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Das Wunschland des Herzens

Dramatis personae

Maurteen Bruin

Shawn Bruin

Vater Hart

Bridget Bruin

Maire Bruin

Ein Elfenkind

Die Szene ist in der Baronie von Kilmacowen in der Grafschaft Sligo, und es wird vorausgesetzt, daß die Personen gälisch reden. Sie tragen die Tracht, wie man sie vor einem Jahrhundert trug.


Die Küche von Maurteen Bruin's Haus. Ein offener Feuerrost mit einem Torffeuer ist auf der linken Seite des Raumes, davor ein Tisch. Im Hintergrund führt eine Tür ins Freie und eine andre Tür, links von jener, führt in einen Nebenraum. Rechts ein Fenster, ein Sessel und ein großer Küchentisch, auf dem Fensterbrett eine große Schale mit Schlüsselblumen. Maurteen Bruin, Vater Hart und Bridget Bruin sitzen am Tisch. Shawn Bruin deckt den Tisch für das Abendbrot. Maire Bruin sitzt im Sessel, in einer gelben Handschrift lesend.

Bridget Bruin Weil ich sie gehn hieß und die Kälber füttern
Nahm von dem Speicher sie das alte Buch
Und war darauf gebückt den ganzen Tag.
Taub machte uns ihr Klagen und Gestöhn
Hätt sie zu tun wie manche, Vater Hart,
Früh aufstehn, so wie ich und scheuern, flicken
Ausreiten in der rauhen Nacht wie ihr
Das heilige Brot und die Monstranz im Arm.

Shawn Bruin Du bist zu bös.

Bridget Wer jung ist hilft den Jungen.

Maurteen Bruin Sie zankt etwas mit meinem Weib zuzeiten
Und steckt zu tief jetzt in dem alten Buch!
Doch tadelt sie nicht heftig, sie wird wachsen
So ruhig wie ein Staubschwamm wächst am Baum,
Sobald das Nahn und Gehn der Hochzeitsmonde
Erst halb vorüber.

Vater Hart Wild sind ihre Herzen
Wie die der Vögel sind, bis Kinder kommen.

Bridget Sie nimmt die Pfanne nicht, melkt nicht die Kuh,
Bringt nicht die Messer, breitet nicht das Tuch.

Vater Hart Ich sah sie nie mit einem Buch zuvor;
Was mag es sein?

Maurteen Ich weiß es nicht genau
Es war im Speicher fünfzig Jahre lang.
Der Vater sagte, daß mein Ahn es schrieb
Und band in einer roten Färse Haut.
Doch rückt hierher – das Nachtmahl ist bereit,
Und wenig Gutes brachte ihm das Buch
Weil's ihm das Haus mit schweifenden Barden füllte
Und schweifenden Lieder-machern und desgleichen
Und all sein Gut verstreute. – Hier ist Wein:
Das Blechbrod, Vater Hart, ist neben euch.
Mädchen, was hast du von dem Buch, daß du
Kühl werden läßt das Brod? ich und mein Vater
Wenn wir geschrieben hätten und gelesen
Wär da kein Strumpf von Silber voll und Gold
Als Erbe wenn ich starb für Shawn und dich.

Vater Hart Füll dir das Haupt mit irren Träumen nicht.
Was liesest du?

Maire Bruin Wie eines Königs Kind,
Prinzeß Edain von Irland, eines solchen
Mai-abends eine Stimme singen hörte
Und folgte, halb erwacht und halb im Schlaf,
Bis sie hinein ins Land der Elfen kam
Wo niemand alt und fromm und finster wird,
Wo niemand alt und schlau und weise wird,
Wo niemand alt und bös im Reden wird,
Und sie ist noch dort, in den Tanz versenkt,
Tief in dem tauigen Schatten eines Waldes
Oder wo Sterne gehn um Berges-gipfel.

Maurteen Beredet sie, das Buch von sich zu tun:
Grad solche Dinge schwatzte auch mein Ahn
Und er verstand von Hund und Pferden nichts
Und jeder träge Bursche konnt ihn prellen:
Sagt eure Meinung nur.

