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Die Gräfin Cathleen

Dramatis personae

Shemus Rua, ein Landmann

Teig, sein Sohn

Aleel, ein junger Barde

Maurteen, ein Gärtner

Die Gräfin Cathleen

Oona, ihre Pflegemutter

Maire, Weib des Shemus Rua

Zwei Dämonen, verkleidet als Kaufleute

Musikanten

Landleute, Diener usw.

Engelhafte Wesen, Geister und Elfen

Die Szene ist in Irland und in alten Zeiten


1. Akt

Die Hütte des Shemus Rua. Die Tür ins Freie ist an der rechten Seite des Raums. Dort ist ein Fenster auf der einen Seite, ein kleines katholisches Heiligenbild hängt auf der anderen. Im Hintergrund führt eine Türöffnung in ein Schlafgemach und links ist die Tür zur Speisekammer. Durch das Fenster sieht man einen Wald von Eiche, Fichte, Haselbusch und Eberesche, halb verborgen in Dunst und Zwielicht. Maire beobachtet Teig, der einen Topf mit Wasser füllt. Er hält inne, wie um zu horchen und verschüttet etwas von dem Wasser.

Maire Du bist ganz daum.

Teig Horch, wie der Hund bellt, Mutter,
Und wie die graue Henne schlägt im Stall.
Seltsame Dinge gehn in dieser Notzeit
Landauf und -ab: am Tubbervanach Kreuzweg
Traf eine Frau nen Mann, gespreizt die Ohren,
Die schlugen wie die Schwingen der Fledermaus.

Maire Shemus bleibt spät.

Teig Am Carrick-orus Friedhof
Da traf ein Hirt nen Mann, der war ohn Mund
Ohn Ohr, ohn Aug, ein Fleischwall sein Gesicht,
Er sah ihn klar im Mond.

Maire geht zum kleinen Heiligenbild
Weiße Marie,
Bring Shemus heil mir vom verhaßten Walde
Schütz vor den Wölfen ihn, Shemus ist tollkühn
Und schütz ihn vor den Geistern im Gehölz
Die ausgeschlüpft und auf den Wegen schreiten
Trüb-äugige Seelen täuschend, jüngst verstorbne,
Und jene Lebenden, vor Hunger toll.
Schütz, Weiße Jungfrau, ihn, Marie.

Teig Und jetzt
war mir, als hört ich Trommel fern und Harfe.

Pochen an der Tür.

Maire Shemus ist da.


Teig Brächt er doch bessre Nahrung
Als gestern diese dürre Krähe war.

Maire öffnet die Tür und Shemus tritt ein mit einem toten Wolf
auf der Schulter.

Maire Shemus, du kommst spät heim, du hast gelungert
Und deinen Schwatz gehabt: du weißt, wie mich
Das Träumen fürchten macht und wie ich bete,
Doch schwätzend seit der Früh liegst du am Hügel
Mit aller Welt am Kreuzweg trödelnd schaffst du
Dir Zungenrausch mit dieser finstren Zeit.

Shemus Du schmähst den Kopf mir ab. Hier ist gut Essen.

Er wirft den Wolf auf den Tisch.

Aaskrähe ist so gut nicht wie ein Wolf.
Ich suchte lang: die Mäuse, Ratten, Igel
Waren wie tot, kaum einen Flügel hört ich
Sich regen im verhungerten Gehölz
Ob totes Laub und Lehm auch von vier Wäldern
Am Fuß mir kleben. Jetzt nur kam ich heim
Und sah vor eines Kuhstalls Schwelle, schnüffelnd
Den jungen Wolf – die Armbrust warf ihn hin.

Maire Den Heiligen Preis! nach einem Schweigen
Was hat der Hund gebellt?

Shemus Er hörte mich und roch das Fleisch – was sonst?

Teig Verhungern heißts noch nicht.

Shemus Was gibts für Speise!

Teig Ein Beutel hier halb voll mit Mehl, ein Topf
Halb voll mit Milch.

Shemus Und da ist Maive die Henne.

Teig Das Holz war weniger hart.

Maire Bevor du kamst
Machte sie großen Lärm im Schuppen, Shemus.
Was schlug ans Fenster?

Teig Zwei gehörnte Eulen
Blickten und flatterten am Fensterrand
Schon seit zuerst der Hund gebellt.

Shemus Still, still.

Er legt einen Pfeil auf die Armbrust und geht zur Tür. Ein jähes Ausbrechen von Musik draußen.

Schon wieder fort: Herr oder Edelfrau
Schweift im Gehölz mit Trommel und mit Harfe.
Teig, tu den Wolf hinweg aufs höchste Fach
Und schließ die Tür.

Teig geht mit dem Wolf in die Kammer, kehrt zurück und schließt die Tür hinter sich.

Sitz auf dem schiefen Stuhl
Mach dein Gesicht bleich, mach die Stimme weinen
Und laß den Kopf gebeugt sein auf dein Knie.

Er öffnet die Tür der Hütte.

Kommt, gute Edle: viele Abende lang
Ward diese Schwell die mancher Fuß zerrieb
Von Schnecken nur und Vögeln überschritten
Und unsrem eignen hunger-müden Tritt.

Die Gräfin Cathleen, Aleel, der eine kleine viereckige Harfe trägt, Oona und eine kleine Schar phantastisch geputzter Musikanten treten ein.

Cathleen Seid ihr so hungrig?

Teig neben dem Herd
Herrin, eben fiel ich
Und lag auf unsrer Schwelle wie ein Klotz.
Ich schmeckte keine Rinde seit vier Tagen.

Die Gräfin Cathleen leert ihre Börse auf den Tisch.

Cathleen Hätt ich mehr Geld bei mir, ich gäb es euch
Doch sahn wir viele Hütten diesen Tag
Und wenn ihr morgen zu mir kommt ins Haus
Sollt ihr es doppelt haben. Mir gehört
Ein weites leeres Schloß in diesem Wald.

Maire Dann seid ihr Gräfin Cathleen – mit den Euren
Seid ihr willkommen meinem armen Dach,
Wollt ihr euch setzen und am Feuer wärmen?

Cathleen Auffinden müssen wir dies Schloß im Wald
Noch vor dem Frost der Nacht.

Die Musikanten stimmen ihre Instrumente.

Zürn, gute Frau,
Mir für die Trommel und die Harfe nicht:
Ich wollte fliehn den Schrecken dieser Zeit
Mich hüllen in Musik und süße Sänge
Oder mich tot grämen. Ich kam vom Weg,
Aleel, der Dichter, kennen sollt er wohl
Den Wald hier, denn wir trafen ihn am Rande
Wandernd und singend gleich dem Schaum der See,
Ist so bedrängt vom Traum kommender Schrecken
Daß er nicht helfen kann.

Maire geht mit ihr zur Tür
Beim Haselholz
Beginnt ein grüner Schattenweg, der führt
Zu eurem großen Schloß im bösen Wald.

Aleel Wenn wir gegangen, so sperrt Tür und Riegel,
Denn bis vor kurzer Zeit sie uns entschwanden.
Schrien über unsrem Haupt zwei graue Eulen
Von naher Schrecknis. Trommel und Harfe, wacht!
Denn ob die Welt uns wie ein Hauch entweht
Musik ist Herr von allem unterm Mond,
Und spielt »Der Wind der bläst bei Cummen Strand.«

Musik. Er singt:

Wilddrängendes Herz, sei still, sei still
Laß nie dein leidvolles Lieben hervor
Hülls in des einsamen Liedes Klang.
Er, der die Welt ganz lenkt wie er will,
Verhängte des endlosen Raumes Tor
Mit der Sterne Schein und des Mondes Gang.

Während er singt gehen die Gräfin Cathleen, Oona und die Musikanten hinaus.

Schließ zu die Tür und schließ die Wälder aus
Denn eh sie uns im Blätterdickicht schwanden
Schrien zwei gehörnte Eulen über uns.

Er geht fort. Maire verriegelt die Tür
Wenn ihre Ruh die Klugen, Reichen lassen
Und Waldspuk fürchten, suche Schutz der Arme
Und bete vor dem Herd.

Shemus zählt das Geld und wirft ein Stück aus den Tisch

Die Mutter Gottes
Vom Wehn unsterblicher Schwingen eingewiegt
Verfiel in Schlaf und hört die Armen nicht:
Ich ging zu Margret Nolan, seit neun Tagen
War grün ihr Mund von Löwenzahn und Ampfer
Jetzt rütteln sie sie wach.

Maire Ich gehe morgen.
Bei ihrem Feld stand meiner Eltern Haus.

Shemus Gott und die Gottesmutter schliefen ein
Denn müd sind sie der Kerzen und Gebete
Doch Satan gießt aus seinem Sack den Hunger
Und ich will hin und dies von ihm erstehn
Daß er den Tisch mit rotem Gold hier decke.
Teig, willst Du's mit mir wagen?

Teig Ich nicht, Vater.

Maire O Shemus, still, dein Sinn vielleicht wird beten
Trotz deinem Mund.

Shemus Zwei Kronen zwanzig Pfennig.

Maire Ist das dort Eschenholz?

Shemus nimmt den Zweig vom Tisch
Er schwankte so
Da band ich ihn an einen Eschenzweig
Und trug ihn auf der Schulter.

Maire nimmt ihm den Zweig fort
Shemus! Shemus!
Das heilige Eschenholz willst du verbrennen
Das uns vor bösen Feen und Geistern schützt?
Kennst du die Eulen, die durchs Fenster spähten?
Im alten Wald hier wohnen böse Wunder
Die wählen nach Belieben sich Gestalt.
Wir hatten keine Milch seit Nächten übrig
Daß freundlich bleibe unser gutes Volk.
Aleel, der mit den großen Shee geredet,
Ist nahen Schreckens voll.

Sie legt den Zweig auf einen Stuhl.

