Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Wie der Schultheiß mit dem Kaiser speiste und was sich inzwischen für Reden verliefen.
Es hatte der Kaiser den Schultheißen und seine Unterthanen eingeladen, bei ihm die Mahlzeit zu nehmen. Als sie nun zu Tisch saßen, Niemand an des Kaisers Tafel als der Schultheiß, verliefen sich zwischen ihnen verschiedene und zierliche Reden von sehr hohen und wichtigen Sachen, welche der Länge wegen hier nicht alle erzählt werden können, darum der geneigte Leser nur mit Einigen vorlieb nehmen mag. Der Schultheiß guckte den Sohn des Kaisers, welcher oben am andern Tisch gesessen war, längere Zeit starr an. Der, Kaiser bemerkte dieß und sprach deswegen zu ihm: »Was denkst du dir von diesem?« Der Schultheiß antwortete: »Junker Kaiser, ist es nicht Euer Sohn?« – »Ja,« antwortete der Kaiser. »Fürwahr,« sprach der Schultheiß, »ich habe es ihm an der Nase angesehen. Aber sagt mir, hat er noch kein Weib?« – »Nein,« antwortete der Kaiser, »er hat noch keine, weißt du nicht etwa eine, die für ihn wär?« – »Ich wüßte wohl eine, die wär für ihn, aber es müßte im Stillen zugehen und ich nicht verrathen werden. Es ist dazu eine feine handfeste Person. Wenn sie der Junker Kaiser einmal sehen würde, wie sie alle Morgen im Dung bis über die Knie steht und arbeitet, ich weiß, Ihr würdet sagen, ich habe Recht und sie gefall Euch selber. Doch ich wiederhole die Bitte, mich nicht zu verrathen.«
»Wie wäre denn aber die Sache anzugreifen,« sagte der Kaiser, »wie meinst du, Schultheiß?« – »Es gilt zuvor eins, Junker Kaiser,« sprach der Schultheiß, »dann will ich es sagen.« Der Schultheiß trinkt, der Schultheiß trinkt. »Wenn Ihr mir ein Paar Hosen geben und meiner Frau bis über die Kniee rothe Beine machen wollt, wie die Störche haben, dann will ich sie ihm zu sehen, ja zu bekommen verschaffen.« Dieß versprach ihm der Kaiser, und die Glock ward nun allerdings gegossen, die Sache abgeredet und beschlossen, doch unter der Bedingung des Stillschweigens. »Denn wenn es andere Bursche inne würden,« sagte der Schultheiß, »käme von Stund an einer und stäche sie Eurem Sohn ab.«
»Doch möchte ich auch wissen,« sprach der Schultheiß ferner, »was er für ein Handwerk verstände, damit ich ihren Eltern zu sagen im Stande wäre, was er treiben wollte: dann meine ich, werde die Sache einen desto schnellern Fortgang haben, Junker Kaiser.« – »Nichts hat er gelernt,« sprach der Kaiser: »was meinst du aber, was er lernen könnte? er ist noch jung uns stark ist er auch, zu was meinst, daß er tauglich wäre? oder was treibt denn der Jungfer ihr Vater, er könnte ihm vielleicht helfen?« – »Es ist wohl wahr, Junker Kaiser, er hat noch einen jungen starken Rücken; es steht zu besorgen, es möchte ihm etwa ein faules Schelmenbein darin gewachsen sein, denn das pflegt gerne zu geschehen, wenn sie so auf der Bärenhaut erzogen worden sind, darum wird wohl sobald nichts mit der Hochzeit werden. Doch könnte man ihn vielleicht ein halb Jahr lang zu der Jungfrau Vater verdingen, damit man sehen möchte, wie er die faule Lende dahinter thun und sich anlassen wollte, alsdann wäre noch Zeit genug, daß man weiter handle, Junker Kaiser.«
»Wer ist aber der Jungfrau Vater?« sprach der Kaiser. – »Das will ich Euch sagen,« sagte der Schultheiß, »Wenn ich getrunken habe (der Schultheiß trinkt! der Schultheiß trinkt!); doch heimlich in's Ohr, damit es Niemand hört.« Als ihm nun der Kaiser ein Ohr neigte, sprach er: »Es ist der Schweinhirt allhier, welchem Wir erst vorgestern zu diesem Amt, als Wir ihm Platz gemacht, geholfen haben; von dem hoffen Wir, weil er ein feiner und bescheidener Mann, sowie auch fromm ist, er werde dereinst auch noch Schultheiß werden; wie ich selbst aus einem Schweinhirten zu solcher Ehre erhoben worden bin. Seine Tochter ist gar eine redliche, hurtige Person und wäre ganz recht für ihn, wenn er nur etwas lerne wollte, damit er sein Brod verdiene und Weib und Kind erhalten könnte, Junker Kaiser.« Der Kaiser, dankte ihm für das freundliche Anerbieten, und bemerkte dabei, er wolle die Sache ferner in Erwägung ziehen, und was er gesinnt sei, ihn schriftlich wissen lassen; was jetzt noch geschehen soll.