Vater Hart Tu's fort, mein Mädchen.
Gott legt auf uns des Himmels große Flügel,
Gibt einen Kreis von Tagen und von Taten
Und die verlornen Engel legen Schlingen
Ködernd mit schwerem Traum und leichter Hoffnung,
Bis sich das Herz in Stolz bläht und halb schaudernd
Und halb in Lust den Frieden Gottes flieht:
Solch ein verlorner Engel, blind von Tränen,
Umfing mit lustigen Worten Edains Herz.
Mein Mädchen, andre Mädchen sah ich schon
Ruhlos und mißvergnügt, doch Jahre machten
Sie ihren Nachbarn gleich, sie wurden froh
Beim Kinderhüten und am Butterfaß
Und beim Gespräch von Kirchweih und von Hochzeit,
Denn Leben geht aus rotem Glanz des Traums
Zu einem stillen Licht von stillen Stunden,
Das Alter bringt den roten Glanz zurück.

Shawn Doch tadelt sie nicht heftig, Vater Hart,
Denn sie ist matt wenn ich im Felde bin
Und Mutters Worte wären schwer zu tragen,
Gäbs diese Träume nicht: Mai-abend ists,
Da durch die Welt das gute Volk hin eilt
Und wirklich mag man des zu Nacht gedenken.
Streust du die Schlüsselblumen vor die Tür,
Maire, und bereitest einen goldnen Pfad
Darauf sie gutes Glück dem Hause bringen?
Bedenk, sie können junge Bräute stehlen
Am Mai-abend, sobald die Dämmrung kam.

Maire Bruin geht ans Fenster, nimmt Blumen aus der Schale und streut sie vor die Tür.

Vater Hart Wohl, wohl getan, mein Kind, denn Gott gewährt
Viel Macht dem gutem Volk am Mai-abend.

Shawn Sie können alles tun mit Schlüsselblumen:
In Gold sie wandeln oder kleine Flammen
Versengend den, der ihnen Böses tut.

Maire mit verträumter Stimme
Ich hatte sie kaum vor die Tür gestreut
Da schrie der Wind und trieb sie eilends fort
Dann laufend kam ein Kind im Wind daher
Und fing sie mit der Hand und küßte sie:
Sein Kleid war grün, sein Haar von rotem Gold
Sein Antlitz blaß wie Wasser ist vor Tag.

Vater Hart Wes Kind mag dieses sein?

Maurteen Niemandes Kind.
Sie träumt manchmal, daß wer vorüber ging
Wenns auch nichts andres als ein Windstoß war.

Maire Sie bringen unsrem Haus kein gutes Glück
Denn sie verwehten unsre Schlüsselblumen
Doch bin ich froh, daß ich gefällig war,
Sind sie nicht Gottes Kinder auch wie wir?

Vater Hart Mädchen, sie sind des bösen Feindes Kinder
Und haben Macht bis sich die Zeit vollendet
Und Gott sie trifft in großer rechter Schlacht
Und sie zerschlägt in Stücke.

Maire Er wird lächeln,
Vater, vielleicht und auftun Tor und Haus
Allen, die wohlgestalt und freundlich sind.

Vater Hart Sähn die verlornen Engel jenes Tor,
Sie stürzten hin, gefällt vom ewigen Frieden,
Und klopften sie an unsre Türen an
wer mitgeht, muß den gleichen Sturm durchfahren.

Ein Pochen an der Tür. Maire Bruin öffnet sie, geht dann zum Küchentisch, füllt eine Schale mit Mich, reicht sie zur Tür hinaus, nimmt sie leer zurück und schließt die Tür.

Maire Ein seltsam altes Weiblein, grün gekleidet,
Das bettelte um eine Schale Milch.

Bridget Das gute Volk erbettelt Milch und Feuer
Am Mai-abend. – Wehe dem Haus, das gibt,
Denn auf ein Jahr kommt es in seine Macht.
Ich habs gewußt, Unheil bringst du dem Haus.

Maurteen Wer wars?

Maire Fremd waren Sprache und Gesicht.

Maurteen Es kamen Fremde jüngst nach Clover Hill
Sie muß von denen sein.

Bridget Ich fürchte mich.

Maurteen Fern hält der Priester alles Weh dem Haus.

Vater Hart Fern hält das Kreuz dort alles Weh dem Haus
Solang es hängt.

