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Angst der Nächte

So lag ich einst, vor ach wievielen Jahren,
in einer Kammer im Großvaterhaus.
Am Dorf vorbei hört' ich die Züge fahren,
und unterm Schranke nagte eine Maus,
die Räucherschinken hingen an der Decke,
es rüttelte der Wind am Schindeldach.
Ich lag sehr klein in meinem Bettverstecke
und lauerte und hielt mich krampfhaft wach.
Vom nahen Sumpf kam das Gequak der Unken,
im Hofe bellte altersschwach der Hund.
Ich sah des Ofenfeuers letzte Funken,
und bald verdunkelte sich Stund' um Stund'.
Der Garten stöhnte vor den Fensterscheiben
und rang mit einem Feind in stummem Streit,
in allen Büschen war ein fremdes Treiben,
die Nacht schien mir wie eine Ewigkeit.
Auch heut' fühl' ich mich wieder so verloren,
als läg' ich in der ganzen Welt allein,
als wäre Feindesland vor meinen Toren
und morgen müßte ich sein Opfer sein.
Doch hier hält nahe meiner Schlummerstätte
nicht Nahverwandtes friedlich seinen Schlaf,
als ob ich mich entfernt von allem hätte,
was mein ist, als der Fluch der Zeit uns traf,
als wäre ich vom Schicksal eingefangen
in etwas, das der Totenkammer gleicht,
als wäre meiner Kindheit Angst vergangen,
daß nun die letzte sichrer uns erreicht.


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