Emile Gaboriau
Der Strick um den Hals
Emile Gaboriau

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

6

In der Tat hielt den Untersuchungsrichter, den Staatsanwalt und Herrn Sénéchal nichts mehr zurück.

Ohne Zweifel hätte Herr Seignebos sich auf eine angemessenere Weise ausdrücken können; aber man war gewöhnt an die rücksichtslosen Manieren des guten Doktors.

Also verließen die Herren das Zimmer, nachdem sie sich von der Gräfin verabschiedet und dem Grafen mit dem Versprechen, die genauesten und sichersten Erkundigungen einzuziehen, die Hand gedrückt hatten.

In Ermangelung weiterer Nahrung war das Feuer im Erlöschen begriffen.

Einige Stunden hatten genügt, um die Früchte jahrelanger Sorgfalt und unablässiger Arbeit zu vernichten.

Von der reizenden und allgemein bewunderten Domäne von Valpinson war nichts mehr übriggeblieben als die Stücke durchglühter und halb eingestürzter Mauern, nichts als schwarz aufgetürmte Asche und Trümmerhaufen, aus denen noch der Rauch in spiralförmiger Windung aufstieg.

Dank der Geschicklichkeit des Hauptmanns Parenteau war alles, was man den Flammen hatte entreißen können, zwischen den Ruinen des alten Schlosses in Sicherheit gebracht worden.

Hier waren die Rinder angebunden, die man unter tausend Gefahren aus den Ställen gezogen hatte, Pferde, Ochsen, einige Schafe und ein Dutzend jämmerlich brüllender Kühe.

Da häuften sich die Möbel und die geretteten Geräte auf; hier sah man Fuhrwerke, landwirtschaftliche Geräte, Karren, dort leere Biertonnen, Hafer- und Kornsäcke durcheinanderliegen.

Nur wenige hatten sich entfernt. Unter noch verzweifelteren Anstrengungen als zuvor fuhren die Feuerwehrleute, von den Bauern unterstützt, fort, das Hauptgebäude zu bespritzen. Vom Feuer war nichts mehr zu fürchten, aber sie hatten noch immer die Hoffnung nicht aufgegeben, die Leichname Boltons und Guillebaults vor völligem Verkohlen zu schützen.

»Welch eine Geißel, welch ein Strafgericht ist das Feuer!« murmelte Herr Sénéchal.

Weder Herr Daubigeon noch Herr Galpin-Daveline gaben eine Antwort auf diese Worte.

Auch ihnen preßte sich, nach so viel heftigen Aufregungen, das Herz zusammen beim Anblick des düsteren Schauspiels, das sich ihren Blicken darbot.

Denn das Feuer, in demselben Augenblick, als noch die fieberhafte Erregung der Gefahr und die Hoffnung auf Rettung waltet, solange noch die Flammen den Horizont mit ihren roten Reflexen erhellen, ist nichts! Erst hernach, wenn alles aus, wenn alles verlöscht ist, ermißt man die Schrecknisse der Verwüstung.

Kaum bemerkten die Feuerwehrleute den Bürgermeister, als sie ihn mit lautem Zuruf begrüßten. Während dieser eilig auf sie zuschritt, blieben zum erstenmal, seit das Alarmzeichen gegeben worden war, der Untersuchungsrichter und der Staatsanwalt sich allein gegenüber.

Sie standen aufrecht, dicht nebeneinander da, eine geraume Weile im Stillschweigen verharrend, während jeder in dem Blick des andern das Geheimnis seiner Gedanken zu erspähen suchte.

»Was nun?« fragte endlich Herr Daubigeon.

Herr Galpin-Daveline erbebte. »Es ist eine entsetzliche Geschichte«, flüsterte er.

»Was ist Ihre Ansicht?«

»Ja – daß ich's selber wüßte! Ich habe den Kopf verloren; mir ist, als wäre ich der Spielball einer höllischen Gaukelei.«

»Glauben Sie denn in der Tat an die Schuld des Herrn von Boiscoran?«

»Ich glaube nichts. Meine Vernunft ruft mir zu, daß er unschuldig ist, daß es nicht anders möglich sei, und dennoch sehe ich schwere Anklagen sich gegen ihn erheben.«

Mit ratlosem Gesicht stand der Staatsanwalt da.

