und es ist mir recht wohl gegangen; ich habe fleißig aufgeschrieben, wovon Du künftig auch einmal lesen sollst. Uebermorgen gedenke ich nach Tübingen abzugehen, wo ich von Deinen Briefen zu finden hoffe, und woher ich Dir auch wieder schreiben werde; heute will ich nur dieses Blättchen abschicken, damit Du nicht länger ohne Nachricht von mir bleibst. Lebe recht wohl und küsse den Kleinen.
Um den 15. kannst Du denken, daß ich bei Meyern bin. Lebe wohl und behalte mich recht lieb.
G.
Tübingen, den 11. September 1797.
Ob ich mich gleich nur langsam von Dir nur immer entferne, so will ich Dir doch um desto geschwinder wieder schreiben, damit Du niemals an meinen Nachrichten Mangel hast; denn der Brief, wenn er nur einmal abgeschickt ist, geht doch immer seinen Gang und kommt zur rechten Zeit an, Dir zu sagen, daß ich immerfort an Dich denke. Je mehr ich neue Gegenstände sehe, desto mehr wünsche ich, sie Dir zu zeigen; Du würdest finden, daß überall grader Verstand, gute Wirthschaft und Neigung und Beharrlichkeit den Grund von allen Zuständen ausmacht, und Du würdest noch einmal so gern mit mir und in dem Meinigen leben, wenn Du die Art zu sein so vieler andern Menschen gesehen hättest. Besonders wünschte ich, daß Du die große Fruchtbarkeit, Feld-, Wein- und Gartenbau, die mich bisher immer begleitet haben, hättest mit ansehen können.
Ich bin nun jetzt wieder in einem höhern Lande, wo alles weniger gedeihet, und auf meinem Wege nach der Schweiz werde ich nicht wieder in solche fruchtbare Gegenden kommen, als ich verlassen habe; aber bei allem diesem werde ich Deiner gedenken und werde Dir um so lieber etwas davon sagen, als Du auf Deiner Reise nach Frankfurt schon einige Idee von dem sonderbaren Wechsel erworben hast, dem Berge und Flächen unterworfen sind, und wie die Höhen, sowohl wegen ihrer rauhen Luft, als ihrem weniger guten Boden nicht zu der Fruchtbarkeit als glücklich gelegne Thäler gelangen können.
Von Menschen habe ich manche kennen lernen, deren Umgang ich auch Dir wünschte, und von übrigen angenehmen Zuständen, als künstlichen Gärten, Theatern u.s.w., habe ich manches gesehen, wobei Du, eben wie bei dem Frankfurter Theater, Dich verwundern würdest, weil Du schon eben was Bessers, wenn gleich nicht so etwas Großes und Weitläufiges, kennst.
Mein einziger Wunsch bleibt immer, daß ich mit Dir und dem Kinde, wenn seine Natur ein bißchen mehr befestigt ist, und mit Meyern noch einmal eine schöne Reise thun möchte, damit wir uns zusammen auch auf diese Weise des Lebens erfreuen.
Hier bin ich bei Herrn Cotta sehr gut aufgehoben, die Stadt selbst ist abscheulich, allein man darf nur wenige Schritte thun, um die schönste Gegend zu sehen. Die Stadt liegt auf einem Bergrücken, zwischen zwei Thälern, und hat um sich herum viel Fruchtbarkeit, wenn diese auch gleich dem untern Lande nachsteht.Hier folgt durchgestrichen: Da Deine Briefe über Frankfurt gehen, so erhalte ich sie spät; schicke mir, was Du mir künftig schreibst, wie gewöhnlich unter meiner Adresse, nur mit der Beischrift: bei Herrn Buchhändler Cotta in Tübingen.
Den 12. September 1797.
Ich höre durch Herrn Geheimde Rath Voigt, daß Du in den letzten Tagen des August eine doppelte Sorge und Angst gehabt hast, indem der Kleine krank war, und das Feuer die Scheunen vorm Erfurter Thor verzehrte. Ich kann mir vorstellen, wie sehr Du in beiden Fällen gelitten hast, und weiß, daß Du mich in diesen Augenblicken hundertmal zu Dir gewünscht hast. Ich höre zu meiner Beruhigung, daß der Kleine wieder auf gutem Wege ist, grüße ihn herzlich und halte ihn aufs beste. Herr Eisert mag auch in Absicht aufs Lernen mit ihm nur spielen und die Zeit hinzubringen suchen, damit er bald wieder zu Kräften komme.
