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Allerhand aus Stadt und Land

Die ›Viehparkkolonne‹

»Angetrötten! – Viehhalle zwei muß sofort sauber gmacht, ausgweißlt und desinfiziert wern! – Weber, Sie holen mit'n Hümler Heu und Stroh! – Weinberger, Sie richten mit'n Leibinger Halle eins her! – Daß mir ordentlich ausgschwefelt wird! – Daß mir die Barren sauber sand, wann i nachschaug! – Hopf, der Viehstand?«

»Hundertachtzehn Stiere, dreiundzwanzig Kühe, Herr Feldwebel!«

»Also hundertoanavierzg. – Morgen kommen weitere hundert Stück. – Weggetreten!«

Die Mannschaft verteilt sich und macht sich an die Arbeit; denn es gilt, für die bayerische Armee einen möglichst großen Rinderpark für allenfallsigen Bedarf zu schaffen und in den Münchner Viehhallen unterzubringen.

Felddienstuntaugliche Reserve ist zu diesem Posten kommandiert, und zwar in der Ordnung, daß jeder für gewöhnlich seine gewisse Arbeit hat.

So trifft den Porzellanmaler Weinberger das Ausweißeln und Tünchen der Ställe; der Schaufensterdekorateur Hopf hat das Ausmisten und Streubreiten, zu besorgen, der Mathematiker Weber muß füttern, der Dichter Hümler aber tränken; dem Damenfriseur Aschner obliegt das Striegeln und Bürsten des Viehs, während der Klavierspieler Pauli das Waschen der hinteren Kuh- und Stierviertel zu besorgen hat.

Da aber die Kühe auch gemolken werden müssen, so hat man zu diesem Werk den Erzieher und Doktor phil. Reismann, sowie den Hausmeister Leibinger ausersehen. In die übrige Arbeit teilen sich Schriftsetzer, Bildhauer, ein Geometer, ein Tapezierer, ein Oberkellner, ein Verkäufer von Roman Mayr und sonstige Berufe und Private.

»Also hundert Stück kommen wieder,« sagt der Dekorateur Hopf, »das wird ja sauber. Da weiß i schon wirklich bald nimmer, wo i naus soll mit mein Mistkarrn! – Zweihunderteinundvierzig Viecher! – Der Dreck! – Die Arbeit! – Ich danke!«

»Na – Sie san aber schon wirklich gelungen, Hopf!« entgegnet ihm der Klavierspieler Pauli; »Sie jammern da, als ob's Ihnen alleins antging! Was sollt denn dann i sagn! – Meinen S', mei Arbeit is a Kleinigkeit? – Bsonders wann Sie auf d' Nacht immer so schön ausmisten, daß das Viech am andern Tag allemal ausschaut, als wärs im Spinat glegn!"

»Bitte sehr!« erwidert ihm Hopf; »da möcht i aber schon bitten! Ich laß mir keine Unreinlichkeiten vorwerfen! Ich bin selber für Akurateß und fürs Dekorative! – Aber – wann man das Vieh derart unsinnig füttert, wie's hier gschieht, da dürft man ja den ganzen Tag mit der Mistgabel parat stehen!«

Aber da kommt der Mathematiker Weber: »Entschuldigen Sie, meine Herrn, – aber das mit dem Füttern – entschuldigen Sie, – ich habe es genau aufs Gramm ausgerechnet, was jedes Tier zu jeder Mahlzeit zu bekommen hat, daß erstens die Futtermittel genau die vorgeschriebene Zeit reichen – und – vor allem – daß die Tiere nichts an Gewicht einbüßen.«

Derweil läuft der Klavierspieler Pauli schon wieder wütend von einem Stier zum andern – von einer Kuh zur andern, in, der einen Hand einen vollen Eimer, in der andern einen Schwamm zum Reinigen. »Saustall verdammter!« schimpft er; »jetz weiß i scho bald nimmer – bin i beim Militär oder in einem Säuglingsheim! – So eine Dreckarbeit! – Und woher kommts? – Bloß von der verrückten Fütterei! Die Viecher müssen sich ja vorkommen wie die Grottenbahn von der Oktoberwiesen! – Da nei – da raus! – Das is ja zum Davonlaufen!«

Vorsichtig faßt er den Schweif einer Kuh und will ihn abwaschen; aber die schlägt unwillig einen Bogen damit, und der Klavierspieler muß eilig an seine eigene Reinigung denken.

Und vorn an den Barren steht der Mathematiker und füllt bedächtig eine Gabel Heu um die andere ein, füttert und füttert, und berechnet dabei, wie viel Gramm die Tiere in der Stunde zunehmen, indes das Vieh aufgeblasen dasteht, – und langsam Schüppel um Schüppel zerreibt und zermalmt.

Da schreit der Klavierspieler voll Zorn: »Jetz langt's aber! Sie sind wohl übergschnappt! – Was bilden denn Sie Ihnen eigentlich ein? – Meinen S', i lauf den ganzen Tag mit dem Schwamm rum und laß mich verunreinigen von dem Viechzeug! Da – gehn S' nur selber amal und machen S' die Arbeit – dann wern S' es glei sehgn, was das heißt..

Damit wirft er dem Mathematiker wütend den Schwamm hin.

Der aber spießt ihn behutsam auf die Gabel, reicht ihn dem Kameraden hin und sagt; »Bitte sehr – ich bin zum Füttern kommandiert – also füttere ich.«

Hinter einer Kuh sitzt derweil der Erzieher Reismann auf einem Schemel und probiert das Melken.

»Es kommt halt nichts!« jammert er; »ich kann ziehen wie ich will – es kommt halt nichts! – Jetzt packt mich schon der Starrkrampf an den Fingern und und ich seh immer noch keine Milch!«

Verzweifelt drückt und zerrt er am Euter der Kuh herum, bis ihn das gepeinigte Tier schließlich unwillig über den Haufen rennt.

Hilflos klaubt sich der Erzieher zusammen und murmelt: »Nein, so was von Rüppelhaftigkeit ist mir noch nicht vorgekommen! – Aber ich werde dir schon noch Erziehung beibringen! – Morgen nehm ich den Stock und hau dir sechse runter – das wird schon helfen!«

Ingrimmig setzt er sich wieder und versucht seine Arbeit aufs neue; aber vergeblich. Er läutet an allen Glocken – es ist nichts mit der Milch.

»Also ich versteh das nicht!« murmelt er grimmig; »jetzt hab ich doch extra den ›Praktischen Landwirt‹ studiert und mache es genau so, wie es drin steht: ›Auf einem Schemel unter die Kuh sitzen, – Melkeimer zwischen die Knie, – Euter mit den Fingern fassen, – mit Daumen leicht pressen und abwärts streichen‹; – es kommt halt nichts! – Jetzt weiß ich wirklich nicht mehr, ist das eine Kuh oder nicht!«

Er arbeitet, daß ihm die Schweißtropfen von der Stirn rinnen, – umsonst.

Plötzlich ein Stoß, – er liegt mitsamt dem Melkkübel abermals in der Streu und jammert.

In diesem Augenblick kommt der Leibinger zur Stalltür herein und hört den andern stöhnen.

»Was is denn da los?« fragt er und rennt hin, wo sich der Erzieher zum zweitenmal wieder aufrafft und nach dem Schemel greift.

