Johann Wolfgang Goethe
Briefwechsel mit seiner Frau. Band 1
Johann Wolfgang Goethe

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1796

63. Goethe

Ich muß Dir nur sagen, meine Liebe, daß es mir ganz wohl geht. In acht Tagen hoffe ich mit dem siebenten Buche zu Stande zu sein, und dann werde ich vergnügt zurückkehren. Alle Morgen gehe ich spazieren und die Abende war ich bei Schillern. Nun bin ich auf drei Abende in die Stadt geladen, und damit geht die Zeit so hin. Das Wetter begünstigt mich sehr, und in allem befinde ich mich leidlich. Die Götzen kocht nicht übel, nur, weil sie im Ofen kocht, sind die Sachen wohl einmal rauchrigt. Vor einigen Tagen hatte ich Gäste, die mir meinen Keller ziemlich aufräumten. Dagegen hat Herr von Milkau mir wieder englisch Bier zukommen lassen. Lebe recht wohl. Der Preßkopf und das Leberwürstchen dauert noch. Von Wein schicke mir etwas Werthheimer, aber kein Bier. Lebe wohl, grüße Gusteln und behalte mich lieb.

Jena, den 8. Januar 1796.

G.

 

64. Christiane

Du mußt mir verzeihen, daß ich am Mittewoche nicht geschrieben habe, ich war aber sehr krank. Ich habe doch schon immer über meinen Magen geklagt und am Dienstag, wie SchmidtsSchmiest bei mir waren, ein bißchen zu viel Eis gegessen. Die Nacht war ich recht krank, und den ganzen Mittewoch mußtemuß ich im Bette liegen. Es ist aber wieder vorüber, und ich befinde mich und das Kind recht wohl. Das Bübchen wünschte sehr, daß sein Väterchen wiederkäme, mir ist es auch, als wärst Du schon sehr lange weg. Ich freu mich aber sehr, da ich aus Deinem Briefe sehe, daß Dir es wohl geht und Du vergnügt bist. Leb wohl und behalte uns recht lieb.

Weimar, den 9. J[anuar 1796].

C. V.

Hier schicke 3 Bouteillen Werthheimer und Eine Rheinwein.

 

65. Goethe

Du besorgst, mein liebes Kind, die inliegenden Packete nach den Aufschriften.

Mir geht es recht wohl, und ich werde wohl mein siebentes Buch zu Ende bringen.

Wenn Du auf den Sonntag, wird sein der 17., wohl bist und es hübsch Wetter ist, so könntest Du mich abholen. Du müßtest aber unsern gewöhnlichen Kutscher nehmen, denn der letzte Wagen stieß abscheulich.

Du kämst morgens bei Zeiten und äßest mit mir, und wir führen etwa um drei Uhr wieder ab.

Schreibe mir gleich Antwort, ob Du kommen willst, damit ich mich darauf einrichte.

Auf alle Fälle schickst Du mir den Wagen; aber, wie schon gesagt, den gewöhnlichen. Wenn Du kommst, bringst Du das Bübchen mit. Grüße es recht schön, und behalte mich lieb, ich freue mich, Dich hier zu sehen.

Jena, den 12. Januar 1796.

G.

 

66. Christiane

[Weimar, 13. Januar 1796.]

Keine größere Freude, mein Lieber, hättest Du mir nicht machen können als die, daß ich Dich abholen soll. Es ist sehr gehuppst worden, und das Bübchen hat mit gehuppst. Ich komme Sonntag ganz gewiß, wenn es nur leidlich Wetter ist. Sollte es aber ganz schlechtes Wetter sein, so dächte, Du bliebst noch einen Tag, und mir kämen den Montag. Schreibe mir noch ein Wort, ob Dir es so recht ist, und ob ich bei dem Schloß absteigen soll oder vor der Post. Ich dächte, weil wir uns nicht lange aufhalten, ich stieg' bei dem Schloß ab, doch schreibe mir, ob es Dir recht ist. Ich freu mich sehr daraufda ruf, mit Dir herüberzufahren. Ich denke, den Sonntag, wenn es nur ein bißchen leidlicht ist, um 10 Uhr bei Dir zu sein, und mir wollen recht vergnügt sein.

Ich und das Bübchen sind recht wohl und bald vor Freuden unklug. Ich will auch den Freitag nicht so lange auf der Redoute bleiben, damit ich den Sonntag recht heiter bin. Gestern waren ›Die Geschwister‹, und die Madame Becker verdiente durch ihr schönes Spiel würklich ein Präsent. Überhaupt ist es sehr gut gespielt worden und hat allgemein gefallen, daß man den abscheulichen ›Prozeß‹ gar nicht darauf sehen konnte. Leben Sie wohl, es bleibt dabei, mir kommen. Das Bübchen läßt Dich vielmals grüßen. Behalte uns beide lieb.

 

67. Goethe

Ich erwarte Dich mit Freuden, mein liebes Herz, auf den nächsten Sonntag früh. Das Wetter wird hoffentlich gut bleiben, nimm aber doch meinen Pelz mit und wickle Dich und das Kind recht ein. Mein siebentes Buch ist fertig und das achte wird auch bald nachfolgen. Wie angenehm ist mirs, daß ich denken kann, Dich bald in meiner Stube zu sehen. Du fährst nur gleich im Schlosse an, und ich will bestellen, daß das Bübchen aufs Cabinet kann. Lebe recht wohl und liebe mich. Jena, den 15. Januar 1796.

