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Die Maie

Pfingsten. Eine kleine grüne Maie
Steht an ihrem Bette, froh zu schaun.
Mitten in der langen Bettenreihe
Liegt sie, rechts und links von kranken Fraun.
Hüben, drüben Schmerzgespräch und Stöhnen.
Sie allein ist stumm und lächelt krank.
– Wo die Heide anfängt, stehn die schönen
Jungen Birken jetzt so mädchenschlank!
Leicht dahin an junger, lichtdurchglänzter
Grüner Saat, grellweiß, wie frisch gemalt. – –

Ihre Augen leuchten wie zwei Fenster,
Draus die Abendsonne widerstrahlt.

– Wie der Einster flutete vorm Jahre!
Jeden Kelch umstob ein Schmetterling! – –
Langsam schaukelt sie an goldnem Haare
Ihren weitgewordnen Liebesring.
Sein Rubinstein glüht wie Wein beim Schwenken,
Glüht und blinkt, als ob er manches wüßt'. Soll sie ihn der schlanken Freundin schenken,
Die ihr Liebster jetzt als Liebste küßt?

O dies Seufzen in der Bettenreihe!
Stumm im Kissen hat sie sich versteckt.
(Seine Mutter brachte ihr die Maie!)
Und sie streckt sich, wie sie bald sich streckt.

*

 


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