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10. Kapitel.

Eines Abends, als Adalbert zu später Stunde aus einer Klubsitzung nach Hause kam, lag auf seinem Tisch ein Brief, der Théroignes Schriftzüge zeigte. Erstaunt nahm ihn Adalbert zur Hand, erstaunt, weil er wußte, daß Théroigne ungern und selten schrieb, denn sie war wohl mit der Zunge, nicht aber mit der Feder gewandt und stand auch mit der Rechtschreibung auf etwas gespanntem Fuße. Er öffnete den Brief, las und verstand zunächst nicht recht, was er sagen wollte.

»Ich sage dir für einige Zeit Lebewohl. Forsche mir nicht nach, du würdest mich doch nicht finden. Das Vaterland ruft. Auch der Arm der Frauen ist heute stark genug, um ihm zu dienen. Es lebe die Freiheit!«

Er wußte zunächst nicht, was er aus diesen Worten machen sollte, wäre gerne noch gleich in Théroignes Wohnung geeilt, sagte sich aber, daß dies mitten in der Nacht nicht geschehen konnte, ohne Aufsehen und vielleicht sogar Unruhe zu erregen; und so wartete er den nächsten Morgen ab. Nach einer unruhigen Nacht, in der er sich mit allerlei Vermutungen und Schreckbildern gequält hatte, stand er dann vor Théroignes Tür, die ihre Zofe öffnete. Sie schien erstaunt, als sie ihn sah, und wurde verlegen, als er hastig und in befehlendem Ton fragte, wo ihre Herrin sei.

»Ich weiß es nicht. Madame ist gestern abgereist, ohne mir ein Reiseziel zu nennen. Ich dachte, Monsieur sei genau unterrichtet –«

Adalbert runzelte die Stirn. Er merkte, daß das Mädchen mehr wußte als es sagte.

»Ich bin von nichts unterrichtet; Sie aber sind es und ich wünsche, daß Sie mir genau Auskunft geben! Sie werden mir unverzüglich alles sagen, was Sie wissen!«

Sie wußte wirklich ein wenig mehr, aber nicht das, was er wollte. Sie sagte nur, daß Madame seit einigen Tagen insgeheim vielerlei Gänge gemacht und eigenhändig ihr Gepäck gerüstet habe, so daß die Zofe nicht wußte, was sie mitgenommen hatte. Viel konnte es nicht sein, denn fast die ganze Garderobe von Madame hing noch in ihren Schränken. Die Zofe war überzeugt, daß Madame in einigen Tagen oder höchstens einer Woche zurückkehren müsse, weil es ihr ja an Kleidern und Wäsche mangeln würde …

Adalbert ging in völliger Verwirrung. Er zermarterte sich den Kopf über das, was Théroigne wohl unternommen haben mochte. Nicht einen Augenblick kam ihm der Gedanke, daß sie ihm untreu sein könnte; aber er ängstigte sich, wenn er bedachte, welchen Gefahren sie sich mit ihrem unvorsichtigen, draufgängerischen Wesen aussetzen mußte. Wo war sie hin? Was hatte sie unternommen? Was bedeutete »das Vaterland ruft!« und was wollte ihr Arm unternehmen, um ihm zu dienen? Trotz aller Unruhe und alles Aufruhrs lebte man ja doch äußerlich in Frieden, und wenn es sie gereizt hätte, wieder einmal gegen die »Verräter« zu ziehen, so war es nicht nötig, zu verschwinden, sich und den Aufenthalt in Geheimnis zu hüllen. Er versuchte sich mit der Vermutung zu trösten, daß sie nur einem augenblicklichen Einfall gefolgt war und schon morgen oder übermorgen wieder in sein Zimmer stürmen würde; aber Tag auf Tag verstrich, und sie kam nicht. Er ging wieder nach ihrer Wohnung, aber auch die Zofe hatte keine Nachricht von ihr erhalten. Seine Besorgnis stieg, wurde immer heftiger, weil sich nirgendwo auch nur die kleinste Spur von der Verschwundenen erspähen ließ. Auch im Klub, zu dessen eifrigsten Besucherinnen sie gehört hatte, wußte niemand etwas von ihr. Thurnes sagte:

»Jawohl, das hat man von diesen exaltierten Weibern! Sie bringen nur Unruhe in unser Leben, und schließlich ist man doch der Gefoppte!«

Adalbert verbat sich solche Redensarten und wäre beinahe mit dem Freunde hart aneinander geraten, der das Gespräch achselzuckend abbrach, als wollte er sagen: »Wem nicht zu raten, dem ist nicht zu helfen!« Aber auch bei anderen fand er wenig Verständnis für seine Unruhe, denn für all diese Klubmänner war Liebe wohl eine süße Zerstreuung, der man eifrig nachging, im übrigen aber es mit Thurnes hielt, und nach einiger Zeit der Ausschweifung und der Revolutionslieben fand, daß man in diesen unruhigen Tagen unbedingt ein friedliches Heim haben müsse und eine liebe Frau, die zwar »gutgesinnt« war, jedoch nicht unaufhörlich von Gesinnung sprach und nicht durchaus äußere oder innere Politik machen wollte. Uff! davon hörte man und redete man genug in der Nationalversammlung und in den Klubs! Zu Hause wollte man ausruhen von dem höllischen Wirrwarr, mit dem man sich tagsüber den Kopf anfüllen mußte. Sie alle hatten schon im Stillen gestaunt, daß Adalbert so lange das ewig aufgeregte, ewig nach Sensation haschende Wesen seiner Liebsten vertrug, und Robespierre versagte hier völlig, wie immer, wenn von Liebesgeschichten die Rede war. Er machte dann stets ein so gelangweiltes und überhebliches Gesicht, daß jedem das Wort im Munde gefror …

In diesen Tagen wehte nun freilich im Hause Duplay eine Atmosphäre von fröhlicher Liebe und Glück, in der er etwas erstaunt herumstorchte, ohne sich ihr völlig entziehen zu können. Die hübsche Elisabeth heiratete seinen Freund, den jungen Lebas, und für etliche Tage war wirklich die Braut die Hauptperson in der Familie und nicht der angebetete Abgeordnete. Selbst Eleonore hatte alle Hände voll zu tun, um die kleine Wäscheaussteuer zu schichten und mit farbigen Bändern zu binden, um das Hochzeitskleid der Schwester zu garnieren und sich selber den Brautjungfernstaat, der einfach genug war, zurecht zu putzen. Auch Vorbereitungen für ein festliches Mahl mußten getroffen, Blumensträuße gewunden werden, und Robespierre versprach sogar – welche Ehre! – ein kleines Hochzeitscarmen zu verfassen, das er selber sprechen wollte. Geschäftig lief Eleonore umher, jagte treppauf, treppab, aber mitten in aller Geschäftigkeit blieb sie zuweilen stehen, preßte die Hände auf das stark klopfende Herz und war wie berauscht von der Liebesatmosphäre, die das Haus erfüllte. Gewiß, auch ihr Tag mußte kommen, mußte sie bräutlich schmücken und endlich dem Manne zuführen, um den sie schon lange und demütig warb! Sie war jung, er an keine andere gebunden, – warum also sollte nicht die Stunde kommen, in der sein Auge auf sie fiel und seine Hand sie zu sich erhob?! Ihr Gesicht wurde heiß, ihre Augen bekamen einen bannenden Ausdruck, als wollte sie den Gleichgültigen durch die Macht ihres Blickes zu sich herzwingen. Und sie dachte an ihn, während sie da stand, unaufhörlich, mit verzweifelter Inbrunst und Beharrlichkeit und meinte, durch die Kraft ihres Denkens müsse ein heißer Strom von ihr zu ihm hinfluten, müsse er spüren, wie sie an ihn und nur immerfort an ihn dachte … Er aber saß derweilen in seinem Stübchen, spürte nichts von ihren Gedanken und von ihrer Liebe, sondern sinnierte über einem System zur Weltbeglückung … Einmal wäre er beinahe in Konflikt mit Eleonore gekommen, ohne daß sie Schuld daran trug. Er kam nämlich an der Küche vorbei, als sie eben für das Hochzeitsmahl ein paar Hühner abgestochen hatte und noch das blutige Messer in der Hand hielt. Er sah es, wurde blaß und mußte sich, einer Ohnmacht nahe, an die Wand lehnen. Erschrocken eilte sie herbei:

»Um Himmels Willen, was ist Ihnen?«

Er nahm sich zusammen:

»Nichts, nichts von Bedeutung … aber ich kann kein Blut sehen!«

Und in strengem, schulmeisterischem Ton fügte er hinzu: »Ich wundere mich, Eleonore, daß ein Mädchen es kann!«

Sie entschuldigte sich:

»Ich muß doch! Wenn wir essen wollen, muß ich doch die Hühner abstechen!«

»Dann wäre es besser, keine Hühner zu essen! Ich werde jedenfalls keinen Bissen davon anrühren!«

Sie war ergriffen von so viel Zartheit, die ihr nie in den Sinn gekommen wäre. Beim Mahle rührte er auch wirklich trotz alles Zuredens kein Hühnerstückchen an, und Eleonore, die meinte, seinen Blick forschend auf sich ruhen zu fühlen, folgte seinem Beispiel. Umso eifriger sprach die übrige Familie den köstlich gebratenen Hühnern zu, am eifrigsten Robespierre's jüngerer Bruder, Augustin, der nun, da Elisabeth Platz machte, ebenfalls bei den Duplays wohnen sollte. Er war ganz anders als der gefeierte Abgeordnete; zwar kein minder guter Patriot und dem ernsthaften Bruder mit fanatischer Zuneigung ergeben, im übrigen aber ein hübscher, fröhlicher und leichtfertiger Mensch, der jeden Tag umarmte, als wärs ein junges Frauenzimmer, und jedes junge Frauenzimmer küßte. Er fand dies Hochzeitsmahl, an dem es für ihn keine Weiblichkeit und keine Aussicht auf ein Abenteuer gab, etwas langweilig, denn Eleonore war ihm nicht hübsch genug, um ihr zu huldigen, und obendrein las er ihr die Verliebtheit für seinen Bruder vom erhitzten Gesichte ab. Er begnügte sich also damit, wacker zu essen, noch wackerer zu trinken und dazwischen allerlei lustigen Schnick-Schnack zu erzählen und seinen ernsthaften Bruder ein klein wenig zu verspotten, ohne jemals den Respekt zu verletzen, den er für ihn hegte. Gegen Schluß des Mahles erzählte er sein Lieblingsstück. Sie waren einmal, wie Robespierre es liebte, über Land gegangen und an einem Bauernhof vorbeigekommen, wo in praller Sonne ein fettes Mutterschwein lag, an dessen Zitzen elf entzückende rosige Ferkel saugten. Er, Augustin, der nicht immerfort mit hohen, sondern auch mit realen Gedanken beschäftigt war, hatte zu dem Bruder gesagt:

»Donnerwetter, solch ein Milchschweinchen möchte ich knusprig gebraten haben!« Maximilian aber hatte ihm solche Rede verwiesen und gesagt, daß diese säugende Mutter mit ihrer Brut ein wundervolles Ebenbild der Natur sei, die gütig all' ihre Geschöpfe nährt und tränkt. So entzückt war er von dem Anblick gewesen, daß er beschloß, diesen Bauernhof immer wieder aufzusuchen, um sich von dem Wachstum der kleinen Ferkel und der Fürsorge ihrer Mutter zu überzeugen.

»Aber als er das nächste Mal kam, hatte die Alte ihren ganzen Wurf aufgefressen!«

Er hatte die Geschichte flüsternd nur dem alten Duplay und dessen Frau erzählt, denn er wollte den Bruder nicht stören, der gerade in ein Gespräch mit den jungen Leuten verwickelt war, und er wußte auch nicht, ob Maximilian es nicht übelnehmen werde, daß er diese Geschichte gerade hier berichtete. Das Ehepaar Duplay aber lachte so dröhnend, daß alle aufmerksam wurden und Augustin die Geschichte von den Ferkeln wiederholen mußte. Nun lachten auch die andern, und Eleonore, die sich an den Verweis erinnerte, den ihr die abgestochenen Hühner eingetragen hatte, meinte sentenziös:

»Ja, die Natur ist wohl immer gütig, aber –«

Robespierre fiel ein:

»Es gibt kein Aber. Es darf kein Aber geben, wenn es sich darum handelt, der Natur zu folgen! Sie ist unsere Lehrmeisterin; und wir verderben uns selbst, wenn wir ihr ungehorsam sind!«

Nun war das Gespräch wieder bei Dingen, die man alle Tage philosophisch wendete und besprach, nur das junge Ehepaar nahm keinen Teil daran, tuschelte miteinander und küßte sich, während rundum Menschheitsprobleme erörtert wurden.