Shemus Ich äß mein Nachtmahl
Mit nicht geringrer Lust wenn um den Herd
Phuka und Mahr und Höllenkobold säßen
Die Hände reibend vor dem Kiefernbrand.

Er läßt ein anderes Geldstück klingen. Man hört Schritte vor der Tür.

Maire Wer weiß, welch Übel du auf uns gebracht!
Den Waldspuk fürcht ich, Shemus.

Ein Pochen an der Tür.
Öffne nicht.

Shemus Mit einer Kron und zwanzig Pfennig schließt
Das Loch sich nicht dadurch der Hunger tritt.
Das kleine Heiligenbild fällt.

Maire Sieh! Sieh!

Shemus tritt es unter die Füße
Die Mutter Gottes fiel in Schlaf
Und all ihr Hausrat fällt in Trümmer hin.

Maire Sei gnädig, Mutter Gottes, o Marie!

Shemus öffnet die Tür. Zwei Kaufleute stehen draußen. Sie haben goldne Binden um die Stirnen und jeder trägt einen Sack auf seiner Schulter.

1. Kaufmann Gibts hier ein Mahl?

Shemus Für den der zahlen kann.

2. Kaufmann Zwei reiche Händler sind wir, Ware suchend.

Shemus Edle, herein.

Maire Edle, kommt nicht herein.
Hier ist nicht Speise, nicht einmal für uns.

1. Kaufmann Ein Wolf liegt auf dem dritten Fach im Schrank.

Sie treten ein.

Shemus Vergebt: sie ist den Umgang nicht gewohnt
Und halb verrückt vom vielen Einsamsein.
Wer sagt euch, daß ich einen Wolf erlegt?
Gut heilsam Essen ob auch streng im Duft.

Der 2. Kaufmann setzt sich vor das Feuer und beginnt sich die Hände zu reiben. Der 1. Kaufmann steht und blickt auf den Eschenzweig auf dem Stuhl.

1. Kaufmann Ich möcht hier ruhn: die Nacht ist etwas frostig
Und wund mein Fuß vom Auf- und Niedergehn
Von Land zu Land, von einem Volk zum andren:
Matt brennt das Feuer, nährs mit diesem Zweig.

Shemus wirft den Zweig in das Feuer. Der 1. Kaufmann setzt sich. Die Stühle der Kaufleute sind zu beiden Selten des Feuers. Der Tisch ist zwischen ihnen, Jeder legt seinen Sack vor sich hin auf den Tisch. Die Nacht hat sich ein wenig verdichtet und das meiste Licht kommt von dem Feuer.

Maire Was habt ihr hier im Sack?

Shemus Edle, vergebt
Neugier und flüchtiger Sinn kommt in die Weiber
weil öfter sie mit ihres gleichen sind
Als ihnen gut ist.

1. Kaufmann Voll sind unsre Säcke
Von goldnen Stücken für den Warenkauf.

Sie schütten aus ihren Säcken Goldstücke auf den Tisch. Dieser ist bedeckt mit den Goldstücken. Sie glänzen im Licht des Feuers. Maire geht zur Tür der Speisekammer und beobachtet, vor sich hinmurmelnd, die Kaufleute.

Teig Die da sind große Edle.

1. Kaufmann entnimmt dem Sack eine Steinkruke
Kommt ans Feuer
Mehr Duft hat dieser Wein als alle Rosen.

2. Kaufmann Den Wein der einlullt den geringen Krieg
Von gut und bös und weckt an seiner Stelle
Duftende Glut, flackernd ob jenem Frieden,
Kennt der Raubvogel gut im tiefsten Herzen.

Shemus bringt Trinkbecher
Ich sah euch nicht, doch euer Wein erweckt
Mir Durst: sein Lob macht eure Augen glänzen.
Darf ich ihn kosten auch?

1. Kaufmann Ja, trink und trink,
Den Menschen Heil, die trinken lang und tief
Fluch auf der Mönche salzbestreuten Pfad.

Teig und Shemus setzen sich an den Tisch und trinken.

Teig Ihr sahet Seltnes wohl und tatet Seltnes.

1. Kaufmann Was denkt ihr von dem Meister, dem wir dienen?

Shemus Müd ward ich meiner Tage in der Welt
Weil ich nicht auch ihm diene.

1. Kaufmann Mehr davon
Sobald wir aßen, denn wir lieben sehr
Ein frohes Mahl, ein warm und hüpfend Feuer
Und leichtes Herz.

Shemus Komm, Maire, und brat den Wolf.

Maire Ich will für euch nicht kochen.

Shemus Maire ist toll.
Teig und Shemus stehen auf und wanken umher.
So hitzigen Wein wie den trank nie ein Mensch.

Maire Ich koche nicht für euch, ihr seid nicht menschlich:
Die zwei gehörnten Eulen spähten hier
Der Hund schlug an und toll ward Shemus' Zunge
Der Jungfrau heiliges Bild da ihr eintratet
Fiel von der Wand und als ihr euch gesetzt
Botet ihr Wein wie die Waldholde tun
Wenn aus der Welt sie eine Seele zaubern.
Was kamt ihr zu uns? war der Tod nicht nah?

1. Kaufmann Wir sind zwei Händler.

Maire Seid ihr nicht Dämonen
So geht und spendet Geld den Hungernden.
Ihr scheint mir reich wie keiner unterm Mond.

1. Kaufmann Fänden wir nur den würdigen Armen wo
So täten wirs.

Maire Dann fragt den Vater John.

1. Kaufmann Des bloßen Schenkens Übel kennen wir
Und rieten wohl zu einem klügeren Weg.
Laßt jedermann uns ein Stück Ware bringen.

Maire Und haben Ware noch die Hungernden?

1. Kaufmann Wir wollen nur was jeder hat.

Maire Kaufleute

Ihr ganzes Vieh, Gerät und Felder sind
verkauft und fort.

1. Kaufmann Nicht alles ward verkauft.

Maire Was blieb noch?

1. Kaufmann Ihre Seelen.
Maire schreit auf. Er winkt Teig und Shemus heran.
Kommt hierher.
Seht ihr die goldnen Häufchen? jedes zahlt
Für eine Seele. Nur aus Mitleid geben
So hohen Preis wir für die armen Flammen.
Sprengts aus – wir kaufen Menschenseelen – fort.
Sie rühren sich nicht.
Der Stoß hier ist für dich und der für dich.

Maire Shemus und Teig, Teig –

Teig Aus dem Weg mir fort.
Shemus und Teig nehmen das Geld.

1. Kaufmann Rufts auf dem Marktplatz aus, vor Kirchentüren,
Am Kreuzweg rufts, wir kaufen Menschenseelen
Zahlend so hohen Preis, daß jeder lebe
In Lust und Frieden bis die Notzeit endet.
Teig und Shemus gehen.

Maire knieend
Seelenvernichter, mög euch Gott vernichten!

1. Kaufmann Kein Fluch trifft die unsterblichen Dämonen.

Maire Wie trockne Blätter sollt ihr dorren, hängen
Gespießt wie tot Gewürm an Gottes Tür.

1. Kaufmann Ihr werdet unser. Dauern soll die Notzeit.
Ihr esset Gras und Löwenzahn und Ampfer
Ihr darbt bis ihr die Schwelle seht als Wall
Und wenn die Hände kaum den Leib noch heben
Sind wir euch nah.

Zum zweiten Kaufmann.
Bring her das Mehl.

Der zweite Kaufmann bringt den Beutel mit Mehl aus der Kammer.

Verbrenns.

Maire wird ohnmächtig.

Jetzt, da sie schläft, bleiben wir ungeschrammt;
Die graue Henne bring.

Der zweite Kaufmann geht zur Tür hinaus und kehrt zurück mit der erwürgten Henne. Er wirft sie auf den Boden. Während er fort ist, schürt der erste Kaufmann das Feuer. Der erste Kaufmann holt dann den Topf mit Milch aus der Kammer und gießt sie auf die Erde. Er kommt zurück, bringt den Wolf heraus und wirft ihn neben die Henne.

Dies braucht viel Feuer.
Der Stuhl und Schemel hier gibt guten Zunder.

Er beginnt den Stuhl zu zerbrechen.

Zertrümmern wird mein Meister Sonn und Mond
In der uralten Nacht die Sterne löschen
Umstürzen Gottes Thron und seiner Engel.

2. Akt

Eine große Halle im Schloß der Gräfin Cathleen. Da ist ein großes Fenster am weiteren Ende, dahinter der Wald zu sehen ist. Die Mauer rechts springt leicht vor, einen Winkel des Raums abschneidend. Eine Reihe von steinernen Stufen führt zu einer kleinen Bogentür im Mauervorsprung. Durch die Tür blickt man in ein kleines Betzimmer. Die Halle ist behangen mit altertümlichen Tapeten daraus die Liebesabenteuer und Kriege und Jagden der Fenier sowie der Helden vom Roten Zweig dargestellt sind. Türen sind rechts und links. In der linken Seite sitzt Oona wie schlafend, ein Spinnrad neben sich. Die Gräfin Cathleen steht weiter hinten und mehr rechts, nah bei der Gruppe der Musikanten, die noch ihren phantastischen Putz tragen, und eine heitere Weise spielen.

Cathleen Seid still, ich bin der Trommel müd und Harfe
Auch der Musik müd, die nur ruft: schlaf, schlaf
Bis Schreck und Hoffnung, Lust und Sorge schwand.

Die Gräfin Cathleen geht zu Oona.

Schliefst du?

Oona Nein, Kind, ich dachte nach, warum
Du traurig seist.

Cathleen Mich quält die Hungersnot.