»Hat s' di gschmissen?«

»Ach, und wie! Schon zweimal!«

»Hast d' Milli aa ausgschütt?«

»Nein. Dieses Rindvieh gibt ja keine!«

»Wass? Koa Milli? – Des waar ja glei recht! Die muaß ja oane gebn!«

»Und ich sag, sie gibt keine! Ich hab schon Wasserblasen an den Fingern vor lauter Drücken und Ziehen – es kommt keine.«

Der Hausmeister lacht mitleidig und sagt:

»O du Erzochs! – Daß d' es net überhaupts glei ausgwunden hast, 's Euter! – Da glaub i 's freili, daß di 's Viech hintreschlagt!«

Er setzt sich auf den Schemel und nimmt den Eimer zwischen die Knie: »Da – schaug her – des muaßt viel feiner opacka! – Ganz schö stad runterstreicha! – Da – siechst, daß s' oane gibt, a Milli! – Die muaß ma ihr halt sozusagn außakitzeln! – Mit der Grobheit richst nixn!«

Der Erzieher steht starr: »Also – so ein Biest!« knurrt er. »Wirft einem die ganze Pädagogik über den Haufen! – Und Ihnen pariert sie!«

»Ja mei, mei Liaba! – Des will grad so guat glernt sei, 's Melka, wie was anders aa. I habs aa erst lerna müassen!«

Während nun der Erzieher das Melken lernt, kommt plötzlich der Herr Leutnant der Reserve, sonst im bürgerlichen Leben Hofzahnarzt ihrer Durchlaucht, der Fürstin Soundso.

Langsam geht er durch die Stallhalle.

»Sind die Tiere wohl?«

»Jawohl, Herr Leutnant!«

»Fressen sie?«

»Jawohl, Herr Leutnant!«

»Von morgen ab werden Trebern gefüttert!«

»Befehl, Herr Leutnant!«

Der Leutnant geht wieder.

Andern Tags kommen die Trebern.

Der Mathematiker zieht die Nase hoch, rechnet aus, wie lange die beiden Wagen voll reichen, und beginnt sodann mit dem Füttern.

Aber die Tiere stecken bloß die Nase in die Barren, schnuppern und blasen etlichemal, schauen hinüber und herüber und brüllen schließlich nach dem gewohnten Futter.

Der gute Weber ist ratlos.

»Ja – die fressen ja nicht!« jammert er. »Die lassen ja alles liegen! – Was soll ich bloß machen? – Meine ganze Rechnung ist über den Haufen geworfen. – Wenn die so weitermachen, dann nehmen sie bei jeder Mahlzeit hundertachtundsiebzig Gramm ab! Das verantwort ich nicht!«

»Gott sei Dank!« sagt der Dekorateur. »Jetzt kann man sich doch endlich einmal wieder a bißl ausruhn!«

Und der Klavierspieler triumphiert: »So. Jetz is endlich amal a Ruah mit der ewigen Durchlauferei! Ganz recht! Vierzehn Tag solln s' nix fressen!«

Abends kommt wieder der Leutnant.

»Na – was ists mit den Trebern?«

»Zu Befehl, Herr Leutnant, – das Vieh frißt die Trebern nicht!«

»Wass? – Das Vieh ist beim Militär. Es muß die Trebern fressen! – Verstanden!«

»Zu Befehl, Herr Leutnant!«

Der Herr Leutnant geht.

Aber das Vieh frißt auch den nächsten Tag nicht.

Und die Sache wird immer kritischer.

Der Herr Feldwebel Däuerl, sonst Gerichtsvollzieher, läuft fluchend durch den Stall.

»Das ist eine Viecherei! – Die Trebern müaßn gfressen werdn, sonst spuckts! – I mach Euch alle verantwortli! – Die Trebern müaßn bis morgn gar sein! – I verlangs! – Verstanden!«

Und da der Mathematiker was entgegnen will, brüllt der Gestrenge: »Maul halten!«

Und geht.

Da kommt dem Leibinger eine gute Idee. Und den andern Tag sind die Trebern richtig zu Ende, und das Vieh frißt wieder – Heu.

Und der Herr Leutnant hört am Abend bloß: »Das Vieh frißt – aber es verträgt die Trebern schlecht.«

Und so kommen die Tiere wieder zu ihrem gewohnten Futter.

Am nächsten Tag laufen die Viehwagen mit den hundert Rindern ein; es sind etwa siebzig Stiere und dreißig Kühe.

Und da sie unter großen Mühen und Gefahren endlich ausgeladen sind und in der Halle stehen, kommt der Stabsveterinär zur Untersuchung wegen Seuchenverdacht.

Der zieht also ein Instrument aus dem Sack, ruft dem nächststehenden, dem Dichter Hümler, und sagt: »Da her! – Halten S' einmal dem Stier den Kopf, daß ich ihm ins Maul schauen kann!«

Der Dichter steht zitternd stramm: »Befehl, Herr Stabsarzt – das kann ich nicht!«

»Sie halten dem Stier den Kopf, sag ich!«

»Zu Befehl, ich trau mi nicht!«

»Mensch – was soll denn das heißen! – Was sind denn Sie in Ihrem Privatberuf?«

»Kriegsdichter, Herr Stabsarzt.«

»Ja so! Ja – dann glaub ich's!«

Der Veterinär schmunzelt und ruft: »Geht einmal ein anderer her da! – Sie da! – Sind Sie auch ein Dichter?«

»Nein, Herr Stabsarzt! Bin Klavierspieler.«

»O Jesses! – Und Sie?«

»Friseur, Herr Stabsarzt!«

»Ja Himmel! – He da! – Sie her!«

»Befehl, Herr Stabsarzt!«

»Halten S' dem Stier die Hörner fest! – Ja, wie gstelln S' Eahna denn! Sind sie auch noch nicht mit Vieh umgegangen?«

»Nein, Herr Stabsarzt! Bin Schaufensterdekorateur!«

»Das ist ja unglaublich! – Ja, ist denn da wirklich keiner dabei, der mit'n Viech umgehen kann?«

Man holt den Leibinger.

Der macht seine Sache ganz leidlich, so daß der Veterinär fragt: »Sind Sie von draußen?«

»Nein, Herr Stabsarzt. Aber i hab früher g'arbat beim Heil und Litte. Da gibts allerhand Viecher.«

»Na – dann ist doch wenigstens einer da.«

So fristete also die »Viehparkkolonne« ihr Dasein, bis plötzlich alles Vieh wegen Seuchengefahr geschlachtet werden mußte.

Da löste sich die Gesellschaft auf, und es kamen die einen zum Proviantamt, die andern zum Train.

Der Dichter und der Mathematiker aber wurden frei wegen eines doppelten Bruchs.

 

Brot- und Mehlkarten

»Sie, Herr Rathaus, bittschön, wo beschwert ma si denn da?«

Ein feister Bürger fragt also den Pförtner.