Als man sich vom Mahle erhob, um vor dem bei Hochzeiten üblichen Gang ins Bois noch ein wenig behaglich zu sitzen und zu plaudern, trat Augustin auf den Bruder zu, umfaßte zärtlich seine Schultern und sagte mit einem Gemisch von Bewunderung und Mitleid:

»Kannst du niemals die Menschheit vergessen und einmal eine Stunde lang nur fühlen, daß du jung bist? Willst du denn nie fröhlich sein wie wir alle und dich freuen, daß dir das Leben und die Zukunft gehören?!«

Der andere sah ihn ernsthaft an.

»O doch! Ich werde mich freuen und mit euch fröhlich sein! Aber nicht jetzt. Jetzt ist noch keine Zeit dazu. Später –«

»Später! Was wissen wir von später! Was später ist, gehört uns vielleicht nicht mehr. Aber dieser Tag, diese Stunde gehört uns, und wir wollen sie auspressen bis auf den letzten Glückstropfen, daß nichts übrig bleibt. Daß wir, wenn es einmal zum Sterben kommt, uns sagen dürfen: Wir haben kein Glück und keinen Genuß versäumt!«

Robespierre hörte dieser Glücksverkündung nur mit halbem Ohre zu. Er hing dem nach, was sein Bruder von »Später« gesagt hatte.

»Wie arm bist du an Glauben, Augustin, wenn du sagst, daß niemand weiß, was später sein wird! Ich, ich weiß es. Wenn wir alle, die Gutgesinnten, wollen, wird das Leben später ein Paradies sein!«

Nun wurde auch er warm und von der eigenen Rede, die zuerst nur stockend floß, fortgerissen. Ein wenig schulmeisterlich blieb sie freilich immer, denn alles, was Zweifel und Vermutung war, verdroß ihn. Für ihn war die Welt ein Rechenexempel, das Güte und Freiheit lösen konnten und dessen Ergebnis eben ein Paradies war. Nur die Schurken, die Verräter wollten verhindern, daß dies Rechenexempel gelöst wurde, aber sobald die Welt erst von ihnen gereinigt war, stand nichts mehr der allgemeinen Glückseligkeit im Wege. Dann würde auch für ihn das »Später« kommen, von dem er träumte. Fern der großen Stadt ein bescheidenes Gütchen, dessen Felder er selber bestellte … eine blühende Frau mit dem Säugling an der Brust, umringt von einer Schar wohlgesitteter, gesunder Kinder … Ein Freundeskreis wackerer Landleute und Arbeiter, denen er am Abend, wenn die schwieligen Fäuste ruhten, Jean Jacques vorlas … Eleonore lauschte zwischen Entzücken und Eifersucht. An wen dachte er, wenn er von der blühenden Frau sprach? An sie? So gerne sie es geglaubt hätte, konnte sie die Frage nicht bejahen. An eine andere also – –? Sie wußte keine, auf die ihr neidvoller Verdacht hätte fallen können. Aber nur diesem einen Gedanken hing sie nach, und darum gewahrte sie nicht, welch' schrecklichen Klang in Robespierres Munde das immer wiederkehrende Wort »reinigen« erhielt und wie auf dem fahlen Armutsgesicht wieder ein feuriger Widerschein lag …

