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7.

Als Aniane am andern Morgen in ihrer Mansardenstube erwachte, erschien ihr der gestrige Abend noch wie ein Traum. Erst als sie die Morgenblätter in die Hand nahm und schwarz auf weiß über den Erfolg des Abends las, kam ihr langsam zum Bewußtsein, welchen Wendepunkt in ihrem Leben er bedeutete. Wenn sie an den gestrigen Abend zurückdachte, dann sah sie nur eine schimmernde Straße, strahlend im goldenen Lichte. Wie ein Rausch kam es über sie. Nicht mehr arm und verlassen würde sie sein, sondern Ruhm und Geld würden ihr zufließen, und sie würde mit Genugtuung über die hinwegsehen können, die sie einst so bitter gekränkt, die wieder und immer wieder spitze Dornen in ihre Seele drückten, die ihre Kindheit grau und trostlos gemacht, die sie ausgeschlossen hatten aus ihrem Kreise, als wäre sie eine Verbrecherin.

Und Witta von Monberts schillernde Augen fielen ihr ein, Witta von Monbert, die sie heute noch sehen würde. Eine drückende Last legte sich auf Anianens warm schlagendes Herz. Die Audienz bei der Fürstin Elinor! Daß sie die auch vergessen konnte!

Hastig begann sie ihre Toilette, die sie schnell beendete. Gerade als sie fortgehen wollte, kam Roald Harnsen. Er sah bleich und übernächtig aus.

»Sind Sie krank?« fragte Aniane besorgt. »Sie sollten doch heute fröhlich sein. Haben Sie gelesen, was die Zeitungen über Sie schrieben? Hier, hören Sie nur!«

Und Aniane las: »Die Begleitung der Lieder lag in den Händen eines jungen feinfühligen Komponisten, Roald Harnsen, dessen außerordentliche musikalische Begabung wir schon anläßlich der letzten Konservatoriumsprobe rühmend hervorhoben. Der junge Schwede besitzt die Fähigkeit, es in nicht allzu ferner Zeit zur höchsten Künstlerschaft in seinem Fache zu bringen. Seine Begleitung war von geradezu bestrickender Charakteristik und Klangwirkung.«

Aniane wollte auch noch das andere Zeitungsblatt zur Hand nehmen, aber der junge Künstler wehrte fast ärgerlich ab.

»Ich bitte Sie, erlassen Sie mir doch die Qual, das lesen zu müssen.«

Aniane sah ihn verständnislos an. »Was fehlt Ihnen, Sie sind so anders als sonst?«

Roald Harnsen fuhr sich mit beiden Händen durch die dicken blonden Locken und stöhnte leise auf.

»Lieber Freund,« rief Aniane mit einer kleinen Ungeduld in der Stimme, »sagen Sie mir doch, was Sie haben. Ich bin sehr eilig heute. Die Fürstin Elinor von Büsingen hat mich zu sich ins Hotel Hauffe befohlen, ich kann sie nicht warten lassen. Haben Sie Lust, so begleiten Sie mich ein Stückchen durch die Stadt.«

Der junge Schwede stand langsam auf und sah sich in der großen Mansardenstube um, als müsse er für immer Abschied nehmen.

»Was ich habe?« rief er schmerzlich. »Sie können noch fragen! Ist denn seit gestern alles ganz anders zwischen uns geworden? Erst kommen Ihre Verwandten und behandeln mich, als wäre ich Ihr Schuhputzer und dann das Konzert! Ich gab mein Bestes! Ein Rauschen, ein Klingen ging durch meine Seele. Ich wußte doch, daß Sie singen würden, daß Sie singen mußten. Unter meinen Händen schwollen die Töne; mir war, als müßten sie zu Ihrem Herzen sprechen, als könnte ich, nur ich die Harmonie finden zu den Seelenlauten, die Ihrer Kehle entströmten. Und das Göttliche geschieht! Ich fühle, daß wir beide eins sind in unserer Kunst, daß wir beide, durch unlösbare Bande gefesselt, den Weg zur Sonne hinauf nehmen. Und als Sie ausgesungen, als Ihre Lieder verklungen, an denen ich, wie ich meinte, teil hatte mit jeder Fiber meiner Seele, was geschieht da? Sie reichen mir wie geistesabwesend flüchtig die Hand, Sie steigen, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen, in den Wagen, der Sie fortbringt in eine glänzende Gesellschaft, in der natürlich kein Platz für einen armen unbekannten Künstler ist. Ich bin ausgeschlossen aus Ihrem Kreise, ich, Ihr treuester und aufrichtigster Freund. Ohne Gruß fahren Sie von dannen in das neue Leben hinein mit den goldenen Gassen, die mein Fuß nie betreten wird. Und da fragen Sie mich, Aniane, was mir fehlt?«