»Ach!« murmelte er, »warum bestanden Sie darauf, gegen die Meinung aller den Cocoleu, einen unglücklichen Idioten, zu verhören!«

Da aber fuhr der Untersuchungsrichter auf: »Was werfen Sie mir vor«, unterbrach er ihn heftig, »der Eingebung meines Gewissens gefolgt zu sein?«

»Ich werfe Ihnen gar nichts vor!«

»Ein fluchwürdiges Verbrechen ist begangen worden, meine Pflicht gebot mir, alles, was menschenmöglich war, zu versuchen, um den Urheber zu entdecken.«

»Ja . . . und der Mann, den man beschuldigt, ist Ihr Freund; und gestern noch rechneten Sie seine Freundschaft unter die besten Aussichten für Ihre eigene Zukunft!«

»Mein Herr!«

»Es setzt Sie in Erstaunen, mich so genau unterrichtet zu sehen. Aber Sie wissen, wie es damit ist: der müßigen Neugier einer kleinen Stadt pflegt nicht so leicht etwas zu entgehen. Ich weiß, daß Sie hoffen durften, Mitglied der Familie von Boiscoran zu werden, und daß Sie mit der Unterstützung des Verdächtigen rechneten, um die Hand einer seiner Cousinen zu erhalten . . .«

»Ich leugne es nicht.«

»Unglücklicherweise haben Sie sich durch die Aussicht einer aufsehenerregenden Untersuchung verführen lassen. Sie haben jede Vorsicht vergessen, und darüber sind alle Ihre Projekte ins Wasser gefallen. Ob nun Herr von Boiscoran unschuldig oder schuldig ist, nie wird seine Familie Ihnen Ihr Einschreiten verzeihen. Ist er schuldig, so wird sie Ihnen vorwerfen, ihn dem Schwurgericht ausgeliefert zu haben; ist er unschuldig, so wird sie Ihnen noch heftiger vorwerfen, ihn verdächtigt zu haben.«

Vielleicht um seine Aufregung zu verbergen, senkte Herr Galpin-Daveline den Kopf.

»Was würden Sie denn an meiner Stelle tun?« fragte er dann.

»Ich würde die Sache rückgängig machen, obgleich es jetzt fast zu spät ist.«

»Das hieße meine Amtsstellung kompromittieren.«

»Immer wäre es besser, als sich mit einer Sache zu befassen, in welcher Sie weder die Ruhe noch die unparteiische Kälte beibehalten können, welche die ersten und unentbehrlichsten Tugenden eines Untersuchungsbeamten sind.«

»Mein Herr!« rief der Richter, der sich mehr und mehr erhitzte, »glauben Sie, daß ich der Mann bin, der sich durch Freundschaftsbeziehungen und persönliche Interessen von seiner Pflicht ablenken ließe?«

»Das habe ich nicht gesagt!«

»Haben Sie nicht schon mein Verfahren mit angesehen? Habe ich mich beirren lassen, als Cocoleus Lippen den Namen des Herrn von Boiscoran herausstießen? Vielleicht wäre ich hierbei stehengeblieben, hätte es sich um einen andern gehandelt. Aber Herr von Boiscoran ist mein Freund, und ich hatte viel von ihm zu erwarten, und gerade darum habe ich geforscht und darauf bestanden, und eben darum forsche ich weiter und bestehe ich noch auf meinem Vorhaben!«

Der Staatsanwalt zuckte die Achseln.

»Das eben ist's«, sprach er. »Aus Furcht, der Schwäche beschuldigt zu werden, weil Herr von Boiscoran Ihr Freund ist, werden Sie vielleicht hart, unbarmherzig, ja selbst ungerecht gegen ihn sein! Eben weil Sie viel von ihm zu erwarten hatten, werden Sie ihn durchaus schuldig finden wollen! Und Sie nennen sich unparteiisch!«

Herr Galpin-Daveline richtete sich mit der ganzen, ihm eigenen Steifheit auf.

»Ich bin meiner selbst gewiß«, sprach er kurz.

