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Eines Tages, als Kaiser Heinrich IV. zu Nordhausen Hof hielt, trat einer seiner Günstlinge vor ihn hin, sich eine Gnade von seinem Herrn zu erbitten, die er trotz des freundlichen Empfanges auszusprechen zagte.
Als Heinrich des Ritters Unbehagen bemerkte, sprach er gütig:
»Nenne ungescheut Deine Wünsche, Hoyer, sind sie erfüllbar, so ist Dir ihre Gewährung gewiß.«
»Ihr wisset, mein Herr und Kaiser,« begann er darauf, »es ist lange her, daß ich Euch diene und in vielen Schlachten schon hat mein Arm den Sieg Euch erringen oder das Verderben von Euren Scharen abwenden helfen. Für mich selbst aber hat dieser Arm noch nichts errungen an irdischen Gütern; arm wie ich war, bin ich heute noch und gering nur ist mein Besitz an Land und Geld. Das bereitet mir oft schwere Sorge, gedenke ich der Tage, in welchen die Kraft mir fehlen wird zu kämpfen für Euren Ruhm oder meiner Söhne, denen ich nichts zu vererben habe, als mein treues Schwert. Darum bitte ich, schenket mir in Gnaden hier in dieser Gegend ein Feld, kein größeres Stück, als ich mit einem Scheffel Frucht im Kreise umsäen kann. Wollt Ihr dies gewähren, so sind Euch Treue und Dank für alle Zeiten gewiß.«
»Wahrlich, allzu bescheiden ist Deine Bitte, Mann und eine Schmach wäre es dem Kaiser, dem tapfersten seiner Degen so geringes Gut zu weigern,« versetzte Heinrich in Huld.
»Einen Scheffel vom edelsten Korn herbei, ihr Leute! und geleitet mir den werthen Ritter hinaus in die goldene Au, dort mag er sich ein Stück Land erwählen wie und wo es ihm am besten behagt!« rief der Kaiser seinen Mannen zu, die, gehorsam dem Gebote, doch voll Neid im Herzen, davon eilten, das Korn herbeizuschaffen.
Der Ritter dankte seinem kaiserlichen Herrn gar frohen Herzens und setzte sich ohne Verzug an die Spitze der kleinen Schar, die Heinrich zu seiner Begleitung befohlen hatte.
Wohlgemuth zogen die Männer von dannen, als es aber immer weiter und weiter ging, tief hinein in das Herz der goldenen Au, ohne daß die blühenden Felder ringsum Gnade fanden vor des Ritters Auge, da legten sich die Mienen seiner Gefährten in verdrossene Falten und ein unwilliges Geflüster begann über seinen ungenügsamen Sinn, dem nichts behagen mochte von all' dem Herrlichen, nach dem er nur die Hand auszustrecken brauchte.
Endlich blieb Hoyer stehen um dem Sacke, den ein Knecht hinter ihm hertrug, eine Hand voll Korn zu entnehmen, worauf er sprach:
»Nun sind wir am rechten Orte, hier wollen wir beginnen.«
Und im Vorwärtsgehen nahm der Ritter nun riesenlange Schritte und ließ bei jedem nur zwei Körnlein auf den Boden fallen, so daß er schon ein großes Stück Land bezeichnet hatte, ehe noch die erste Handvoll zur Neige ging.
Als des Kaisers Mannen dies Beginnen sahen, stieg ihr Verdruß noch höher und einer von ihnen erhob sogar laute Beschuldigungen gegen Hoyer.
»Wie,« rief dieser zornig, »einen arglistigen Verräther nennst Du mich, der seines Herrn Gnade mißbraucht? – Habe ich dem Kaiser nicht klar gesagt: »Schenket mir ein Stück Land, so groß nur, daß man es mit einem Scheffel Frucht umsäen kann? Ob ich die Frucht mit vollen Händen oder nur sparsam ausstreuen würde, das sagte ich nicht und er frug nicht darum. Gefällt es Dir aber nicht, so eile zu dem Kaiser, Du treuer Diener, ihm zu berichten, was Du gesehen hast und wie arg sich Ritter Hoyer vergeht.«
Und ohne sich beirren zu lassen, fuhr er fort, jeden seiner Riesenschritte mit zwei Körnlein zu bezeichnen. Seine Begleiter jedoch, denen der klug ersonnene Plan nicht behagen mochte, gaben sich nicht so leicht zufrieden und rasch wählten sie zwei Boten aus ihrer Mitte, die allsogleich gegen Nordhausen aufbrechen mußten, den Kaiser von des Ritters arglistigem Treiben und der seichten Ausflucht, deren er sich bediente, zu benachrichtigen.
Erschöpft und ohne Athem langten die Knappen endlich vor dem Schlosse an und da sie gar so wichtig thaten, führte man sie zur Stunde noch vor den Kaiser, der in lautes Lachen ausbrach, als er ihren Bericht vernommen hatte.
»Wahrlich,« rief er, »der Ritter Hoyer ist nicht nur ein tapferer, sondern auch ein schlauer Mann! – Doch er hat recht, er sagte nicht, wie er sein Korn ausstreuen wolle, und ich frug nicht darnach, des Kaisers Wort aber ist unverletzlich und Hoyer verdient den reichsten Lohn. Möge ihm aus dem ausgestreuten Samen eine reiche Saat aufgehen!«
Als Ritter Hoyer heimkehrte nach dem kaiserlichen Hoflager, da empfing ihn Heinrich so huldvoll, wie nur je zuvor und sagte:
»Dein und Deinem Geschlechte ist alles, was Du Dir mit Deinen Füßen erworben hast, zur Erinnerung aber an die Art, wie Du zu diesem Besitze gekommen bist, sollen Du und Deine Nachkommen vom heutigen Tage an Mansfeld genannt werden.