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Odacis, ein tapferer Krieger des großen Alexander, kam einst bei einer armseligen Hütte vorbei, aus der ihm das Stöhnen eines Kranken entgegentönte. Er warf einen Blick durch die offenstehende Tür. Eine bleiche Gestalt ruhte auf dürftigem Lager, zu dessen Füßen ein Lorbeerbaum stand. Als er näher trat, gewahrte er bekannte Züge. Es war Elpinor, ein Freund seiner Jugend, den er seit langen Jahren nicht gesehen hatte. Ihn ebenfalls erkennend, reichte dieser ihm die matte Hand entgegen.
»Odacis,« begann er leise, »dich segneten die Götter mit Ehre und Ruhm; nun ist es erfüllt, was wir einst in den Jahren glücklicher Jugend geträumt: wir sehen als Helden uns wieder!«
»Als Helden?« erwiderte Odacis, ihn staunend betrachtend. »Welchen Feind halfst du besiegen, und welchen Kampf hast du bestanden?«
Elpinor entgegnete: »Mein Kampf war ein langes Siechtum, mein Feind die Verzweiflung! Schon wollte ich des unnützen Lebens Faden zerreißen, denn ich sah euch kämpfen und siegen mit ihm, dem großen Ueberwinder, und mußte zurückbleiben, gehalten von den Fesseln der Krankheit. Da träumte mir einst von einem freundlichen Engel, der legte mir einen Lorbeerkranz aufs Haupt, und des Engels Name war Geduld. Da fühlte ich mein Unrecht und meine Feigheit, das schwere Leben nicht länger tragen zu wollen, und der Kranz wurde von nun an mein Verlangen. Darum ließ ich mir jenen Lorbeerbaum vor mein Lager stellen, damit der Gedanke des Sieges die Schmerzen des Kampfes erleichtere; es war mir, als vergäße ich so leichter mein trauriges Los.«
»Du glaubst also, daß wir gleiche Kränze verdienen?« sprach Odacis, und ein spöttisches Lächeln flog über sein Gesicht.
»Der Unglückliche,« erwiderte Elpinor, »der mit unverdienten, körperlichen Leiden zu kämpfen hat und nicht verzagt, ist ein Held und steht so hoch wie jener, der Alexanders Schlachten schlug. Dort ist der Tod ein schnellzuckender Blitz, hier ein langsam verzehrender Sonnenstich, dort wird dem Sieger Ehre und Ruhm – hier Armut und gänzliches Vergessen. – Ach, Odacis, der Kampf mit körperlichen Leiden ist lang und ermattend, gönne darum Elpinor den Kranz!«
Da gereute Odacis seine Frage, und er erkannte der Rede Wahrheit, und er eilte zu seinem Gezelt und brachte den Lorbeerkranz, den er bei dem Siegeszug in Babylon empfangen hatte, und legte ihn auf des Sterbenden Haupt.