Ich sehe der Zeit mit Sehnsucht entgegen, da ich euch wieder antreffe und durch meine Gegenwart vollkommen beruhigen werde.
Lebe recht wohl und schicke Deine Briefe an mich mit nachstehender Adresse, ohne weitern Einschlag, nur unmittelbar ab:
Herrn Geheimde Rath von Goethe
bei Herrn Buchhändler Cotta
in
frank. Tübingen.
Nun muß ich Dir zum Schluß auch noch mit eigener Hand sagen: wie sehr ich Dich liebe und wie sehr ich wünsche, bald wieder an Deiner Seite zu sein. Behalte mich lieb, wie ich Dich, damit wir uns herzlich mit Freuden wieder umarmen können. Küsse den Kleinen tausendmal.
G.
Morgen, den 16., gehe ich von hier ab und kann in drei Tagen in Zürch sein. Von dort schreibe ich Dir gleich.
So oft ich von einem Ort weggehe, wünsche ich immer, mich Dir wieder zu nähern, und freue mich schon auf die Zeit, wenn es geschehen wird, und noch mehr bei dem Gedanken, mit Dir einmal eine größere Reise zu machen.
Hier ist mirs bei Herrn Cotta recht gut gegangen; ich wünsche, daß Du Dich mit dem Kleinen wohlbefindest, und daß das gute Kind sich wieder erholt haben mag. Von Dir habe ich nun, seitdem ich aus Frankfurt bin, keine Briefe und hoffe, sie sollen mir bald nachkommen.
Lebe wohl und liebe mich wie ich Dich.
Tübingen, den 15. September 1797.
[Weimar,] den 25. [September 1797.]
Lieber Schatz,
Von Tübingen habe ich 2 Briefe von Dir erhalten und danke Dir herzlich dafür, daß Du doch immer an mich denkest. Den halben August habe ich sehr betrübt zugebracht, was ich, wenn Du wieder zurückkommst, erzählen will, und sehr viel schlaflose Nacht wegen dem guten Gustel. Itzo ist er aber ganz außer Gefahr. Und ich habe mich zeither mit dem Obstabnehmen im alten Garten und mit dem Krautland beschäftigt, und ich bin mit beiden sehr zufrieden. Ich habe 15 Körbe Kartoffeln gebaut. Dieses macht mich wieder etwas heiter. Und auch, daß die Komödie ihren Anfang nimmt; den 23. die ›Rothe Kappe‹, wo Hunnius als Schulze mir außerordentlich gefallen hat. Den 24. warwahte (also vielleicht beabsichtigt: war der, doch schreibt C. meist wahrt für war) ›Hamlet‹, wo die neue als Ophelia mir gar nicht gefallen hat. Ob es nur macht, daß sie dem jenaischen Äuglichen gleicht und auch so spricht, oder ob es machte, daß die gute Beckern den selben Tag im Leichen-Haus stand? Daß Du, mein Lieber, aber meine Briefe noch nicht hast, betrübt mich sehr, ich habe [jede] Woche geschrieben, ich wollte aber lieber, Du wärst wieder hier. Ich will nicht gramseln; aber ich weiß nicht, es ist mir dießmal, als wär mir es [un]möglich, länger ohne Dich zu leben. Ich bitte herzlichherzlichlich (vielleicht beabsichtigt: herziglich), komm bald und laß mich bald von Dir hören, daß [Du] zurückkommst. Es ist diese Zeit sehr betrübt gegangen, mein einziger Wunsch ist, Dich bald wieder bei mir zu sehen und Dich an mein Herz zu drücken. Leb wohl und grüße Meyern auf das beste.
Ch. V.
[Beilage: August]
Lieber Vater!
Ich bin ein rechter geplagter Mensch, ich habe 2 böse Finger, die mir so viel Schmerzen machen, daß ich mit meiner lieben Mutter des Nachts gar nicht gut schlafen kann. Aber ich bin sehr froh, daß diese bösen Finger an der linken, nicht aber an der rechten Hand sind, sonst könnte ich jetzt nicht an Sie schreiben. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb.
August Göthe.
Stäfe, am 23. September 1797.
