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Christopherus
Kein Kahn verläßt heut die stille Lände,
einsam gurgelt und gluckert der Fluß.
Den Eichbaum gepreßt in klobige Bauernhände
tappt mitten im Strom Christophorus.
Wellen umzischen die halben Waden
und lecken umsonst nach dem Jankersaum.
Während die Sohlen im Flußbett baden,
reckt sich das Haupt hoch über den höchsten Baum
und spiegelt den Himmel in zornig gefurchten Mienen.
Halblaut brummt und murrt der heilige Riesenmann:
»Hinfort will ich nur dem Stärksten dienen,
der meinen Schultern die rechte Bürde auflegen kann.
Am Kroppzeug der Menschen hätt ich mich satt getragen,
hab mich zu oft nach ihren kleinen Lasten gebückt.
Lieber will ich es gleich mit dem Teufel wagen,
wenn er mir nur die Nase kräftig unter das Wasser drückt.«
Christophorus schöpft Wasser in seine gewölbte Hand …
Hohl gellt ein Pfiff
und ein Kerl in schwefelgelbem Gewand
winkt ihn hinüber ans steilste Uferriff.
»Du hast mich beschrien. So laß uns gleich sehn,
ob du mich über den Strudel bringst.
Doch ist es, Geselle, um deinen Kragen geschehn,
wenn du den Teufel nicht in jeder Lage bezwingst.«
Stumm senkt Christophorus den starken Nacken,
der Gelbe springt ihm wuchtig ins Genick,
will ihm beim zweiten Schritt schon an der Kehle packen
und ihm die Luft abschnüren mit seinem Höllenstrick.
Doch bedächtig spreizt Christophorus die Bauernpratze,
langt sich den Würger mit einem Ruck,
knetet und nudelt ihn zwischen Knie und grober Tatze,
taucht und tunkt ihn zu manchem guten Schluck
und kümmert sich nicht um Prusten, Winseln, Gesperr und Gestampf,
bis ihm der Teufel unter den Händen verfliegt als stinkender Dampf.
Brühheiß ist der Strom von seiner Höllenfahrt.
Breit lacht Christophorus, streichelt den braunen Bart
und watet zufrieden in seinem frommen Gemüte
nach dem Strand.
Da steht zwischen Gras und Blüte
ein feines Knäblein, hell, rosig, wie ein Stern so schön.
Die Luft ist Gesang und himmlisches Getön,
da des Knaben Stimmlein erschallt:
»Christophorus, trag mich über des Stromes Gewalt!«
Auf seine Schultern zu sicherer Rast
hebt er das Kind und steigt in den Strom,
doch schwer und schwerer wird die liebliche Last,
als drückte auf ihn der ganze Himmelsdom,
und plötzlich mitten im Fluß
hinkniet Christophorus.
Auf Wassern steht das Kind wie auf festem Grund,
hascht eine Welle und tauft zur Stund
den heiligen Hüter der Furten und Flüsse.
Die Sonne sendet goldne Güsse
und eine Botschaft bringt der Wind:
»Der Stärkste im Himmel und auf Erden ist das Kind.
Tu ihm nur Dienst nach deinen Gaben,
und du wirst die rechte Bürde und rechte Würde haben.«