G.

 

 

 

68. Christiane

[Weimar, 17. oder 18. Februar 1796.]

Mein Wunsch ist, mein Lieber, daß Dich dieser Brief recht wohl und vergnügt antreffe. Wir beide illuminiren sehr stark – und wenn das so fortgehet, werden mir das Buch in Deiner Abwesenheit beinahe fertig bringen. Müller hat das Krautland angesehen, es ist sehr nah von unserm Garten aus, ungefähr so lang wie Treuters Garten und über die Hälfte breit. Es hat sehr wenig Abgaben, und der Besitzer bietet es 60 Thaler. 55 Thaler sind ihm schon geboten, er will aber nicht anders als 60 Thaler. Müller sagt, es wärs werth. Mittag um 2 Uhr will ich mitgehen und es ansehen. Nun schreiben Sie uns Ihre Meinung. Bloß bittet um Nachricht, wo er das Geld bekomme vor die 12 Mann Statisten und 4 Jungen zu lohnen.lälen Ob er es auslegen soll oder an wen er das Zettelchen machen soll. Leben Sie recht wohl und behalten mich lieb.

 

69. Goethe

Ich habe Dir gestern gleich wegen des Krautlandes geschrieben. Wie gesagt, wenn es Dir gefällt, so kaufe es, denn diese Fleckchen werden täglich theurer werden. Liegt es denn am Bache oder wo? beschreibe mir es doch genauer.

Mit dem Essen geht es mir wieder recht schlecht, schicke mir einige Flaschen oberweimarisches Bier.

Das beikommende Packet schickst Du an Graf Dumanoir, wie die Adresse ausweist. Lebe recht wohl und behalte mich lieb.

Jena, den 19. Februar 1796.

G.

Sage Deinem Bruder, daß ich das für Böttcher bald schicken werde.

Du bist doch die Abende, besonders wenn Du in die Komödie gehst, hübsch besorgt, daß das Haus nicht allein steht?

Nimm den eingesiegelten Schlüssel hervor in Dein Schreibepult.

G.

Bloß meldet sich wegen seines Aufwandes bei der Fräulein von Göchhausen.

 

70. Christiane

[Weimar, 20. Februar l1796]

Alleweile komm ich wegen des übelen Wetters ganz müde vom Krautland zurück und bin mit der Lage sehr zufrieden, es liegt ganz an der Lotte, nicht weit von Knebels Garten, mir gefällt es sehr. Müller will es handeln. Und wenn Du wiederkömmst, wollen mir zusammen hin gehen. Es wird Dir gewiß gefallen. Du bist doch wohl? Daß es mit dem Essen schlecht gehet, thutdu mir sehr leid. Wenn ich Dir nur kochen könnte! Das arme Bübchen ist sehr krank gewesen, aber heute ist er doch wieder außer Bette, er hatte sich sehr stark verkältet. Er hat mir nicht Ruhe gelassen, ich sollte es dem Väterchen schreiben. Du brauchst Dir aber keine Sorgen zu machen, denn er ist heute wieder ganz munter und will wieder illuminiren. Er freut sich, das Väterchen abzuholen.

Wegen des Hauses kannst Du ohne Sorge sein. Das Schlüsselchen habe ich, sobald Du weg warst, zu mir genommen.

Itzo bin ich fleißig und bringe wieder alles in Ordnung und freue mich, Dich bald wieder zu sehen, denn ohne Schatz will mir es in dem Hause gar nicht gefallen. Willst doch so gut sein und wegen der KöchinNach gestrichenem neuen mit der Trabitiusdrabinsgus reden. Ich habe mit ihr ausgemacht: wenn sie ein gutes Lob hätte, wollte ich sie nehmen; wenn das nicht wär, so muß ich mich nach einer andern umsehen.

Leb wohl und behalt uns beide lieb.

 

71. Goethe

Ich habe beim Einpacken das Beste vergessen, nämlich das siebente Buch meines Romans und die Papiere, die sich aufs achte beziehen. Es liegt alles beisammen in dem Schreibtische an der Thüre, in der untersten Schublade nach dem Ofen zu. Packe nur alles, was in dieser Schublade liegt, wohl zusammen und schicke mirs durch August Herder, der Dir diesen Brief überbringt. Wenn der Schlüssel, wie ich vermuthe, eingeschlossen ist, so kannst Du mit dem Schlüssel, den ich hier überschicke, das rechte Schränkchen meines Schreibetisches aufmachen, wo Du ihn bald erkennen wirst; schicke mir den Schlüssel mit den Papieren wieder zurück und lebe recht wohl. Jena, Sonnabend, den 20. Februar 1796.

G.