»Über was – zwegn was?«

»Über was! – Fragns net so dappi! – Zwegn die Brotkartn natürli!«

Eine alte Auskochwirtin mischt sich drein: »Sie, Herr, dees woaß i! Gengans nur glei mit! – Glangans aa net, gellns! O, i sags ja! Dees waar dir a so a Betrieb! Die liaßatn di zsammt deine Gäst verhungern! – Koane Knödl derfst nimmer kocha, – koane Bavesen derfst nimmer bacha, Küachl und d' Stritzerl sand verboten, – jetz sagns mir bloß, was i meine Leut z' essen gebn soll! – Ach, i sags ja, der Kriag!«

Der Bürger gibt ihr recht: »Da hams recht, Frau Nachbarin!« sagt er; »a Saustall is's! Zum Aufhänga is's hergricht! – Zum Davonlaufa! – Stellns Eahna vor: Mei Alte wiegt zwoa Zentn zwoaradreißg – i zwoa Zentn fünfavierzg; dees kinnans Eahna scho denka, daß a sechana Mensch mehra Brot braucht, als wia so an alte Spinatraschbel von achtasiebazg Pfund, oder a zaundürre Schneidergoaß! Net wahr! – Mir ham do ganz änderns Mägn, – ganz anderne Bäuch! – Net wahr! Und dazua kimmt no der Bernhardinerhund, – und der Dackl, – und d' Köchin, – und der Kanari! – Net wahr! – Und da gabatns oan bloß die kloane Kartn! – Aber i rühr mi scho! Vo mi kinnans heint was hörn! – I mucks eahna!«

»Ganz richti! Nur richti hisagn dene Gwappeltn!« so ermuntert ihn die Wirtin.

Sie sind inzwischen an der Tür der Beschwerdestube angelangt.

»Anschließen! – Gang freilassen!«

Der Aufsichtsbeamte sorgt für Ordnung.

»Jessas, an Aufsichtsrat brauchans aa no! – Was is's? Kriagn Sie aa grad die kloane Brotkartn bei Eahnan schwaarn Beruf?«

Eine Arbeitersfrau fragts, und alles grinst.

Und der Bürger gesellt sich zu einem andern Bürger und zählt ihm seine Familie auf, indes die Frau Auskochwirtin einer Bekannten zuflüstert: »Also wissens; schaama tat i mi, wann i mi als a so a gwamperts Mannsbild in dene Zeitn da herstelln müaßt! Er wiegt drei Zentn, – und sei Alte vierthalbe, hat er selber gsagt! – Und die möchten aa no mehra Brot! Mit dene Bäuch!«

»No, da hams recht!« flüstert die ander; »die kunntn si do aa am Fleisch sattessen! – Die ham do Geld gnua! Wann oaner so a Wampen hat, der hat aa a Geld, da macht mir oans nixen vor! A laarer Sack steht net, hoaßts!«

»Ganz recht. Jawohl. Und für seine Viecher möcht er aa no Karten! An Bernhardiner, – an Dackl – a Katz, – a Köchin, – an Papperl, – a paar Dutzad Kanari! Der moant ja, für eahm und seine Viecher setzens a extrige Verteilungsstell ei!«

»A so a Viech! – I sags ja! – D' Sach werd alleweil weniger – alleweil schlechter – und d' Leut aa. Sehngs, wias zum Beispiel mir ganga is: unser Bäcker, der Krauthuaber, bacht ein solchernes miserabligs Brot, daß mas kaam die Säu gebn kann! Und dabei fehlt aa no jedesmal fast a halbs Pfund am Gwicht! Bei dera Qualität! Lauter Säggleibn und gfailte Erdäpfel! – Jawohl! – Und na hab i mi beschwert, verstehngans; – was moanans, daß mir der ausgschaamte Toagpatzer zur Antwort gebn hat? ›Mei Orgel!‹ hat er gsagt; ›müaßts halt schaugn, daß enk der Magistrat Kletzenbrotkarten oder Prinzregententortenwapperl ausstellt, wann enk mei Brot net guat gnua is!‹ – Jawohl! Grobheiten hab i ghabt! – Mit Respekt z' melden: auf Kirchweih hat er uns eingladn, mi und d' Schmidbauerin! – Aber i werds scho obringa da drinn! – Der is die längste Zeit Loabeschmied gwenn! Dessell woaß i!«

Drinn bei den Beamten gehts derweil hübsch zu.

Eine Zugeherin:

»Reglimirn möcht i! Weil des a Unverschämtheit von dem Weibsbild is! Sie hat a greane Kartn, wo s' doch grad zwoamal d' Woch zum Waschen geht, – und i, wo i mi die ganz Woch schinden und plagn muaß, – i kriagat grad die rote! –«

»Da müssens halt zum Oberlehrer …«

»Ja – zum Oberlehrer! Zum Kini und zum Kaiser geh i, bal i net aa mei greane Kartn kriag! Ha! Waar ja glei recht! – Sie, die ganz ander! Dees glaab i!« –

Ein achtundsechzigjähriger Dienstmann:

»Sie, Herr Apminischdratta, i möcht Eahna bloß drauf aufmerksam macha, daß i der Packträger und Veteran Baumoasta bin! Indem daß i Eahna freindli ersuach, daß i a greane Kartn kriag, indem daß i zu mein Radi und zu mein Bier unbedingt allemal a Brot brauch!« –

Eine alte, taube Kaffeehäuslwirtin; sie kommt bereits zum fünftenmal, so daß der Beamte schon in Gedanken das Kreuz macht. Mit einem tiefen Knix und strahlendem Lächeln überreicht sie ihm einen Brief; darauf steht:

»Geöhrder Her Zedelherausreicher!

Als Wiethweh hab ich mir seit dem krig ein Goßtkind zugleckt. Indem daß ich keine eefrau und nicht mehr verheirad bin. Zihmmerhern habe leider keine zurzeit. Wivill Kardofel derf ich unangemellt haben bei dem volständinga bruuch in lebentsmitel? 10 stehadi Gäst. Und das Deandl hab ich nemlich nicht gerechnet beim brod. bittschenn nomal ausrechnen!«

»Hi'wern kunntst aa!« murmelt der Beamte, rechnet ihr nochmal alles aus und setzt unter seine Ziffern die Drohung: »Wann S' jetzt nochmal kommen, reißt mir der Faden ab!«

Mit einem tiefen Bückling verlaßt die Alte das Zimmer.

Eine Gesellschaft unterhält sich ziemlich lebhaft. Da brüllt ein Wirt: »Gellns, tean fei Sie recht Schbetakl macha, wann i rechnen muaß! Da kann i nix toa und der Herr Brotrat nix toa, bals ös enkan Brotladn alleweil offa habts! Meine Gast wolln do aa versorgt sein! I kann do net verlanga, daß a jeder sei Pfenningmuckl an an Spagatschnürl umghängt scho mitbringt wiar a Gweichtl von Ablaß! – Na also!«

Der nächste:

»Sie hams ghört? Wo kimm i jetz eigentli zu mein Roßhabern? – Waß? – Na kinnts mi aa gern habn!«

»Bittschön, i brauch a Mehl!« sagt eine schüchtern.

»Zimmer 105!« erklärt der Beamte.

»Ja. Aber dee gebn mir koans!«

»Warum net? Ham Sie vielleicht schon Mehl im Vorrat?«

»Nnaa … dees heißt … eigentlich ja … aber bloß zwoa Zentner..«

»Dees is allerdings net viel,« sagt der Beamte beißend; »'s Leibregiment hat mehra kauft. – Der nächste!«

»Ja – und was is's mit mir? …«

»Nix is's, Madamm!« sagt ein Maurer; »der Herr Burgamoasta hat gsagt, du sollst dir derweil a schöne Mehlwurmzucht olegn, bis d' von der Stadt a Mehl kriagst! Nachher sparst 's Fleisch aa glei und 's Kompott!«

Die ander geht wütend davon.

