Julius Wolff
Der fliegende Holländer
Julius Wolff

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XIII.
Im Süden.

                            Die Jungfrau kreuzt, halbstocks geheißt
Die Flagg' am Topp fortan,
Ihr Bugspriet jetzt nach Osten weist
Und wieder nach Westen dann.
Bedrückt an Bord sind alle Mann,
Sie lugen aus und seh'n
Sich stumm und traurig fragend an:
Was macht der Kapitän?
Sie sahen nicht sein Angesicht
Seit jener Schreckensnacht,
Wie er es trägt, sie wissen's nicht,
Nicht, wie er die Zeit verbracht.
Doch sehen sie vor Augen noch
Die schöne, blonde Frau,
Sie glauben's nicht und wissen doch,
Wohin sie ging, genau.
Ihr Blick, so hell und strahlend, drang
Jedeinem in die Brust,
Und ihrer Stimme froher Klang
War Allen eine Lust.
Was trieb sie in den Tod hinein
Aus ihres Gatten Arm?
Sie schienen glücklich doch zu sein
Und frei von Sorg' und Harm.
Welch finstre Macht hat den Entschluß
Zur That ihr eingeflößt?
Woher der Lebensüberdruß?
Das Räthsel blieb ungelöst.
Und nun hier kreuzen her und hin
Ohn' End' und ohne Ziel,
Einfältig schlichtem Seemannssinn
War's einzusehn zu viel.
Sie fragten nicht und murrten nicht,
Gehorchten streng und stumm,
Doch wie ein göttlich Strafgericht
Ging's ihnen im Kopf herum.
Das Schiff war wie in Bann gethan,
Als wär's entweiht durch Mord,
Als schlich' einher ein finstrer Wahn
Auf seinem breiten Bord.
Und eine düstre Ahnung wand
Sich aus dem Raum empor,
Als stünd' ihm aus des Schicksals Hand
Das Schlimmste noch bevor.

Edzard, die Augen thränenlos,
Saß in der Kajüt' allein,
Sich seinem Schmerz, unfaßlich groß,
Hingebend schloß er sich ein.
Er war vom Wirbel bis zur Zeh
So ganz davon erfüllt,
Als hätte sich ihm der Menschheit Weh
In Ingeborgs Tod enthüllt.
Zuweilen nur, wie Mondespracht
Aus dunkeln Wolken bricht,
Drang ihm in seiner Seele Nacht
Eines linden Trostes Licht.
Viel besser in der Meeresfluth
War Ingeborgs Sterben doch,
Als leben in des Andern Hut
Und unter seinem Joch.
Sie hatt' es selber ihm gesagt
Mit starrem Angesicht:
»Wenn jener Unmensch mich erjagt,
Lebendig kriegt er mich nicht!«
Auch Edzard wußte lieber sie
Auf tiefem, tiefem Grund,
Als daß sie mit dem Andern zieh'
Dahin ums Erdenrund.
Nie wieder könnt' er ruhig sein
Nur einen einzigen Tag,
In wunder Brust der Sehnsucht Pein
Bei jedem Herzensschlag.
Und immer dann das Wiedersehn
Erhoffen lebenslang
Vergeblich? lieber untergehn
Wie sie im Wogendrang!
Soviel der Schmerz ihn denken ließ,
Dacht' er an das zurück,
Was Ingeborg ihm war; jetzt hieß
Erinnrung all sein Glück.
Er dacht' an ihre schöne Gestalt,
So blühend und gesund,
An ihres Blickes Liebesgewalt
Und ihren süßen Mund.
Wie sie geküßt ihn und gedrückt
An ihre wogende Brust,
In alle Himmel ihn entrückt
In unaussprechlicher Lust.
Und Lieb' und Lust drei Jahre lang,
Drei Jahr mit ihr allein!
Und nun? – vorbei! das Meer verschlang
Seines Lebens Sonnenschein.
    So saß er bleich und kummerschwer,
Hielt Heiko auf dem Schoß
Und ließ den Knaben nimmermehr
Aus seinen Armen los.
Von der geliebten Todten war
Dies Pfand, sie nahm's ihm nicht,
Wehmüthig schaut' er immerdar
In sein lieb Kindergesicht.
Denn Ingeborgs Züge fand er dort,
Die blauen Augen, den Mund,
Im Kinde lebte weiter fort
Der Beiden Herzensbund.
Wenn Heiko nach der Mutter frug,
Wies er zum Himmel empor;
Was er in seiner Seele trug,
War nicht für Kindesohr.
Und Keinem auf der weiten Welt
Konnt' er es anvertrauen,
War ganz allein auf sich gestellt
In seines Schmerzes Grau'n.
Verzweifelt rang er innerlich,
Des Trauerns nimmer satt,
Und härmte sich und grämte sich,
Ward siech und todesmatt.