 

72. Christiane

Hier, mein Bester, schicke ich Dir, was Du verlangst, es ist alles, was in der Schublade war. Das Bübchen ist wieder besser. Es bittet sich was vom Jenaischen Conditor vom Väterchen aus und läßt Dich schönstens grüßen. Der ›Knicker‹ ist gestern sehr gut gegangen, man ist allenthalben mit dem neuen Sänger zufrieden, freut sich über seinen schönen Gesang und seine gute Aussprache und saget, das Übrige werde sich schon geben. Er kann auch mit applaudiren zufrieden sein, welches denn freilichfreulin alles von den Schätzchen herkam. Er hat aber mit einer Dreustigkeit gespielt, die unglaublich ist. Zum Roman wünsche ich den besten Humor, und daß das 8. Buch bald fertig werde, damit ich Dich bald wieder bei mir habe, denn ich bin den ganzen Tag allein. Die arme Werner ist auch sehr unglücklich, ihr Bruder, der MusikusMußsich kus, hat auf einmal 2 Blut-Stürze bekommen, und weiß niemand, wovon, und ist sehr schlecht. Da kommt die auch nicht zu mir. Morgen will ich mir die Zeit mit bügeln vertreiben.

Leben Sie wohl und [behalten] mich lieb.

Mit der Köchin vergiß nicht.

Weimar, den 21. F[ebruar 1796].

Christiana.

 

73. Christiane

Hier folget wieder Bier; keine leeren Flaschen habe ich nicht bekommen, sehen Sie darauf, daß sie Geist ordentlich rüberschickt. Der Köchin will ich heute durch die Boten-Frau sagen lassen, daß ich sie nicht brauchen könnte; mit der Bedingung ist es geschehen.

Ich habe aber zu Hause eineNach gestrichenem zufälliger Weise schöne Entdeckung gemacht. Weil ich allemal, wenn Sie verreisen, den Hausschlüssel zu mir nehme, so sehe ich ihn vorgestern Abend an der Wand hängen, und da fiel mir, ich weiß nicht wie, ein: der sieht aus wie dein Capitalkabbidal! ich hin und probirt, so schloß er meine Thür und Kammer, hinten bei mir meine Wäschekammer und alles! Nunmehr weiß ich, wie mir meine Betttücher und alles, was mir gefehlt hat, genommen worden ist. Der hat auch, ehe ich das Vorlegeschloß vorlegte, meinen Weinkeller geschlossen. Es muß der eigentliche Hausschlüssel gar nicht sein. Es ist ein ordinärer Hauptschlüssel, ich will ihn also verschließen und heute den Schlosser einen ordinären Hausschlüssel machen lassen, denn den kann ich nicht wieder zum Hausschlüssel hergeben. Das ist wieder ein neuer Beweis, daß man in einem Haus nicht genug auf alles Acht haben kann. Ich bin itzo noch immer mit der Wäsche beschäftigt und befinde mich leidlich. Und das Bübchen ist wieder recht wohl, grüßt sein Väterchen schönstens, und danken von Herzen vor das Überschickte. Es freut sich das Mütterchen und das Bübchen auf das Abholen. Ich dächte, mir machten es wieder wie das vorige Mal. Denn, weil die Werner nicht mit kann, mag ich auch nicht gern allein bei den Leuten bleiben. Du wirst uns schon schreiben, wann mir kommen sollen.

Leb wohl und vergnügt und behalt uns sehr lieb.

Weimar, den 24. F[ebruar 1796].

 

74. Christiane

[Weimar, 27. Februar 1796.]

Mit meiner Wäsche bin ich nunmehro in Ordnung, nun will ich künftige Woche scheuern und reine machen lassen, wenn es nicht so erbärmlich kalt ist. Es scheint, als wenn es noch wieder werden wollte, wir können beinahe hier auf dem Schlitten fahren. Und gestern konnten mir die Zimmer zur Gesellschaft gar nicht erheizen. Heute will ich mit Bübchen in das ›Käppchen‹ gehen. Es ist recht wohl und läßt sein liebes Väterchen schönstens grüßen. Der Köchin wollte ich kein Miethgeld geben, sie ließ mir aber keine Ruhe und kam den andern Morgen wieder und sagte zu mir: wenn der Herr Geheimbde Rath von ihr, wenn sie nüberkäme, nicht das beste Lob hörten, wollte sie mir es gleich wiederschicken; mit der Beding gab ich es ihr, und so schien sie mir ganz leidlich, ich hätte nicht gedacht, daß es so mit ihr stünd, ich will mich aber um die paar Groschen nicht herumstreiten. Es ist wieder eine Lehr vor mich, vorsichtiger zu sein. Es war der Redoutentag, da ist man überhauptüber Habut etwas leichtsinnig. Da wirst Du mir auch verzeihen. Daß Du so lange drüben bleiben willst, ist mir nicht ganz recht, denn seit Du weg bist, bin ich nicht recht freudig. Ich weiß gar nicht, ich bin dasmal so verdrüßlich, als wärst Du noch so weit von hier. Ich bin noch gar nicht aus dem Hause gekommen als in die Komödie. Du wirst mir schon schreiben, wenn mir Dich abholen sollen. Daß es mit dem Roman nicht gehen will, ist ja curios; doch vielleicht gehet es noch, man muß nicht gleich verzagen. Bei uns wird sehr fleißig gesponnen, ich habe wieder etwas Flachs gekauft, aber es ist nicht viel damit zu profitiren. Sollte in Jena nicht ein Pröbchen zu machen sein?

