Joseph von Eichendorff
Gedichte
Joseph von Eichendorff

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Weltlauf

            Was du gestern frisch gesungen,
Ist doch heute schon verklungen,
Und beim letzten Klange schreit
Alle Welt nach Neuigkeit.

War ein Held, der legt' verwegen
Einstmals seinen blutgen Degen
Als wie Gottes schwere Hand
Über das erschrockne Land.

Mußts doch blühn und rauschen lassen,
Und den toten Löwen fassen
Knaben nun nach Jungenart
Ungestraft an Mähn und Bart.

So viel Gipfel als da funkeln,
Sahn wir abendlich verdunkeln,
Und es hat die alte Nacht
Alles wieder gleich gemacht.

Wie im Turm der Uhr Gewichte
Rücket fort die Weltgeschichte,
Und der Zeiger schweigend kreist,
Keiner rät, wohin er weist.

Aber wenn die ehrnen Zungen
Nun zum letztenmal erklungen,
Auf den Turm der Herr sich stellt,
Um zu richten diese Welt.

Und der Herr hat nichts vergessen,
Was geschehen, wird er messen
Nach dem Maß der Ewigkeit –
O wie klein ist doch die Zeit!

 


 


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