Die junge Sängerin hatte voll tiefer Bestürzung Roalds Worten gelauscht.

»Sie haben recht,« sagte sie dann, »mir zu zürnen, daß ich Sie gestern anscheinend vergaß, aber nur anscheinend. Es stürmte so vieles auf mich ein. Lange zurückgedrängte, schmerzvolle Erinnerungen, eine unvermutete Begegnung mit jemand, der mir einst bitter weh getan und vieles andere noch. Daß meine Verwandten Sie so unfreundlich behandelten, darf Sie nicht weiter kümmern. Sie haben kein Verständnis für den harmlosen Freundschaftsverkehr, zu dem sich unsere Kollegenschaft entwickelt hat. In ihren Kreisen ist es nicht Sitte, und sie brauchen Zeit, sich an unsere Anschauungen zu gewöhnen. Ich aber, Roald, ich bin, was auch zwischen heute und gestern liegt, die Alte geblieben, das dürfen Sie mir glauben.«

Sie reichte dem jungen Musiker herzlich die Hand, aber er nahm sie nicht. Mit finster gefalteter Stirn stand er vor ihr. In den großen blauen Augen war ein wildtrotziger Zug, und das bartlose energische Kinn in dem breiten Gesicht legte sich leicht auf die Brust, als er zwischen den zusammengepreßten Zähnen hervorstieß:

»Schöne Worte, Aniane, das ist alles! Wie haben wir beide den gestrigen Tag herbeigesehnt mit tausendfältigem Beben, und nun ist am Ende des Tages jeder seine Straße gegangen, Sie zu Spiel und Tanz, zu Glück und Lust, ich allein in trostlose Einsamkeit.«

»Sie sind doch wie ein großes Kind, Roald. Es tat mir ja auch leid, daß die Geheimrätin Sie nicht mitgebeten hatte.«

»Ich bitte Sie, Aniane, als ob ich wie ein Schulbube dastehe und weine, daß man mich ausgeschlossen hat, daß Ihre Freunde nicht die meinen sind. Nein, es war noch etwas anderes, das in mir tobte gestern abend, als ich nach Mitternacht an der Villa mit den lichtgrünen Seidenvorhängen in der Bismarckstraße stand und durch die Fenster hineinsah ins Meer von Glanz und Lust, in dem sie förmlich badeten. Meinen Sie, ich habe Ihre Augen nicht leuchten sehen an der Seite des Mannes, von dem man mir sagte, daß eine Krone über seinem Haupte blinkt? Ich warne Sie, Aniane. Ich bin diesem Manne schon einmal begegnet – es war weit ab in fernen Landen, ein junges Wesen hing ihm glückselig am Arme und seine Augen flammten über das Weib hin, wie sie in dieser Nacht über Sie flammten. Und dann sah ich sie wieder. Sie bleich und gebrochen und seine Augen kalt und hart über sie hinweg ins Leere starrend.«

»Kommen Sie doch zu sich, Roald. Sie träumen!« zürnte Aniane heftig, während eine Purpurröte über ihr Antlitz flog. »Was geht mich der Prinz an und die Frauen, die er gekannt und geliebt? Ueberhaupt hätte ich Ihnen nicht zugetraut, daß Sie mir nachspüren und andern Leuten des Nachts in die Fenster gaffen.«