Hören Sie doch ein bißchen an der Trabitiusen, die spinnt gewiß auch.

Leb wohl und denke an

Christiana V.

 

75. Christiane

Mein Bruder sagt mir gestern, daß er Dir schrieb, und ich sahe, daß ich einen Brief von Herrn Meyer hatte; da habe ich sie, was angekommen war, mitgeschicket, die wirst Du also gestern erhalten haben. Hier folget, wie ich sehe, wieder ein Brief von MariannichenMarigamigen. Das ist eine fleißige Schreiberin, das wird am Ende noch gefährlich werden. Ich habe immer vergessen, Dir zu schreiben, daß es mit dem Handel des Krautlandes richtig ist. Ich habe müssen einen Laubthaler darauf geben, mit der Kaufsumme wollen sie warten, bis Du zurückkömmst. Mir macht es große Freude, weil es so nahe ist und so hübsch liegt. Mit dem neuen Sänger wollte es am Sonnabend nicht gehen, überhaupt ging meinen Gedanken nach das ganze ›Käppchen‹ nicht gut. Desto besser spielten sie gestern den ›Vetter aus Lissabon‹. Ich und Ernestine machen itzo aus alten Kleidern Chemisen,Schmüßse und gestern ist der gelbkattunene besonders gut gerathen, und ich bilde mir ein, daß er mir gut stehe. Da wurde, stelle Dir vor, vor lauter Freuden um 2 Uhr die Flasche Champagner auf Dein Wohlsein von mir, der Tante und Ernestine verzehrt, und dann ging es mit mir in die Komödie, aber von Äuglichen gab es nichts. Daß Du mir was vom Flachs geschickt hast, freut mich sehr, ich danke Dir auch herzlich dafür; wenn Du 1 Thaler 12 Groschen gegeben hast, so ist gewiß noch zu profitiren. Ich will mich gleich darüber machen und ihn zurecht machen, damit mir sehen, wie er sich hält. Daß Du so lange drüben bleiben willst, ist mir freilich nicht recht; aber wenn der Roman nicht fertig ist, so hilft es doch nichts. Aber abholen müssen mir Dich, und wenn es auch kalt ist, mir wollen uns schon verwahren. Das Bübchen zählet alle Tage und fragt mich immer: »Wenn holen mir denn das Väterchen?« Es läßt Dich schönstens grüßen. Hier folget ChocoladeCoulade, es ist die selbe, nur andere Täfelchen.

Leb wohl und behalt mich lieb. Die vielen Briefe von dem Mariannichen machen mir doch ein bißchen Angst.

Ch. V. [Weimar,] den 2. M[ärz 1796.]

 

76. Christiane

Daß Du noch mehr Flachs hast, freut mich sehr. Denn es wird sehr viel gesponnen, und wenn Du wiederkömmst, sollst Du den großen Vorrath von Garn zu sehen bekommen. Aber daß es so lange währt, bis Du wiederkommst, ist nicht recht. Wegen des Ackers wollen mir mündlich mit einander reden. Dieß Jahr müssen mir ihn nothwendig behalten. Die größte Neuigkeit ist, daß die ›Aussteuer‹ über alle Maßen gefallen und allenthalben von nichts als von dem Stücke gesprochen wird.

2tens, daß der SchwanseeSwamse sehr gefroren ist und stark gefahren wird, daß die Gräfin Egloffstein sehr umgeworfen worden ist. Ich bin gestern auch da gewesen mit dem Kinde von 2 Uhr bis 5 Uhr. Es haben den Kleinen zwei Jäger geführt, und er ist auch im Schlitten gefahren worden und wollte gar nicht wieder nach Hause. Es waren alle Schätzchen da, und Äuglichen gab es die Menge. Wenn es so bleibt, so habe ich ihm versprechen müssen, daß mir morgen wieder hingehen wollen. Heute gehen mir alle beide in das ›Sonnenfest‹. Nun ein Wort von der Freitagesgesellschaft: den ersten Freitag waren sie beinahe alle da, den 2. nur etliche, und gestern gar kein Mensche. Ich hatte alles wie immer besorget, und das schöne Holz verbrennt, und halb 1 Uhr kam der junge Voigt und sagt erst, daß niemand käme. Ich dächte, da Du noch eine Woche drüben bleibst, so sagtest Du es durch den Geheimen Rath Voigt auf, denn es ist nunmehro so Ostern, und es bleibt so lange Tag, man verbrennt das Holz, gibt das Geld aus, und es kommt kein Mensch. Laß mir bis Mittewoch Deine Gesinnung wissen. Hier folgen auch vier Paarfür bar Bücklinge zu Frühstück mit und Schinken und Bier. Das Bübchen läßt fragen, ob es bald kommen soll.

Leb wohl.

C. V. [Weimar,] den 6. M[ärz 1796].

 

77. Goethe

Da das Wetter so hübsch und leidlich ist, und ich noch einige Zeit hier verweilen werde, so wünsche ich, Dich mit dem Kleinen einmal bei mir zu sehen.Hier folgt nachträglich in Klammern gesetzt und durchgestrichen: Schreibe mir durch diesen Boten zurück, ob Du Dienstags oder Mittewochs kommen willst, das heißt, morgen oder übermorgen. Du kannst Deinen Bruder und Ernestinen mitnehmen, ihr steigt im ›Bären‹ ab, wo ich eine warme Stube bestellen werde, Du kommst zu mir herüber, und die andern können drüben zu Mittage essen. Sorge dafür, daß Du Abends den Kleinen gut einpacken kannst.