Schon eine Woche war verstrichen,
Seit Edzard einsam sich verschloß,
Und über Bord die Tage schlichen,
Wie Welle hinter Welle floß.
Die See war grau, der Himmel dunkel,
Es spiegelte sich Nachts im Meer
Kein Stern mit freundlichem Gefunkel,
Der Wind sprang unstät hin und her.
Durch Raa'n und Masten zog ein Dröhnen,
Im Tauwerk knarrt' und surrt' es dumpf,
Wie Seufzen klang es oder Stöhnen,
Es zitterte des Schiffes Rumpf.
Der Mannschaft schienen's böse Zeichen;
Zwar that ein Jeder seine Pflicht
Im Dienst, dem täglich immer gleichen,
Doch mit verdrießlichem Gesicht.
Sie wußten jetzt, zu welchem Zwecke
Sie kreuzen mußten hier am Cap,
Doch manch ein Auge sah vom Decke
Mißtrauisch zur Kajüt' hinab.
Da ließ bei dem, der lang gelitten,
Der erste Offizier an Bord
Um eine Unterredung bitten
Zu freiem und vertrautem Wort.
»Herr Kapitän,« sprach er, »entgegen
Dem streng erlassenen Gebot,
Euch nicht zu stören, scheint verwegen
Mein Schritt und ohne rechte Noth.
Doch trieb es mich zu Euch hernieder,
Ich kann den Wunsch nicht länger still'n:
Kap'tän, nehmt das Kommando wieder
Um Eurer eignen Ruhe will'n!
Euch kommen andere Gedanken,
Wenn Euch die frische Luft umweht
Und Ihr auf den gewohnten Planken
Als unsres Schiffes Führer steht.
Wir Alle theilen Eure Schmerzen,
Die Mannschaft ehrt Eu'r tiefes Leid,
Doch Alle bitten Euch von Herzen,
Daß Ihr der Unsre wieder seid.
Zeigt Euch an Deck! laßt Euch beschwören!
Sprecht, kommandirt, was auch es sei,
Damit sie Eure Stimme hören!
Schafft Euch von Gram die Seele frei!«
Edzard reicht' ihm die Hand und sagte:
»Ich dank' Euch, Herr! Ihr meint es gut,
Allein so gern ich's selber wagte,
Noch fehlt mir dazu Sinn und Muth.
Drum habt Geduld, bis wir gefunden
Den, den ich suche Tag und Nacht!
Dann wird die Kraft mir schnell gesunden;
So lange kreuzt und gebet Acht!«
»Wie Ihr befehlt, Kap'tän! ich stehe
Für Alles ein, so gut ich kann,
Und wenn ich Hollands Flagge sehe,
So meld' ich's,« sprach der ernste Mann.
»Noch Eins! wenn Ihr mir Zutraun schenket,
Gebt Heiko mir auf kurze Frist!«
»Nehmt ihn,« sprach Edzard, »doch bedenket,
Daß er mein Ein und Alles ist!«
Der Offizier ging mit dem Knaben,
Und Edzard blieb nun ganz allein,
Von Schmerz erdrückt, in Leid vergraben
Und mit des Wartens Höllenpein.