»Ich mir auch nicht, Aniane, weiß Gott, ich mir auch nicht, aber es ging nicht anders. Ich mußte dahin, wo ich Sie gestern wußte. Wie eine verdorrte Pflanze, die nach Erquickung schmachtet, so fühlte ich mich, während ich dahinein blickte, wo Ihnen der Becher des Lebens schäumte. Es war so still auf der Straße, wie ein Spion nahm ich meinen eigenen Schatten wahr. Ausgerungen hatte der Tag, die Welt so müde, und der Mond goß sein kaltes Licht aus über welke Rosenblätter. In dieser Herbstnacht, Aniane, ging eine Welt für mich in Trümmer, das mußte ich Ihnen sagen, und darum bin ich gekommen.«

Er atmete tief und schwer. Die Sängerin sah ratlos und betroffen in sein erregtes Gesicht. »Sie übertreiben, lieber Freund! Der gestrige Tag hat Sie aufgeregt und Sie sehen allerhand Trugbilder. Kommen Sie und vergessen Sie die trüben Stunden, die Sie sich wirklich selbst bereitet haben. Kommen Sie jetzt mit an die frische Luft. Ich muß eilen, ich komme sonst wirklich zu spät. Uebrigens,« fügte Aniane hinzu, als sie unten auf die Straße traten, »soll ich Ihnen von Onkel und Tante einen Gruß sagen. Sie sind schon heute früh abgereist, und sie würden sich freuen, Sie mal in Tannenrode zu sehen.«

Roald lächelte bitter, während sie unten an der Universitätsstraße in die Grimmaische Straße einbogen und diese langsam hinaufschritten.

»Ganz recht,« nickte er, »ich trage sogar diese schriftliche Einladung nach Tannenrode hier in der Tasche. Das Briefchen enthält noch einen kleinen Beigeschmack, die Bitte Ihres Onkels, doch meine Besuche bei Ihnen einzustellen, da er und seine Gattin unsern Verkehr in dieser Weise nicht für passend halten. Die Einladung nach Tannenrode sollte mir die heilsame Pille versüßen.«

Nun lachte Aniane herzlich auf.

»Der gute Onkel, welche Sorgen er sich meinetwegen macht! Also das hat Sie so verstimmt, bester Freund? Sie müssen den alten Leuten schon mancherlei zugute halten, in Tannenrode ist es natürlich nicht Sitte, daß junge Damen Herrenbesuche empfangen und –«

Sie stockte plötzlich und eine helle Röte lief über ihr Gesicht. Drüben am Naschmarkte, wo sich das Denkmal des jungen Goethe erhebt, stand Prinz Dolf Dietram mit Wigbert von Pflug und einigen Korpsstudenten in eifrigem Gespräch. Er grüßte strahlend herüber und alle die bunten Mützen der andern flogen grüßend von den Köpfen. Aniane hatte den Gruß leicht und frei erwidert. Der junge Schwede hatte nur widerwillig und mißmutig den Hut gezogen.

»Da haben wir es,« grollte er. »Nicht eine Minute kann man Sie allein haben. Wären Sie den direkten Weg gegangen, so wäre uns diese Begegnung erspart geblieben.«

Aniane lachte fast mutwillig auf. Wie reizend ihr dieses Lachen stand!

»Sie sind doch ein unverbesserlicher Nörgler, Roald. Ihretwegen habe ich doch den Umweg gemacht. Jetzt aber kommen Sie, wir gehen die Petersstraße entlang. Bis zur Promenade dürfen Sie mitgehen.«

»Wer weiß, wer uns bis dahin noch alles begegnet,« grollte ihr blonder Begleiter.

