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V.

Von der wüsten Urschel.

Auf Hohennagold hatte einst ein berühmter, vornehmer und eitler Graf seinen Sitz. Zu seinem und der Gräfin großem Leide, war sein einziges Kind, Ursula, im Volksmund »Urschel«, gar stiefmütterlich von der Natur ausgestattet worden. Von Vater und Mutter verachtet, vom Gesinde verspottet, wurde sie wegen ihres blöden Gesichtes die »wüste Urschel« genannt. Allein, wenn auch sehr gekränkt und betrübt durch eine solche Behandlung, trug sie dies doch alles still; daneben nahm sie sich hauptsächlich der Armen und Notleidenden der Stadt an und hat in den Hütten derselben manche Not gestillt und abgewendet. Sonst liebte sie am meisten die Einsamkeit. Täglich ging sie in den Wald, um dort ihr Leid zu klagen.

Ihr Lieblingsgang führte durch den oberen Schloßberg über das Härle hinab an die Nagold. Eines Tages nun fand man sie dort unten tot unter einem Felsen. War ihr Geist umnachtet, daß sie sich selbst den Tod gegeben? Man weiß es nicht. Das weiß man aber, daß die Armen und Notleidenden der Stadt lange Zeit um sie getrauert haben. Und von Stund an hieß und heißt dieser Ort, wo man sie gefunden, die »wüste Urschel« bis auf den heutigen Tag.

(Köbele.)


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