Ein Feldgrauer. Auf Krücken kommt er näher. Das rechte Bein fehlt.

»Ja, der Simmerl! Daß di du so weit auffaschleppst?« fragt ihn ein anderer; »wo hast denn dei Alte?«

»Die is brocha. Zwoa Buam ham mir. Woaß der Teifel – mir waar liaber – i hätt no zwoa Haxen …«

»Ja no,« erwidert ihm sein Kamerad; »mir muaß si halt denka in Gotts Namm. D' Hauptsach is, daß mir no insan Kopf ham.«

»Hast recht aa,« sagt der eine; »und daß mir boarisch bleibn. Daß mirs damachan.«

»Mir damachans scho!« ruft einer dazwischen; »jetz kimm ja i naus! Mei Liaber! Bal i kimm …«

»Was is's na, balst du kimmst? – Na bist halt da! – Alter Krampfbruader! – Mit deine Sprüch derfst abschneidn! … Herr Offizium, gebn S' mir mei Mehlkarten, nachher geh i!«

Und der alte Schuhputzer vom Isartor nimmt brummend seine Karte, mißt den Sprüchmacher verächtlich von unten bis oben und geht dann, indem er murmelt: »Du werst es no rausreißen, 's Vaterland! – Jessas naa – i müaßat oan glei hintreschlagn …«

 

Fernsprecher

Auf dem Oberwiesenfeld arbeiten einige Telephonabteilungen.

An einem der schmalen Hügelbänder liegt ein Häuflein Mannschaft.

Eine andere Abteilung erhält Befehl, etwa hundertfünfzig Meter abseits sich versteckt liegend zu postieren und die Verbindung mit der ersten Gruppe herzustellen.

Der Herr Oberleutnant fährt inzwischen mit seinem Rad von einer Abteilung zur andern, um die Arbeiten zu kontrollieren.

Die befohlene Gruppe läuft also eilends mit ihren Apparaten dahin, bis zu einer kleinen Grube.

»So. Hinlegen!« sagt der Telephonist Baierle; »da liegn mir günstig! – Da siecht uns der Herr Oberleutnant net so schnell!«

Er packt seinen Apparat aus.

Die andern breiten eine Zeltbahn aus, legen sich bequem darauf, halten ihre Notizbücher bereit und starren gähnend in die Sonne.

»Herrschaft! Is dir dees wieder ein ekelhafter Tag heut! – Wenn nur die Montäg amal der Teifel holn tät!«

Einer brummts, ein Alter.

Der Baierle nimmt den Apparat ans Ohr: »Is jemand da? … Die Saubande werd wieder amal seiner Lebtag net fertig! … Hier Abteilung! … Is jemand da? … Du Maxe … hast du d' Lina gestern troffa … Sie war am Samstag … ah … Hier Abteilung! …

Is jemand dort? … Leitung gestört … Hier Abteilung … Mir warn am Samstag im Kolosseum … ah … wie bitte? … Is jemand da? … Hier Abteilung … Ja, Sie drücken ja nicht auf die Sprechtaste! … Na, dann muß es doch funktionieren! … Was ist denn wieder für ein Esel am Apparat? … Waß? … Nein, der Herr Oberleutnant ist nicht da! … Wer spricht denn dort? … Wie? … der Weiß? … Ah … Servus, Weiß! Alts Rindviech! … Der Baierle, jawohl! … Danke, ausgezeichnet … Ja … des kannst dir denka, alter Bazi! … Heut auf d' Nacht … in Münchner Hof … jawohl … ah … Herr Oberleutnant? … Waß … nicht? … Na, was sagst denn nachher: der Oberleutnant! … Also: bitte, gib amal an Befehl auf! … An Befehl … Himmelherrgott! Einen Befehl, sag i! … He da! … Die Malefizleitung is alle Augenblick unterbrochen! … Weiß! … Hast ghört, Weiß! … Du … bist jetz wieder da? … Du bist mir so a staubiger Bruada! … Was is's jetz mitn Befehl? … Abbauen? … Waß? … He da … du … Weiß … Jetz is halt scho wieder unterbrochen! … Weiß! – Weiß! … Himmelherrgottsrindviech! … Du brauchst ja net daz'bleibn am Telephon! … Also: hast ghört … angenommen … ich wär jetz der Herr Oberleutnant … hast ghört … alter Schwed? … also i bin jetz der Oberleutnant, i gib dir jetz auch ein' Befehl: hol augenblicklich fünf Maß Löwenbräu … Waß? Ah … wie bitte? … Herr Oberleutnant?! … Jawohll, Herr Oberleutnant! … Befehll, Herr Oberleutnant! … Schluß!«

Er wirft den Apparat dem nächsten in den Schoß: »Jessas, jessas naa! Ich Hornochs! … Ich Erzesel!. Der Oberleutnant is dazukommen … und i hoaß 'n an alten Schwed … und befiehl eahm 's Bierholn … und er gibt mir fünf Tag Mittel! …«

»Ja, ja!« sagen die andern zwischen Spott und Ärger; »ma soll halt den Tag net scho vor dem Abend loben! Paß auf: oa Unglück kommt selten alloa! Dees gibt scho für uns aa was ab!«

»Ah! I sags ja!« flucht der Alte; »wenn nur die verflixten Montäg der Teifel holat!« – – –

 

Im Dorf

Vor der Kirche steht die Neuhäuslerin und die Grislmüllerin.

Sie reden vom Krieg.

»Ja mei!« sagt die Neuhäuslerin; »beim Kriag, da bleibt gar koana verschont. Da findts an jeden.«

»Ja Wabn, – da hast recht;« erwidert die Grislmüllerin; »der Kriag der hat scho a diam oan kloamüati gmacht a dera Zeit. I denk grad auf d' Hechenthalerin. Was hat des Wei voneh für an Hochmuat ghabt! – Koa Mensch hat nixen sagn derfa von Kriag! – Was geht ins da Kriag o! hats gsagt; ins geht er gar nixen o! Insane Buam brauchan net furt – der oa is freiganga des vori Jahr – no – und der ander kaam erscht aufs Jahr zum Spieln. – Der Mo, sagts, is scho z'alt, den holn s' nimma – und wenn er glei deant hat bei de schwaarn Reiter. Geld und Sach, sagts, hams gnua – Woaz und Korn aa, – um ins, sagts, konns net gfehlt sei. – No – und jatz? – Schaug, jetz is er halt a so dahiganga, der Kriag. Ja. – Und na hams eahm zerscht des besser Roß gnomma – d' Fanny. Dees is ihr des liaber Roß gwen vo allsamm. – Ja. – Und na hams an Knecht gholt – a Gschwisterkind von ihr. – Da is s' scho a weng stader worn, d' Hechenthalerin. Ja. – Und na is der Bauer furt – mitn Landsturm. – Dees is eahm scho recht hart ankommen. Ja. – Da hats na a Wallfahrt gmacht aufs Birkastoa. – Und wia s' hoam kimmt, steht der älter Bua, der Kaschba da und sagt: Muatta – pfüat di Good – i geh in Kriag. – Geht also vom freien Stuck. – Na – und heunt ham s' d' Rekruten aa gholt. – Jetz is s' kloa worn.«

»Ja ja, der Kriag;« sagt die Neuhäuslerin langsam; »der Kriag is a diam ganz heilsame! Der klopft bei de Großkopfatn grad a so an, wia bei de Häuslleut. – D' Hauptsach is, daß wieder alls recht werd, Grislen. – Und daß s' wieder hübsch allsam hoamkemman, insane Leut. – Pfüate Good.«

»Pfüate Good aa.«

Die Grislmüllerin geht rasch durch den Gottsacker, gibt dem und jenem Grabhügel einen Weichbrunn und sagt für sich: »Daß s' wieder hübsch hoamkemman. Ja. – Und die mein' aa.«

*

Aus den Kaminen der kleinen Bauernhäuser steigt der Rauch auf, die Stalltüren öffnen sich, und der Mistkarren macht seinen Weg vom Stall zum Dunghaufen.