Ich habe so viel gearbeitet, daß ich es ganz satt habe und mir auch wieder einmal mit Dir und dem Kleinen was zu Gute thun möchte. Ich freue mich sehr, Dich wiederzusehen. Du mußt mir aber Geld mitbringen. Nimm nur den eingesiegelten [Schlüssel] und bringe mir das Silbergeld, das in der kleinen Schublade, linker Hand, auf meinem Schreibtische sich befindet.

Lebe wohl. Ich muß Dich einmal wieder an mein Herz drücken und Dir sagen, daß ich Dich recht lieb habe.

Jena, den 7. März 1796.

G.

Da der Bote nicht wieder zurückgeht, so brauche ich auch keine Antwort, Du kannst nun Dienstags oder Mittewochs, morgen oder übermorgen kommen, so ist es mir ganz recht; ich bestelle nur im ›Bären‹ nichts, und ihr könnt immer da abtreten, eine Stube ist bald geheizt.

*

 

 

 

*

78. Goethe

Ich habe Götzen aufgetragen, Dir einige Schock Kohlrabipflanzen zu schicken, damit wir doch einen Anfang machen. Versäume ja nicht, sogleich Spinat zu säen.

Noch kann ich nicht viel sagen. Meine Sachen sind im Werden. Ich hoffe, es wird gut gehen.

Lebe recht wohl und liebe mich. Jena, den 29. April 1796.

G.

 

79. Goethe

Ich bitte Dich recht herzlich, mein liebes Kind, die schönen, guten Tage zu genießen, die Du vor so vielen andern haben kannst, und Dir das Leben nicht zu verderben, noch verderben zu lassen. Du weißt, daß ich zu Hause nicht zur Sammlung kommen kann, meine schwere Arbeit zu endigen, vielleicht gelingt mir es auch hier nicht und ich muß doch nach Ilmenau. Lebe recht wohl, grüße und küsse das Bübchen, ihr sollt mich bald besuchen.

[Jena,] Sonntag, den 1. Mai 1796.

G.

 

80. Goethe

So mag ich es gerne sehen, wenn Du vergnügt bist in guter Gesellschaft und dann wieder zu Hause fleißig und sorgfältig bist. Genieße ja der guten Tage und behalte mich lieb.

Da Herr Cotta sich in verschiednen Geldsorten wohl gehalten hat, so schicke ich Dir auch etwas davon.

Lebe wohl! Grüße und küsse den Kleinen. Karl läßt ihn schön grüßen.

Mir geht es auch recht gut, nur daß der Roman nicht rücken will.

Jena, den 4. Mai 1796.

G.

 

81. Goethe

Hier schicke ich Dir eine gute Art Brezeln, die sich lange halten und die, von Zeit zu Zeit, mit einem Gläschen rothen Wein genossen, Dir und dem Kleinen wohl schmecken und bekommen werden. Das abwechselnde Wetter hindert mich sehr am spazierengehen, und mit dem Roman will es auch nicht recht fort, hoffentlich kommt es mit dem bessern Wetter auf einmal. Lebe recht wohl, grüße den Kleinen und schreibe mir, wie ihr euch befindet. Jena, den 10. Mai 1796.

G.

 

82. Christiane

[Weimar, 14. (oder 18.?) Mai 1796.]

Ich will zu Dir kommen, mein Lieber, ich wünsche recht herzlich, Dich wiederzusehen, und bei dem schönen Wetter bringe ich Dir vielleicht Lust zu dem Roman mit. Das Bübchen ist vor Freuden ganz ausgelassen, daß es Dich besuchen soll. Schreib uns nur bald, wenn mir kommen sollen, denn ich bin auf alle Stunden eingerichtet mitzureisen, und schreib mir zugleich, ob ich etwas von Wein mitbringen soll oder sonst etwas. Mir können ja in dem Nebenstübchen sein, ich bringe mir was zu arbeiten mit. Leb wohl und liebe mich.

Ich freue mich sehr.

*

 

 

 

*

83. Goethe

Durch den Bauverwalter, der zurückkehrt, sag ich Dir nur ein Wort und Gruß. Mittwoch, mit den Botenweibern, hörst Du mehr.

Aus dem Feuerwerk wird nichts, vielleicht nehm ich euch was von hier mit, und wir brennen es bei uns ab.

Mit der Küche stehts ein wie allemal; wenn mich nicht Schillers manchmal mit Schwarzwurzeln und Spinat erquickten, so sähe es schlecht aus. Uebrigens geht es mir ganz gut, und meine Versuche und Arbeiten aller Art gehen bestens von Statten.

Lebe wohl, ich freue mich, Dich zu Ende der Woche wiederzusehen, und werde euch, sobald ich nur einmal gewiß weiß, daß ihr kommt, ein recht ordentliches Gastmahl zubereiten. Jena, den 22. August 1796.