Oona Ich lebte jetzt fast neunzig Winter, Kind,
Und sah drei Dinge nur, die kein Arzt heilt –
Alleinsein, Liebe, Hungersnot ... auch fand ich
Nur im Altwerden Zuflucht und im Schlaf.
Siehst du wie Oisin und Jung-Niam reiten
Eins in des andren Arm und wie die Fenier
Den Hunden folgen auf dem Feld im Bild
Froh lebten sie, ob auch die Menschen starben.
Setz dich zu mir, ich singe dir ein Lied
Von dem Geschlecht der Danu in den Hügeln
Das Aleel für dich sang am großen Tor
Eh wir im Blätterschatten ihn verloren.

Cathleen Nein, sing das Lied – er sangs im trüben Licht
Da wir zuerst ihn sahn im Blätterschatten,
Vom König Fergus im Gefährt von Erz
Mit Tänzerscharen fahrend durch den Wald.

Sie kauert sich nieder auf den Boden und legt den Kopf auf Oonas Kniee.

Oona Mach eine Wiege sanft aus Märchen, Kind,
Aus Liedern und Musik: kannst du betrauern
Was unabwendbar ist? es straft die Sünder
Lächelnd der große Gott: sei fröhlich: Er
Will, daß du froh bist und das Alter weise.

Cathleen Trommel und Harfe wecken wandernde Träume.

Eine Stimme draußen

Zur Gräfin darfst du nicht.

Eine andere Stimme Ich muß sie sehen.

Geräusch eines leichten Kampfes.

Ein Diener tritt auf von rechts

Der Gärtner ist entschlossen euch zu sprechen.
Nicht halten läßt er sich.

Cathleen Komm nur, Maurteen.

Der Gärtner, ein alter Mann, kommt von rechts, der Diener ab.

Gärtner Vergebt den Rock voll Schmutz, die Schuh voll Lehm.
Ich bringe böse Worte – allzu bös
Für eines andren Mund.

Cathleen Kann irgend Botschaft
Bös oder gut sein in so schlimmer Zeit?

Gärtner Ein Schwarm dürr-häßlicher Gauner heute Nacht
Verfluch sie Gott! erkroch die Gartenmauer.
Kaum noch ein Apfel blieb auf zwanzig Bäumen
Und meine Erdbeer-, meine Spargelbeete
Sind in den Grund zertreten – und gebrochen
Die Buch- und Pflaumenzweige, abgerissen
Um eine Frucht, die letzte. Auch mein Hund,
Mein alter blinder Simon ohne Schwanz,
Ward umgebracht – Gotts roter Zorn auf sie!

Cathleen Ich weiß, wie Birnen und die Zunft der Äpfel
All deine Liebe sind – wie dieses Unheil,
Ein jähes Weltgericht, dein Jahr befiel
Drum sag ich nicht: es tut nichts. Dieses nur:
Ich tadle diese Notzeit und nicht dich.
Sei denn getrost.

Gärtner Ich danke euer Gnaden.

Cathleen Was sonst für böse Zeichen und Gerüchte?

Gärtner Der gelbe Dunst, in wessen Hag er kam,
Der vor der Nacht entlang die Hecken kriecht
Macht meine jungen Pflanzen dürr und kränkelnd,
Dagegen muß ich beten.

Er geht zur Tür, bleibt dann stehen

Wenn euer Gnaden
Mir eine alte Armbrust geben, will ich
Zu Nacht die Birnen hüten hinterm Busch
Und mach ein Loch in einen den ich weiß.

Cathleen Laß unten einen guten Trunk dir geben.

Der Gärtner geht ab.

Oona Was gabs? – er stand an meiner tauben Seite.

Cathleen Man stahl die Äpfel ihm. Die Zeit der Lese
Und seiner Früchte stilles Reifen ist
Ihm eine lange rührende Erzählung.

Oona Lehn dich noch einmal an mein Knie. Ich sing dir
Wie Fergus hinfuhr im Gefährt von Erz.

Sie singt mit der dünnen Stimme des Alters

Wer zieht mit Fergus durch den Gau
Durch Laubes Schatten im Waldgebiet
Und tanzt die flache Küste hin?
Heb, Jüngling, deine rötliche Brau
Jungfrau, dein zartes Augenlid,
Laßt Furcht und Hoffnung aus dem Sinn.

In deine Ängste fielst du neu zurück.
Du hörst mich nicht.

Cathleen Ah sing nur, alte Oona,
Ich hör des Fergus Horn in meinem Herzen.

Oona Was dieser Sang bedeutet weiß ich nicht.
Ich bin zu alt.

Cathleen Es hallt, es hallt das Horn.

Oona Und wende dich nicht und brüt nicht mehr
Ob der Liebe Wunder und bittrem Weh
Denn Fergus lenkt das Gefährt von Erz
Und lenkt im Gehölz der Schatten Heer
Und die weiße Brust der dunklen See
Und die wandernden Sterne allerwärts.

Stimme des Dieners draußen
Die Gräfin Cathleen werde nicht gestört.

Eine andere Stimme Ich muß sie sehn.

Cathleen Wer ruft nach mir, Paudeen?

Diener vor der Tür
Ein Hirt und sein Bericht.

Cathleen Er möge kommen.

Hirte tritt von rechts herein
Vergebt den Rock voll Staub: ich kam weit her.
Man stahl zur Nacht mir aus dem Pferch die Schafe.
Ihr werdet zürnen: ich bin ohne Schuld.
's ist diese Räuberzeit.

Cathleen Dich trifft kein Tadel.
Die Hungerzeit trägt Schuld.

Hirte Auf Knieen – Dank.
Vor eurem Blick vergißt der Ärmste, Herrin,
All seine Not, der Reiche seine Sorge.

Cathleen Was sonst für böse Zeichen und Gerüchte?

Hirte Am Weg bei Tubber-vanach auf zwei Steinen
Saß da ein Mann und Knab, gekreuzt die Füße,
Mit Händen reg, die Züge hungerdürr.
Die schwatzten viel vor Männern, Kindern, Frauen,
Daß dort in einem Waldhaus für die Hölle
Um solchen Preis zwei Händler Seelen kaufen
Daß jeder reich die Teurung übersteht.
Das Tal ist hungertoll – ich bin sehr froh,
Daß auf dem Berg mein Haus steht, nah bei Gott.

Er wendet sich zum Gehen.

Cathleen Nimm Speise noch und Bier bevor du gehst.
Sehr früh begannst du wohl den weiten Weg.
Wahr deinen nackten Berg – und laß die Welt
Vorbei dir ziehn mit alles Bösen Last.

Hirte Ich weiß mich froh in eurer Gnaden Dienst.

Er geht.

Oona Was gabs? – er stand an meiner tauben Seite.
Mir scheint, er sprach von Traurigem zu dir.

Cathleen Erzählung wars, gezeugt von Träumeraugen
Und wirrem Hirn und gläubigem Ohr der Not.
O, ich bin trüb wie eine alte Weise
Und Sehnsucht trägt mein Herz nach tieferer Ruh
Als Fergus fand in dem Gefährt von Erz:
Wie Adene, meines ersten Ur-ahns Tochter,
Gelockt von eines Schimmers rührendem Ton
Wollt ich hingehn und wohnen bei den Shee
Im alten stets geschäftigen Honigland.

Oona Nenn solche Dinge nicht – es bringt nicht Glück.

Cathleen Das Bild der jungen Adene auf dem Wandbild
Hinschreitend mit erhobnem Finger und
Dies wilde Lied von Tänzen ohne Ende
Des dunklen Volks der Danu in den Hügeln,
Das vor dem großen Tor Aleel mir sang,
Eh wir im Blätterschatten ihn verloren,
Tat diese schlimmen Worte all in mich.

Der Diener tritt hastig ein, gefolgt von drei Männern. Zwei davon sind Landleute.

Diener Der Schloßverwalter bringt zwei Männer, die
Euch sprechen wollen.

Verwalter Mit so fremdem Wort
Wies kaum ein Mund je sprach.

Cathleen Mehr Raub von Speise,
Doch weise Theologen schriebens hin:
Wer ohne Nahrung sei, der nehme straflos
Sein Brod und Fleisch aus allzuvollen Kammern.

1. Landmann Wir kommen dir für Raub genug zu tun.
Ich stahl fünfhundert Äpfel deinen Bäumen
Und legt' sie in ein Loch, und mein Freund hier
Stahl zwei der großen Widder dir heut Nacht
Und hing sie unters Strohdach an den Balken.

2. Landmann Sein Wort ist wahr.

1. Landmann Jetzt wandte sich das Glück.
Als ich des Weges kam bei Tubber-vanach
Traf ich den Shemus Rua und sein Kind
Sie wiesen mir zwei große Herrn, die Seelen
Um Geld erstehn, die kauften meine Seele.
Ich sagt es meinem Freund – auch er trieb Handel.

2. Landmann Sein Wort ist wahr.

1. Landmann Jetzt drängt das Volk zum Kauf,
Wie Möwen kreischend um den toten Fisch.
Bald keines Mannes, keines Weibes Seele
Bleibt unverhandelt in fünf Baronieen.

2. Landmann Sein Wort ist wahr.

1. Landmann Wir sprachen nach dem Handel
Und da dies Leben uns Genüge bietet
Das uns erwärmt – die Seelen gaben wir
In Tausch für all dies Geld.

2. Landmann Und dies Geld hier,
Sie bringen Hände voll Geld aus ihren Taschen. Cathleen richtet sich auf.
Und sehr den Galgen fürchtend raubeshalb
So wollen wir bezahlen Schaf und Frucht.
Nennt uns den Preis.

Cathleen Lest euer Geld zusammen.
Glaubt ihr, ich rühr an der Dämonen Gold?
Hinweg, gebt zwei-drei-zwanzigfach ihr Geld,
Die Seelen kauft zurück. Ich zahle alles.

1. Landmann Wir wollen sie nicht wieder: eine Seele
Hält nur das Fleisch von seinen Freuden fern.
Froh wollen wir trunken sein von Mond zu Mond.
Fort aus dem Weg. Niemand sperr uns den Weg.

Sie gehen.

