Felix Dahn
Gelimer
Felix Dahn

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Elftes Kapitel.

Am folgenden Tage schickte Belisar, nachdem er die Neubefestigung von Karthago nochmal besichtigt und für ausreichend erachtet hatte, im Notfall sein geschlagenes Heer aufzunehmen und einer Belagerung zu trotzen, die ganze Reiterei, ausgenommen fünfhundert Mann erlesene Illyrier, aus den Thoren, dem Feind entgegen. Dem Thraker Althias teilte er die erlesene Schar der Schildträger zu mit dem kaiserlichen Hauptbanner: der sollte einem Vorpostengefecht nicht ausweichen, eher es herbeiführen. Er selbst folgte erst am folgenden Tage mit der Masse des Fußvolks und den fünfhundert illyrischen Reitern. Nur die unerläßlichste Besatzung der Thore, Türme, Wälle blieb zurück.

Bei Trikameron, etwa siebzehn römische Meilen – siebzehntausend Schritte – westlich von Karthago stieß Althias auf den Feind.

Die vordersten Reihen beider Parteien tauschten einige Pfeilschüsse und kehrten mit der Meldung um zu ihren Heeren. Die Byzantiner schlugen ein Lager, wo sie standen. Nicht weit von ihnen brannten die zahlreichen Wachtfeuer der Vandalen. Ein schmales Bächlein lief zwischen beiden Stellungen dahin. Die ganze Gegend war flach, unbewaldet. Nur auf dem linken Flügel der Römer hob sich ein mäßiger Hügel aus dem Sande, sehr nah dem Bach.

Ohne des Althias Befehl oder Erlaubnis abzuwarten, sprengte Aigan, der erste Führer der Hunnen, sobald er vernommen, hier sollte heute gelagert, morgen geschlagen werden, auf den Hügel zu. Die anderen Hunnenführer und ihre Schwärme folgten ihm pfeilschnell. Er ließ Althias sagen, auf dem Hügel würden die Hunnen heute nächtigen und morgen Stellung nehmen. Althias hütete sich, zu verbieten, was er nicht ohne Blutvergießen wehren konnte. Aber der Hügel beherrschte die Gegend. –

Zu später Nachtstunde trafen sich die Häuptlinge der Hunnen auf der Krone der Höhe. »Kein Späher nahe?« fragte Aigan. »Dieser Herulerfürst weicht nicht aus unserer Nähe!« – »Herr, ich that wie du befohlen. Siebzig wache Hunnen liegen im Kreise um diesen unseren Standort: kein Vogel fliegt über sie unvermerkt.« »Was sollen wir morgen thun?« forschte der dritte, an seines Hengstes Bug gelehnt und ihm die zottige Mähne streichelnd. »Ich traue nicht mehr den Worten Belisars. Er täuscht uns.« – »Belisar täuscht uns nicht. Aber ihn sein Herr.« »Ich sah,« begann der zweite besorgt, »ein absonderliches Zeichen. Als die volle Dunkelheit einbrach, da zuckten kleine, blaue Flämmchen auf den Speerspitzen der Romäer. Was mag das bedeuten?« »Das bedeutet Sieg,« rief, tief bewegt, der dritte. »In unserer Horde geht die Sage, – mein Urgroßvater hat es selbst gesehen und von Geschlecht zu Geschlecht hat sich's vererbt: – vor dem grauenvollen Tage dort in Gallien, da des großen Atta Geißel brach.« »Atta in den Wolken, großer Atta, sei uns hold,« flüsterten alle drei sich gegen Osten tief verneigend. »Da stand mein Urahn Wache in finsterer Nacht am rauschenden Strom. Am anderen Ufer ritten, die Örtlichkeit erkundend, zwei Männer, Speere über der Schulter. Mein Ahnherr und seine Genossen glitten ins hohe Schilf und spannten die Hornbogen, die niemals fehlten. Sie zielten. ›Sieh, Aetius,‹ rief der eine, ›dein Speer leuchtet.‹ ›Und auch der deine, König der Westgoten,‹ antwortete der andere. Unsere Ahnen schauten auf. – Und wirklich: blaue Flammen zuckten um der Feinde Speere. Entsetzt entflohen die Unseren, wagten nicht auf die Göttergeschützten zu schießen! Und am Tage darauf war Atta . . . –« »Atta, Atta zürn' uns nicht!« flüsterten sie nun wieder, erschrocken in die Wolken schauend. »Was damals Sieg der Germanen bedeutet hat und Unheil ihren Feinden,« erwiderte Aigan mißtrauisch, »kann es diesmal wieder bedeuten. Wir warten's ab. Es bleibt dabei. Wohin der Sieg sich neigt, dahin neigen wir: deshalb hab' ich uns diesen Hügel zum Standort gewählt. Von hier sehen wir klar den Verlauf der Schlacht. Entweder geradeaus über den Bach auf der Vandalen linkes Horn . . .« – »Oder nach rechts auf der Romäer Mitteltreffen – wie ein Wirbelsturm!« – »Ich plünderte lieber der Vandalen Lager. Es soll sehr reich an gelbem Golde sein.« – »Und an weißbusigen Weibern.« – »Aber ganz Karthago hat doch noch mehr Gold als der Vandalenfürst in seinen Zelten.«

»Das beste aber ist: die Entscheidung wird wohl fallen, bevor der Löwe der Romäer eingetroffen ist.« – »Da hast du recht! Nicht gegen seines Auges zürnenden Blitz möcht' ich gern den Gaul spornen.« – »Geduld! Wartet ruhig! Wohin ich dann den Pfeil schieße, dahin stürmen wir. Und Atta wird hoch in den Lüften ob seinen Kindern schweben!« – – Er nahm den Helm von dickem, schwarzem Schafvließ ab, warf ihn in die Luft und sang leise:

»Atta, Atta, gieb uns Beute,
Beute deinen lieben Kleinen,
Gelbes Gold und weißes Silber,
Und das rote Blut der Reben,
Und der Feinde schönste Weiber.«

Alle wiederholten entblößten Hauptes diese Worte in tiefster, brünstigster Andacht. Nun stülpte er die Helmhaube wieder auf: »Still! – Auseinander!«

 


 


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