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Verluste

Haben, wir nicht alles längst verloren,
was uns etwas Lebenslust verlieh?
Das Vertraun zur Menschheit ist erfroren
und was unter seinem Stern gedieh.
Jede Hoffnung klingt mir selbst verlogen,
und im Herzen tönt kein gutes Wort.
Meines Glückes Heimatschwalben zogen
in die uns versperrte Ferne fort.
Liebesfreuden, die mein Lied besungen,
waren nur erdichtet und erdacht.
Ist mir manchmal etwas Lust gelungen,
hat sie mich nicht fröhlicher gemacht.
Auch bescheiden schwärmendes Vergnügen
einer Schänken-Nacht harmloser Spaß,
Spiegelfechtereien, Bühnenlügen,
über denen ich den Gram vergaß,
des Cafés erprobte Flüchtlingsbleibe,
wo man häuslichem Verdruß entrann
und am Stammplatz bei der Fensterscheibe
ungestört sein Leben übersann,
winzige Laster, niemandem zuleide,
der Gewöhnung sanfte Narretei,
beides, Geisterschmaus und Augenweide,
von Duckmäuserei und Mißgunst frei,
so erholsam, wenn man sinnlos lachte,
sich bewußt in Kindischem gefiel,
was das Leben doch erträglich machte,
war es auch nur flüchtig und ein Spiel –
alles dieses angenehm Geringe
hatte meinen Sinnen wohl behagt;
doch nun ist der Trost der kleinen Dinge,
ach, der kleinsten! dem Gemüt versagt,
will die Welt sich gegen mich verschwören,
ist die Luft um uns feindselig kühl,
wird mir bald nichts andres mehr gehören
als das Heimweh und ein Schuldgefühl.


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