Cathleen zum Diener
Geh, bring sie mir zurück – berede sie.
Der Diener ab. Zum Verwalter
Du kennst den ganzen Zustand dieses Hauses.
Wie viel hab ich in Gold?

Verwalter Ein Hunderttausend.

Cathleen Wie viel hab ich in Schlössern?

Verwalter Grad so viel.

Cathleen Wie viel hab ich in Weiden?

Verwalter Grad so viel.

Cathleen Wie viel hab ich in Forsten?

Verwalter Grad so viel.

Cathleen Bewahr dies Haus allein, verkauf sonst alles,
Geh in ein fernes Land und kehr zurück
Mit Schiffen voll Getreid und vielen Herden.

Verwalter Der Segen Gottes leuchte über Euch
Das Land werdet ihr retten.

Cathleen Säume nicht.
Er geht. Der Diener kehrt zurück.
Gelang es dir? sprich eilig. Du bist blaß.

Diener Wie bei Raubvögeln brannten ihre Augen,
Ich wagte mich nicht näher.

Cathleen Gott, sei gnädig!
Die Alten bring und Schwachen in mein Haus
Denn keine eigne Sorge will ich kennen
Fortan seit diesem Tag.

Der Diener geht ab. Einige Musikanten folgen ihm, einige zögern am Eingang. Die Gräfin Cathleen kniet neben Oona nieder.

O Mutter, lehr mich
Die Zeiten bessern, stillen diese Wunde
Die in der Erde quillt, die Not vernichten
Hinstürzen in ihr Dunkel die Dämonen.

Oona Sie halten unser Herz in ihren Händen
Der Apfel ist in uns, bricht auch das Herz,
Es gibt nicht Heilung als in Michaels Horn.
Bis es beendet Alter, Trennung, Hagel,
Sturm, Hungersnot und närrisches Gelächter
Sind froh die Toten, Erde füllt ihr Ohr.

3. AKT

Halle im Schloß der Gräfin Cathleen wie zuvor. Der Diener tritt ein und geht zur Tür des Betzimmers.

Diener Hier will ein andrer noch zu euer Gnaden.

Cathleen von innen
Wer ruft?

Diener Es kam ein Mann mit euch zu sprechen
Botschaft verrät sein Antlitz, die bewegend
Und dringend ist.

Cathleen Ich kann nicht ruhn noch beten
Ein Bote trat dem andren in die Spur
Bei mir den ganzen Tag und jede Botschaft
War böser als vorher die andre war.
Wer ist der Bote jetzt?

Diener Aleel, der Dichter.

Cathleen Zu jeder Stund willkommen ist er mir
Denn ich weiß nichts als einen Harfenton
Was so an Glück erinnern kann.

Der Diener ab und Aleel tritt ein.
Und jetzt
Vergesse ich das Böse für ein Weilchen.

Aleel Zu fordern kam ich: laß dies Schloß und flieh
Aus diesem Wald.

Cathleen Welch Übel wäre hier
Das überall nicht wär von hier zum Meer?

Aleel Sie, die mich sandten, schreiten unsichtbar.

Cathleen Man sagt, dir gab das weise Volk der Hügel
Von seiner Weisheit.

Aleel In der Dämmerung
Lag ich am grasigen Rande eines Sees
Unter den Hügeln wo nichts Sterbliches
Als nur der Schwan hinkommt – mein Schlaf ward Feuer.
Einer schritt hin mit Vögeln überm Haupt.

Cathleen Ja, Aengus mit den Vögeln.

Aleel Er vielleicht
Vielleicht auch trug er eines Engels Namen.
Herrin, ich soll aus diesem Wald dich rufen
Du sollst mit Oona deiner Pflegemutter,
Und wenigen Dienern leben auf den Hügeln
In Klängen der Musik und in dem Licht
Der Wasser, bis die böse Zeit verging.
Er kniet.
Denn hier furchtbar erwartet dich ein Tod
Ein unaussprechlich böses, großes Dunkel
Das Fabel nie geträumt, Mond nie und Sonne
Durchdrang.

Cathleen Und Vögel waren um sein Haupt?

Aleel Ja, weiße Vögel. Geh aus diesem Haus
Mit Dienern alt und treu, die Nahrung geben
Den Hungernden und Obdach jedem Wandrer
Solang es Raum und Speise gibt.

Cathleen Ich soll
Hingehn wo kein Geschöpf als nur der Schwan
Plätschert, du spielst die Harfe wenn die Bäume
Schwer einen Schatten vor die Tür gelegt
Und reden soll ich im Geraun des Rieds
Wenn Nacht die lachende Sonne fortgetrieben
Still und bei blassen Fackeln. Nein, nein, nein.
Ich kann nicht. Wein ich auch, ists nicht darum
Weil ganz voll Glück solch Leben wär und hier
Nicht Weg noch Ende ist. Auch wein ich nicht
Weil ich nach deinem Angesicht mich sehnte –
Ich ward nur müd vom Beten in der Nacht.

Aleel schlingt die Arme um ihre Kniee
Laß Ihn, der alles schuf, Engel und Teufel
Und Tod und Fülle, heilen was er schuf
Denn mühn wir sehenden Auges uns umsonst
Bricht auch das Herz umsonst.

Cathleen Hilft denn der Frieden?

Aleel Durch Heilung hilft er.

Cathleen Du sahst meine Tränen.
Und ich sah deine Hand am Boden zucken.

Aleel stammelnd
Nur Heilung dacht ich. Einem Engel glich er.

Cathleen sich abwendend
Kein Engel, doch der alten Götter einer
Die durch die Welt gehn um das Herz zu wecken –
Das stolze heiße Herz, dem alle Engel,
Entvölkernd die neun Himmel, Schlaf nur brächten.

Sie geht zur Tür der Kapelle, Aleel streckt ihr zögernd einen Augenblick lang seine verschlungenen Hände hin und läßt sie dann niedersinken.

Nein, streck mir flehend nicht die Hände zu.
Auf Erden nie erwacht dies Herz. Ich schwor's
Bei ihrem siebenfach durchbohrten Herzen
Vor diesem Kreuz zu beten bis mein Herz
Anwuchs zum Himmel wie ein Baum und dort
Sein Laub geregt, bis Gott mein Volk gerettet.

Aleel der aufgestanden ist
Wenn ein so Großer mir dem ganz Geringen
Von Liebe sprach ob auch die Liebe weigernd
Was bleibt mir sonst als dies: die Hand hinstrecken
Und niedersenken dann, weil allzusehr
Sie sich vermaß.

Er geht zur Eingangstür der Halle. Die Gräfin Cathleen geht einige Schritte auf ihn zu.

Cathleen Sind alte Märchen wahr
So freiten Fürsten, Hirten und Bettlerinnen
Und in dir Gottes schöpferische Flut
Erhöht dich über Könige – nicht du,
Ich bin der leere Becher.

Aleel Schweigend sprach
Ich alles aus – lebwohl, lebwohl – doch nein
Gib mir die Hand zum Kuß.

Cathleen Ich küß die Stirn
Und sage nicht lebwohl. Oft bin ich müd
Und wünsch mir Harfenklang.

Aleel Ich kann nicht bleiben,
In Hügeln bergen möchte ich mein Leid –
Horch nur, horch, die Hügel rufen mich.

Sie horchen einen Augenblick.

Cathleen Der Wasservogel ruft.

Aleel Dann will ich hin
Wo nur der Wind ruft, der Brachvogel ruft
Und Wasser ruft: nennt dies nicht eine Sage
Die ältesten drei Rufe in der Welt?
Lebwohl, lebwohl, bei ihnen will ich wandern,
Denn unter einem Dachfirst wohnt kein Trost.

Er geht.

Cathleen blickt ihm durch die Tür nach
Ich seh ihn nicht. Er kam ans große Tor.
Ich bete jetzt. Wär doch mein Herz und Sinn
So wenig schwankend wie dies Kerzenlicht.

Sie geht in die Kapelle. Die zwei Kaufleute treten ein.

2. Kaufmann Wer war der Mann am großen Tor, da uns
Der Schatten noch umfing?

1. Kaufmann Aleel, ihr Liebster.

2. Kaufmann Er lenkte wohl ihr Denken ab von uns
Wir können friedlich unsre Ware sammeln.

1. Kaufmann Nein, nein, sie kniet.

2. Kaufmann Schließ zu die Tür. Sind unsre
Lastträger alle hier?

1. Kaufmann schließt die Kapellentür
Ich hieß sie folgen.
Hörst du sie atmen auf der Stiege nicht?
Ich saß die Stunde am Hollunderbaum.

2. Kaufmann Ich hieß dich rauben ihren Schatz und doch
Fand ich dich sitzend eingenickt und reglos,
Das Kinn aufs Knie gesenkt, indes um dich
Fledermaus-gleich von Zweig und Dach und Fenster
Rings böse Seelen hingen und im Wald
Hinströmend auf den Winden flammengleich
Die Ur-geschöpfe trieben.

1. Kaufmann Mir mißlangs.
Ihr starkes Beten wehrte mir die Schwelle
Bis es zum Traum durch diesen Jüngling ward.
Dein Auftrag war ein Mord, wie ging das zu?

2. Kaufmann Ich lag im Bild eines Neunmonat-Ferkels
Am Tubber-vanach Kreuzweg. Vater John
Kam, trüb und traurig, viel Gebete murmelnd
Es schien, ich käm aus seinem eignen Stall,
Er sah ein braunes Ohr, das Betbuch fiel
Er lief – ich lief, ich lief bis in den Steinbruch
Er stürzte klaftertief.

1. Kaufmann Nun, da er starb,
Wird ein Gedräng von Seelen morgen sein.
Entrann die seine dir?

2. Kaufmann Sie stak im Sack
Doch seine Hand, die segnend Hostien reichte,
Zerriß das Fell mit scharfer Frömmigkeit.

1. Kaufmann Wohl, wohl, ans Werk – hier ist die Tür zum Schatz.

Sie entfernen sich durch die Tür links und kommen nach einer kleinen Weile zurück mit vollen Säcken auf den Schultern.

