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Die Nacht legte sich schnell über die Stadt und eine ungewohnte Ruhe herrschte in den Straßen. In den Häusern aber war größere Besorgniß eingekehrt, denn viele der Sclaven waren nicht nach Hause gekommen, und ihr Verschwinden versetzte ihre Herren in Unruhe und Angst.
Während der kurzen Dämmerzeit hoffte man immer noch auf ihre Rückkehr, als aber die Nacht vollständig hereingebrochen war, blieb es außer Zweifel, daß sie sich aus irgend einem Grunde absichtlich entfernt hielten. Die Nachbaren theilten sich einander ihre Besorgnisse, über das Ausbleiben der Sclaven mit, und bald war die ganze Stadt in Alarm, denn man fand aus, daß viele Hunderte derselben vermißt wurden und war überzeugt, daß sie sich versammelt hatten, um gemeinschaftlich gegen die Weißen aufzutreten. Viele der Sclaveneigner machten bekannt, daß auch ihre Waffen aus ihren Häusern verschwunden seien, was darauf schließen ließ, daß die Neger sich damit versehen hatten und die Aufregung und Bestürzung unter den Bewohnern Richmonds nahm mit jeder Stunde zu. Die Trommeln riefen die Miliz unter die Waffen, zwei Kanonen wurden auf den Platz vor das Kapitolium gefahren, die Häuser wurden verschlossen, die Thüren verrammelt, und alle Vorbereitungen, den Aufrührern einen blutigen Empfang zu geben, in größter Hast getroffen. Zugleich waren nach allen Richtungen Späher abgesandt, um womöglich den Sammelplatz der Neger auszumitteln und sie außerhalb der Stadt anzugreifen. Es schlug zehn Uhr und noch war keine weitere Kunde eingelaufen, als daß während des Tages sehr viele Neger von den Farmen und Plantagen aus dem Lande in und um Richmond gesehen worden waren, so daß man über die Zahl der Aufständischen gar keine Berechnung mehr machen konnte. Lange sollten jedoch die Einwohner der Stadt nicht in Zweifel darüber bleiben, denn plötzlich wurde nach verschiedenen Seiten hin ein Getöse, wie ferner Donner, laut, man hörte Gewehrfeuer, und aufsteigende Feuerfäulen zeigten an, daß Häuser in den Außentheilen der Stadt in Brand gesteckt worden seien. Im Sturmschritt marschirte sogleich die Miliz getheilt nach den Richtungen hin, wo das Feuer den Angriff der Neger bezeichnete, deren furchtbares Geschrei sich bald in den Straßen selbst hören ließ. Die Verwirrung war schrecklich. Hunderte von Weibern und Kindern flohen durch die nur spärlich beleuchteten Straßen und ihr Angstgeschrei, ihre Hülferufe mischten sich mit dem Gebrüll der heranstürmenden Negerhaufen, die in Banden von vielen Hunderten ihre Richtung nach dem Gefängnisse nahmen, wo der Mulatte Georg Stacy verwahrt wurde.
In einer der Hauptstraßen, die sich an der Höhe unter dem Kapitolium herzog, drängten sich fünf bis sechs Hundert der Aufrührer heran, von denen die größere Zahl aus Kienspänen bereitete Fackeln über sich durch die Luft schwangen. Wie ein Haufen schwarzer Dämonen, von dem Feuer der Unterwelt beschienen, tobten die racheschäumenden Neger vorwärts, ihre rothen, wollenen Hemden glühten in dem Lichte der Fackeln, das blendende Weiß ihrer Augen und ihrer Zähne blitzte aus ihren schwarzen, wuthverzerrten Gesichtern hervor, blanke Aexte, lange Messer und Gewehre glänzten in dem hellen Feuerscheine und mit dem unmenschlichsten Geheul riefen die Sclaven ihren Unterdrückern Rache und Untergang entgegen. Im Vorüberziehen schleuderten sie links und rechts brennende Kienspäne auf die hölzernen Dächer der kleinern Häuser, die hier noch einzeln in der Straße standen und feuerten Schüsse nach deren Fenstern. An ihrer Spitze sah man einen Mulatten von herkulischem Körperbau, eine blitzende Axt in der gewichtigen Rechten schwingend, während seine Linke vorwärts zeigte und er mit seiner Löwenstimme seine Brüder zu dem blutigen Rachewerke anfeuerte, das sie begonnen. Jetzt hatten sie den Theil der Straße erreicht, wo hohe Häuser sich nahe aneinander reihten und auf deren rothen Backsteinwänden sich das Fackellicht glühend spiegelte. Da wirbelte der erschütternde Trommelton der Miliz von dem anderen Ende der Straße her und im Sturmmarsch rückte sie in fest geschlossenen Reihen der zügellosen wilden Schaar entgegen. Kaum noch hundert Schritt von derselben entfernt, machten die Truppen Halt und erwarteten feuerfertig den Angriff. Der Anblick der bewaffneten Macht schien die Wuth der Sclaven noch zu steigern, mit einem donnerähnlichen Gebrüll stürzten sie, der riesige Mulatte voran, auf die Weißen zu, die sie bis auf halbe Schußweite herankommen ließen und dann Feuer gaben. Der wohlgerichtete Kugelregen streckte eine große Zahl der Angreifer zu Boden; wie wenn ein Wirbelwind in eine schwarze Wolke fährt, so stürzten die Sclaven durcheinander hin, doch der, Alles übertönende Ruf ihres Führers gab ihren Schritten die erste Richtung wieder. Von beiden Seiten aus den Fenstern der Häuser blitzten Gewehrschüsse auf die Schwarzen hinab und eine zweite Ladung donnerte die Miliz unter sie, als sie in die Wolke des Pulverdampfes, die sich ihnen entgegenrollte, eindrangen und sich auf die Bajonette der Weißen stürzten.
