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Erstes Kapitel

Geht man durch den alten Gänsturm über die hübsche neue Brücke zur neuen Stadt – sie hat mit der Altstadt aber nur den Namen gemein, sonst hat sie mit ihr nicht viel zu schaffen, denn der Fluß bildet hier die Landesgrenze – so eröffnet sich ein reizender Ausblick. Rechts und links sieht man den frischen klaren Strom hinauf und hinab, schmale, langgestreckte Kähne treiben langsam auf dem Wasser, Sandschiffe oder Zillen, wie sie das Volk nennt; oben, wo das Ufer seicht ist, führen die Soldaten oder die Lastfuhrleute ihre Pferde zur Schwemme und an den grünen Uferböschungen sitzen die Kinder mit nackten Beinen und beobachten mit kritischer Genauigkeit, wie man die Sache anfängt, und frohlocken, wenn die Gäule gehörig in das Wasser platschen und der Reiter freiwillig oder unfreiwillig ein tüchtiges Bad nimmt. Dazu sehen von der Seite der Altstadt die hohen altersgrauen Giebelhäuser in den Strom und scheinen sich zu freuen, daß auch heute alles noch ist, wie vor hundert Jahren und abermals hundert Jahren, und die Häuser der neuen Stadt freuen sich nicht weniger, weil ihnen der Strom gerade so gut gehört, wie denen dort drüben, die einen unnötigen Hochmut haben auf ihren altehrwürdigen Stammbaum, wie sie es heißen.

Ist man aber über die Brücke hinübergekommen, ohne von einem Schutzmann angehalten zu werden, der das schwere Amt hat, die Landesgrenze zu bewachen, so ändert sich das Bild rasch. Neue modische Gebäude tauchen auf, dazwischen liegen öde, häßliche Plätze in der Erwartung, künftige Paläste zu tragen, und der Stadtteil gewinnt – falls man dies einen Gewinn nennen darf – das Aussehen einer unfertigen Vorstadt. Die Menschen auf den angefangenen Straßen werden seltener und mit einem Schlage steht man in schöner, freier Natur, denn ein breiter grüner Kranz, das Glacis, wie ihn die Städter auf gut deutsch benennen, schlingt sich um die alte und um die neue Stadt und vereinigt sie doch zu einem passenden Ganzen, ob die beiden es wollen oder nicht.

Schattige schmale Wege winden sich durch das buschige Gehölz und der wachsende, sich ausdehnende Wall der alten Eschen und Buchen scheidet die Welt ab und nur selten sieht man die Spitze eines hohen Kirchturms über die wogenden Gipfel neugierig von der Altstadt herüberlugen.

Diese Wege und Weglein sind wirklich sehr abgeschieden und verschwiegen. Einmal kommt ein Soldat, der an sein fernes Lieb denkt – oder denkt er auch, daß das Mittagessen noch ferne ist – ein andermal ein Bauer von einem der einsamen Höfe draußen im Ried, oder ein armer Teufel, der vermutlich erst Kräfte sammeln will, bevor er nach Arbeit umsieht.

Das ist so recht ein Ort für Liebende. –

»Zweites Bänkchen rechts am ersten Durchbruch« – die Liebenden rechnen nach den Einschnitten, die in die alte Umwallung der Stadt gemacht wurden, als die neue Zeit neue Verkehrsstraßen forderte – sagte Wolfgang Zoller und zog unruhig die Uhr heraus.

Es war allerdings fast noch eine Viertelstunde bis elf Uhr. Aber natürlich dachte er schon, sie könnte durch irgendein Mißgeschick verhindert sein, zu kommen. Darum ging er sorgenvoll und mit wachsender Angst, sie könnte ausbleiben, zwanzig Schritte vor und ebensoviele nach rückwärts über das Bänkchen, das sie zur Zusammenkunft bestimmt hatten, hinaus, weil er nicht wußte, ob sie den ersten oder den zweiten Durchbruch von der Stadt her benutzen werde.