Maurteen Komm, setz dich zu mir, Mädchen,
Und deine finstren Träume laß beiseit.
Denn meinen letzten Tagen sollst du leuchten,
Ein helles Fichtenscheit, und wenn ich sterbe
Mach ich dich reich wie wenige hier im Land:
Denn, wo ihn niemand finden kann, versteckte
Ich einen Strumpf von Silber voll und Gold.

Bridget Jed niedliches Gesicht macht dich zum Narrn
Und ich muß darben, knausern, daß dem Weib
Des eignen Sohnes nicht seine Bänder fehlen.

Maurteen 's ist ein ganz gutes Mädchen – sei nicht bös!
Die Butter, Vater Hart, steht dicht bei euch.
Mein Mädchen, gaben Zeit Geschick und Wechsel
Nicht Glück mir und der alten Bridget dort?
Wir haben hundert Acker guten Lands
Und sitzen bei einander vor dem Herd
Rechts hier den weisen Priester unsrer Pfarre,
Dich und den teuren Sohn zur linken Hand.
Zur Tafel sitzen und bei gutem Wein
Den Torfrauch überm Herd sich ringeln sehn
Im Herzen fühlend Weisheit und Genügen,
Dies ist des Lebens Bestes, wenn wir jung sind
Sehnen wir uns nach unbeschrittnen Pfaden
Und finden doch den alten Weg durch Liebe
Hindurch und Kinderpflege bis zur Stunde,
Die uns von Zeit, Geschick und Wechsel trennt.

Ein Pochen an der Tür. Maire Bruin öffnet sie, nimmt dann mit der Zange eine Torfkohle vom Herd, reicht sie hinaus und schließt die Tür und bleibt daneben stehen.

Maire Im grünen Rock ein seltsam altes Männlein
Erbat sich einen Zunder für die Pfeife.

Bridget Nun gabst du Milch und Feuer hin und brachtest
Mit allem Wissen Böses in das Haus.
Vor deiner Hochzeit warst du träg und fein
Und gingst umher mit Bändern um den Kopf
Und jetzt bist du ein ganz unnützes Weib.

Shawn Sei ruhig, Mutter!

Maurteen Du bist viel zu bös!

Maire Was kümmerts mich, ob ich der Macht von Elfen
Dies Haus hingab, wo ich den ganzen Tag
Nur Schelten hören muß.

Bridget Du weißt sehr gut:
Kennt man das gute Volk bei diesem Namen
Und spricht man überhaupt zu viel davon,
So bringt es Unheil jeder Art dem Haus.

Maire Nehmt, Elfen, mich aus diesem finstren Haus!
Gebt all die Freiheit mir, die ich verlor
Schaffen und müßig gehn nach meinem Willen!
Elfen, nehmt mich aus dieser finstren Welt,
Denn mit euch will ich reiten auf dem Wind
Und laufen oben auf der fliegenden Flut
Und tanzen auf dem Berg wie eine Flamme!

Vater Hart Du weißt nicht, was du meinst mit deinen Worten.

Maire Vater, ich kann vier Zungen nicht ertragen:
Eine, die ist zu weise und zu schlau,
Eine, die ist zu fromm und ist zu schwer,
Eine, die ist noch bittrer als die Flut.
Und eine, sanft, zu voll von müder Liebe,
Von müder Liebe und von meiner Haft.
Shawn Bruin geht zu ihr hinüber und führt sie zum Sessel.

Shawn Tadle mich nicht, oft lieg ich wach und denke
Wie jedes Ding dein lichtes Haupt erregt –
Wie schön ist es – solch weite blasse Brauen
Unter dem blühenden Gewölk des Haars!
Sitz mir zur Seite – diese sind zu alt
Von ihrer Jugend wissen sie nichts mehr.

Maire O du bist dieses Hauses großer Pfeiler
Und ich die rote Kresse, die sich rankt.

Sie nimmt Shawns Hand, blickt aber scheu auf den Priester und läßt sie los.

Vater Hart Nein Kind, nimm diese Hand – allein mit Liebe
Knüpft Gott uns an sich selbst und an den Herd
Hält fern die Wüste unter seinem Frieden
Und Freiheit, die verwirrt und Licht, das trügt.

