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XLIII.

An Bord des phönikischen Schiffes dachte Xerxes an tausenderlei Dinge. Er war blaß, seine Augen waren matt und hohl, und dem blauschwarzen Bart gönnte er nicht die Pflege des Bartscherers. Kaum hatte er während dieses Monats voller Elend die Kleidung unter seiner Waffenrüstung gewechselt, und er dachte, während er wesenlos und zerschmettert hinter einem Vorhang lag und der phönikischen Ruderer eintönige Rudermelodie ihm wie ein endloser Klagegesang voll Trostlosigkeit entgegentönte, an Mardonios, der mit den Prachtkriegern zurückgeblieben war. Er mußte sich die letzte Heerschau sehr scharf vor das geistige Auge zurückführen, um seinen müden Mut wieder anzufachen. Das Unglaubliche schien geschehen und schien noch einmal geschehen zu können. Er dachte an Mardonios, der hinter ihm zurückgeblieben war, er dachte an Oheim Artabanos, der seiner wartete, an das alte Weib, das immer gegen den Krieg gewesen war. War dies das Ende? Das konnte das Ende nicht sein. Mardonios würde siegen. Doch so nach Susa zurückkehren? Er wolle doch einen Siegeszug abhalten, meinte er; das mache besseren Eindruck. Viele Briefe hatte er nicht geschickt an den Oheim und an die Frauen. Es war ihm nicht möglich gewesen, sie abzufassen, nicht möglich gewesen, die schönen Redensarten auszudenken, die mit der allerschönsten endeten: der Gott der Perser wird weiter helfen. Der Prunkwagen gestohlen! Die nisäischen Rosse gestohlen!

Immerfort dieser ewige Wind in diesen den Persern sicherlich allzeit feindlichen Gewässern des Ägäischen Meeres! Wie er wieder blies! Graue Wolken umdüsterten den Himmel, und das Schiff schlingerte nach links und nach rechts. Die Rudermelodie der Ruderer ächzte, ihre Ruder durchschnitten ächzend die Wogen. Die Segel wurden gerefft. Die Trireme krachte, gleich als berste jedes Brett ihrer Bordwände.

Xerxes riß sich gewaltsam von seinem Lager empor. Mit einem Ruck öffnete er die Vorhänge. Er sah den Sturm. Der unerbittliche Herbst zerrte wie mit gierigen Klauen am Takelwerk. Auf Deck klammerten sich eine Anzahl von Offizieren, darunter auch einige Neffen des Xerxes, aneinander fest. Der Steuermann riß und riß am Ruder in stiller Raserei.

»Steuermann!« rief Xerxes. »Bedeutet dies Gefahr?«

»Ja, Basileus.«

»Es besteht doch aber alle Hoffnung, uns zu retten, Steuermann?« fragte Xerxes böse.

»Nicht die leiseste Hoffnung, Despotes, wenn dieses überlastete Schiff nicht erleichtert wird.«

»Überlastet? Ich ließ fast mein ganzes Gepäck zurück.«

»Überlastet mit Männern, Basileus.«

Der Sturm, der Herbst rasten in Wut wie Rachegötter über die links und rechts in die Wellen hinabschlagende Trireme, die nicht weiter konnte. Vergeblich keuchten die Ruder durch die über das Deck stürzenden Wogen.

»So befehle ich,« rief Xerxes, »daß sich die phönikischen Ruderer ins Meer werfen.«

»Wer soll dann rudern, Herr? Eure Perser rudern nicht wie die Phönikier. Werfen sich die phönikischen Ruderer ins Meer, dann gehen wir sicher unter.«

»Perser!« rief Xerxes jetzt. »Gekommen ist der Augenblick, eure Liebe zu eurem König zu beweisen. Von euch hängt sein Leben ab.«

Ein Zaudern entsteht unter den dicht aneinander geklammerten Persern. Die Vornehmen drängen die Geringeren vor. Sie werfen sich dem Xerxes zu Füßen wie in Anbetung. Dann richten sie sich auf und springen in die See. Nachdem die Geringeren gesprungen sind, springen die Vornehmeren. Links und rechts springen sie von dem schwankenden Schiffe. Die hohen Sturzwellen werfen viele der Opfer zurück über Deck. Die Füße derer, welche um den König bleiben, stoßen sie von neuem in das Wasser. Die Rudermelodie der Ruderer ächzt weiter wie ein Klagelied. Die erleichterte Trireme bäumt sich auf den wütenden Wellen.

Am nächsten Morgen legt sich der Sturm. Die Küste graut in dem noch heftigen Winde. Das ist die äolische Küste, das ist Asien, das ist die Rettung für das kostbare Königsleben.

Xerxes geht an Land. Dem Steuermann schenkt er einen goldenen Kranz, eine hohe Auszeichnung, weil er des Königs Leben gerettet hat.

Dann läßt er ihm den Kopf abhauen, weil der nämliche Steuermann den Tod von hundert Persern verursacht hat. Das ist keine Grausamkeit. In der königlichen Rechtsprechung liegt folgerichtiges Denken.


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