Es war ein hübscher, schlanker junger Mensch mit hellblickenden Augen, einer kühnen hohen Stirne und einem eigenwillig emporgesträubten kleinen Schnurrbart. Soeben blieb er stehen und kehrte sich schnell um, denn er hatte in der Ferne auf dem feinen Kies das Geräusch von Schritten gehört. Aber es war nur ein blödes Mädchen von zwölf Jahren, das von der Schule kam und scheu und verlegen in einem Bogen um den seltsamen Mann herumging, immer wieder nach rückwärts blickend.

Jetzt aber blitzte es freudig auf in seinen Augen. Es schimmerte etwas Weißes durch die Haselnußstauden, und nun erkannte er sie sogar an dem raschen, flüchtigen Gange.

Von weitem schon winkte er grüßend mit der Hand, eifrig, viele Male. Sie erwiderte das Zeichen mit dem kleinen weißen Sonnenschirme. Aber auf einmal ließ er seine Hand sinken und hielt inne mit Grüßen und ging ihr bestürzt entgegen. Denn er sah sofort, daß etwas nicht in Ordnung war, ganz und gar nicht in Ordnung. Er erkannte es an der müden und langsamen Art, wie sie seinen Gruß erwiderte. Und es war um so auffallender, da sie sich doch volle fünf Tage nicht mehr gesehen hatten und da es das erste Mal war, daß sie sich sahen, seit er aus dem Staatsexamen zurück war.

Als sie einander näher waren, sah er auch den befremdlichen Ausdruck ihres Gesichtes und er dachte schnell, was es wohl wäre. Kalt, ernst, traurig? Nein, verstört, unglücklich, tief unglücklich!

Aber vorerst wollte er nicht fragen; sie gaben sich die Hand und küßten sich, wie immer, wenn sie sich wiedersahen, züchtig und in Ehren, nachdem sich Hedi vorher umgesehen und überzeugt hatte, daß niemand in der Nähe war.

Sobald diese angenehmen Formalien erledigt waren, schob Hedwig Steinhäuser ihren Arm in den seinen und sie gingen langsam den grünen Laubgang weiter.

An ihrem lieblichen, zarten Gesicht fielen besonders die großen dunkeln Augen auf, die langen Wimpern und die sanftgebogenen, zierlichen Augenbrauen. »Wolf,« sagte sie mit einem zärtlichen Ausdruck und schlug die Augen zu ihm auf und ein Druck ihres Armes überzeugte ihn, daß er selbst nicht die Ursache ihrer Verstimmung, ihrer Verstörtheit war, »wie ist es gegangen?«

Aber doch fiel ihm auf, daß sie auch diese Frage nicht mit dem Eifer an ihn richtete, den er erwarten mußte, und den er sich vorgestellt hatte. Etwas Wichtiges mußte inzwischen vorgefallen sein, das ihre Gedanken fesselte, und er sah ihr forschend in die Augen und glaubte zu bemerken, daß sie geweint habe. »Schlecht,« sagte er sodann trocken.

Nun war sie aber gleich wieder ganz bei der Sache. »Schlecht?« Und in tödlichem Erschrecken ließ sie seinen Arm los. »Wolf! Du bist …durchgefallen?«

Darauf küßte er sie noch einmal, diesmal ohne die übliche Vorsichtsmaßregel.

Eigentlich hätte er ja kein Recht dazu gehabt, aber es geschah zur Beruhigung. »O nein,« sagte er bestimmt, »bestanden habe ich schon; langen tut's gerade noch, aber mehr nicht.«

Sie war blaß geworden vor Schrecken und um ihre Lippen legte sich ein Zug der Angst, geradezu drollig anzusehen. »Das ist doch gar nicht möglich, Wolf. Du bist doch so gescheit.«

Da sie es ohne jede Absicht, ihm zu schmeicheln, sagte, freute ihn ihre Anerkennung herzlich und er wurde übermütig. »Sei's drum, Liebling! Da ich ja doch Rechtsanwalt werde, ist es furchtbar gleichgültig. In der Praxis werde ich mich schon bewähren, du kannst sicher sein. Und das ist die Hauptsache.«