Ich habe nun endlich glücklich diesen Ort erreicht und bin mit Meyern sehr vergnügt und zufrieden bei den Seinigen, in einem sehr reinlichen und artigen Hause, umgeben von einer ganz herrlichen Gegend. Wie mir es seit Tübingen gegangen ist, erfährst Du in der Beilage. Ich wünsche nichts so sehr, als daß ich Dir dereinst und dem Kleinen die schönen und herrlichen Gegenstände auch zeigen könnte.
Von Dir habe ich seit langer Zeit nichts gehört, wahrscheinlich stocken Deine Briefe, weil sie bisher über Frankfurt gegangen sind, irgendwo; desto regelmäßiger wirst Du die meinigen empfangen haben.
Durch Herrn Geheimde Rath Voigt habe ich vernommen, daß der Kleine krank und auf der Bessrung war, heute schreibt mir Herr Hofrath Schiller, daß das Kind wieder völlig hergestellt sei; sein Brief ist vom 7. September, ich bin also hierüber beruhigt, da ich vermuthen kann, daß das Außenbleiben Deiner Briefe nur etwas Zufälliges ist.
Bis jetzt ist es mir sehr wohl gegangen, und ich hoffe, das gute Glück soll mich auch fernerhin begleiten. Wir gedenken nun, nach einigen Tagen eine kleine Fußreise durch einige Gegenden der Schweiz zu machen und ohngefähr in 14 Tagen wieder zurück zu sein. Ich füge eine Adresse bei, wie Du künftig Deine Briefe nur unmittelbar auf die Post geben kannst.
Wenn alles geht, wie sich jetzo vermuthen läßt, so sind wir vielleicht EndeNach gestrichenem vor Octobers schon wieder in Frankfurt, worüber Du wohl ganz zufrieden sein wirst. Halte daher alles aufs beste zurecht, es soll dagegen auch, da wir einmal im Lande der Musseline sind, an einem hübschen Kleide von dieser Art nicht fehlen. Das Beste wird aber doch sein, daß wir wieder zusammenkommen und einander in Freude und Leid beistehen können.
Nun muß ich Dir noch mit eigener Hand einiges hinzufügen und Dir sagen: daß ich Dich recht herzlich, zärtlich und einzig liebe, und daß ich nichts sehnlicher wünsche, als daß Deine Liebe zu mir sich immer gleich bleiben möge. Mit meinen Reisen wird es künftig nicht viel werden, wenn ich Dich nicht mitnehmen kann. Denn jetzt schon möchte ich lieber bei Dir zurück sein, Dir im grünen Alkoven eine gute Nacht und einen guten Morgen bieten und mein Frühstück aus Deiner Hand empfangen. Auch ist unser Plan gemacht, bald zurückzukehren und, wo nicht Ende October, doch Anfang November in Frankfurt zu sein. Diese Nachricht wird Dich gewiß erfreuen, und noch mehr wirst Du Dich vergnügen, wenn Du uns wieder bei der guten Mutter weißt, von da aus wir in wenigen Tagen bei Dir sein können. Sage aber niemanden noch davon und laß die Leute im Ungewissen, ob und wann ich komme. Denke meiner und mache nicht zu viel Äugelchen; am besten wäre es, Du machtest gar keine, denn es ist auch mir auf der ganzen Reise noch kein einziges vorgekommen. Dagegen wird nur an Dich gedacht, und ein schönes Musselin-Kleid ist im Handel. Lebe wohl. Küsse den Kleinen, den ich wieder recht wohl anzutreffen hoffe. Grüße Ernestinen und die Tante. Behalte mich lieb und bereite alles schönstens zu unserm Empfang.
Unter meine gewöhnliche Adresse setzest Du nur: bei Herrn Ott zum ›Schwerdt‹ in Zürch, und gibst den Brief ohne weiters auf die Post und frankirst bis Schaffhausen.
G.
Heute erhalte ich einen Brief von Geheimde Rath Voigt vom 11., der mir schreibt, daß Gustel ihn wieder besucht hat und wohl und artig ist. Ich bin dadurch recht getröstet und erfreut, ob ich gleich noch keinen Brief von Dir habe.
G.
Stäfa, den 26. September 1797.
[Beilage] Kurze Nachricht von meiner Reise von Tübingen nach Stäfe.
