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Gebet um Rettung vor der Flut

Gott, laß mich abseits gehn, wenn dies geschieht,
das große Morden, das sie vorbereiten,
laß mich mit der Geliebten und dem Lied
über das Blutmeer trocknen Fußes schreiten!
Gib einem deiner Engel das Geheiß,
auf eine ferne Insel uns zu bringen,
die nichts vom Irrsinn unsrer Welten weiß,
wo Vögel paradiesisch uns umsingen,
wo wieder wie ein heiliges Gebet
sich Tag und Nacht in deinen Frieden fügen,
wo über meinem Schlummer segnend steht
dein Angesicht mit meines Vaters Zügen,
und ich bin wieder dein bewahrtes Kind
und darf dem Guten kindlich gläubig bleiben,
denn alles Wüste rüttelt nur als Wind
ohnmächtig draußen an den Fensterscheiben.
Ich aber im Gehäus mit Frau und Buch
kann Andacht im Versteck der Verse halten
und unberührt von dieser Zeiten Fluch
den Widerstand der Rechtlichen gestalten,
im Wirtshausgarten bei dem Glase Wein
an rosenfarbenen Eidechsenmauern
mit der Geliebten und dem Lied allein
das große Morden schuldlos überdauern,
indes die Welle an das Ufer schlägt
mit der Gewißheit ewigen Bestandes,
die Sonne über das Gebirg sich trägt
abseits der Schlachten des verworfnen Landes.
Bis einst ein Vogel, der von weither flog,
auf meinem Fensterbrett beginnt zu singen
mit einem frommen Ton, der niemals log,
daß längst die Jahre des Verfalls vergingen,
daß aus der abgelaufnen blutgen Flut
die Heimatfluren wieder blühend steigen
und uns ihr unverwüstlich reiches Gut
in alter Herrlichkeit und Milde zeigen.
Laß mich nach Hause gehn, wenn dies geschieht,
zurück in die vertrauten Friedlichkeiten,
laß mich mit der Geliebten und dem Lied,
Gott, in das mir Gemäße schließlich schreiten!


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