Aniane plauderte heiter, ohne sein hartnäckiges Schweigen zu beachten. Ihr war so frei und leicht, als wüchsen ihr Flügel. Hier und da einen Gruß von Kollegen erwidernd, waren sie glücklich unbehelligt bis zur Promenade gelangt, über welche die letzten gelben Blätter aufleuchtend in der Herbstsonne tanzten. Gerade, als sich Roald von Aniane verabschieden wollte, fuhr der elegante Wagen der Geheimrätin Heimburger vorüber. Frau Margarete, die stolz wie eine Fregatte im Polster saß, winkte, als sie Aniane gewahrte, energisch, so daß Aniane wohl oder übel stehen bleiben mußte. Roald wollte sich verabschieden, aber Aniane gebot ihm, zu bleiben. Ihr fiel plötzlich ein, daß die Geheimrätin sie früher einmal geschnitten, als sie mit Roald durch die Straßen schritt. Das junge Mädchen hatte damals die Beleidigung, die darin lag, daß die Geheimrätin sie ignorierte, weil sie annahm, es würde Aniane lieber sein, nicht mit dem jungen Manne bemerkt zu werden, tief empfunden und bittere Tränen darüber geweint. Heute lächelte sie darüber.

»Mein liebes Fräulein von Rainer,« rief die Geheimrätin, als der Wagen hielt, aufstehend und aussteigend, während die Zwillinge mürrisch folgten, »wie herrlich, daß ich Sie treffe. Wir wollen in den Kunstverein. Wollen Sie nicht mit?« dabei bohrten sich ihre Augen förmlich in das Gesicht des Schweden, der, den Hut in der Hand, sich tief vor ihr verneigte.

»Mein lieber Freund und Kollege, Roald Harnsen, gnädige Frau,« stellte Aniane vor. »Sie haben ihn gestern im Konzert gehört.«

»Ja, ganz recht, ich erinnere mich,« entgegnete die Geheimrätin, Roald durch ihre Lorgnette ungeniert wie eine Sehenswürdigkeit betrachtend. »Wirklich reizend. Sie haben brillant gespielt! Meine Töchter fanden es auch!«

Die Mädchen machten ganz verzweifelt dumme Gesichter und knixten verlegen.

»Ich würde mich freuen, wenn Sie uns auch mal das Vergnügen machen wollten, Herr Harnsen. Vielleicht nächsten Sonntag um 2 Uhr. Wir haben immer einige Tischgäste. Fräulein von Rainer ist seit zwei Jahren unser regelmäßiger Gast. Den Antrittsbesuch erlasse ich Ihnen,« fuhr sie mit einer wahrhaft königlichen Handbewegung fort. »Sie kommen also?«

»Es wird mir eine Ehre sein, gnädigste Frau.«

Aniane reichte soeben den jungen Mädchen abschiednehmend die Hände.

»Aber so kommen Sie doch mit in den Kunstverein,« mahnte die Geheimrätin. »Es sind wundervolle neue Bilder ausgestellt.«

»Nein, gnädige Frau, erstens muß ich auf hohen Befehl zur Audienz bei der Fürstin von Büsingen, und dann kann ich wirklich nicht nach einem Tage, wie dem gestrigen, Kunsteindrücke in mich aufnehmen. Die zu genießen, erfordert frische Kräfte.«

»Ach, das begreife ich nicht! Ich kann immerzu Bilder sehen, und heute gerade, wo die große Lenbach-Ausstellung eröffnet wird und wo sie »alle« da sind, kann man doch nicht fehlen. Aber, was ich sagen wollte, nehmen Sie doch meinen Wagen, es sind ja von hier nur noch wenige Schritte bis zum Museum. Sie werden doch nicht etwa zu Fuß zur Fürstin wollen?«

»Doch, Frau Geheimrat. Die Fürstin weiß genau, daß ich mir keinen Wagen leisten kann, und ich weiß wirklich nicht, warum ich so glanzvoll vor ihr erscheinen soll.«

»Aniane, Aniane,« drohte die Geheimrätin, den Töchtern winkend, voranzugehen, »ich meine, Sie müssen von jetzt ab lernen, die Bescheidenheit etwas abzulegen.«

»O, gnädige Frau beurteilen mich zu nachsichtig. Ich war nie stolzer als in diesem Augenblicke.«

Die Geheimrätin sah etwas verdutzt in das schöne Mädchengesicht. Wie vornehm sah Aniane in dem einfachen, schwarzen Tuchkostüm, einen großen, schwarzen Hut mit schwarzen Federn auf dem blonden Haar, aus. Und wie sie ihre eigenen Töchter in den Schatten stellte! Die sollten aber auch nicht mehr mit den lächerlichen weißen Hüten, die so aufgeputzt waren und ihnen gar nicht standen, ausgehen.