Den 16. September fuhr ich von Tübingen über Hechingen, Balingen und Wellendingen nach Tuttlingen. Die Tagereise ist groß, ich machte sie von 4 Uhr des Morgens bis halb 9 Uhr des Abends. Anfangs gibt es noch fürs Auge angenehme Gegenden, zuletzt aber, wenn man immer höher in der Neckarregion hinaufsteigt, wird das Land kahler und weniger fruchtbar, erst in der Nacht kam ich in das Thal oder die Schlucht, die zur Donau hinunterführt; der Tag war trüb, doch zum Reisen sehr angenehm.
Den 17. von Tuttlingen auf Schaffhausen. Bei dem schönsten Wetter, fast durchgängig, die interessanteste Gegend. Ich fuhr von Tuttlingen um 7 Uhr bei starkem Nebel aus, aber auf der Höhe fanden wir bald den reinsten Himmel, und der Nebel lag horizontal im ganzen Donauthal. Indem man die Höhe befährt, welche die Rhein- und Donau-Region trennt, hat man eine bedeutende Aussicht, sowohl rück- als seitwärts, indem man das Donauthal bis Donaueschingen und weiter überschaut. Besonders aber ist vorwärts der Anblick herrlich, man sieht den Bodensee und die Graubündner Gebürge in der Ferne, näher Hohentwiel und einige andere charakteristische Basaltfelsen. Man fährt durch waldige Hügel und Thäler bis Engen, von wo sich südwärts eine schöne, fruchtbare Fläche öffnet; darauf kommt man Hohentwiel und die andern Berge, die man erst von ferne sah, vorbei und gelangt endlich in das wohlgebaute und reinliche Schweizerland. Vor Schaffhausen wird alles zum Garten. Ich kam Abends bei schönem Sonnenschein daselbst an.
Den 18. widmete ich ganz dem Rheinfall, fuhr früh nach Laufen und stieg von dort hinunter, um sogleich der ungeheuern Überraschung zu genießen. Ich beobachtete die gewaltsame Erscheinung, indeß die Gipfel der Berge und Hügel vom Nebel bedeckt waren, mit dem der Staub und Dampf des Falles sich vermischte. Die Sonne kam hervor und verherrlichte das Schauspiel, zeigte einen Theil des Regenbogens und ließ mich das ganze Naturphänomen in seinem vollen Glanze sehen. Ich setzte nach dem Schlößchen Wörth hinüber und betrachtete nun das ganze Bild von vorn und von weiten, dann kehrte ich zurück und fuhr von Laufen nach der Stadt. Abends fuhr ich an dem rechten Ufer wieder hinaus und genoß von allen Seiten, bei untergehender Sonne, die herrliche Erscheinung noch einmal.
Den 19. fuhr ich, bei sehr schönem Wetter, über Eglisau nach Zürch, die große Kette der Schweizergebürge immer vor mir, durch eine angenehme, abwechselnde und mit Sorgfalt kultivierte Gegend.
Den 20., einen sehr heitern Vormittag, brachte ich auf den Zürcher Spaziergängen zu. Nachmittags veränderte sich das Wetter, Professor Meyer kam, und weil es regnete und stürmte, blieben wir die Nacht in Zürch.
Den 21. fuhren wir zu Schiffe, bei heiterm Wetter, den See hinaufwärts, wurden von Herrn Escher zu Mittag auf seinem Gute bei Herrliberg, am See, sehr freundlich bewirthet und gelangten Abends nach Stäfe.
Den 22., einen trüben Tag, brachten wir mit Betrachtung der von Herrn Meyer verfertigten und angeschafften Kunstwerke zu, sowie wir nicht unterließen, uns unsere Beobachtungen und Erfahrungen aufs neue mitzutheilen. Abends machten wir noch einen großen Spaziergang den Ort hinaufwärts, welcher von der schönsten und höchsten Kultur einen reizenden und idealen Begriff gibt. Die Gebäude stehen weit auseinander, Weinberge, Felder, Gärten, Obstanlagen breiten sich zwischen ihnen aus, und so erstreckt sich der Ort wohl eine Stunde am See hin und eine halbe bis nach dem Hügel ostwärts, dessen ganze Seite die Kultur auch schon erobert hat. Nun bereiten wir uns zu einer kleinen Reise vor, die wir nach Einsiedeln, Schwyz und die Gegenden um den Vierwaldstätter See vorzunehmen gedenken.