Die Sonne sinkt hinter den Peißenberg hinab, und die Handwerksleute machen Feierabend.

Nicht lang, und die Stimme der Bäuerin schallt durchs Haus: »O'gricht! D' Suppen!«

Und dann versammeln sich gemach die Bauern und Ehehalten, die Austragler und die Kinder in der Stube, Beten wird laut, und danach wird gegessen.

Da wirft im vordersten Hof die Oberdirn plötzlich den Löffel weg, rennt ans Fenster, lugt verstohlen hinter dem Vorhangl hinaus auf die Straße und sagt voller Aufregung: »Jess Marixn! – Der Wirtstoni!«

»Was? – Der Toni? – Is der Malefizloder scho wieder da! –«

Im nächsten Haus: Die ältere Tochter, die Burgl, schält sich grad einen Erdapfel, schaut so nebenbei zum Fenster hinaus – und rumpelt plötzlich in die Höh: »Daß's Gott gsegn! – Der Wirtstoni!«

Und die Leut schlagen die Händ zusammen und wiederholen: »Daß's Gott gsegn! Der Loder!«

Drüben beim Schwaiger: Die alt Häuslursch hat sich von der Bäuerin ein Gafferl Milch schenken lassen und tritt grad mit ihrer Blechkandel aus der Haustür.

Aber: »Ums Himmelschrist! – Der Wirtstoni!« – Sie rennt zurück ins Haus und ruft: »Mei liabe Zeit! Jetz werds wieder o'geh, 's Kreiz! Der Raaffa! Der Teife! – Der Wildschütz!«

Und so geht's durchs ganze Dorf. Überall stehen die Bauern, die Weiber, das Gesindvolk, – hinter den Blumenstöcken und Vorhängen spitzen sie vor und starren auf den Burschen, der da langsam durch die Straße geht und schließlich im Torbogen des Wirtshauses »Zur Krone« verschwindet.

Und da er in die Kuchel tritt, da schreit die Wirtin: »Jessas, der Bua! – Ja, Toni! – Ja – is denn der. Kriag gar? – – Vata! Vata! – Geh außa! – Der Bua!«

Der Wirt eilt hinaus: »Ja, Bua! Grüaß di Gott! – Ja – wo kimmst denn du her?«

Und die Mutter wird ernst: »Hast leicht was angstellt?« Da lacht der Bub: »Ja, Muatta! Ganz epps Gfahrlichs!«

Worauf die Wirtin schier in Tränen ausbricht: »Ach Gott – ach Gott! – Ha – daß d' denn gar net anderst werst! – Was i wegn deiner scho ausgstanden hab – des is gar nimmer zum sagn! – Bua – du bringst mi no unter d Erden! …«

Aber der Bursch lacht und sagt: »Geh, tua di net kümmern, Muatta! – Da kannst halt nix macha! A Lump bleibt a Lump! – Sie ham mi ja net gstraft für dees, was i gmacht hab!«

Er langt in die Hosentasche; der Vater aber betrachtet aufmerksam die zerrissene, verschmutzte und abgetragene Felduniform seines Sohnes und sagt dann: »Mei Liaber! Du muaßt net schlecht graafft habn! – Du schaugst ja aus wia der Schinderhansl! – Da – vo was kimmt denn des. Loch da? – Hat di da a Hund dawischt?«

»Naa, naa,« sagt der Bub und nestelt mit beiden Händen an seiner Brust herum und knöpft den Rock auf; »dees is von an Drahtverhau, in dem wo i hängen bliebn bin.«

Der Vater schaut betrachtend an dem Buben hinunter und murmelt: »Ja – a so ausschaugn! – Wia a Zigeuna kimmt er daher! – Die schöne Uniform! – Ha – daß d' denn jetz du gar a so Lackl bist, a so a wilder!«

Und die Mutter wiederholt nur immer: »Du bringst mi no unter d' Erden, Bua! – Grad Verdruß – und deiner Lebtag Verdruß – naa – i sags ja – – bist a so verruafa in der ganzen Gmoa zwegn deine Lumpastückln – hast als Bua scho nixn taugt – und jetz – wost groß bist …«

Sie beginnt plötzlich laut zu weinen. Aber da wird auch der Bursch ernst und sagt, indem er den Rock wieder zuknöpft und straff zieht: »Geh – sei jetz stad, Muatta – hör ma auf mit dem Geflenn! – Zwegn meiner brauchst no net sterbn – no lang net! Und wann s' mir für alle meine Stückln, die wo i im Kriag gmacht hab, net mehra Straf gebn habn, als wia die, na brauchst di du aa net z' kränka!«

Und dabei zeigt er auf seine Brust.

Ein doppelter Ausruf: »Ja – Bua – des is ja – des Eiserne Kreuz!«

»Ja. Des is des Eiserne Kreuz. Und jetz hab i Hunger und Durst. Jetz möcht i a bißl was.«

Da rennen sie, der Vater – die Mutter!

Und nicht lang, da sitzt der Toni in der Wirtsstuben am Ofentisch, ißt und trinkt und erzählt langsam, wie er zu der Auszeichnung kam.

Und gemach füllt sich die Stube mit Gästen; denn es hat keinen daheim gelitten, – jeder muß den Loder sehen, – muß inne werden – warum er da ist – ob er davonghaut worden ist – oder entlaufen.

Und der Toni erzählt: »Ja mei! – Dees hätt ma aa net gmoant, daß ma seine Lumpenstückln, die ma so als Bua gmacht hat – amal so guat verwerten kunnt! Siechst, Bader, – es is do ganz guat gwen, daß i dir so viel Täubn abagschossen hab! – Und die Spatzn und die Dachln und Krachen san allsam net umasunst gschossen worn! – Jetz bin i froh, daß i als a Wildschütz verruafa bin!

Mei Kamerad, der Forstjager vo Ebersberg hats aa gsagt: ›A guata Schütz is in Kriag besser als wia a heiliger Pfarrer!‹

Also … geh, Muatta, gib ma no was z' essen! Mi hungerts no wia an Franzos'! … Also – da – auf d' Letzt, da waar's uns bald drangangen an Kragn! –

Mir san in de Vogesen, ham grad a Franzosenstellung gstürmt, ham die roten Hosen no a gute Streck weiter verfolgt und uns nachher in dera neuen Stellung guat eingrabn.

Auf amal hoaßts, die Roten kommen in großer Übermacht – die Stellung kann net g'haltn werdn – mir müassn wieder zruck. – Denk i mir: Himmel Herrgott – wieder zruck – Toni – da tuast net mit, – die Stellung muaß boarisch bleibn – und gehts, wia 's mag.