Klug, klug erdacht – mit Glanz von mir erdacht!
Nie mehr verführt sie armes Volk – nie mehr
Betrügt sie unsren Herrn um seine Ware
Dieweil wir flattern um das Haus im Wald
Und Gras die Schwelle deckt und Schnecken kriechen
An Fensterscheiben und am Lehmgrund hin.
Bruder, wo wandert all dies Zwergenvolk
Den Menschen feind, die Völker der Gezeiten?

2. Kaufmann geht zur Tür
Sie gingen fort. Sie wandten sich hinweg
Unwillige Werker.

1. Kaufmann Her will ich sie rufen.

Er öffnet das Fenster

Kommt hierher, hierher, hierher, Wasser-Volk:
Komm all du urgeschaffne Völkerschaft
Verlaßt die weithin angeschwellte See
Und laßt für sich der Wellen Cymbeln klirren –
Den Tang des Meers entschüttelnd eurem Haar
Drängt euch um uns.
Nach einem Schweigen.
Ich höre einen Klang
Wie Wogen schlagen an entfernten Strand
Und wirbelnd einer Brandung gleich von Licht,
Strömen des Meers Geschöpfe durch die Eichen
Und wie sie nahn beugt Gras und Laub sich fühlend
Entgegen und der hohe durstige Hain
Schmeichelt dem Rauschen ihrer flüchtigen Füße.

2. Kaufmann Das grüne Volk liebt unberührte Herzen
Und keiner der mit uns oder mit Engeln
Die Waffen gegen Gut und Böses hob
Mag lachend durch den Schoß der Wellen streifen.

Eine Menge von Gesichtern erscheint in der Dunkelheit vor dem Fenster. Eine Gestalt löst sich von den anderen und spricht

Der Geist Unwillig nahn wir: denn sie, deren Gold
Wir zu dem Haus im Wald nun bringen müssen,
Ist lieb all unsrem Volk. Am Ufer, auf
Dem grünen Felde halten hundert Schäfer
Ob ihren Herden Wacht und wenn die Nacht kommt
Lassen sie hundert Schalen weißer Schafs-milch
Vor ihrer Tür für uns, wenn uns die Dämmrung
Aus dem uralten Haus des Finbar zog
Und unsren Tanz am Hügel unterbrach.

1. Kaufmann macht ein Zeichen in die Luft.
Gehorcht! ich leg ein Mal auf eure Herzen.

Der Geist Das Mal des Bösen brennt auf unsren Herzen
Und wir gehorchen.

Sie drängen sich durch das Fenster und jeder nimmt einen kleinen Sack von dem Haufen. Sie sind grün gekleidet und haben rötliches Haar. Sie sind ein wenig kleiner als Frauen und Männer gewöhnlich sind.

1. Kaufmann Nun hinweg – hinweg.
Sie gehen.
Ich hieß sie gehn, denn weil sie schwatzhafte
Und flüchtige Wesen sind, hätten sie bald
Uns taub gemacht mit ihrem Meer-Geschwätz.
Jetzt holen wir mehr Geld. Ach, Bruder, Bruder,
Das Antlitz meines Herrn ersehn ich wieder
Ich fühle Heimweh.

2. Kaufmann Mich auch drückt das Werk.

Sie gehen hinaus und kommen wie vorher mit gefüllten Säcken zurück. Er deutet zum Betzimmer hin.

Wie fängt man wohl die Frau für unsren Herrn?
Die Perle, der Türkis gäb seiner Krone
Glanz wie bei Dem, den wir nicht nennen dürfen.
Jetzt, da die Luft schwer ist von unsrer Sippe
Töten wir sie und rauben ihren Geist
Bevor der Engelspöbel wachsam wird?

Ein Diadem und eine Anzahl Juwelen fällt aus dem Sack.

1. Kaufmann Wer riß den Sack!

2. Kaufmann Die Hand des Priesters John
Da er entfloh durchs Leder. Mir erschien,
Da er ein alter kleiner Geist nur war,
Der Riß nicht von Bedeutung.

1. Kaufmann Dies kommt, Bruder,
Vom Raub der Seelen, die nicht rechtlich unser.
Fällt der Türkis uns zu für unsren Herrn
So muß er niedergehn aus freiem Willen.
Sie hörte wohl den Lärm. Sie wird uns würgen
Mit heiligen Namen.
Er geht zur Tür des Betzimmers, öffnet sie ein wenig und schließt sie wieder.
Nein, sie fiel in Schlaf.

2. Kaufmann Das Haus ward wach vom Lärm. Dieweil du sprachst
Hörte ich Sessel rücken, Füße scharren.
Sie kommen jetzt herüber.

Eine Stimme im Haus
Es war hier.

Eine andere Stimme Nein, weiter fort.

Eine andere Stimme Es war im westlichen Turm.

Eine andere Stimme Kommt rasch, wir suchen nach im westlichen Turm.

1. Kaufmann Wir haben Zeit – sie gehn zu fernen Zimmern.
Die Feuer ruf die schwinden und die nie schwinden.

2. Kaufmann geht zum Fenster
's ist keines hier. Ermüdet wichen sie –
Unwillige Werker.

1. Kaufmann Ich zieh sie herein.
Er ruft durch das Fenster
Kommt her, verlorne Seelen, die ihr starbet
In trunknem Schlaf und von des Nächsten Hand
Nachdem sie euch verkauft – kommt alle her
Die ihr am Schauplatz eurer Sünden trauert
In Form der Schlangen euch und Tiere wandelnd
Bilder der Leidenschaften, hierher, hierher –
Verlaßt den Sumpf, die schilfbeladnen Pfuhle,
Bildlose Feuer, die ihr Seelen wart
Und welkes Elend jetzt.

2. Kaufmann Sie kommen nicht.

1. Kaufmann macht ein Zeichen in die Luft.
Kommt hierher, hierher, hierher.

2. Kaufmann Ich vernehme
Ein Weinen wie vom sturm-verstörten Ried.
Die Feuer die schwinden und nie schwinden steigen
Gleich Dampf auf aus der Erde, Gras und Blätter
Schaudern und schrumpfen fort und schwingen um
Spukhaft umweht von Stößen eisiger Luft.

1. Kaufmann Sie sind eins mit allen Wesen des Verfalls
Wollust, Blitz, Wahnsinn, Dürre, Hungersnot.

Unbestimmte Erscheinungen haben nach und nach die ganze Bühne gefüllt, einige in tierischer, einige in menschlicher Gestalt, einige nur Lichter.

Komm du – und du – und du – hebt diese Säcke.

Ein Geist Wir sind zu heftig, Bilder nur des Sturms.

1. Kaufmann Komm du – und du – und du – hebt diese Säcke.

Ein Geist Wir sind zu schwach, wir schwinden aus dem Leben.

1. Kaufmann Komm du – und du – die ihr als letzte starbt
Und noch des Menschen Bild tragt: Bild der Kraft.

Die zwei diebischen Landleute aus der letzten Szene kommen nach vorn.
Ihre Gesichter sind verschrumpft von vieler Qual.

Nun, Zänker, hebt die Säcke mit Gold.

1. Landmann Ja, ja!
Unwillig nur, unwillig nur, denn sie,
Der wir das Gold fort so auf Schultern tragen,
Hat endlos Mitleid selbst mit sündigen Seelen
In ihrem guten Herzen. Dann und wann
Wenn wir getaucht in Schrecken einsam brüten
Weht ihres Bilds Erinnerung uns an.
Es bringt erfülltes Leiden, halben Frieden,
Dann klagen wir zusammen – wir gehorchen,
Denn, umgedreht, des Himmels zackiger Stern,
Jetzt Mal des Bösen, brennt in unsren Herzen.

1. Kaufmann Sind diese Diademe, diese blassen
Saphire, dieses Geld in unsrem Haus
Soll euch der Brand vergehen – nun hinweg.

2. Kaufmann Nimmt das Diadem, um es sich auf das Haupt zu setzen.
Nein – nein – nein –
Ich trag das Diadem.

1. Kaufmann Bruder, noch nicht.
Denn keiner trägt die ganzen Schätze fort
Als Geister, die zu leicht für Gut und Böses
Oder – wenn bös – des Guten noch gedenken.
Hinweg. Ich hieß sie gehn, denn sie sind einsam
Und seufzen gern, wenn sie Lebendiges sehn.
Er zeigt aus das Betzimmer.
Bruder, es war ein Klang da drin – ein Klang,
Der mich verwirrt.

2. Kaufmann Geht zur Tür des Betzimmers und lugt hinein.
Sieh, auf des Altars Stufen
Regt sich die Gräfin, abgebrochen murmelnd
Im Schlaf ein Vaterunser.
Der 1. Kaufmann geht zu ihm und steht neben ihm.
Sie ward still.

1. Kaufmann Ein großer Plan füllt mir den Sinn – kein Wunder,
Denn ich bin aus der neunten mächtigsten Hölle
Wo alle – Könige sind. Ich will sie wecken
Und all ihr Denken füllen uns zu Dienst.
Er ruft durch die Tür
Schließt uns mit gutem Wunsch in eur Gebet!

Die Gräfin Cathleen erwacht und kommt aus der Tür des Betzimmers. Die Kaufleute treten in den Raum zurück. Sie steht auf der obersten der Steinstufen.

Cathleen Was wollt ihr Herrn?

1. Kaufmann Wir Zwei sind Handelsleute
Aus fernem Land genaht. Wir bringen Neues.
Vergebt den jähen Eintritt: offen war
Das große Tor, wir suchten einen Menschen.

Cathleen Die Tür steht immer offen zu empfangen
Mit frohem Gruß wer krank und hungrig ist
Oder das Weh der Zeiten fliehen will.
Händler, ihr bringt mir Neues.