Weimar, den 2. October [1797]
Lieber,
Heute frühe war mein erster Gedanke, ich würde einen Brief von Dir bekommen, aber ich habe dießmal vergebens gehofft. Des Abends ist mein letzter Gedanke an Dich und des Morgens ist es wieder der erste. Es ist mir heute so zu Muthe, als könnte ich es nicht länger ohne Dich aushalten. Es hat auch heute alles im Hause schon über meinen übelen Humor geklagt. Ich weiß gar nicht, was ich vor Freuden thun werde, wenn ich von Dir hören werde, daß Du wieder auf der Rückreise bist. Ohne Dich ist mir alle Freude nichts; ich habe, seit ich von Frankfurt weg bin, keine rechte vergnügte Stunde gehabt. Ich habe Dir es immer seither verschwiegen, aber länger will es nicht gehen. Ich habe mir auch alle mögliche Zerstreuung gemacht, aber es will nicht gehen; selbst das Schauspiel will nicht recht schmecken. Sei ja nicht böse auf mich, daß ich Dir so einen gramselichen Brief schreibe, er ist ganz aus dem Herzen raus. Nun etwas vom Theater; Den Hunnius in der [Rolle des] Titalila zu sehen, ist der Mühe werth; das ganze Parterre war außer sich, und ich glaube, sein Gesang und Spiel sind charmant. Und seine Frau ist auch nicht schlecht, aber nicht so gut wie er. 2 Neue sind hier, aber keine ist eine Beckern. Die vermißt man überall. Die beiden kommen mir wie die Frankfurter vor. Äugelchen könnte es überall geben, aber ich mag gar keine machen. Von der guten Mutter habe ich wieder einen Brief bekommen, das hat mich recht gefreut. Aber sie schrieb mir, daß sie keinen Brief von Dir hat und alle meine Briefe noch ganz ruhig bei ihr liegen, weil sie nicht wüßte, wo sie sie hinschicken sollte. Angekommen an Dich ist gar nichts, kein Globus, kein Aal, keine Seeschnecken, gar nichts; an mich keine ›Horen‹, kein ›Hermann und Dorothea.‹Dorrodea Dieses nur zu Deiner Nachricht. Kurz, wenn Du nicht da bist, ist es alles nichts. Und wenn Du nach Italien oder sonst eine lange Reise machst und willst mich nicht mitnehmen, so setze ich mich [mit] dem Gustel hinten darauf; denn ich will lieber Wind und Wetter und alles Unangenehme auf der Reise ausstehen, als wieder so lange ohne Dich sein. Es ist, als wär es gar nicht möglich. Im Hause ist alles in Ordnung, Du magst kommen des Tages oder die Nacht. Und der gute Meyer soll auch alles auf das beste finden. Komm nur bald und hab mich so lieb, wie ich Dich haben will.
Leb wohl.
[Beilage: August]
Lieber Vater!
Ich spiele jetzt in meinen freien Stunden mit Kastanien, die ich mit dem kleinen Kästner bei Ober-Weimar aufsuche. Wir tragen sie in großer Menge nach Hause, durchbohren sie, reihen sie an einen Bindfaden und behängen unsern ganzen Körper mit Kastanienketten. – Am ersten October feierte Hertels Wilhelm seinen Geburtstag, er bat mich auch dazu und tractirte mich mit Milch, Zucker und Kuchen. Auf den Abend spielten wir ein Schattenspiel, das uns viel Vergnügen machte; da kamen ein Hanswurst mit seiner Columbine, ein Nachtwächter, ein Teufel, der Doctor Faust, ein Höllendrache, Bäume, Häuser, Blitze, ein Zauberer, eine Einsiedlergrotte und zuletzt eine lebendige Katze vor, welche das Licht auslöschte. Ehe uns aber die Katze diesen Streich machte, nahm der Teufel den Hanswurst, die Columbine und den Doctor Faust mit sich fort in die Luft. Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb.
August Göthe.
Stäfe, am 13. October 1797.