»Nehmen Sie sich in acht!«

»Mein Entschluß ist gefaßt.«

*

Es war Zeit, aufzubrechen. Herr Sénéchal kehrte, von Hauptmann Parenteau begleitet, zurück.

»Nun, meine Herren«, fragte er, »was haben Sie beschlossen?«

»Wir brechen sogleich nach Boiscoran auf«, antwortete der Untersuchungsrichter.

»Was, sogleich?«

»Ja. Mir liegt daran, Herrn von Boiscoran noch schlafend anzutreffen. Mir liegt so sehr daran, daß ich selbst auf meinen Aktuar verzichten werde.«

»Ihr Aktuar«, sprach der Hauptmann Parenteau mit einer höflichen Verbeugung, »ist hier, mein Herr; er hat soeben selbst nach Ihnen gefragt.« Worauf er aus allen Kräften zu rufen begann: »Méchinet! Méchinet!«

Gleich darauf kam ein kleiner Mann mit grauem Haar und pausbäckigem Gesicht herbeigeeilt und fing eifrig an zu erzählen, wie ein Nachbar ihn von dem Vorgefallenen und von dem Aufbruch des Untersuchungsrichters in Kenntnis gesetzt und wie er, von Diensteifer erfüllt, sich alsbald allein und zu Fuß auf den Weg gemacht.

»Wie gedenken Sie sich nach Boiscoran zu begeben?« fragte der Bürgermeister Herrn Galpin-Daveline.

»Das weiß ich selbst noch nicht; Méchinet wird uns irgendein Beförderungsmittel ausfindig machen.«

Rasch wie der Blitz stürzte der Aktuar schon davon, als Herr Sénéchal ihm nacheilte und ihn zurückhielt.

»Suchen Sie nicht weiter«, sagte er, »ich stelle Ihnen mein Pferd und meinen Wagen zur Verfügung. Der erste beste Bauer wird Sie hinbringen. Der Hauptmann Parenteau und ich, wir werden das Kabriolett eines Pächters von Bréchy benutzen, um nach Sauveterre zurückzukehren. Denn das muß so rasch als möglich geschehen. Ich habe soeben beunruhigende Nachrichten erhalten. Ich fürchte, es gibt einen Auflauf. Die Bäuerinnen, die auf den Markt gingen, haben das an sich schon so große Unglück der verflossenen Nacht mit allen möglichen Übertreibungen verbreitet. Sie haben versichert, daß zehn oder zwölf Menschen getötet und verwundet sind und daß Herr von Boiscoran, der Brandstifter, arretiert sei. Die Menge hat sich zu der Witwe des unglücklichen Guillebault begeben; vor dem Hause des Fräuleins von Lavarande, wo die Verlobte des Herrn von Boiscoran, Fräulein von Chandoré, wohnt, hat eine Demonstration stattgefunden.«

Für nichts auf der Welt hätte Herr Sénéchal zu jeder andern Zeit sein gutes Pferd Caraby – vielleicht das beste des Bezirks – fremden Händen anvertraut.

Aber er war bis aufs Äußerste verstört; man sah es wohl, trotz der Versuche, die er machte, jene gelassene Würde beizubehalten, die der Autorität so wohl ansteht. Er hatte nur ein Zeichen zu geben, und augenblicklich war sein Wagen bereit. Aber als er sich umsah nach jemand, der ihn führen sollte, stellte sich niemand ein.

Alle diese guten Leute, welche die Nacht draußen zugebracht, eilten nach Hause, um ihren häuslichen Verpflichtungen nachzugehen und ihr Hausvieh zu versorgen.

Als er die andern zögern sah, rief Ribot, jener verliebte Bursche, der Herrn von Boiscoran beim Damm der Seille begegnet war: »Gut, so werde ich die Herren fahren.«

Die Peitsche und die Zügel ergreifend, setzte er sich vorn auf die kleine Bank, während der Staatsanwalt, der Untersuchungsrichter und der Aktuar ihre Plätze einnahmen.