Guat. I meld mi bei mein Hauptmann: Herr Hauptmann, die Stellung muaß uns ghörn. I halt s'! Gebn S' ma a paar Leut, ganz guate Schützen – und i versprich Eahna, daß mir s' so lang haltn, bis d' Unterstützung kimmt.

Der Hauptmann hat ja net dro wollen. Aber da hat si glei mei Kamerad, der Jaga von Ebersberg, und no zwee brave Kerl freiwillig gmeldt – no – und nachher ham mir halt d' Erlaubnis kriagt.

Also – mir vier Leut – dazua vier Büchsen – und a so a drei – viertausad Patrona.

Mittag is's gwen, wia die Gaude oganga is. Also. Der Jaga und i – mir ham gschossen – und die andern zwee ham gladen und d' Büchsen hergricht.

Ja. Dees is ganga. In der Stund leicht hundert bis hundertzwanzg Schuß. – Und a jeder guat zielt! – Heunt grausts ma. I hab so an die tausend Schuß abgebn in dene Stunden.

Auf oamal – mir könnan so an die fünf – sechs Stund a so furtg'arbat habn – da gehts: Bumm Bumm! – Oa Granate um die anderne, – oane näher wia die anderne.

Und no nixn z' gspürn von der Unterstützung! – Herrgott – i verrgiß's meiner Lebtag nimmer – die Stund. – Auf amal bleibt mir die frischgladene Büchs aus. Himme Herrgott! Büchsen her! – plärr i – i kriags net. – Da drah i mi um – mei liaber Herr – mei Büchsenlader liegt hinten – ohne Kopf. Die letzte Granaten hat hinter uns einghaut – und hat 'n dawischt.

Aber mei Kamerad schreit sein Lader: Fürn Toni aa ladn! – Und dahin gehts wieder.

Um achte auf d' Nacht kimmt unser Unterstützung – Artillerie fahrt auf, – und in der Nacht ham s' neue Prügl kriagt.

Da hab i nachher an Bajonettstich dawischt und bin ins Lazarett kemma.

Dort hat mir nachher mei Hauptmann des Eiserne Kreuz anhänga lassen. – Und jetz hab i a Wochen Urlaub.«

Er trinkt, die Mutter stellt einen Teller mit Würsten vor ihn hin, und schweigend ißt er.

Die Gäste aber sitzen nachdenklich beieinander, nicken mit dem Kopf – und der alt Besenbinder sagt: »Ja ja. Was a guater Besen wern will, muaß beizeiten ausschlagn.«

*

In den Zeitungen wars gestanden, von der Kanzel hatte es der Pfarrer verkündigt, auf der Post und beim Burgermeister konnte man es lesen: Bringt euer Goldgeld in die Reichsbank! Wechselt es in Papiergeld um – fürs Vaterland!

Aber: »Was tuats Vaterland mit mein Goldgeld?« dachte der Bauer; und: »Was tua i mitn Papiergeld? – Bal a Feuer auskimmt, nachher verbrennts ma, – und bal der Kriag schlecht auße geht, nachher verlierts sein Wert!«

Und der Bauer behielt sein Goldgeld.

Aber die Zeitungen schrieben wieder, das Generalkommando erließ einen Aufruf, – die Bürgermeister entschlossen sich, die Goldfuchsen einzusammeln und abzuliefern.

Und so kam auch das Fuhrwerk des Herrn Burgermeisters von Schöllharting in der ganzen Gemeinde herum, und der Herr Rentamtmann fuhr mit, hatte die Brieftasche voll Banknoten, den Beutel voll Silbergeld und sagte: »Werst es sehgn, Burgamoasta, des hilft. De san bloß z' faul zum hintragn. Dene muaß ma nachlaafa wia der Hund sein Herrn!«

Also: Das Fuhrwerk steht vorm Rippelbauern seinem Hof.

Die Bäuerin steht unter der Tür: »Was gibts? – D' Steuer is scho zahlt!«

Der Rentamtmann lacht: »Da fehlt si nixen, RippIin – die is zahlt, d' Steuer! – Naa – mir kemman heunt zwegn was andern. Fürs Vaterland!«

Aber die Ripplin runzelt die Stirn: »Was? Scho wieder mit so an Bettel! – Jetz is a so erscht des letztmal d' Lehrerin und Dokterin dagwen! – und des andermal d' Postsekretärin und d' Tierärztin! – Mir gebn nix mehr her! – Mir ham a Leiwand hergebn und an Höng und an Barchad und a bars Geld! – Naa – i gib nix mehr her!«

Der Rentamtmann schaut hilflos von der Bäuerin zum Bürgermeister.

Und der sagt: »Red net a so schiach daher, Ripplin! Zerscht muaßt wissen, was daß mir wolln, nachher kannst's Mäu auftoa. – Also – mir fragn di: hast du oder der alt Rippel a Goldgeld in Haus? – Mir müassn alles Gold eisammeln und gegn a Papiergeld eintauschen.«

Da sagt die Bäuerin abweisend: »Soo. Naa. Da bist zu ins umasinst einagfahrn. Mir ham koan Pfenning Goldgeld in Haus. Mir ham net amal a Silbergeld dahoam! Naa. Mir ham alls auf der Hypatek. D' Steuern han ja so mentisch groß, daß ma koan Pfenning nimma auf d' Seitn bringt. Kaam daß ma si von de Schuldn darett'!«

Derweil kommt der alt Rippel, ihr Schwiegervater.

Der reißt das zahnlose Maul auf, blickt fragend von einem zum andern und stößt endlich die Bäuerin in die Seite: »Was gibts denn?«

»Ah nixn. Insa Goldgeld solln ma hergebn. I hab's scho gsagt, daß mir koans habn.«

Da sagt auch der Alte: »Naa, Burgamoasta, gar koans ham ma. – Da muaßt scho beim Nachbarn schaugn, beim Dobel.«

Das Fuhrwerk fährt weiter. Zum Dobel, zum Veitl, zum Schnepfa; zum Heckmoar, zum Sixner, zum Leitner.

Aber keiner hat ein Goldstück.

Sie fahren den ganzen Tag; von Hof zu Hof, – von Ort zu Ort. And da es Abend wird, haben sie im ganzen drei Goldfuchsen gefangen; einen von der alten Häuslerin und zwei von der Kobelbauernmagd.

»Des is net viel,« sagt der Bürgermeister voll Grand; »wenn i dees gwißt hätt, nachher hätt mi koa Teife net umabracht!«

Und der Rentamtmann leert betrübt seine Brieftasche aus und erzählt die Geschichte am Abend, in der Gaststube beim alten Wirt, dem Tierarzt.

Der lacht schön still vor sich hin, kratzt sich hinterm Ohr und sagt: »Ja ja. Da kommst grad recht zu unserne Bauern!«

Und trinkt. 1

Etliche Tage danach ist in der ganzen Gemeinde eine tierärztliche Stallvisitation.

»Zwegnan Viechstand!« sagt der Tierarzt überall; »wieviel daß jeder hat, obs gsund is – und obs Futter glangt.«

Und dann dämpft er die Stimme und sagt den Bauern eine Neuigkeit, über die jeder das Schnaufen vergißt und das Maul aufreißt und nach Luft schnappt.