G.

 

84. Goethe

Aus dem Feuerwerk, wie ich Dir schon geschrieben habe, wird nichts, und ich erwarte Nachricht, ob Du mich Sonnabend besuchen wirst, worauf ich mich sehr freue; ich kann noch nicht mit hinübergehen, ich kann euch aber auch nicht da behalten, denn es ist noch sehr viel zu thun, wobei ich mir ganz allein überlassen sein muß. Schicke mir mit den zurückkehrenden Botenweibern drei kleine Fläschchen Pyrmonter und bringe mir etwa 6 große mit; desgleichen schicke drei Bouteillen rothen Wein und bringe 6 Stück mit. Sonst weiß ich weiter nichts, als daß ich wünsche, daß euch das Späßchen auf den Sonnabend und Sonntag wohl gerathen möge. Grüße den Kleinen und lebe wohl. Jena, den 23. August 1796.

G.

Willst Du aber, wenn auch kein Ball wäre, Sonnabend herkommen und Sonntag wieder fortfahren, so sollst Du mir auch mit dem Kleinen willkommen sein. Du könntest auch, wenn Du Werners mitbringen wolltest, Sonnabend spät wieder wegfahren. Das heißt, wenn kein Ball wäre, oder Sonntags kommen und auch Sonntags wieder wegfahren, oder es noch 8 Tage verschieben, da ich denn gewiß wieder mit zurückginge; genug, ich überlasse Dir, was Du thun willst, wenn ich Deine Entschließungen nur morgen Abend weiß.

*

Am 27. und 28. August waren Christiane und August in Jena, um Goethes Geburtstag miteinander zu feiern.

*

82. Goethe

Da Du Dich beschwerst, nichts durch den Boten von mir gehört zu haben, so muß ich Dir nur mit der Post etwas schreiben: vor Ende dieser Woche werde ich hier mit meinen Sachen nicht fertig. Am Heft Cellini habe ich bis Freitag zu thun, wo es fortgeht. Die Raupen, deren noch viele eingekommen sind, beschäftigen mich in den übrigen Stunden, und das Licht, das auch wieder zur Sprache kommt, nimmt noch einen Theil weg. Erst künftigen Freitag kann ich Dir sagen, wenn ich komme. Dann wird die Camera Obscura stark besucht werden.

Gib doch dem Hofmedicus inliegendes Heft, er kennt es vielleicht noch nicht, es ist ein sehr hübscher Aufsatz über das schwere Zahnen der Kinder darin; es freut mich, wenn man die Meinung des Verfassers als wahr annehmen kann, daß er Gusteln bisher auch auf diese Weise, durch abführende Mittel, curirt hat.

Laß doch durch Deinen Bruder auf beiliegenden Zettel das Buch von der Bibliothek holen und schick es mir Mittwoch mit den Botenweibern wohl eingepackt.

Du hast ja wohl meine Uhr auf dem Schreibtische gefunden? Ich habe sie vermißt, und sie kann nirgends anders liegen. Schicke Inliegendes an Böttiger. Lebe recht wohl und behalt mich lieb. Jena, den 4. September 1796.

G.

Sollte das Buch nicht auf der Herzoglichen Bibliothek sein, so kann man es durch Jagemann von der Bibliothek der Herzogin Mutter erhalten.

 

86. Goethe

Noch kann ich Dir heute nicht sagen, wenn ich kommen werde. Auf den Sonnabend wird sichs entscheiden lassen, die Sachen gehen nicht so geschwind, als man denkt, man verrechnet sich im Kleinen immer um Tage, wie im Großen um Wochen und Monate.

Bringe ja Deinen Haushalt recht in Ordnung und richte Dich ein, daß wir ein gut Stück des Oktobers hier zubringen können; sorge für Deine Reitequipage, und was dazu gehört; denn da wir die Reitbahn im Hause haben, und der Stallmeister auf jede Art gefällig ist, so wäre es unverantwortlich, wenn ich Dir den Spaß nicht machen sollte.

Laß die Bücher, die ich auf beiliegendem Blättchen verzeichnet habe, durch Deinen Bruder in meiner Bibliothek aufsuchen und schicke mir sie durch die rückgehenden Botenweiber.

Chocolade schicke mir auch. Grüße das Bübchen und schicke es fleißig zur Frau von Stein. Jena, den 6. September 1796.

G.

 

87. Goethe

Ich kann Dir nicht sagen, mein liebes Kind, ob ich in den nächsten Tagen kommen werde, es kommt alles darauf an, ob sich die Lust bei mir zu einer neuen Arbeit einfindet. Geschieht das, so bleibe ich hier, es ist nämlich die große Idylle, von der Du weißt; könnte ich diese noch diesen Monat fertig machen, so wäre ich über alle Maßen glücklich.

Schicke mir auf alle Fälle warme Strümpfe, denn es fängt schon an Morgens sehr kalt zu werden.

Auch liegt das Schlüsselchen zu meinem Schreibtische bei, in dem rechten Schränkchen desselben wirst Du die ersten gedruckten Bogen des siebenten Buchs meines Romans finden. Sag mir, wie Du lebst, grüße das Bübchen und behalte mich lieb. Jena, den 9. September 1796.