Hedwig blieb aber immer noch an dem unfaßbaren Gedanken hängen. »Wolf, es ist gar nicht möglich. Du siehst wieder zu schwarz.«

Einen kleinen Seufzer ließ er doch hören, trotz seiner Zuversicht und seines Leichtsinns. »Weißt du, Hedi,« sagte er, »das hängt von mancherlei ab. Man kann gerade seinen schlimmen Tag haben oder ein paar schlimme Tage. Und auch Pech, dann ist's gleich geschehen. Und weißt du,« setzte er ehrlich hinzu, »übermäßig gearbeitet habe ich auch nicht, als Student nicht, aber als Referendar noch viel weniger. Doch muß ich zu meiner Verteidigung sagen, daran bin ich nicht allein schuld, das kommt auch zum großen Teil vom System her.« Und er begann sogleich mit einem ziemlichen Aufwand von Beredsamkeit ihr das auseinanderzusetzen, was er unter System verstand, aber er hielt mitten drinnen sehr erschrocken inne, da er sah, daß sie gar nicht mehr auf ihn hörte und ohne allen Zweifel mit dem Weinen kämpfte.

Jetzt brach sie auch wirklich in heftiges Weinen aus.

Donnerwetter, denkt er, das ist übel. Hedi hat heute ihren schlimmen Tag. Er weiß, daß sie manchmal solch einen Tag hat. Wie jeder Mensch. Er hat es ihr ja soeben selbst auseinandergesetzt; sonst ist man ja im allgemeinen normal, aber man hat Tage, an denen uns jeder Spatz auf dem Dach ärgert. Dumm ist nur, daß sie gerade heute ihren Tag hat. Ein andermal hätte sie die Geschichte vielleicht gar nicht aufgeregt.

Er begann darum sorgsam mit ihr umzugehen, wie man es in solchen Fällen tun muß, er wischte ihr mit dem Taschentuch die Tränen ab, küßte sie sanft auf die Stirne, er streichelte ihr die feinen Haare über der zarten Stirne.

Aber heute halfen alle diese bewährten Mittel nichts, die Tränen flossen immer noch reichlich. Darum führte er sie jetzt zum Bänkchen Nummer 3 rechts vom ersten Durchbruch – soweit waren sie schon gekommen – und sie setzte sich willenlos.

Trotzdem er vor wenigen Tagen sein Staatsexamen bestanden und öffentlich seine Befähigung dargetan hatte, andern Menschen hilfreich beizustehen und Rat zu erteilen, kam er sich selbst ziemlich hilflos vor. Er nahm ihre Händchen und hielt sie in seinen beiden starken Händen, als wollte er sie erwärmen. »Hedwig! …Hedi,« flehte er leise.

Sie weinte.

»Hast du mich jetzt nicht mehr lieb?«

Darauf schüttelte sie energisch einigemal verneinend den Kopf und nickte dann ebenso energisch einigemal bejahend.

Dies beruhigte ihn wieder vollständig. Denn er erriet ganz richtig, was sie sagen wollte. Du hast mich nicht richtig verstanden, ich weine nicht deswegen, hieß das Kopfschütteln …Freilich hab' ich dich lieb, wie immer, hieß das Kopfnicken.

»Aber so sag doch, Hedi,« bat er mit leisem Drängen.

Aber sie weinte derart, daß ihr Schluchzen den ganzen schlanken Körper in dem weißen Kleidchen erschütterte, und daß er es jetzt war, der sich besorgt umsah. »Hedi, sei stille! Wenn jemand käme!«

»Nun wird Papa noch weniger zugeben, daß wir uns heiraten,« sagte sie mit jammervollem Ausdruck ihres lieben kleinen Gesichts. »Mama hat erst heute gesagt, Papa habe gesagt, der Professor habe etwas gesagt, daß er sicher glaubt, er hat ernste Absichten! Ganz sicher meint Papa, ich soll ihn heiraten!«

»Den Nußotter?«

Hedwig gab sich ganz ihrem Schmerze hin, die Erinnerung war offenbar sehr bitter. Auf seine Frage hatte sie gar keine Antwort und sie überließ es ihm, selbst zu denken, daß er das Richtige erraten habe.