1. Kaufmann Einen Mann,
Von Krankheit schwer, sahn wir im Allan-moor
Den ihr zum Viehkauf sandtet. Bei Fair Head
Hemmt eine Stille euer Korngeschwader
In dunkler Nacht und stiller nicht als diese
Glänzten die Spiegellampen übers Meer.

Cathleen Gott sei bedankt, Maria und die Engel
Noch hab ich Schätze und vermag zu kaufen
Mehl von den Händlern, die es aufgespeichert
Um zu gedeihen durch der Armen Not.
Ihr kommt von weit und kennt der Dinge Zeichen:
Wann hängt und kriecht der gelbe Dunst nicht mehr
Um jedes Feld? wann flieht die große Glut
Und zeigt das Gras uns seine grünen Triebe?

1. Kaufmann Auf Wechsel deutet nichts – Tag gleicht dem Tag
Das Grün ist tot, die Herden auch sind tot
Und sterbend – und auf allem liegt der Dunst
Wird fett vom Ungemach und brennt von Glut.
Auf euch steht alle Hoffnung in dem Land.

Cathleen Kennt ihr die Unholde, die Seelen kaufen?

1. Kaufmann Da wird gesagt, Wolfshäupter hätten sie,
Es sei ihr Leib, den Flamme endlos dörrte,
So schnell wie Stürme, andre wieder sahen
Sie derb und klein, dieweil sie etlichen
Erschienen ganz in menschlicher Gestalt
Doch groß und braun und kundig wie wir, Dame.
Jedweder aber sah die Macht der Blicke,
Die Menschen beugt und die ein Fangnetz wirft,
Um ihre Seelen und sie opfern macht
Den Geist – die arme Flamme – es sei denn,
Ihr hieltet sie in Hut mit eurem Gold.

Cathleen Gott sei gelobt, Maria und die Engel,
Daß ich reich bin. Was bieten sie als Preis?

1. Kaufmann An hundert Kronen geben sie und mehr
Für eine Seele wie des Schäfers dort
An eurem Haupttor vor des Pförtners Zelle
Ein kleines Ding, nicht hundert Heller wert.
Doch einer Seele, wie der euren, böten
Sie fünfmal Hunderttausend gern – und mehr.

Cathleen Wie könnten Kronen eine Seele zahlen?
Ist denn das grüne Grab solch schrecklich Ding?

1. Kaufmann Die tun es, weil das Geld so glänzt und andre
Weil sie im Schrecken leben vor dem Grab,
Und die, weil es zuvor der Nachbar tat,
Und die, weil da sowas wie Freude ist,
Lust zu vergeuden, Hoffnung fortzustoßen.
Den Widerstand zu opfern und mit eins
Die Segel auszuwerfen in den Wind:
Hierzu – erfüllt vom Rausche der Verdammten –
Drängt alles Volk, ist euer Gold erst fort.

Cathleen Da ist etwas, Kaufmann, in deiner Stimme,
Das mich in Angst setzt. Wie du's eben sagtest,
Man könne Gott verlieren und die Seele,
Glänzte dein Aug und die seltsame Mattheit,
Die auf dir liegt, verschwand. Als ihr mir sagtet,
Wie mein geringes Geld dem Volk dient – beide –
Händler, vergebt – schient ihr zu lächeln.

1. Kaufmann Sünden
Der Welt sind uns zum Lachen nur, wir sahn
So viele Länder, sahn so viele Menschen.
Seltsam, daß all die Menge schaukeln sollte
An einer Dame Schuhband – unter ihr
Die glühnden Meilen von endloser Flamme.

Cathleen Da ist ein Etwas in euch, das ich fürchte:
Etwas, nicht wie bei uns. Stammt ihr nicht her
Von einem ganz entfernten Fleck der Welt?

Der 2. Kaufmann, der an der Tür zur Rechten gehorcht hatte, kommt nach vorn und gleichzeitig hört man ein Geräusch von Stimmen und Schritten hinter der Tür ihm zur Linken.

2. Kaufmann leise zum ersten
Hinweg – sie sind im Durchgang – eile dich
Sie kennen uns und machen unsre Herzen
Gefrieren mit Gebeten und verbrennen
Am heiligen Wasser.

1. Kaufmann Lebewohl: wir müssen
Noch manche Meile vor dem Morgen reiten,
Heftig schlägt unser Rosse-Paar den Grund.

Sie gehen rechts ab. Eine Anzahl von Landleuten kommt im gleichen Augenblick durch die gegenüberliegende Tür.

Cathleen Was wollt ihr?

Landmann Als wir nickten vor dem Feuer
Bei alten Märchen, hörten wir Geräusch
Von fallendem Geld. Vergeblich suchten wir.

Cathleen Ihr seid zu ängstlich. Ich hab nichts gehört.

Der alte Landmann Wir sinds, denn eines reichen Mannes Wort
Macht wanken unser Haus, ein Mond der Dürre,
Fruchtlos die Reime schrumpfen in der Erde,
Knechte sind wir von Hagel, Wind und Flut,
Furcht stößt an unsren Ellbog auf dem Markt
Nickt uns zur Seite auf dem Ofensitz.
Bös-Zeichen sind so eigen unsren Herzen
Wie ihre Tüpfel es den Spechten sind.

Cathleen Ihr sollt in diesem Haus nicht Zeichen fürchten.

Oona kommt von links
Der Schatzraum ist erbrochen – weh uns – wehe
Die Tür steht offen und das Gold ist fort.

Die Landleute erheben ein klagendes Geschrei.

Cathleen Seid ruhig.
Das Geschrei hört auf.
Sahst du irgendwen?

Oona Weh uns.
Daß meine Herrin all dies Geld verlor!

Cathleen Ihr drei dort mir zur Rechten, reitet, reitet
Ich schenk ein Haus dem, der die Diebe fängt.
Ein Mann mit Schlüsseln an seinem Gürtel ist, während sie sprach, eingetreten.

Landmann Der Pförtner zittert.

Pförtner Es hilft alles nichts,
Dämonen waren hier. Ich sah am Tor
Von meinem Steinsitz, wie zwei Eulen flogen,
Wispernd mit Menschen-stimmen.

Der alte Landmann Gott verläßt uns.

Cathleen Mann, alter Mann, Er schloß niemals ein Tor
Stand nicht ein andres offen. Ich bin trostlos.
Denn ein sehr trüber Plan erwacht in mir:
Doch immer hoff ich. Alte Fraun und Männer,
Seid ruhig, Er verläßt nicht seine Welt
Er steht vor ihr und bildet ihren Thon
Und formt in ihm Sein Antlitz. Jahr um Jahr
Kämpft wider Ihn der Thon und streitet hart
Um den gewohnten formlos trägen Frieden …
Und bröckelt ... und es fällt ein Volk … und regt sich
Verkehrt ... und es entstehen Dämonen-Horden.
Die Landleute bekreuzigen sich.
Doch laßt mich nun, denn ich bin ohne Trost.
Ich hör ein Wispern von jenseits des Donners.
Sie kommt herunter von der Betzimmer-Tür.
Doch wartet noch. Wenn wir uns wieder treffen,
Ward ich vielleicht vergeßlich. Oona, nimm
Du die zwei Schlüssel hier – zu Milch und Speise.
Zum alten Landmann
Doch nimm du den. Er führt zum kleinen Raum
Mit Arzenei und Kräutern: Eisenhut,
Lavendel, Nieswurz, Wegerich, Brunelle
Und all den andren – und das Medizinbuch
Ist auf dem letzten Fach. Du wirsts verstehen.
Weil du mir Vieh und Ziegen einst gepflegt.

Der alte Landmann Warum beginnt ihr dies – erschien vielleicht
Euch euer Sarg im Traum?

Cathleen Ah nein, das nicht,
Ein trauriger Plan wacht in mir. Mir erklang
Ein Klagelaut in ungezählten Hütten
Ich muß hinab, hinab, weiß nicht wohin.
Jetzt betet für die Armen, krank vor Hunger,
Betet, ihr guten Nachbarn.

Alle Landleute knieen. Die Gräfin Cathleen ersteigt die Stufen zur Tür des Betzimmers, wendet sich um, steht reglos eine kleine Weile und ruft dann mit lauter Stimme.

Du, Maria,
Herrin der Engel, und ihr Heiligen alle
In Wolken über Wolken dort, lebt wohl!

4. Akt

Die Hütte des Shemus Rua. Die zwei Kaufleute sitzen einander gegenüber am Tisch mit Pergamentrollen und vielen kleinen Häufchen Goldes vor sich. Durch eine offene Tür im Hintergrund sieht man einen inneren Raum, darin ein Bett steht. Auf dem Bett liegt Maire aufgebahrt mit Kerzen rings.

1. Kaufmann Die Frau wird uns nicht länger rauben machen.
Da sind nur Mäuse noch in ihren Truhen.

2. Kaufmann Zur Nacht im Abbild einer Eule flog ich
Eilends den Klippen zu von Donegal
Und sah, hinkriechend durch die schwere Brandung,
Die Schiffe jener Frau mit Mehl und Korn ...
Sie sind fünf Tage weit.

1. Kaufmann Ich eilte ostwärts
Als Eule flatternd, flatternd durch den Tau
Und sah durch Meath neunhundert Ochsen ziehen
Mit Stacheln angetrieben – sie auch, Bruder,
Sind noch fünf Tage weit.

2. Kaufmann Fünf Tage Handel.

Während sie sprachen sind die Bauern eingetreten geführt von Teig und Shemus, die zu beiden Seiten der Tür ihren Stand nehmen, die Leute in rauher Ordnung halten und sie von Zeit zu Zelt durch Zeichen antreiben und durch geflüsterte Worte.

Das drängt sich, seit der Not geht das in Haufen
Wie Herbstlaub hingeweht von schweren Winden.
Kommt, handelt, handelt.