Shawn Wär diese Welt doch mein, sie dir zu geben
Mit jedem stillen Herd und dürrer Wüste
Freiheit von Wald und Flut, die uns verwirrt
Und trügerischem Licht auf ihren Hügeln.

Maire Dann nehm ich und zerbrech sie in der Hand
Und seh dich lächeln, während sie verkrümelt.

Shawn Dann schüf ich eine Welt aus Tau und Feuer
Mit keinem bösen, strengen, allzu-weisen
Und nichts verdorbnem Alten, das dich kränkt
Und häufte die entzückte Ruh des Himmels
Wie Schein von Kerzen um dein einsam Antlitz.

Maire Dein Blick hat alle Kerzen, die ich brauche.

Shawn Einst konnten Fliegen, tanzend in der Sonne,
Oder ein leichter Wind vom Morgen her
Dein Herz mit nie gekannten Träumen füllen
Doch jetzt unlöslich band das Sakrament
Auf immer dein sehr stolzes kühles Herz
Fest an mein warmes Herz, und Sonn und Mond
Mag schwinden – und aufrollen sich der Himmel:
Stets geht dein weißer Geist noch mit dem meinen.

Eine Stimme singt in der Entfernung.

Maire Hörtest du einen Ruf? o halt mich nah
Denn Böses sprach ich heut vor Nacht und sah
Ein blasses Kind mit rot und goldnem Haar
Und wollte mit ihm tanzen auf den Winden.
Eine Stimme dicht vor der Tür
Aus der Pforte des Tags der Wind her geht
An die Öde des Herzens streift der Wind
Und die Öde des Herzens ist fort geweht
Da heimlich die Elfen beim Tanze sind
Hebend die milch-weißen Füße im Kreis
Regend die milch-weißen Arme im Wind
Denn es raunt, lacht, singt der Wind ihnen leis
Von dem Land, wo schön auch die Alten sind,
Das die Rede der Weisen auch fröhlich macht
Und ich hör, was das Schilf von Coolaney rät:
»Wenn der Wind uns gesungen, geraunt und gelacht
Ist die Öde des Herzens weit fort geweht!«

Maurteen Ich bin ganz glücklich und ich möchte alle
Auch glücklich sehen. Draußen ist ein Kind
Und aus der Kälte führ ich es zu uns.

Er öffnet die Tür. Ein Kind, blaßgrün gekleidet und mit rotgoldnem Haar tritt in das Haus.

Das Kind Bin müd von Wasser, Wind und blassen Lichtern!

Maurteen Du bist willkommen. Draußen ist es kalt.
Wer denkt an solchen Frost am Mai-abend!

Das Kind Und wenn ich müd ward dieser warmen Hütte,
So ist da wer, der muß dort hin, dort hin,
Wo Sterne, Wälder und die weißen Ströme
Ein Fest begehn, das nie zu Ende geht.

Maurteen O hört, wie es im Traum und seltsam spricht.
Komm an den Herd!

Das Kind Ich setz mich auf dein Knie
Denn ich lief her, von wo die Winde stammen
Und meine Füße möchten etwas Ruh.
Es setzt sich auf sein Knie.

Bridget Wie hübsch du bist!

Maurteen Dein Haar ist feucht von Tau!

Bridget Ich wärm die kalten Füße.
Sie nimmt des Kindes Füße in ihre Hände.

Maurteen Weit, weit her
Mußt du gekommen sein, ich sah niemals
Dein hübsch Gesicht, und bist wohl müd und hungrig?
Hier hast du Brod und Wein.

Das Kind Der Wein ist bitter.
Hast du nicht süße Speise, alte Mutter?

Bridget Honig ist da!
Sie geht in das Nebenzimmer.

Maurteen Ein liebes Kind bist du.
Die Mutter war ganz bös bevor du kamst.

Bridget Kommt zurück mit dem Honig, sie geht an den Küchentisch und füllt eine Schale mit Milch.

Sie ist ein Kind von edlen Leuten – seht
Die weißen Hände und ihr hübsches Kleid.
Ich geb dir frische Milch, doch wart ein Weilchen
Und auf dem Feuer wärmen will ich sie,
Denn was zu armen Leuten paßt wie wir,
Mag wohl kein hochgebornes Kind wie du.