Méchinet, der Aktuar, war fast eine Macht in Sauveterre zu nennen. Als vorzüglicher Lithograph bekannt, war er es, der alle Visitenkarten anfertigte, die man bei Herrn Serpin, dem ersten Drucker der Stadt, Besitzer und verantwortlichen Herausgeber der »Indépendance von Sauveterre«, bestellte. Zuverlässig und erprobt in allen solchen Angelegenheiten, führte er die Bücher und brachte Ordnung in die Rechnungen verschiedener Handelsleute. Ebenso gab er prozessierenden Bauern juristische Ratschläge und redigierte geschickt die Schriftstücke unter Privatvollmacht. Seit langem war er Leiter des Musikkorps der Feuerwehr und Direktor des Orpheons. Als Korrespondent der Gesellschaft dramatischer Autoren, deren Beiträge er einzog, verdankte er diesem Titel den Eintritt ins Theater, nicht nur in den Saal und durch die Haupttür, sondern auch hinter die Kulissen, durch den schmalen und unsauberen Seiteneingang, der für die Künstler reserviert war. Endlich gab er auch, je nach Wunsch, kleinen Mädchen Schreibstunden oder Unterricht in der französischen Sprache und jungen Liebhabern Anweisung im Flötenspiel und im Cornet à piston.

All diese verschiedenen Talente hatten ihm während langer Zeit die stillschweigende Eifersucht der anderen Beamten des Ortes zugezogen, des Sekretärs der Stadtverwaltung, des Faktotums der Unterpräfektur, des ersten Commis der Hypothekenbank und selbst des Steuereinnehmers.

Doch alle diese Eifersüchteleien hatten damit geendet, die Waffen vor einer allgemein anerkannten und überlegenen Autorität zu strecken. Er aber verbarg unter dem sichern Anschein einer ewig guten Laune den Ehrgeiz, der ihn verzehrte, den Wunsch, reich zu werden und einst für eine der angesehensten Personen von Sauveterre zu gelten.

Denn er, der Herr Méchinet, war im Grunde ein geriebener Diplomat, fein wie Ambra und geschmeidiger als Seide.

Er hatte es wohl bewiesen, indem er das Problem löste, die ganze Stadt durch seine quecksilbrige Persönlichkeit in Bewegung zu halten, sich in alles und jedes zu mischen, ohne sich einen einzigen offenkundigen Feind zuzuziehen.

Die Erklärung lag darin, daß man ihn fürchtete und eine maßlose Angst vor seiner Zunge hatte.

Nicht daß er jemals irgendeinem Menschen Böses zugefügt – oh, er war nicht so dumm –, aber wegen des Schadens, den er zufügen konnte, weil niemand wie er in allen kleinen Geheimnissen Sauveterres Bescheid wußte, weil niemand so genau von allen Intrigen, allen möglichen Schlechtigkeiten und Ränken unterrichtet war.

Diese Umstände hingen mit seiner persönlichen Stellung zusammen. Da er Junggeselle war, lebte er bei seinen Schwestern, den Jungfern Méchinet, welche die ersten Schneiderinnen der Stadt und, was noch mehr sagen wollte, die eifrigsten und angesehensten Mitglieder jedes religiösen Vereins waren.

Durch sie gewann er Einblick in die hohe Gesellschaft, und er kannte bis aufs letzte Wort die Skandalgeschichten, deren Echo er, sei es in seiner Druckerei, sei es auf dem Gericht, auffing.

Oft pflegte er im Scherz zu sagen: »Wie sollte mir etwas entgehen, da mir zur Unterweisung die Kirche, das Journal, das Tribunal und das Theater zu Gebote stehen?«

Ein solcher Mann wäre leicht aus seiner Rolle gefallen, hätte er nicht an seinen zehn Fingern all die Lebensumstände herzählen können, die man sich im Lande von Herrn von Boiscoran erzählte.

Auch legte er sich, während der Wagen auf dem ebenen Wege durch den schönsten Junimorgen dahinrollte, alles zurecht, was er »das juristische Schatzkästchen des Eingeweihten« nannte.

Herr von Boiscoran – mit Vornamen Jacques genannt – war nicht an sein Besitztum gebunden und hielt sich selten länger als einen Monat dort auf.