»Ja was! – Ja ha! –« …

Den andern Tag ist Sonntag. Da kommen für gewöhnlich aus allen Nachbarorten die Ehehalten, und hie und da auch ein Bauer oder eine Bäuerin nach Schöllharting in die Kirche, und kaufen dann bei Kramer und Bäcker für die Woche ein.

Diesen Sonntag aber ists, als sei der große Viehmarkt; von allen Bauernhöfen ringsumher in der Gemeinde sind heut die Manner und Weiber hergekommen.

Beim Gottesdienst stehen die Leut bis in den Gottsacker heraus dicht gedrängt, und danach wimmelts und wurlts in den Wirtshäusern und Kramerläden, beim Schmied, beim Sattler, beim Schuster, auf der Post und in der Apotheke.

Und dann geschieht etwas Seltsames: zuerst geht dem Posthalter das kleine Geld aus und dann dem alten Wirt; danach dem obern Kramer und gleich drauf dem untern.

Und auf der Post stehen die Bauern an wie zu der Missionsbeicht, verlangen ein Briefmarkl oder eine Postkarte und zahlen mit einem Goldfuchsen.

Und überall, bei allen Kramern zahlen sie mit Goldgeld, so daß man endlich zum Herrn Rentamtmann läuft und ihn um Kleingeld bittet.

In der Apotheke ist's nicht anders. Da kommt die Doblerin, kauft um zehn Pfenning Kamillentee und zahlt mit einem Zwanzigmarkstück.

Die Sixin hat das Zähntreißen, kauft ein Flascherl Wienerbalsam um ein Zwanzgerl – und zahlt mit einem Goldstück.

Die Ripplin aber läuft vom Neubäck zum Stumbäck, vom Siglkramer zum Gruber, vom Glaser zum Schuster, vom Lebzelter in die Apotheke, kauft da um ein Fünferl an Hepfa, dort einen weizernen Spitzweck um ein Zwanzgerl, bei dem um zehn Pfenning Essig und beim andern ein Pfund Salz.

Und überall zahlt sie mit Goldgeld – mit guten Zwanzigmarkstücken.

Jetzt steht sie in der Apotheke.

Da hat grad der alt Hopfner um zwanzig Pfennig ein Purgier verlangt gegen seinen harten Leib und wirft nun ein Goldstück auf den Ladentisch. Der Apotheker brummt: »Das ist doch scheußlich! Schon wieder ein Goldstück! – Wo nimm ich bloß das viele Wechselgeld her!«

Und schickt den Lehrbuben auf die Post zum Wechseln.

Da tritt die Ripplin vor: »I kriagat a Schmirbn gegan Wehdam in de Füaß.«

»Wieviel?«

»No – gebts ma halt um a dreißg Pfenning epps?'

»Fünfzig is's wenigste!«

»No – na gebts ma um a Fuchzgerl.«

Der Apotheker streicht die Salbe in eine kleine Holzschachtel, – die Ripplin legt ein Goldstück auf den Tisch.

»Ja, zum Donnerwetter! Schon wieder großes Geld! – Haben Sie's nicht kleiner?«

»Naa. Gar net.«

Sie schiebt das Papiergeld ein und schickt sich zum Gehen an.

Plötzlich kommt sie nochmal zurück und fragt: »Häbts a Hennadarmöl?«

»Jawohl.«

»Na kriag i um a Zwanzgerl.«

Und indem der Apotheker das Öl,einfüllt, sagt sie: »Dees ghört der Heckmoarin.«

Und zahlt abermals mit einem Goldfuchsen. Aber da wird der Apotheker wild: »Was fällt Ihnen denn ein? – Glauben Sie vielleicht, ich mach Ihnen Ihre Wechselbank! – Sie haben doch Kleingeld!«

Die Ripplin schüttelt den Kopf: »Naa naa, Herr Apotheka! Des Öl ghört der Heckmoarin – und für d' Heckmoarin zahl i net vo mein Geld!«

In diesem Augenblick kommt der Tierarzt und der Herr Rentamtmann zur Tür herein.

»Was is's, Herr Apotheker,« ruft der Tierarzt; »is Eahna 's kloane Geld no net ausganga?«

Und der Rentamtmann langt in eine Kassette, die er dabei hat, und zählt dem Apotheker ein Häuflein Papiernoten hin.

Unterdessen kommt der Lehrbub zurück mit dem Goldgeld und dem Bescheid, die Post hatte selber nur Gold.

»Geh, sag, sie kriegn glei a Kloans!« ruft ihm der Rentamtmann zu und wechselt also hundertundachtzig Mark um.

Die Ripplin ist starr stehen geblieben; jetzt tritt sie plötzlich näher und sagt: »Habts leicht no a Papier übre? – I hätt aa no gern a weng was gwechselt!«

»Ah, da schaug her!« ruft der Rentamtmann aus; »d' Ripplin! – I hab gmoant, du hast koa Gold net?«

»I hab aa koans!« sagt die Bäuerin abweisend; »dees, was i gwechselt habn will, des ghört der Heckmoarin. – Hast um hundert Mark a Papiergeld?«

Da lacht der Tierarzt laut auf; der Herr Rentamtmann wechselt der Ripplin das Gold, und sie läuft sichtlich erleichtert weg.

»Ja, jetzt sagn S' mir bloß, was das heut bedeuten soll?« fragt der Apotheker ganz verdutzt.

Aber der Tierarzt lacht unbändig und sagt: »Sehr einfach! Gfangt hab i s' – I bin gestern überall zum Stallvisitiern hingfahrn, und hab an jeden ganz im Vertrauen erzählt, daß morgen das ganze Goldgeld im Land eingschmolzen und ein neues gmacht wird, a bessers. – Und daß vom Montag ab ein jedes alte Zwanzgmarkstück grad noch sechzehn Mark gilt – und ein Zehnerstutzen bloß noch acht. – Das hat gholfen. –«

Der Wildmoser tritt ein: »'s Good. An Zugpflaster um a Zehnerl.«

Die Herren treten zur Seite.

»Passen S' auf – das ist wieder einer! Der vergönnt auch dem andern die sechzehn statt zwanzig lieber, als wie sich selber!«

Richtig. Das Goldstück klirrt schon.

»He da, Wildmoser!« sagt in dem Augenblick der Tierarzt; »des sollst aber net toa – an Apotheker a alts Goldstückl aufhänga! Werst scho wissen, was i dir gestern verzählt hab!«

Aber der Wildmoser lacht und sagt: »Ja mei – Herr Tierarzt! – Oana muaß jetzt alleweil an Schaden habn! – Und da hab i mir denkt – gehst zum Apotheker – dem hängt 's Geld a so scho zu alle Knopflöcher außa! – Der tragt den Schadn leichter wia i!« …

Am andern Tag konnte der Rentamtmann von Schöllharting die Summe von siebenundzwanzigtausend Mark an Goldfuchsen der Reichsbank übersenden.

 

Landwehr-Abschied

Elf Uhr Nachts.

Von den Stadttürmen hallen die Schläge.

Rasselnd fährt die letzte Trambahn durch die Straßen, – ein paar Fiaker rollen lautlos über den Asphalt, indes die alten Rösser ihr gemächliches Trabtrab dahinstolpern.

Eine junge, bleiche Frau in ärmlichem Gewand hastet mit drei Buben, davon keiner noch viel Schuh zerrissen hat bei seinem Dasein, durch die Stadt.