G.

 

88. Goethe

Ich habe mich, wie ich Dir schon gestern schrieb, um so mehr entschlossen, hier zu bleiben, als Du die ersten Tage der Woche mit Vorbereitungen zu dem Hochzeitfeste und die letzten mit dem Feste selbst zubringen wirst. Ich wünsche, daß Du recht vergnügt sein mögest, schreibe mir, was Du brauchst, und wie es mit dem Gelde steht. Ich denke, bis heute über acht Tage schon ziemlich weit in meiner Arbeit zu sein, und komme wohl alsdann hinüber. Wir haben alsdenn noch drei Wochen zur Weinlese, die eigentlich dießmal nur Gelegenheit zu einem Vergnügen geben wird, denn mit den Trauben selbst sieht es schlecht aus. Gestern war Pickenick, wobei ich vier Dreher getanzt habe. Du hast mir noch nicht geschrieben, ob Du meine Uhr gefunden hast? ich vermuthe es aber, weil Du nichts davon sagst. Was ich etwa sonst noch brauche, schreibe ich Dienstag mit den Botenweibern. Lebe recht wohl und grüße den Kleinen. Jena, den 11. September 1796.

G.

 

89. Goethe

Hier ist, mein liebes Kind, die unterzeichnete Quittung, schicke mir eine Rolle von 60 Stück Laubthaler mit den Botenweibern herüber, ich habe eine Zahlung für Meyern nach Italien abzuschicken. Er grüßt Dich schön, ist aber in Florenz sehr unruhig. Ich fürchte fast, er packt auf und kommt zurück, da wäre denn Dein Wunsch erfüllt. Er schickt sogar ein Recept zu forcirtem Sauerkraut mit.

Zu der Hochzeit wünsche ich Dir viel Vergnügen, erkundige Dich, was die andern geben, und gib weder zu viel noch zu wenig.

Diese Woche will ich noch hier bleiben, mit meiner Idylle geht es sehr gut, sie wird aber viel größer, als ich gedacht habe. Den Sonnabend erfährst Du, was ich weiter vorhabe, vielleicht komm ich die andere Woche geradezu hinüber, und wir können wegen der Weinlese immer noch beschließen, was wir wollen, und wie sich die Umstände zeigen. Lebe recht wohl und verzehre das Obst, das ich Dir schicke, mit dem Kleinen, den Du recht hübsch grüßen magst.

Jena, den 13. September 1796.

G.

 

Laß Dich doch bei Starken erkundigen, ob ich etwa einen Probedruck von dem bei ihm bestellten Kupfer sehen kann, und schicke mir ihn durch die Botenweiber.

 

90. Christiane

[Weimar, 14.(?)September 1796.]

Mit dem Buchbinder habe ich es besorgt, und der Stein zum Ofen ist auch besorgt. Auf das Gut sind gleich 500 Thaler mehr geboten worden, und der Bauverwalter wollte wieder 100 Thaler bieten und fragt, ob ich es verantworten wollte; da sagt ich, ja. Hier folget Wein und Chocolade. Mit Geldausgaben habe ich beinahe alles besorgt, und wenn ich alle Zettel und den Gärtner bezahle, wird wohl beinahe nichts übrig bleiben. Das betrübt mich sehr, und hier ist es in kurzer Zeit einen guten Theil theurer worden, und in Ilmenau soll es noch ärger sein. Das Kind ist wieder ganz wohl und läßt Dich schönstens grüßen. Leb wohl und behalt mich lieb.

Es ist wegen der Soldaten publicirt worden, daß wer ihnenihm Quartiergeld gibt, kann sie gleich wieder fortschicken. Der Herr Geheime Rath Voigt und Schmidt geben dem Mann die Woche 12 Groschen vor alles, und wir geben die Woche 16 Quartiergeld vor 2 Mann und die Kost, da kommt es uns beinahe 3 Thaler die Woche. Wolltest Du auch dem Mann 12 Groschen wie jene geben, oder soll es bleiben, wie es war? Das kann man morgen über 8 Tage, weil sie da wieder frisch umquartiert werden. Schreib mir darüber Deine Meinung. Die Abdrücke von Starken sind noch nicht fertig.

Leb wohl.

 

 

 

91. Christiane

[Weimar, 26. September 1796.]

Der Buchbinder will 2 Hundert Stück in 6 Tagen liefern und, wenn sie nicht gar zu stark sind, vor das Stück einen Groschen haben. Leben Sie recht lieb. In Eile.

C. V.

 

92. Christiane

[Weimar, 20. September oder 1. October 1796.]

Daß Du bei solchen Umständen wenig Freude hast, kann ich mir wohl denken, und wenn man weiß, wie wehe es thut, ein Kind zu verlieren, so empfindet man den Verlust mit jedermann. Ist es denn das kleine oder das große? Mir ist es auch gar nicht vergnüglich zu Muthe. Ich dachte mir gewiß, daß Du heute kommen wirst, die kalten Tage und die langen Abende wollen mir gar nicht gefallen. Das Bübchen sagt heute: »Ach, du lieber Gott! kömmt denn mein Vater wieder nicht?« Der Buchbinder arbeitet fort bis zum Kupfer und Decke, die von Starke habe ich, 300. Das Exemplar bekommt kein Mensch von mir. Auf den Christ-Kram freue ich mich, aber Du mußt beim Aufmachen sein, sonst ist es kein Spaß. Daß das Äugelchen bald bei der guten Frau Räthin sein wird, darum beneide ich sie. Leb wohl und behalt mich lieb.