Er lebte sonst in Paris, wo seine Familie in der Rue de l'Université ein komfortables Palais besaß. Denn seine Eltern lebten noch. Sein Vater, der Marquis von Boiscoran, Besitzer bedeutender Ländereien, Deputierter unter Louis Philippe, seit 1848 Volksvertreter, hatte sich seit Beginn des Zweiten Kaiserreichs zurückgezogen und verausgabte seitdem alles, was er an Betriebsamkeit und Kapital besaß, für Sammlungen aller Art künstlerischer Kuriositäten, insbesondere für Porzellansachen und Fayence, worüber er ein Buch geschrieben hatte.

Seine Mutter, eine geborene Chalusse, hatte in dem Ruf einer der reizendsten und geistreichsten Frauen an dem Hofe des Bürgerkönigs gestanden.

Auch war sie zu einer gewissen Zeit von der Nachrede nicht verschont geblieben; gegen 1845 oder 1846 war sie, wie man behauptete, die Heldin eines etwas »feurigen« Abenteuers gewesen, dessen Held ein eleganter Schreiber war, der später der ehrbarste Beamte wurde.

Obgleich sein Vater und seine Mutter noch lebten, besaß Jacques von Boiscoran doch ein ziemlich bedeutendes Privatvermögen: etwa fünfundzwanzig- oder dreißigtausend Francs Renten.

Dieses Vermögen, wozu das Schloß von Boiscoran mit seinen Feldern, seinen Wiesen und Wäldern gehörte, war ihm von einem seiner Onkel, dem ältesten Bruder seines Vaters, der um 1868 als Witwer und kinderlos starb, vererbt worden.

Jacques von Boiscoran war um diese Zeit ein Mann von sechsundzwanzig bis siebenundzwanzig Jahren, brünett, groß, kräftig, gut gebaut; nicht was man im eigentlichen Sinn des Wortes »einen hübschen Burschen« zu nennen pflegt, aber – was oft mehr sagen will – eine jener offenen und intelligenten Naturen, die jeden günstig für sich einnehmen.

Sein Charakter war in Sauveterre weniger bekannt als seine Person.

Unter den Leuten, die in Beziehungen mit ihm standen, galt er für gut und großmütig, für einen Freund geselliger Vergnügungen, für geistreich, lebhaft und mit einer heutzutage leider selten gewordenen offenherzigen Heiterkeit begabt.

Nach dem Einfall der Preußen war er zum Hauptmann einer Kompanie Mobilgarden des Bezirks ernannt worden, und – zwar ist es beschämend, doch auch notwendig zu gestehen – es gab Leute im Lande, die ihm vorwarfen, daß er nicht so gut wie manche andere Führer gewußt hätte, die Gefahr zu vermeiden.

Er hatte seine Leute tapfer ins Feuer geschickt und sich so tapfer benommen, daß der General Chanzy sogar für gut fand, ihm ein Stück des roten Ordensbandes zukommen zu lassen.

»Und solch ein Mann sollte das niederträchtige Verbrechen von Valpinson begangen haben?« sagte Herr Daubigeon zum Untersuchungsrichter. »Nein, es ist unmöglich! Er wird bei den ersten Worten den schrecklichen Zweifel, der uns quält, zunichte machen.«

»Und das wird sehr bald geschehen«, rief Ribot, »denn da sind wir schon!«

In Saintonge, einer zwar wohlhabenden Gegend, wo aber große Besitzungen nur selten sind, pflegt man jedes Haus, wenn es nur ein spitzes Dach und eine Wetterfahne hat, ein Schloß zu nennen.

Boiscoran aber verdiente wohl oder übel als ein solches bezeichnet zu werden.

Der Bau gehörte dem Ende des siebzehnten Jahrhunderts an, er war vom kläglichsten Geschmack, aber massiv und einer Festung ähnlich.

Auch die Lage war glücklich. Ringsherum grünten Gehölze und Wiesen; am Fuß des abfallenden Gartens floß über ein Bett von Kieselsteinen ein kleiner Bach, der ohne Zweifel seinen Namen »die Elster« – im Dialekt von Saintonge »La Pibole« genannt – seinem fortwährenden Gemurmel verdankte.


 << zurück weiter >>