Das Kind Die grüne Dämmrung, Mutter, alte Mutter,
Wird oben hell, da du das Feuer schürst
Und Abend sieht das weiße Tuch dich breiten.
Wer jung ist liegt in Bett und Traum und Hoffnung,
Doch du schaffst weiter, denn dein Herz ist alt.

Bridget Träg sind die Jungen.

Das Kind Vater, du bist weise,
In deinem Herzen scharten sich die Jahre
Zu flüstern von den Wundern, die vergingen.
Wer jung ist seufzt durch manchen Traum und Hoffnung,
Doch du bist weise, denn dein Herz ist alt.

Maurteen Wer dächte je solch junges Kind zu sehn
Das Alter liebt und Weisheit!

Bridget gibt ihr mehr Brod und Honig.

Das Kind Nicht mehr, Mutter.

Maurteen Welch kleiner Bissen! hier ist nun die Milch –
Welch kleiner Zug!

Das Kind Gib mir die Schuhe, Mutter,
Denn nach dem Essen möcht ich tanzen jetzt.
Die Schilfe tanzen am Coolaney-See
Und tanzen möchte ich bis mit dem Schilf
Die weißen Wellen sich in Schlaf getanzt.

Bridget hat ihr die Schuhe angezogen, sie verläßt den Schoß des alten Mannes und bereitet sich zu tanzen, sieht aber plötzlich das Kruzifix, schreit auf und bedeckt sich die Augen.

Welch häßlich Ding dort auf dem schwarzem Kreuz!

Vater Hart Du kannst nicht wissen, wie du böse sprichst!
s' ist unser Herr und Heiland!

Das Kind Tut es fort!

Bridget Da kommt die Angst von neuem über mich!

Das Kind Tut es hinweg!

Maurteen Das wäre Schlechtigkeit!

Bridget Das wäre Lästrung!

Das Kind Das gequälte Ding!
Tut es hinweg!

Maurteen Die Eltern sind zu tadeln.

Vater Hart Das ist das Bildnis von dem Gottessohn.

Das Kind Legt die Arme um seinen Hals und küßt ihn
Tut es hinweg! tut es hinweg!

Maurteen Nein! nein!

Vater Hart Weil du solch klein und junges Kind noch bist
Geh ich und nehm es ab.

Das Kind Tut es hinweg
Und nehmt es aus dem Aug und aus dem Sinn.

Vater Hart nimmt es ab und trägt es zum Nebenzimmer
Weil du herkamst in diese Baronie
Will ich dich unsren seligen Glauben lehren:
Du bist ein kluges Kind und lernst es bald.
Zu den Andren
Seien wir zart mit jedem Ding, das keimt.
Der Schöpfer läßt kein Kreuzigungs-Erinnern
Den ersten Sang der Morgensterne trüben.

Er bringt das Kruzifix in das Nebenzimmer.

Das Kind Der Grund ist glatt zum Tanzen. Ich will tanzen.
Über des Schilfes Wogen weht der Wind
Über der Menschen Herzen weht der Wind.
Es tanzt und schwingt sich wie das Schilf.

Maire zu Shawn Bruin
Jetzt, da sie nahe kam, so schien mirs, trafen
Noch andre kleine Schritte hier den Grund
Und leise trieb Musik im Wind und Pfeifen,
Unsichtbar, gaben ihrem Fuß den Takt.

Shawn Ich hört nur ihren Schritt.

Maire Sieh nach dem Riegel!
Denn die unheiligen Mächte gehn im Land.

Maurteen zum Kind
Komm her zu mir und wenn du mir versprichst
von dem was heilig ist nicht bös zu reden,
Geb ich dir etwas.

Das Kind Bring mirs, alter Vater!
Maurteen Bruin geht ins Nebenzimmer.

Vater Hart Ich geb dir Königskuchen, wenn du kommst.

Maurteen Kehrt zurück und legt ein Geldstück auf den Tisch, das Kind macht eine
Bewegung der Abwehr.

Das zahlt dir vieles Spielzeug – schau, wies glänzt!

Das Kind Komm, sag mir, liebst du mich?