»Aber der Nußotter ist ja gut doppelt so alt wie du,« sagte er entrüstet.

Eine vernünftigere Einwendung fiel ihm nicht ein, als daß Professor Nußotter schon über vierzig sein mußte. Er war sprachlos. An diese Möglichkeit hatte er nicht gedacht, nicht im entferntesten.

Und vor lauter ehrlicher Empörung fand Hedwig ihre Sprache wieder und versiegten die Tränen plötzlich. »Aber zum Heiraten gehören zwei,« kündigte sie an. »Heiraten kann er meinetwegen, da tut er ein gutes Werk. Aber ich bin die andre nicht, ich heirate ihn nicht, diesen …Diebsgesellen!«

Der neugebackene Assessor fiel von einem Staunen ins andre. Er war so edelmütig, daß er sogar seinen Rivalen etwas in Schutz nahm. Das hörte man aus dem Ton des leichten Zweifels heraus, als er das Wort wiederholte: »Diebsgeselle?«

»Ja, Diebsgeselle!« sagte Hedwig mit großer Bestimmtheit. »Vor vierzehn Tagen hat er im Wirtshaus Papas Spazierstock mit dem Elfenbeinkopf mitlaufen lassen.«

»Aber Hedi, er hat ihn doch wieder zurückgebracht!«

»Natürlich, wenn er entdeckt war!«

»Aber Liebling, das hat er doch sicherlich bloß in der Zerstreutheit getan!«

»So?« sagte Hedwig erregt. »Und vor vier Wochen Papas silberne Tabaksdose? Als er fort war, fehlte die Dose. Und natürlich fiel der Verdacht auf Marianne. Weil sie ein armes unschuldiges Mädchen ist, das sich nicht verteidigen kann! Wenn sie damals gegangen wäre und den Dienst hingeschmissen hätte, hätte es ihr kein Mensch übelnehmen können.«

Wolfgang Zoller schüttelte bedenklich den Kopf. »Du hast doch gesagt, man habe die Dose wieder gefunden?«

»Weil er sie heimlich wieder zurückgebracht hat! Kein andrer als der Nußotter hat sie mitgenommen. Das ist der reinste …wie heißt man das, wenn einer immer wieder stiehlt, aus reiner Leidenschaft stiehlt?«

»Kleptomane, meinst du?«

Sie nickte sehr energisch. »Ganz richtig, Kleptomaner! Er ist der reinste Kleptomaner!«

Wolf hielt es nicht für angebracht, ihren Sprachirrtum zu berichtigen. In solchen Lagen wirkt eine derartige Berichtigung sehr aufreizend. Er beschränkte sich deshalb auf einen Versuch, zu begütigen; auch regte sich in ihm die Gelehrsamkeit des Juristen. »Es ist überhaupt bestritten, ob es Kleptomanie gibt.«

Das war entschieden ein Mißgriff, daß er das sagte. Gerade so gut hätte er sie zuvor darauf aufmerksam machen dürfen, daß man Kleptomane sagt und nicht Kleptomaner. Er sah das sofort ein, denn Hedi war beleidigt. Es schien gerade, als ob sie es als eine persönliche Kränkung empfinde, daß die Gelehrten über die Frage der Kleptomanie uneins sind. Sie entzog ihm sogar die Hand. »So?« sagte sie mit großen, empörten Augen. »Willst du etwa auch bestreiten, daß du selbst schon gesagt hast, man spreche in der Stadt davon, daß Nußotter an Kleptomanie leide?«