Ich will die heutige Post nicht versäumen, Dir zu sagen, daß wir von unserer Berg- und Seereise glücklich zurückgekommen sind. Wir haben 11 Tage dazu gebraucht und manchen sauern Stieg zurückgelegt, aber auch manche angenehme Stunde gehabt; nun wird eingepackt und alles in Ordnung gebracht, um unsere Reise über Zürch und Basel zurück nach Frankfurt anzutreten. Du schreibst mir nun auf diesen Brief nicht weiter, bis Du vernimmst, wo mich Deine Briefe sicher treffen können. Ich habe Dir seit Frankfurt oft geschrieben und will ein Verzeichniß meiner Briefe hier hinten anschreiben lassen. Aber ich begreife nicht, wie es zugeht, daß ich seit Frankfurt keinen Brief von Dir erhalten habe? Von Schillern habe alle acht Tage Briefe, durch Cotta, und meiner Mutter habe ich doch auch die Adresse an Cotta gelassen und sie gebeten, mir alles dahin nachzuschicken. Ich bin zwar nicht unruhig darüber, denn es wird sich wohl aufklären, aber ich hätte doch gewünscht, unter der Zeit etwas unmittelbar von Dir zu hören und zu sehen. Beunruhige Dich auch nicht darüber, denn es hilft doch nicht, besonders da ich bald von hier weggehe. Ich bin recht wohl und vergnügt, und Meyer ists auch; wir wünschen beide, bald bei Dir zu sein. Wir sind jetzt daran, verschiednes von Musselin zu kaufen, können aber nicht recht einig werden; ich wollte, Du wärest selbst da, daß Du Dir was aussuchen könntest, ich denke aber, wir wollen nicht das Unrechte wählen.
Es ist jetzt Weinlese hier, und ich wollte wohl, daß Du mit dem Kleinen auch daran Theil nehmen könntest. Bis vor einigen Tagen haben wir sehr schön Wetter gehabt, und die Lage des Ortes ist gar anmuthig. Laß dem Herrn Geheimde Rath Voigt durch den Kleinen eine Empfehlung sagen, daß ich von der Bergreise zurück bin und nächstens schreiben werde.
Grüße und küsse mir das liebe Kind, auch alles im Hause grüße. Behalte mich lieb, ich denke immer an Dich und wünsche Dich zu mir. In acht Tagen hörst Du weiter unsern Entschluß, und wie es mit unserer Reise werden kann. Adieu, mein gutes, liebes Kind.
G.
Ich habe auch ein Paar Docken vom schönsten Hanf eingepackt, damit die Spinnerinnen auch dieses Material kennen lernen.
Abgegangene Briefe.
Von Frankfurt
am 24. August.Von Stuttgart
am 4. September.Von Tübingen
am 12. September;
am 15. September.Von Stäfe
den 26. September.
Noch immer habe ich keine Briefe von Dir erhalten und entbehre dadurch meiner besten Freude, zu wissen, wie Dirs mit dem Kinde geht; vielleicht löst sich das Räthsel bald auf, wo Deine Briefe stecken, und sie kommen vielleicht alsdann auf einmal. Ich schreibe Dir Gegenwärtiges nur, um Dich zu beruhigen, wenn Du hörst, daß der Krieg wieder anzufangen droht. Ich gehe in einigen Tagen nach Zürch, und wenn es am Rheine wieder unruhig werden sollte, so gehe ich durch Schwaben und Franken den Weg, den Wieland vor einem Jahre nahm. So viel für heute, Du hörst in kurzer Zeit mehr von mir. Lebe recht wohl und küsse den Kleinen. Zur Nachricht muß ich Dir noch sagen, daß schon ein Stück klein geblümter Musselin gekauft ist, wie auch 10 größere und kleinere Halstücher; wegen anderer ähnlichen Waaren bin ich noch im Handel, ich habe auch sehr schöne Proben von gesticktem Musselin da, leider aber werden sie nicht, wie die andern, hier gemacht, und die Fabriken sind über 14 Stunden abgelegen; demohngeachtet denke ich auch noch etwas von dieser Art mitzubringen. Lebe wohl und schreibe mir mit umgehender Post nur ein Wort unter der Adresse: des Herrn Buchhändler Cotta in Tübingen. Lebe recht wohl und gedenke mein, sei vergnügt und in allen Fällen ruhig, Du wirst mich bald wiedersehen.
Stäfe, am 17. October 1797.
G.