Maurteen Ich liebe dich.

Das Kind Ah, doch du liebst den Herd!

Vater Hart Ich liebe dich.

Das Kind Doch du liebst Ihn da oben.

Bridget Lästerung!

Das Kind zu Maire
Und liebst auch du mich?

Maire Ich – ich weiß es nicht.

Das Kind Du liebst den großen breiten Burschen dort:
Ich aber ließ dich reiten auf dem Wind
Und laufen oben auf der fliegenden Glut
Und tanzen auf dem Berg wie eine Flamme!

Maire Herrin der Engel, gute Heilige, helft!
Ein furchtbar Schicksal kam: vor einer Weile
Schrie auf der Wind und nahm die Schlüsselblumen
Und lachend lief sie mir vorbei im Wind
Und ich gab Feuer und Milch und sie trat ein
Und machte euch das heilige Kreuz verstecken.

Vater Hart Ihr wildes hübsches Schwatzen macht dir Furcht
Sie kennts nicht besser. Zum Kind
Kind, wie alt bist du?

Das Kind Zur Zeit des Winterschlafs wird dünn mein Haar,
Unstet die Füße. Wenn das Laub erwacht
Trägt mich die Mutter in den goldnen Armen.
Bald tu ich an mein Weibtum und vermähle
Den Geistern mich vom Wasser und vom Wald,
Wer sagt, wann ich zuerst entstand? mir scheint,
Ich bin viel älter, als das Adlermännchen
Das blinzt und blinzt am Ballygawley-holm
Und älter ist als alles unterm Mond.

Vater Hart Sie ist vom Elfen-volk.

Das Kind Ich bin Brigs Tochter.
Um Milch und Feuer sandt ich meine Boten
Dann rief mich wer, ich hörte das und kam.

Alle, außer Maire Bruin, drängen sich schutzsuchend um den Priester. Maire Bruin bleibt auf dem Sessel, erstarrt im Schreck. Das Kind nimmt Schlüsselblumen aus der großen Schale und beginnt sie zwischen sich und den Priester und um Maire Bruin herum zu streuen. Während der folgenden Reden kommt Shawn Bruin mehr als einmal bis an den Rand der Schlüsselblumen, weicht aber zaghaft zurück zu den Andren.

Vater Hart Den mächtigen Geist will ich allein bestehn.
Sie drängen sich um ihn und halten ihn zurück.

Das Kind die Schlüsselblumen streuend
Niemand, des Herz schwer ist von Menschen-tränen,
Kreuzt diese kleinen Leuchten aus dem Wald.

Vater Hart Habt keine Furcht, der Vater ist mit uns.
Und all der Engel neun Hierarchien
Die Märtyrer und sie, die schuldlos sind.
Die weisen Könige in den Panzerhemden
Und Er, gestorben und erstanden, und
Maria mit dem siebenfach wunden Herzen.
Das Kind hört auf, Schlüsselblumen zu streuen und kniet vor dem Sessel neben Maire nieder und legt seine Arme um ihren Hals.
Ruf, Kind, die Heiligen und die Engel an.

Das Kind Du sollst mit mir gehn, jung-vermählte Braut,
Und eine freudigere Menge schauen
Weiß-armig Nuala, Aengus mit den Vögeln
Und Feacra vom zersprühten Schaum und ihn
Der Feldherr ist der Heeresmacht im Westen
Finvarra und das Wunschland ihres Herzens
Wo Schönheit Ebbe nicht, Verfall nicht Flut kennt.
Doch Weisheit Lust ist, Zeit ein endlos Lied.
Ich küß dich und die Welt beginnt zu schwinden.

Vater Hart Tochter, zu Haus und Liebe ruf ich dich!

Das Kind Bleib und komm mit mir, jung-vermählte Braut,
Denn folgst du ihm, so wirst du wie die andren:
Gebären, Kochen, stehn am Butterfaß
Und streiten wegen Butter, Wild und Ei
Dann, alt und scharfen Wortes, siehst du kämpfen
Mit deinen Hoffnungen die weißen Sterne.

Vater Hart Tochter, ich weise dir den Weg zum Himmel.

