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Vertauschtes Leben

Dinge, die sich jetzt mit mir begeben,
sollten mir ursprünglich nicht geschehn:
mir bestimmt war ein ganz andres Leben;
doch es hat ein boshaftes Versehn
manche Menschenlose schlecht gezogen
und das Zugedachte falsch verteilt.
Furchtsam treib' ich auf den fremden Wogen
feindlicher Galeere angeseilt.

Mir gehörte nach des Himmels Willen
kein so abenteuernder Verlauf.
Abseits, mit sich selber eins, im Stillen
wüchse meine kleine Pflanzung auf,
ihre Zartheit hätt' ich wohlbehütet
und mich nie aufs offne Meer gewagt,
wo der gnadenlose Sturm jetzt wütet
und uns durch die Dunkelheiten jagt.

Meine Jahre sollten Frieden haben
und auf heimatlichem Grund gedeihn,
sich an Gottes guten Gaben laben
und im Ungemach erträglich sein,
sich mit dem verborgnen Glück bescheiden,
das der Schreibtisch und sein Werk verheißt,
bis der kleine Schatz an Lust und Leiden,
sich unmerklich nach und nach verschleißt.

Doch der Fremde, der wie ich betrogen,
ungewollt in mein Geschick geriet,
wäre durch die Weiten gern gezogen,
wenn er häuslich sich gehalten sieht:
er begehrt das Los, an dem ich leide,
weil es meinem Wesen widerstrebt,
und so haben, irrgeführt, wir beide,
als wir lebten, dennoch nicht gelebt.


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