1. Kaufmann Wer will mit uns handeln?

Shemus Sie sind von Sinnen, Herr, aus Nahrungsnot,
Fünf etwa ausgenommen. Hier ist einer.
Die andren fassen Mut in kurzer Zeit.

Ein Mann von mittlerem Alter Ich möchte handeln, zahlt ihr guten Preis.

1. Kaufmann liest in einem Pergament
John Maher, ein Mann von Mitteln, trägen Sinns,
Friedlichen Herzens und mit stillem Blut.
Die Engel trauen ihm. Zweihundert Kronen
Für eine Seel, den leichten Hauch von Wind.

Der Mann Dreihundert muß ich fordern. Ihr last dort
Daß nicht nur Zeit mich zu dem euren macht.

1. Kaufmann Da steht noch mehr geschrieben – oft zur Nacht
Erweckt ihn vor der Armut eine Furcht.
Das ist der Fehl an dir – zweihundert Kronen.
Der Mann nimmt das Geld und geht.

2. Kaufmann Kommt, kommt – man denkt, ihr hättet keine Seelen.
Und wärs nur um das Ansehn eurer Pfarren
Verkauft, verkauft, wollt ihr denn ewig hungern?
Maire, das Weib des Shemus, widerstand,
Sie hungerte – sie liegt mit roten Blumen
Und Kerzen stehn in Flaschen um ihr Bett.

Eine Frau Was zahlt ihr für die meine – nun?

1. Kaufmann Ja, ja,
Sanft, hübsch, noch jung – mir scheint, nicht viel.
Er liest im Pergament
Sie hat
In einer kleinen Kanne Liebesbriefe
Im höchsten Fach zwischen dem Salz und einer
Sanduhr von Holz.

Die Frau Das Läster-Pergament?

1. Kaufmann liest
Sie birgt sie vor dem Mann, der Pferde kauft
Und der nicht viel daheim. Du bist fast sicher,
Ich gebe fünfzig Kronen.
Sie wendet sich ab
Hundert, also.
Sie nimmt das Geld und tritt unter die Menge.
Verkauft, verkauft! allein aus Mitleid kaufen
Wir solche Seelen. Tausend Sünden warben
Sie unsrem Meister lang bevor wir kamen.
Kommt an – kommt an. Ihr wollt den Hunger leiden
Bis eur Gebein die Haut durchscheint. Verkauft,
Sonst lebt von Nesseln, Gras und Löwenzahn.
Ihr träumt wohl, daß die Hungersnot vergeht?
Die Not ist heil und munter, sie ist mein
Und meines großen Herrn, sie wird nicht enden
Bis unser Plan gelang: der gelbe Rauch,
Der sie gebracht, deckt eure dürren Felder,
Füllt sie mit wilden Schatten der Verlornen
Und wird nur tödlicher von Tag zu Tag.
Seht ihn das Taglicht trüben. Ist der Frieden
So fürchterlich, den die Raubvögel kennen?
Sie und die Seelen, folgsam unsrem Meister,
Und die beim andren großen Geiste wohnen,
Gewannen End und Ruh, indes ihr schaukelnd
Auf einem regen Wagebalken schwingt.

Aleel tritt ein, die Saiten seiner Harfe sind zerrissen.

Aleel Nehmt meine Seele, ich ward ihrer müd,
Ich fordre keinen Preis.

1. Kaufmann liest
Ein Mann der Lieder:
Einsam im stummen Eifer zur Romanze,
Nur Elfen sann er nach, sowie den Taten
Der Fenier und der Herrn vom Roten Zweig
Und sorgte um der Menschen Leben nicht:
Jetzt kehrt sich alles um.

Aleel Ja, denn das Antlitz
Der Gräfin Cathleen Antlitz weilt bei mir
Die Traurigkeit der Welt auf ihrer Brau:
Beschwerlich ward das Weinen meiner Saiten
Seht, ich zerriß sie, nehmt jetzt meine Seele.

1. Kaufmann Wir können's nicht, denn ihr gehört sie an.

Aleel Ah nehmt sie, nehmt sie. Ihr kann sie nicht helfen
So ward ich ihrer müd.

1. Kaufmann Nein, wir berühren
Die Seele nicht.

Aleel Ist eure Macht so klein,
Muß ich sie dann mein Lebtag mit mir tragen?
Verachtung hüll euch gänzlich!

1. Kaufmann Führt ihn fort
Er macht mich irr.

Teig und Shemus führen Aleel unter die Menge.

2. Kaufmann Sein Blick machte mich zittern,
Bruder, in schwerer Furcht.

1. Kaufmann Neig dich herab
Und küß den Reif, wo unsres Meisters Lippen
Sich ausgedrückt, eh er uns hergesandt:
Das stillt dich noch einmal.

Der zweite Kaufmann küßt den goldnen Reif, der auf dem Haupt des ersten Kaufmanns liegt.

Shemus Er heißt Aleel
Und war all diese vielen Tage toll.
Doch harmlos: jeder Anfall endet bald
Und man geht hin und führt ihn wie ein Kind.

1. Kaufmann Kommt handeln, handeln, seid ihr alle stumm?

Shemus Ihr gabt der Frau zu wenig, sagen sie.

1. Kaufmann Dies Hohe biet ich: tausend Kronen nehme
Ein altes Weib, das immer häßlich war.
Eine alte Bäuerin tritt vor, er nimmt ein Pergament und liest
Hier steht nicht viel geschrieben gegen sie
Sie stahl wohl Hühner, war die Ernte schlecht.
Doch ging zur Kirche zweimal in der Woche
Und zahlte ihre Steuern. Nimm dein Geld.

Die alte Bäuerin knicksend
Gott segne euch. Sie kreischt
O, Herr, mich stach ein Schmerz.

1. Kaufmann Der Name ist ein Brand allen Verdammten.
Hinweg. Sie geht.
Seht, wie es glänzt, das rote Gold!
Kommt: bebt ihr, weil 'ne alte Hexe kreischte?
Seid ihr Feiglinge?

1. Landmann Nein, ich bin kein Feigling.
Nehmt meine Seele halb.

1. Kaufmann Halb deine Seele?

1. Landmann Mein halbes Recht auf Gott.

1. Kaufmann Hier steht geschrieben:
In allem wählt sich dieser Mann die Mitte,
Er sitzt inmitten auf dem Wagebalken
Und keinem war er gut und keinem bös.
Fort, dich nicht kaufen wir.

2. Kaufmann Kommt handeln, handeln.

1. Kaufmann Fernhalten wollt ihr uns dem alten Haus
Und fern dem ewigen Rausch? verkauft – und dann
Zu unsrem großen Herrn gehn wir zurück.
Verkauft, verkauft!

Die Bauern rufen
Die Gräfin Cathleen kommt!

Cathleen eintretend
Treibt ihr noch einmal Handel?

1. Kaufmann Euch zum Trotz.
Was bringt ihr, Heilige mit den Saphir-augen?

Cathleen Ich fordre hohen Preis für eine Seele.

1. Kaufmann Was tut es, ist sie nur des Preises wert!

Cathleen Das Volk verhungert, darum drängt das Volk
Euch zu. Es kommt ein Schrei von ihm zu mir,
Er ist in meinem Ohr bei Tag und Nacht ...
Ich fordre fünfmalhunderttausend Kronen
Das Volk zu speisen, bis die Teurung weicht
Auch seien die armen Geister, die ihr kauftet
Für euer Gold, befreit zu Gott gesandt.
Die Seele, die ich biete, ist die meine.

1. Landmann Tus nicht, tus nicht, die Seelen von uns Armen
Sind Gott so wert nicht wie die eure ist.
O! was tät ohne euch der Himmel, Dame?

Ein andrer Landmann Seht sie die Klaun im Lederhandschuh krümmen!

1. Kaufmann Fünfhunderttausend – wir bezahlen, hier
Das Gold, die Geister schon, dieweil ihr spracht,
Mühn sich den Weg empor, denn euer Antlitz
Gießt großen Glanz auf sie und füllt ihr Herz
Mit den Enthüllungen des schwanken Lichts,
Das unser schweres Werk verdarb, seitdem
Zuerst Sein Geist sich ob den Tiefen regte
Und sie uns stahl, sogar bis heut gehörten
Die Seelen halb nur uns, eur heller Blick
Durchdrang sie ganz und nahm ihnen den Frieden.
Doch zeichnet jetzt, bei Seelen, wie die eure,
Wahren wir jede Form, nehmt diesen Kiel,
Er wuchs auf jenem Hahn, der einst gekräht,
Als Petrus seinen Herrn verleugnete
Und wer ihn braucht, den ehrt die Hölle sehr.

Cathleen beugt sich vor um zu zeichnen.

Aleel Stürzt nach vorn und entreißt ihr das Pergament
Laß alles ihm, ihm, der die Himmel baute.

Cathleen Ich denke nicht: mir klingt ein Schrei – ein Schrei.

Aleel Wirft das Pergament auf den Boden

Ich hatte ein Gesicht im grünen Hag
Von Beer und Hagebutte – Engel wird man
Noch Satans leeren Schädel rollen hören
Über die Bergesgipfel.

1. Kaufmann Nehmt ihn fort.

Teig und Shemus zerren ihn heftig fort, sodaß er unter den Bauern zu Boden fällt. Cathleen hebt das Pergament auf und unterzeichnet, dann wendet sie sich zu den Landleuten.

Cathleen Nehmt auf das Geld und nun geleitet mich.
Sind wir nur fern von dem entweihten Ort
Erhält von mir ein jeder Geld genug.

Sie geht ab, die Landleute drängen sich an sie heran und küssen ihr Gewand. Aleel und die beiden Kaufleute bleiben allein zurück.

