Gottfried August Bürger
Gedichte
Gottfried August Bürger

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Das Lob Helenens.

Am Tage ihrer Vermählung.

              O Bräutigam, welch eine Braut
Wird deinem Arm zur Beute!
Bei meiner Leier schwör' ich's laut:
Die Kröne schöner Bräute!

Wer zweifelt, wandre hin und her
Rings um die alten Gleichen!
Kein schönres Fräulein findet er
in allen Königreichen.

Ihr Blick verheißt ein Paradies;
Die Wang' ist Morgenröthe,
Und ihre Stimme tönt so süß
Wie König Friedrichs Flöte.

Noch mehr! Des Dichters Phantasei
Verräth es seiner Leier,
Daß ihre Lippe süßer sei
Als Honig und Tokaier.

Ihr schlanker Wuchs... Doch wie vermag
Ich jeden Reiz zu singen?
Kaum reicht' ein langer Sommertag,
Ihr Loblied zu vollbringen.

Sie weichet nicht in Griechenland
Der schönen Namensschwester;
Doch hält ihr Herz das goldne Band
Der Liebestreue fester. –

Sie hätten in der Wunderzeit
Der Riesen und der Mohren
Die Paladine weit und breit
Zur Dame sich erkoren.

Ihr Name hätt' im Feldpanier
Den Rittern Muth geschimmert
Und Schild' und Lanzen im Turnier
Zu Tausenden zertrümmert.

Wär' sie geboren auf der Flur
In jenen goldnen Jahren,
Als ritterliche Lanzen nur
Noch Hirtenstäbe waren,

So hätt' um sie in Flur und Hain
Ein jedes Lied geworben.
Wol Mancher wär' in Liebespein,
Nach Schäferart, gestorben. –

Sieh, solche Braut zieht deine Hand
Hinweg aus unsern Blicken.
Wie neiden wir das fremde Land,
Das Helena soll schmücken!

Ach! Welche Nachbarin ersetzt
Sie unsern Nachbarsöhnen?
Und welche wird die Reigen jetzt,
Wie Helena, verschönen?

Du müßtest wol mit blankem Speer,
O Mann, sie erst erwerben
Und billig schäferlich vorher
Ein paar Mal für sie sterben! –

Doch wirst du künftig ohne Leid
Sie auf den Händen tragen
Und immer nach Verdienst wie heut
Ihr Honigwörtchen sagen.

So sei es drum! Wir lassen sie
In Frieden unsertwegen.
Die Liebe segne dich und sie
Mit ihrem besten Segen!

 


 


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