Otto Julius Bierbaum
Studenten-Beichten
Otto Julius Bierbaum

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3.

Also Du verzweifelst an mir, mein Säckchen. Na ich glaub's gerne. Und trotzdem bist du »gespannt auf die Entwicklung«. Entwicklung? Nix wird entwickelt. Tra lirum larum leier, – 's geht halt alles seinen lustigen, leisen, lieben Gang.

Jeanette und ich, und ich und Jeanette, wir kriegen uns nicht satt. Ja, – n' bißl gezankt haben wir uns schon, aber mein Gott, das ist bloß zur Abwechslung.

Sie: »Ah geh, Du bist a Fadling!«

Ich: »Was für'n Ding?«

Sie: »A Fadling bist.«

Ich: »Sooo?«

Sie: »Ja, recht fad bist.«

Ich: »Warum denn?«

Sie: »Warum gehst am Sonntag net mit mir aus?«

Ich: »Weil ich Dich allein haben mag.«

Sie: »Allweil alloan; dös is ma z'fad!«

Ich: »Möchst Du mit andern 'rum poussieren!?«

Sie: »A geh! Sei nett so trapst! A Musi mecht' i hörn.«

Ich: »Wo denn?«

Sie: »Woaßt . . . auf'n Lewenbraikeller, sagen's, is gar so fidell!«

Na siehst Du, was will man da machen? Also gut: ich schleppte sie unter allerlei glotzendes Volk in den Löwenbräukeller. Tags vorher aber machte ich vor lauter Sehnsucht »freie Rhythmen«, deren fragender, halbzweifelhafter Schluß übrigens dämlich unwahr ist, denn alle die schönen Dinge sind garnicht mehr zweifelhaft für mich.

                Münchner Kindl.

Du Münchner Kindl mit lachendem Blick,
Du runder Schneck, –
Willst Du mit Deinen braunen Augen
Wirklich ins arme, schwankende, krankende
Herz mir lachende, leuchtende, leichte
Liebeslust senken?
(Schau, wie der Taumel des jauchzenden Herzens
Selbst meiner Rhythmen bedächtige Füße
Holtertipolter dahin läßt tollen,
Jungen, ungeberdigen Böcklein
Gleich, voll unanständiger Liebe,
Statt, daß manierlich sie tapp tapp tapp
Wie die Lämmlein auf der Wiese,
Auf der Wiese voll Butterblumen
Deutscher Lyrik stille »wallen«.)
Ach, wie verheißungsvoll, ach, wie verheißungsvoll
Lodernd und üppig winken die Lippen Dein!
Welch' eine mollige Katze Du bist!
Ach so schmiegsam und warm und weich!
Doch im Auge der Hölle heißestes,
Flammendstes Feuer . . .

Morgen im Löwenbräukeller! Wie heimlich
Woll'n wir zusammen vor'm Maßkrug sitzen
Und von einem Rande nippen
Nippen?! Hilf Himmel! Du Münchner Kindl!
Nippen, – ja wohl! Nach Münchner Weise:
Kernig schluckend und häufig.
Ho! Wie werden die Augen blitzen!
Hei! Wie werden die roten Backen
Lustig glänzen, just wie die Backen des
Wappenmönchleins, das bierselig
Über Monachias Tonnen wacht.

Ach, wie freu' ich mich und wie hoff' ich!
Denn wer weiß, – gar viel ist möglich
Gott, wir find amende zum Schlusse
Ganz miteinander einig – Du weißt schon –
Süßes, rundes, braunes, liebes,
Allerliebstes Münchner Kindl,
Und ich küsse die schwellenden Lippen,
Küsse die braunen, blitzenden Augen,
Wühle im knisternden, schwarzen Haar und
Und – – – – – – u. s. w.

Nein, wie ich's so abschreibe: Der Schluß ist verdammt verlogen, gerade als hätt' ich das Gedicht an ein lyrisches Konventikel schicken wollen. Aber es kam mir so, ich weiß nicht, – mir war wirklich zweifelhaft zu Mute. Weißt Du: ich frage mich doch oft: Dieser süße, liebe, herzensgute Kerl . . . es geht doch nicht auf die Dauer. Ach was! Wie dumm, daß solche Spinnefenstereien kommen. Aber auch sie wird manchmal so feucht in den Augen und schluchzt sich mir an den Hals und weint und fragt:

»Gell, Du gehst net fort von Münch'n?«

»Aber Mauserl!«

»Ja, wennst ausgschtudiert bist . . .«

»Du! Das hat Zeit.«

»Aber gschehg'n thuats halt do' no'.«

Und da kann ich dann bloß »busserln«, bis sie an nix mehr denkt.

Aber meine Gedanken kann ich nicht fortbusserln.

Was thun?

Dein Colline.

 


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