2. Kaufmann Nun ist die Zeit des schweren Werks vorbei.

1. Kaufmann Uns ward ein teurer Stein für Satans Krone.

2. Kaufmann Wir müssen fort und warten bis sie stirbt.
Als graue Eulen sitzen auf dem Turm,
Wachen solang es dauern mög, das teure
Juwel behüten, greifen ihre Seele.

1. Kaufmann Nur in der Luft ihr Haupt umflattern wir
Ein Augenblick nur blieb ihr: da sie kam
Sah ich in ihr des Grabes Mattigkeit
Und wie sie schritt auf Schuhen wie von Blei
Und auf die Erde sah, als ob die Würmer
Sie riefen und da sie den Namen schrieb
Begann ihr Herz zu brechen. Still, ich höre
Das erzne Tor der Hölle in den Angeln
Sich drehn und hierher strömt der ewige Schwarm
Und macht uns kühn.

2. Kaufmann Spring in die Luft, beschwingt.
Und grüß ihn mit der Seel in deinen Klaun.

Sie stürmen hinaus. Aleel kriecht bis in die Mitte des Raumes. Die Dämmerung ist eingetreten und es wird allmählich dunkler im Verlauf der Szene. Da ist ein entferntes Rollen des Donners und ein Ton von wachsendem Sturm.

Aleel Das Tor von Erz gähnt weit und Balor kommt
Im schweren Wagen und Dämonen hoben
Die Lider schwer von Zeit, die Götter einst
Zu Stein gemacht, Barrach kommt, der Verräter,
Das lüsterne Geschlecht Cailitin
Das warf durch Zauber Schwachheit und Verfall
Über Sualtams und Dectoras Kind
Und jener große Fürst (ihn fing die Hölle),
Der Naifi schlug und Deirdres Herz zerbrach,
All ihre Häupter stehn zur einen Seite
Denn sie bekämpften Schönheit stets und Frieden
Mit schlauer, trotziger, falscher Bitterkeit.

Oona tritt ein, bleibt aber bei der Tür stehen. Aleel richtet sich halb auf, gestützt auf einen Arm und ein Knie.

Aleel Duck vor dem blinden Sturm dich, alter Reiher.

Oona Wo ist die Gräfin Cathleen? all den Tag
Schien sie mir blaß und matt: da ihre Hand
Die meine traf beim Spinnen, bebte sie
Und jetzt weiß ich nicht mehr wohin sie ging.

Aleel Cathleen hat andre Freunde sich gesucht,
Die steigen aufwärts durch die hohle Welt.

Er deutet niederwärts

Orchil, zuerst, mit blassem schönem Haupt
Schattig ihr Leib wie Dunst, der in der Dämmrung
Hinzieht, denn sie, die das Begehren weckte,
Hat nur ein Herz von Blut, wenn andre sterben.
Rings um sie her wie Rauch ein Schwarm von Frauen,
Die sanft mit Lachen Teufel an sich locken,
Ihr nach ein Glutheer sündig-wordnen Bluts
All ihre kleinen rosigen Nägel werden
Zu großen Klaun.

Er greift nach Oona und zieht sie in die Mitte des Zimmers und deutet niederwärts mit heftigen Bewegungen. Der Wind heult.

Ein Lied beginnen sie
Und da ist noch Musik auf ihren Zungen.

Oona sich auf den Boden niederwerfend
O Schöpfer, hüte sie vor den Dämonen,
Muß eine Seele fallen, nimm die meine!

Aleel kniet neben ihr, scheint aber ihre Worte nicht zu hören, er blickt nieder, wie durch die Erde hindurch, die Landleute kehren zurück. Sie tragen die Gräfin Cathleen und legen sie auf den Boden vor Oona und Aleel. Sie liegt wie tot.

Oona O, daß so viele Krüg aus schlechtem Thon
Gedeihen und das edle Glas zerbrach.
Sie küßt die Hände der Gräfin Cathleen.

Ein Landmann Es war am Baume, wo der Pfad sich dreht,
Da ward sie blaß wie Tod und schwand dahin
Und Sturm aus Wolken her, da wir sie trugen,
Schwärzte die Welt und rüttelte an uns:
Den Riegel vor die Tür! nie sah man je
So schwarzen, bösen, blendend-jähen Sturm.
Einer, der bei der Tür steht, schiebt den Riegel vor.

Oona Still, still, aus ihrer Ohnmacht ward sie wach.

Cathleen O haltet mich und haltet fest, der Sturm
Zieht mich von hier hinweg.

Ein Landmann Still!

Ein andrer Still!

Eine Bäuerin Still!

Eine andre Still!

Cathleen halb aufgerichtet
Legt all die Beutel mir zu Füßen hin.
Sie legen ihr die Geldbeutel zu Füßen.
Geht, wenn ich starb, und holt den alten Neal
Er soll euch hören und nach Schätzung geben:
Er heilt mit Kräutern euch und weiß am besten,
Wer wenig hat und wer die größre Not.

Eine Bäuerin hinter der Menge
Gibt er genug von diesem Geld, daß ich
Die Kinder friste, bis die Teurung weicht?

Eine andre O Himmelskönigin und all ihr Sel'gen
Laßt uns verderben, wird nur sie entsühnt.

Cathleen Neigt her die Häupter, Oona und Aleel:
Ich blicke auf sie wie die Schwalbe blickt
Aufs Nest unter der Rinne eh sie fort
Über die lauten Wasser wandern geht.
Weint nicht zu lang, da ist noch manch ein Licht
Am Hochaltar, fiel eines auch. Aleel,
Der du das Lied mir sangst vom Volk der Hügel
Das nicht die schwere Bürde kennt der Welt
Und Hauch nur hat im sanften Leib, lebwohl!
Lebwohl auch Oona, die spann Flachs mit mir,
Weich wie ihr Schlaf, wenn jeder Tanz getan:
Der Sturm ist mir im Haar und ich muß gehn.

Sie stirbt.

Oona Bringt mir den Spiegel her.

Eine Frau bringt ihn aus dem Nebenraum. Oona hält das Glas an die Lippen der Gräfin Cathleen. Alle sind still einen Augenblick. Und dann sagt sie mit einem halben Schrei.

O, sie ist tot.

Eine Bäuerin Sie war die weiße Lilie in der Welt.

Eine andre Viel schöner war sie als die blassen Sterne.

Eine alte Bäuerin Das kleine Reis, das ich geliebt, zerbrach.

Aleel Nimmt den Spiegel von Oona und wirft ihn zu Boden, sodaß er in
viele Stücke bricht.

Ich schlage dich in Stücke, denn das Antlitz,
Das dich mit Schönheit füllte, ist nicht mehr:
Stirb, dunkles Herz, denn die mit traurigen Worten
Die Seele dir belebt, ging fort und ließ
Als Klumpen dich von hitzigem Staub zurück.
Ihr, stolze Erde, fedrig Meer, verbleicht,
Denn euch erklingt nicht mehr ihr schwanker Tritt,
Einsam bleibt ihr im lärmend-lauten Krieg
Der Engel mit den Teufeln.

Er steht auf, fast jedermann kniet, doch ist es so dunkel geworden, daß nur verschwommene Formen sichtbar sind.

Und in Tränen
Verfluch ich euch, Geschick und Zeit und Tod,
Und hab nicht höhere Hoffnung, als die Stunde,
Da häuptlings ihr hinstürzt durch endlosen Raum.
Ein Blitz zuckt auf, dem sofort der Donner folgt.

Eine Bäuerin Werft auf die Kniee ihn, eh seine Flüche
Auf unsre Häupter Blitz und Donner riefen.

Aleel Engel und Teufel streiten in der Luft
Und erzne Schwerter schlagen erzne Helme:
Ein Blitz zuckt auf, dem sofort der Donner folgt.
Ein lichter Speer, dorther geschleudert, stach
Durch Balors Auge und die dunklen Clans
Fliehn mit Gekreisch wie von Moytura einst.
Alles ist versunken in Finsternis.

Ein alter Mann Der Allmacht Zorn ob unsrer Schwachheit Sünden
Verhing die Welt und sterben müssen wir.

Durch die Dunkelheit bricht ein visionäres Licht. Die Landleute scheinen auf dem felsigen Hang eines Berges zu knieen und Rauch voll von Sturm und ständig wechselndem Licht weht über sie hin und hinter ihnen. Halb im Licht, halb im Schatten stehen bewaffnete Engel. Ihre Rüstung ist alt und abgenützt und ihre gezogenen Schwerter sind trüb und schartig. Sie stehen wie in der Luft in Schlachtordnung und blicken nieder mit ernsten Angesichtern. Die Landleute werfen sich vor ihnen zu Boden.

Aleel Blickt nicht aufs halbgeschlossene Höllentor,
Doch sprecht zu mir, dem Gott den Sinn bezwang,
Daß er nicht mehr mit sterblichen Dingen sei
Und sagt von ihr, die hier liegt.
Er ergreift einen der Engel.
Eh du sprachst
Sollst du nicht hinwehn in die Ewigkeit.

Der Engel Her fällt das Licht: das Perlentor steht weit
Und zu der Flur des Friedens geht sie ein.
Maria mit dem siebenfach wunden Herzen
Hat sie geküßt und auf ihr Antlitz fiel
Ihr lang gesegnet Haar – das Licht des Lichts
Erkennt den Antrieb immer, nicht die Tat,
Der Schatten Schatten sieht die Tat allein.

Aleel läßt den Engel los und kniet nieder.

Oona Sagt ihnen, die des Friedens Flur beschreiten,
Ich will tot sein mit ihr, die ich geliebt.
Gleich großen schwarzen Stieren ziehn die Jahre
Und Gott der Hirt geht hütend hinterdrein
Und mich zerbrach ihr Tritt auf seinem Gang.

Ein Klang von fernen Hörnern scheint aus dem Herzen des Lichts zu kommen. Die Erscheinung verlischt und die Umrisse der knieenden Landleute werden undeutlich in der Dunkelheit sichtbar.


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