»Büaberln, laafts!« mahnt sie; »sunst sehgn ma unsern Vater nimmer!«

Und nimmt den Kleinsten auf den Arm und rennt dahin – durchs Tal – über die Isarbrücke – Haidhausen zu.

»Muatta, tragn!« bettelt jetzt der zweite und hängt sich an den Rock der Frau.

Da schlägts viertel.

»Ums Christi willen, Kinder laafts – viertel über Elfe is's scho!«

Sie nimmt auch den zweiten auf den Arm und, eilt keuchend dahin – den Gasteiger Berg hinan – am Kirchlein vorbei.

Da verschnauft sie, stellt die beiden wieder zur Erden und greift rasch nach dem Päcklein, das sie im Sack hat.

Dann gehts weiter, dem Quartier der Landwehr zu.

Männer, Frauen kommen jetzt aus Häusern und Gassen, eilen vor ihr her – hasten an ihr vorüber.

Und auf dem Platz vor der Kirche Sankt Johannis steht schweigend eine Menge Volks gleich einer dichten Mauer, die sich bis zur Wörthschule, dem Quartier, hinzieht.

»Gottlob!« flüstert die Mutter; »mir kommen no net z'spät!«

Und sie nimmt wieder die zwei Kleinen auf die Arme, heißt den Größeren sich an ihren Rock hängen und geht aufrecht durch die Menge und mitten auf der freien Straße.

Ein reitender Schutzmann will sie fortschaffen; sie aber sagt fest: »I muaß durch zu mein Mann.«

Und eilt weiter und kommt an die Schule. Ein Landwehrmann steht blumengeschmückt vor der Tür.

»Sie, bittschön, is vielleicht mei Mann da, der Forster?«

So fragt sie, indem sie die Kinder langsam zu Boden gleiten läßt.

»Was für a Forster?«

»Der. Ludwig. – A Schreiner is er sunst.«

»Ja, der is scho da. Aber … ob er no rauskomma derf … wartn S', i schaug amal!«

Er geht hinein.

Das Weib steht stumm, lauschend den Körper vorgebeugt, mit großen, brennenden Augen und fest aufeinandergepreßten Lippen an der Tür.

»Muatta, kommt der Vata?« fragt der Größere.

Aber sie hört nicht, – sie lauscht auf das Stimmengewirr in der Halle drin, greift langsam in den Sack, zieht behutsam das Päcklein daraus und löst die Schnur.

Da – eine Stimme – hastige Schritte – sie reißt die Tür auf: »Ludwig! – Vata!«

Und öffnet lachend und weinend das Päcklein und steckt dem Vater drei brennrote Nelken ins Knopfloch.

»De san von de Buam, Vata!« sagt sie.

Und zieht ein silbernes Halskettlein aus einer Schachtel, mit einem goldenen Firmkreuz dran: »Da – und dees is vo mir, Ludwig.«

Und legt's ihm um den Hals, schiebt das Kreuz unter seinen Rockkragen: »Und so oft als du's gspürst an dein Hals, Ludwig … so oft denk, daß i auf di hoff.«

Drauf nimmt sie noch drei neue Taler aus dem geknüpften Zipfel ihres Sacktüchs, drückt sie ihm in die Hand und meint: »Mehra is's halt net worn, Vata. Aber i schick dir scho, was d brauchst. – Und zwegn de Buam, – da hab nur koa Sorg, – de stehn am Bahnhof, balst wiederkimmst.«

Es schlägt dreivertel.

Die Glocken von Sankt Johannis heben an zu läuten.

Im Quartier wird's lebendig.

Kommandos erschallen, die Stiegen dröhnen von schweren Tritten.

»Rosi – Muatta! … Aus is's … Du muaßt geh. Bleibts mir gsund … bis i wieder kimm … Rosi!«

Er küßt sie, – herzt die drei Buben, – reißt sie noch einmal an sich und stürzt dann weg.

Langsam, die Kinder weisend mit beiden Händen, – ein irres Lächeln um die Lippen, so geht die Mutter dahin durch die Menge, – unter dem Geläute der Glocken.

Die Tore des Quartiers öffnen sich weit, die Soldaten treten heraus, sammeln sich und gehen in Reih und Glied.

Und da der letzte heraustritt, stößt er ein rauhes Jauchzen aus der Kehle.

Hundertfältiges Juchschreien antwortet ihm aus den Reihen der Landwehrleute.

Und auf ihren Helmen schwanken die Rosenbüschel, und an den Gewehren leuchten die Feuerlilien, und an der Brust duften die Nelken und der Rosmarin.

Plötzlich ein Kommando:

»Mit Gruppen rechts schwenkt! – Ohne Tritt – marsch!«

Die Manner ziehn zur Kirche.

Tausendfaches, brausendes »Hoch!« und »Hurra!« begleitet sie auf dem Wege dahin.

Da und dort öffnen sich die Fenster, Kinder und Greise grüßen und winken hinab, – Frauen und Mädchen pflücken die leuchtenden Blumen von den Geranien- und Nelkenstöcken am Fensterbrett und werfen sie den Scheidenden zu.

Auf dem großen Platz vor der Kirche ertönt das Kommando des Bataillonsführers:

»Gruppenweise eingeschwenkt! Vorderste Gruppe rechts schwenkt, marsch! – – Halt!«

Die erste Kompagnie steht in Front.

Die zweite und dritte stellt sich dem Portal gegenüber auf, indes die vierte der ersten die Stirne bietet und so die Paradestellung vollendet.

Lautlose Stille tritt ein, – das Geläute der Glocken verstummt.

Da öffnen sich die mächtigen Flügel des Kirchentors, brausend schallt das Lied der Orgel hinaus zur Menge: »Wir treten zum Beten vor Gott den Gerechten!«

Priester in reichem Ornat, brennende Kerzen tragend und duftende Rauchfässer schwingend, steigen die Stufen der Treppe herab, gefolgt von dem ehrwürdigen Pfarrherrn, der unter dem prunkenden Thronhimmel das heiligste Brot in der Monstranz trägt.

»Wir loben dich droben, du Schirmherr der Schwachen!« Ergriffen stehen die Truppen, – steht die Menge.

Das Lied verstummt, und die große Glocke des heiligen Johannes erhebt wieder ihre eherne Stimme,– die andern mischen sich hell und heller drein, – silbern erschallen die Glöcklein der Ministranten.

Das Volk sinkt anbetend in die Knie.

Da und dort ein Aufschluchzen.

»Achtung! – Helm ab! – Zum Gebet!«

Segnend macht der greise Priester mit dem Allerheiligsten das Zeichen des Kreuzes über alle.

In feierlicher Prozession kehren die Geistlichen wieder zurück zum Altar.

Die Truppen ordnen sich zum Marsch.

Und dann ziehen sie unter dem tosenden Jubel der Menge, unter Heil- und Hurrarufen und Glockengeläute zum Bahnhof.

Und die Hausmutter bricht sich Bahn durch die Menge und eilt noch einmal zum scheidenden Gatten, trägt ihm ein Päcklein nach oder auch 's Gewehr, und steht danach noch lange vor den Stufen des Bahnhofs oder am Zaun dahinter und starrt auf die endlosen Wagen des Zugs, der auch ihr Ein und Aus – ihren alleinigen Hort hinträgt zum Altar des Vaterlandes.

Und schweigend geht sie heim.


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