Dann ging man, wie es Hochzeitsgesellschaften ziemt, im Bois spazieren. Voran Robespierre mit Adalbert, hinter ihnen das Ehepaar Duplay zwischen der Tochter Eleonore und Augustin, der dem alten Duplay nun saftige Geschichten erzählte, die nicht mehr für die Ohren der Damen berechnet waren. Mutter Duplay hörte auch gar nicht hin, denn sie war müde und bedachte schläfrig, wie man die Reste des Hochzeitsmahls am besten verwenden könne. Auch Eleonore gab nicht auf Augustin acht. Ob sie wollte oder nicht, sie mußte immerwährend das verliebte Flüstern der jungen Eheleute hören, die als letztes Paar gingen, und unwillkürlich beschleunigte sie den Schritt, näherte sich ein wenig Robespierre, der im Gespräch dahinging und mit der Hand spielend durch hochgeschossenes Gras und blühendes Buschwerk fuhr. Da folgte ihre Hand der seinen und war beglückt, daß sie dieselben Halme und Blätter streifte wie er …

Der Mond stand schon am Himmel, als man den Heimweg einschlug. Alle waren müde und still geworden. Der junge Ehemann hatte den Arm um seine Frau gelegt und ging mit ihr dahin, ohne sich um die übrigen zu kümmern. Die Beiden sprachen kein Wort mehr, nur ihre glückseligen Augen redeten zu einander, und ab und zu beugte er sich, als wäre er schon allein mit ihr, zu ihr nieder, küßte ihren Mund und ihren weißen Hals. Eleonore sagte:

»Wir wollen einen Augenblick ausruhen!«

Und die alten Duplays folgten gerne dem Wort, ließen sich schwerfällig auf ein paar abgehauenen Baumstämmen nieder, während Eleonore sich an eine breitgeästete Buche lehnte und die Hände schützend über die Augen hob, denn trotz der blassen Mondsichel ging eben erst die Sonne in feurigem Purpurgewölk unter. Vielleicht war das Mädchen wirklich geblendet, vielleicht aber auch hatte sie diese Gebärde nur gewählt, weil sie wußte, daß sie schöne Hände hatte und hoffte, daß Robespierres Augen es in diesem Moment bemerken würden. Denn die drei jungen Männer standen unfern von ihr und sahen sie, jeder nach seinen eigenen Gedanken, an. Sowohl Adalbert wie Augustin fragten sich, ob Robespierre nicht endlich merken würde, was Eleonore empfand, und Augustin, im Umgang mit Frauen wohl erfahren, dachte:

»Wenn er es jetzt nicht weiß, weiß er es nie! Wie sie dasteht, mit den Händen vor der Stirn, ganz ihm zugewandt, ganz eingetaucht in Sonne und Verlangen, ist sie, so wenig hübsch sie auch sonst sein mag, wahrhaftig wie ein Standbild der Liebe!«

Als man weiter ging, nahm er des Bruders Arm, verzögerte sich mit ihm hinter den andern und sagte leise:

»Maximilian, hast du nie ernsthaft an Eleonore gedacht?«

Robespierre sah ihn wie aus einem Traum erwachend an und entgegnete:

»O ja! Ich habe in letzter Zeit oft an sie gedacht, an sie und an dich. Sie wäre eine passende Frau für dich! Sie wird im Leben und im Tod eine tapfere Gefährtin sein!«

Augustin war erschüttert von so viel Unverstand und Weltfremdheit.

Es überkam ihn wieder das Mitleid, das der Lebensfrohe mit dem Grübler empfindet, und dann packte ihn eine unbändige Heiterkeit, daß er in lautes Gelächter ausbrach.

»Maximilian, du bist kostbar! Aber wenn du glaubst, daß ich mir meine Frau unter dem Gesichtspunkt aussuche, ob sie, wie du sagst, im Leben und Sterben eine tapfere Gefährtin sein wird, befindest du dich im Irrtum! Wenn ich mir Frauen ansehe, denke ich an ganz andere Dinge, als ans Sterben! An Dinge, die für dich viel zu gemein sind, für mich aber amüsant, o sehr amüsant!«

Er lachte wieder und beeilte sich, die andern einzuholen, die schon ein gutes Stück vorausgegangen waren. Vor dem Hause der Duplays verabschiedete er sich, denn er fand, daß man einen Hochzeitstag seinem Charakter gemäß beschließen müsse, auch wenn man nicht selbst der Hochzeiter war …

*


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