Das Kind Ich aber führ dich, jung-vermählte Braut,
Wo niemand alt und schlau und weise wird
Wo niemand alt und fromm und finster wird
Wo niemand alt und bös im Reden wird
Wo keine Haft die sanfte Zunge bringt.
Treu sind wir nur den fernen Lichtern, denen
Wir singend folgen über Tal und Holm.

Vater Hart Beim teuren Namen des Gekreuzigten
Heiß ich dich, Maire Bruin, komm zu mir!

Das Kind In deines Herzens Namen halt ich dich!
Es läßt ab vom Sessel und sich bückend hebt es eine Menge Schlüsselblumen auf und küßt sie.
Wir liebes goldnes Volk sind heut sehr stark,
Wenn jener nahm und barg das Kruzifix
Und mein Gesipp füllt unsichtbar das Haus
Ich höre ihre Schritte auf und ab.
Bald sollen sie lenken aller Menschen Herzen
Und alles Land besitzen – fröhlich tanzten
Sie gestern um den Glockenturm! Zu Maire
Komm fort,
Horch, meine Brüder rufen uns hinweg!

Vater Hart Ich hole jetzt das Kruzifix zurück.
Sie hängen voll Schreckens an ihm und lassen ihn nicht fort.

Bridget Geht nicht, die Zauberblumen töten uns!

Maurteen Die Blumen wandeln sie in krause Flämmchen.

Shawn Die krausen Flämmchen zehren auf das Herz.

Das Kind Ich hör sie rufen: »jung-vermählte Braut
Komm mit zu Wasser, Wald und blassen Lichtern.«

Maire Ich gehe mit dir.

Vater Hart Ach, sie ist verloren!

Das Kind bei der Tür stehend
Dann – folge: denn der schwere Leib von Lehm
Und haftend sterblich Hoffen muß abfallen.
Wir, die auf Wellen laufen, Winde reiten,
Und auf den Bergen tanzen, wir sind leichter
Als Tau, der auf der Dämmrung Bannern liegt.

Maire So nimm die Seele.

Shawn geht zu ihr hinüber
Liebste, laß mich nicht!
Erinnre, wie ich dich am Brunnen traf
Und deine Hand nahm und von Liebe sprach.

Maire Liebes Gesicht, Stimme –

Das Kind Komm, jung-vermählte Braut!

Maire Stets liebt ich ihre Welt – und doch – und doch –
Sie sinkt in seine Arme.

Das Kind von der Tür her
Weiß-weißer Vogel, kleiner Vogel, komm!

Maire Sie ruft die Seele!

Das Kind Kleiner Vogel, komm!

Maire Ich höre Tanz und Singen!

Shawn Bleib bei mir!

Maire Mir scheint, ich bliebe gern – und doch – und doch –

Das Kind Komm, Vogel, mit dem goldnen Kamm!

Maire sehr leise
Und doch –

Das Kind Komm, Vogel mit dem Silbersporn!
Maire stirbt und das Kind geht.

Shawn Sie starb!

Bridget Laß ab von jenem Bild: sie ist weit fort!
Du legst den Arm um einen Blätterhaufen
Ein Eschenholz, das ihrem Bilde gleicht.

Vater Hart So sahn die bösen Geister ihren Raub
Beinah aus Gottes wahrer Hand heraus
Und täglich mehr und mehr wächst ihre Macht
Man läßt die alten Pfade, denn die Hoffart
Pocht uns mit dünnen Knöcheln an das Herz.

Eine Stimme singt draußen
Aus der Pforte des Tags der Wind her geht
An die Öde des Herzens streift der Wind
Und die Öde des Herzens ist fort geweht
Da heimlich die Elfen beim Tanze sind
Hebend die milch-weißen Füße im Kreis
Regend die milch-weißen Arme im Wind
Denn es raunt, lacht, singt der Wind ihnen leis
Von dem Land, wo schön auch die Alten sind
Das die Rede der Weisen auch fröhlich macht
Und ich hör was das Schilf von Coolaney rät:
»Wenn der Wind uns gesungen, geraunt und gelacht
Ist die Öde des Herzens weit fort geweht!«

Das Lied wird von vielen Stimmen aufgenommen, die laut singen, so wie im Triumph. Einige Stimmen scheinen aus dem Inneren des Hauses zu kommen.


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