Wie nach Blut dürstende Tiger, waren sie in die Reihen der Soldaten eingedrungen, die Fackeln waren erloschen und deren Feuerbrände glühten unter den Füßen der Stürmenden. Mann gegen Mann kämpfte jetzt der verworrene Knäuel mit der Axt, dem Messer, dem Bajonett und dem Kolben, wilde Flüche und Todesschreie mischten sich mit dem Klirren der Waffen, und der Pulverdampf der noch einzeln fallenden Schüsse mehrte die Dunkelheit so sehr, daß es kaum möglich war, Feind oder Freund zu unterscheiden. Plötzlich wirbelten abermals die Trommeln, und zwar in der Straße hinter den Negern, und eine neue Abtheilung Miliz eilte mit gefälltem Bajonett ihren Kameraden zu Hülfe. Es war zu spät für die Sclaven, die Flucht zu ergreifen, die Uebermacht der Weißen drängte sie von zwei Seiten und es blieb ihnen nichts übrig, als ihr Leben so theuer als möglich zu verkaufen. Sie fochten wie die Hyänen, mit den, Zähnen, wenn sie die Waffen nicht mehr gebrauchen, konnten, und zerfleischten noch im Todeskampfe ihre Gegner mit den Nägeln. Sie wurden Alle niedergemetzelt, und die Bewegung eines Gefallenen zog ihm noch einen Bajonettstich zu, so daß auch die Vielen, die sich auf die Erde niedergeworfen hatten, um todt zu erscheinen, nicht verschont wurden. Dabei rollte der Donner der Kanonen durch die Nacht, aus denen man mit Kartätschen einen anderen Negerhaufen niederschmetterte, der schon das Gefängniß erreicht hatte und den gefangenen Mulatten befreien wollte. Die Aufrührer, die den Waffen der Weißen zu entgehen im Stande waren, flohen unter dem Schutze der Dunkelheit und noch vor Mitternacht war die Sicherheit der Stadt hergestellt. Der Morgen kam und der neue Tag warf sein Licht auf mehr als siebenhundert Sclaven, die in ihrem Blute todt in den Straßen lagen, aber auch sehr viele Weiße hatten in dem Kampfe ihr Leben eingebüßt. Alle Neger, die sich in der Stadt befanden, worunter viele, die Theil an dem Kampfe genommen hatten, wurden jetzt aufgeboten, ihre gefallenen Brüder aus den Straßen fortzuschaffen und sie zu begraben.
Früh Morgens war der Galgen errichtet worden, an dem der Mulatte Stacy zum Tode befördert werden sollte und gegen zehn Uhr stellte sich die Miliz bei dessen Gefängniß auf, um ihn zu der Richtstätte zu begleiten. Ganz Richmond war in Bewegung und das Gedränge der Volksmassen in den Straßen war so groß, daß der Wagen, auf dem der Verurtheilte saß, kaum vorwärts geschafft werden konnte. Nirgends ließ sich ein Farbiger sehen und selbst in den Häusern verkrochen sie sich zitternd vor den Blicken der Weißen.
Die Hinrichtung wurde ohne Störung vollzogen und dann versammelten sich abermals die Bürger im Kapitolium, um über die Maßregeln zu berathen, die man den Negerunruhen im Lande entgegensetzen wollte; denn von vielen Seiten waren Nachrichten eingelaufen, daß Sclaven ihre weißen Herrschaften ermordet hatten, und sich jetzt in zügellosen Banden in den Wäldern umhertrieben. Es wurden Streifcompagnieen errichtet, an die sich die weißen Landbewohner anschlossen und mit ihnen die flüchtigen Sclaven verfolgten und dieselben einfingen, oder, wenn sie Widerstand leisteten, niederschossen. Täglich hörte man von neuem Zusammentreffen mit den Aufrührern und die Zeitungen brachten die haarsträubendsten Artikel über Grausamkeiten, welche an Weißen, aber noch weit mehr an Farbigen verübt worden waren. In kurzer Zeit befanden sich Erstere aber wieder vollkommen im Besitz der Gewalt und die Sclaven beugten sich abermals in Ohnmacht und duldender Unterwürfigkeit unter das knechtende Joch, welches ihnen das Gesetz dieses Landes der Freiheit auflegte.