Bisher war Wolfgang immer noch guter Laune geblieben, aber jetzt machte sich auch bei ihm eine gewisse Gereiztheit bemerkbar. »Ich bestreite gar nichts. Aber das wirst du auch nicht bestreiten, daß ich sogleich gesagt habe, ich halte es für ein törichtes Gerede. Wenn Professor Nußotter vielleicht schon einmal einen falschen Stock mitgenommen hat« – »wenn er doch gar keinen bei sich gehabt hat,« wirft Hedi ein – »oder den unrichtigen Hut erwischt hat oder einen falschen Überrock, was weiß ich, so kann das vorkommen. Es gibt einmal solche Menschen, die darauf nicht achten. Deshalb ist er noch lang kein Kleptomane« – »er ist doch einer!« – »und Nußotter selbst ist bloß ein zerstreuter Mensch, der seine Gedanken immer wo anders hat, bei seinen Sammlungen« – »ganz recht, die Dose!« höhnte Hedi – »und was die Dose anbelangt, so glaube ich zum ersten nicht, daß sie gestohlen war, und zum zweiten, wenn sie wirklich gestohlen war, so hat es eher die Marianne getan. Die gefällt mir, ehrlich gestanden, nicht überaus und+…«

Wolfgang hätte noch lange weitergemacht, aber Hedwig stand so schnell und so plötzlich auf, daß er verstummte.

»Kurz und gut,« sagte sie mit einem flammenden Blick, »du willst also, daß ich den Professor heirate?«

Das war Bosheit und Trotz. Sie will mich absichtlich kränken, denkt Wolfgang, und da er auch ein Hitzkopf ist, wie man ihm von der breiten Stirn ablesen kann, steht er nun ebenfalls schnell auf. »Pfui,« erwiderte er, »das ist schlecht.«

»Gar nicht. Du sagst ja, ich soll ihn heiraten!«

»Ich habe das gesagt?« Und als hätten sie es miteinander verabredet, gingen sie auseinander, ohne Wort und ohne Gruß, Hedwig nach rechts, dem ersten Durchbruch in die Stadt zu, Wolfgang nach links, wo der Weg zu dem zweiten Durchbruch führte. –

Ein schöner grünlicher Goldkäfer, der sich abmühte, über den Weg zu kommen, verdoppelte seine Anstrengung und entging mit knapper Not den Füßen der achtlosen, riesigen Menschen. Ein Distelfink mit roter Weste und schwarzweißem Frack, der von luftiger Höhe herab der Unterhaltung gefolgt war, und vermutlich nicht begreifen konnte, weshalb sie so sonderbar und gegen die sonstigen Gepflogenheiten der Menschen endete, flog mit erschrockenem Gezwitscher hinauf zu dem nächsten Tannenrund und die Sonne verschwand hinter einer dichten Wolke. Sogleich nahm das freundliche Grün eine düstere, gräuliche Färbung an und es verlor sich die träumende Heiterkeit, die auf dem stillen abgelegenen Wäldchen ruhte.

Draußen auf der Landstraße, die hell und staubig durch das Gebüsch herüberblinkte, ging ein Mensch vorüber, der den Hut in der Hand trug und in tiefe Gedanken versunken war.

Hedwig sah ihn und auch Wolfgang sah ihn und sofort blieben beide stehen, wobei sie denselben Gedanken hatte, stille zu bleiben, damit sie nicht seine Aufmerksamkeit auf sich zögen. Als er aber vorüber war, ohne sie zu bemerken, wandte sich Wolfgang um und er sah, daß sich auch Hedwig umwandte.

Sofort gingen sie aufeinander zu, ohne zu zögern, Wolfgang winkte vielmals mit der Hand und sie erwiderte seinen Gruß, indem sie häufig ihr leichtes, weißes Sonnenschirmchen schwenkte, und sie lachten beide mit einem lustigen, schalkhaften Lachen und reichten sich die Hände und küßten sich, züchtig und in Ehren, und dann lachten sie wieder laut und lauter und fröhlicher.

»Hast du ihn gesehen?« sagte sie listig. »Das war er.«

»Ja,« sagte Wolfgang vergnügt, »es war Nußotter.«

Dann schob sie ihren Arm in den seinigen und sie gingen langsam, eng aneinandergeschmiegt, den traulichen Laubgang weiter.

Es war so recht ein Ort für Liebende.


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