»Was lachst du denn so unpassend, Maja,« herrschte die Geheimrätin ihre Tochter an, die grüßend über die Straße winkte.

»Ach, Mama, hast du denn nicht gesehen, das war ja der junge Herr von Buttler,« rief Maja ganz strahlend und winkte noch einmal einem Herrn zu, der auf der Plattform einer Elektrischen stand und grüßend den Hut schwenkte.

Die Geheimrätin warf der Kleinen einen wütenden Blick zu. »Ich weiß gar nicht,« sagte sie, »was so ein junger Referendar schon am Vormittag in der Stadt herumlungert. Der sollte doch jetzt längst auf dem Amtsgericht sein. Es ist eben überall eine riesenhafte Bummelei,« fügte sie hinzu und in ihren Augen blitzte eine gefährliche Energie, gerade so, als hätte sie vor, eingreifende Schritte zu unternehmen, das Lodderleben der Referendare zu ändern. Es gab eben nichts in der Welt, wo Frau Geheimrat von Heimburger nicht mittun wollte.

In die blauen Augen der kleinen Maja aber war ein Glanz gekommen, und kichernd und plaudernd schritt sie nun an der Seite ihrer Schwester mit der Mutter dem Museum zu.

Aniane atmete ordentlich befreit auf, als die Geheimrätin, unternehmend, als wollte sie den ganzen Kunstverein in Ordnung bringen, die Promenade entlang schritt.

»Nun, mein Freund,« lächelte sie Roald an, »was sagen Sie nun? Sie können nun auch teilhaben an dem zweifelhaften Vergnügen, um das Sie mich bisher immer so beneidet, bei der Geheimrätin jeden Sonntag zu Mittag zu essen. Bis jetzt wurde es mir und meinem Vetter immer als eine Art »Freitisch« aufgezwungen, jetzt kommen wir vielleicht dahin, daß wir das Essen absingen und abspielen können. Die Frau Geheimrat tut nichts umsonst, merken Sie sich das. Doch nun Ade. Nachmittag sehen wir uns ja doch wohl im Konservatorium?«

Er nickte stumm und hielt die dargereichte Hand einen Moment mit festem Druck umschlossen. Dann zog er den Hut und sah Aniane nach, wie sie, das schwarze Kleid leicht hebend, über den Roßplatz hinweg dem Hotel Hauffe zuschritt. Er wartete noch, bis Aniane verschwunden war, dann schritt er langsam die Promenade entlang.

Ein goldenes Herbstglühen lag über den alten Linden, an deren kahlen Aesten nur noch einige bunte Blätter hingen. Morgen würde vielleicht der Herbststurm das letzte Blatt herabwirbeln, morgen würde vielleicht auch, vom wilden Sturm geknickt, sein süßester Traum trostlos zerflattert sein. Und er schritt weiter und weiter bis in das stille Rosental. Auch hier überall blätterlose Bäume, nur hier und da noch eine arglistige Efeuranke, die sich hinaufschlang um den dürren Eichenstamm, so wie seine Lieder sich unermüdlich um Aniane rankten, die mit jedem Schritte ins Leben weiter von ihm ging. Und heute war ein so sonnengoldiger Tag und die Luft war so klar und so blau und Leipzig lächelte im Herbstsonnenlicht. Roalds Seele aber weinte und litt tausend Schmerzen. Was war ihm der Erfolg, all das heiße Ringen und Kämpfen seiner Künstlerseele, wenn die eine ihm verloren ging, die für ihn der Inbegriff allen Lebens war: Aniane.


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