V.

 

Ich muß Dir die 300 überschicken, und morgen will Dir Starke selbst schreiben. Die künftige Woche wird alles fertig.

*

 

 

 

*

93. Goethe

Die Fahrt war, ohngeachtet des bösen Wegs, doch bei so schönem Wetter sehr angenehm, und Gustel war sehr lustig und unruhig, sowie er auch heute Nacht sein Väterchen oft aufgeweckt hat. Nachdem wir erst den Ofen haben verschmieren lassen, der gestern Abend über die Maßen rauchte, wird nun unser Zimmer ganz freundlich werden, und ich hoffe einzugewöhnen und auch etwas zu arbeiten. Lebe recht wohl, Gustel läßt Dich grüßen und fragen, ob das Judenkrämchen nicht angekommen ist? Dieses bringt ein Kammerbote, der aber nicht zurückgeht. Ich schicke wahrscheinlich erst Donnerstags einen Boten. Ilmenau, den 31. October 1796.

Das Wetter war heut früh trübe und klärt sich auf. Wenn es sich hält, so habe ich übrigens hier angenehme Zeit.

Gestern Abend wollte mirs gar nicht gefallen. Es war so unwöhnlich in dem Wirthshause, und der Rauch des Ofens machte meinen Wunsch nach Hause rege. Nach und nach wird es schon besser gehn. Lebe wohl, liebes Kind. Der Bube ist gar artig.

G.

 

Dienstag, den 1. November.

Das Vorstehende sollte schon gestern fort, ist aber liegen geblieben, nun schicke ich diesen Brief durch eine Botenfrau, die wieder zurückkehrt. Wenn Du also dieses erhältst, so schicke alles, was an mich eingekommen ist, versteht sich von Briefen und kleinen Packeten, an Herrn Geh. Rath Voigt. Noch will mirs hier nicht recht behagen, denn der Kleine, so artig er auch übrigens ist, läßt mich die Nächte nicht ruhig schlafen und Morgens nicht arbeiten. So geht mir die Zeit verloren und ich habe noch nicht das Mindeste thun können; ich werde deßhalb wohl, sobald meine Geschäfte einigermaßen gethan sind, wieder zurückgehn, denn ich sehe nichts Bessers vor mir, besonders da das Wetter feucht und regnich ist.

Schreibe mir, wie es im Hause aussieht, und was etwa sonst vorgefallen ist. Lebe recht wohl.

G.

 

94. Goethe

Ich bin gestern aus dem ›Löwen‹, wo ich in mehr als Einem Sinne höchst unangenehm lebte, aus und zu Herrn Oberforstmeister von Fritsch gezogen, wo es mir sehr gut geht. Ich hätte mich in jenem Gasthofe noch so hingeschleppt, wenn nicht der unvermuthete Tod des Wirthes zu dieser Veränderung Anlaß gegeben hätte.

Mein Geschäft hier ist so leicht nicht abgethan, und ich komme schwerlich vor künftigem Mittewoch. Uebrigens ist auch in müßigen Stunden keine Lust, denn das Wetter ist ganz abscheulich; es ist nur gut, daß ich eine hübsche Stube habe, einen freundlichen Wirth und nicht weit vom Bergrath wohne, an dessen Mineraliencabinet ich mich unterhalte.

Der Kleine ist sehr vergnügt und findet den ganzen Tag etwas zu treiben und zu spielen; Bergraths Fritz, der nun auch sein Nachbar ist, ist nun auch gesetzter und verständiger geworden. Lebe recht wohl. Ich sehe zwar gegenwärtig, wie nothwendig es war, daß ich hierher ging, und wie ich auch noch einige Zeit bleiben muß, bis alles wieder im Gang ist, allein ich versichre, daß mir die Expedition keinesweges Spaß macht, und daß ich wieder recht bald bei Dir zu sein wünschte. Hast Du mir etwas zu schicken oder zu schreiben, so sende es nur an Herrn Geheime Rath Voigt. Ilmenau, den 3. November 1796.

G.

 

95. Christiane

Weimar, den 6. November [1796].

Seit Du weg bist, bin ich gar nicht recht ruhig geworden, denn gleich, wie Du weg warst, erfuhr ich, daß in Ilmenau viele Leute krank wären und stürben, und da bin ich um Dich und um das Bübchen sehr in Angst. Ich dächte, Du kämst so bald, als Dein Geschäfte vorbei ist, zurück, denn ich bin nicht ehr ruhig, bis ich Dich wiederhabe. Zur Kirchweihe will ich nicht gehen, denn ich könnte doch nicht vergnügt sein. Laß, Lieber, das Kind nur nicht bei geladnes Gewehr gehen. Leb wohl und behalte mich lieb. Grüße das Bübchen.

Schiller hatte an mich geschrieben ich habe ihm geschickt, was er mir geschrieben hat. Ich weiß nicht, ob es recht ist.

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