Endlich habe ich, mein liebes Herz, Deine letzten Briefe erhalten, die Du mir unmittelbar schicktest. Ich weiß nicht, was die gute Mutter machte, indem sie die andern bei sich liegen ließ, da ich ihr doch Cottas Adresse gegeben und alles umständlich verabredet hatte. Nun ich weiß, daß Du mit dem Kinde wohl bist, bin ich ruhig und habe mich recht gefreut, wieder etwas von Deiner Hand zu sehen. Habe jetzt nur noch ein wenig Geduld, denn ich komme bald wieder; auch mir ist es in der Entfernung von Dir nie recht wohl geworden, wir wollen uns nunmehr desto lebhafter des Zusammenseins freuen. Der Gefahr wegen hätte ich wohl nach Italien gehen können, denn mit einiger Unbequemlichkeit kommt man überall durch, aber ich konnte mich nicht so weit von euch entfernen. Wenn es nicht möglich wird, euch mitzunehmen, so werd ich es wohl nicht wiedersehen. Grüße den Kleinen und danke ihm für seine Briefe, sie machen mir viel Freude. Da ich nicht über Frankfurt gehe, weiß ich noch nicht, [welchen Weg]; wenn ich über Nürnberg komme, so finde ich gewiß etwas Nützliches und Erfreuliches. Dafür ist schon für die weibliche Welt besser gesorgt. Einen genähten Musselin für Dich von besonderer Schönheit, ein mit Blümchen gewirkter für Ernestinen und Halstücher mit allerlei Kanten, damit von der Tante an die übrigen Hausgenossen erfreut werden können. Ich habe mir auch kleine Tücher um den Hals gekauft, fürchte aber, Du wirst mir sie wegkrapseln, denn sie werden auch um den Kopf artig stehen. Alles zusammen ist nach der neusten Mode, besonders ist Dein Kleid sehr schön, es ist aber auch nicht wohlfeil. Ich habe es noch nicht, denn ich habe es nach dem Muster aus der ersten Hand gekauft und erwarte es von Sanct-Gallen, wo die Fabrik ist. Bei den Mustern that einem die Wahl weh, aber Meyer und ich waren doch zuletzt einig.
Daß nichts bei Dir ankommt, wundre Dich nicht, es geht mir ebenso, ich habe auch noch keinen ›Hermann‹. Da ich Deine ersten Briefe nicht erhalten habe, so weiß ich nicht, ob der Wein für den Bauverwalter angekommen ist, den ich doch so gut und sorgfältig bestellt hatte. Wäre er nicht gekommen, so schreibe meiner Mutter und frage, wie es damit steht; wenn er nur nicht gar zu spät ins Jahr verschickt wird. Freilich ists eine böse Sache, wenn man einmal weggeht, so ists beinahe, als wenn man todt wäre. Geheimde Rath Voigt und Hofrath Schiller haben mich am treulichsten begleitet.
Meyer grüßt schönstens, er ist recht wohl und munter. Geist macht seine Sachen im Ganzen recht ordentlich. Lebe wohl. Wenn Du dieses erhältst, bin ich schon in Tübingen. Von da schreib ich Dir wieder und so fort, wie ich mich nähere. Ich freu mich herzlich, Dich wiederzusehen, und habe Dich über Alles lieb. Zürch, den 26. October 1797.
G.
Du schreibst mir nun nicht mehr.
Sage Deinem Bruder, es sei mir angenehm, daß die Todtenfeier gut aufgenommen worden, und daß er zu der ›Amalfi‹ gute Hoffnung habe. Was sein Werk betrifft, so möchte er es nur recht durchdenken und einen ausführlichen Aufsatz darüber machen. Ich will alsdann versuchen, es einem Verleger annehmlich zu machen.
Wir haben, meine Liebe, die Baseler Tour aufgegeben und sind von Zürch gerade nach Tübingen gegangen. Wir haben auch recht wohlgethan, denn die Jahrszeit ist äußerst verdrießlich, die Wege schlecht und alles unglaublich theuer. Nun weiß ich nicht, ob wir über Frankfurt oder Nürnberg gehen, auf beiden Seiten brauchen wir acht Tage Reise; wenn ich nun noch einigen Aufenthalt hie und da dazu rechne, so können wir in der Mitte Novembers wohl bei Dir sein. Das ist Dir ja wohl ganz recht, Deinen Freund so bald wiederzusehen. Ich kann aber auch wohl sagen, daß ich nur um Deinet- und des Kleinen willen zurück gehe. Ihr allein bedürft meiner, die übrige Welt kann mich entbehren. Lebe recht wohl und habe mich so lieb wie ich Dich. Ich freue mich unaussprechlich, Dich wiederzusehen.
Tübingen, den 30. October 1797.
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