Wo bleibt van Straten? die Frage schwirrte
Durch Edzards Kopf schon lang genug,
Von einer Vermuthung zur andern irrte
Sein grübelnder Gedankenzug.
Die Zeit war um, die unvergessen
Ihm ewig blieb, still stand die Uhr,
Die Lieb' und Glück ihm abgemessen,
Schwur aber hielt gebunden den Schwur.
Wortbrüchig van Straten? nicht zur Stelle,
Wo ihm sein Weib entgegenkam?
War dazu jedes Seglers Schnelle
Nicht noch zu langsam ihm und lahm?
Sollt' er jetzt ihrer nicht mehr begehren?
Ein Weib wie Ingeborg verschmähn,
Statt sie zu suchen auf allen Meeren,
In allen Zonen nach ihr zu spähn?
Schämt' er sich etwa, sie wiederzusehen,
Die er verrathen hat und verspielt?
Scheut' er sich, dem gegenüber zu stehen,
Der Ingeborg liebend in Armen hielt?
Oder war er, der Todtgesagte,
Nun wirklich todt?! – sich an die Stirn
Griff Edzard, den Gedanken wagte
Nicht auszudenken sein brennendes Hirn.
Was? dann wär' Ingborg umsonst – –? vor Grausen
Sträubte sich ihm auf dem Haupte das Haar, –
Nein! nein!! er fühlt' ein Sausen und Brausen, –
Das führte zum Wahnsinn, wär's wahr, wär's wahr!
Wild sprang er auf; – »Wenn sie noch lebte!
Wenn sie gewartet hätte so lang,
Wie unentschieden der Kampf noch schwebte,
Und besiegt erst gethan den schrecklichen Gang!
Niemals vielleicht! – mein wär' sie geblieben!
O ewiges Schicksal und Weltgericht,
Bringt mir van Straten, vom Sturme getrieben!
Alles ertrüg' ich, – das aber nicht!«
Er warf in den Sessel sich, kraftgebrochen,
Das Herz zerrissen, verwirrt der Sinn,
Kein Wort mehr hat er den Tag gesprochen,
Sank wie betäubt aufs Lager hin.

Nun tiefe Nacht; die Wellen wiegen
Den völlig Erschöpften zum ersten Mal
Wieder in Schlaf; Natur will siegen
Auch über die grimmigste Seelenqual.
Hat er auch Träume? kann er noch fassen
Irgend ein Bild mit des Lebens Schein?
Blühen empor ihm oder verblassen
Die Erinnrungen an Glücklichsein?
Ach, die ihm im Leben entschwunden,
Käme sie doch ihm zurück im Traum!
Hielt' er sie wieder mit Armen umwunden!
Säh' er sie stumm durchschreiten den Raum!
    Und sie kam. Dem Schlafbeglückten
Kam sie, dem von langer Pein
Sanft Erlösten, Gramentrückten
In die träumenden Sinne hinein.
Ueber seinem Bette schwebte,
Sichtbar ihm von Kopf zu Fuß,
Ingborg, wie sie leibt' und lebte,
Doch mit wehmuthvollem Gruß.
Ihre Gewänder wallten, flogen,
Flatternd weht' ihr offnes Haar,
Als wenn sie in Wind und Wogen
Wandelnd schritte wunderbar.
Langsam hob den Arm sie, mahnend
Wies gen Süden er gestreckt,
Gleich als hätte dorther ahnend
Sie des Unheils Nah'n entdeckt.
Traurig schien sie, schmerzumflossen,
Doch verklärt von mildem Licht,
Hielt mit tiefem Blick umschlossen
Des Geliebten Angesicht.
Stumm und wie in Leid erbebend
Winkte sie ihm mit der Hand,
Ihr zu folgen, dann entschwebend
Löste sie sich und verschwand. –

Ein trüber Morgen; die Luft ist schwer,
Wie Dunst und Nebel liegt's auf dem Meer.
Tief hängen die Wolken, gleich einer Wand
Steht's südlich über dem Wasserrand.
Da kommt ein Windstoß und wirbelt und fegt
Daß stärker sich die Fläche bewegt.
Nun rauscht es auf und spritzt und schäumt,
Wie sich am Bug die Welle bäumt;
Ein dumpfes Sausen wird in der Höh,
Durchs Tauwerk schwirrt und pfeift die Bö,
Hohl geht die See und murrt und grollt,
Wild stampft das Schiff und schlingert und rollt
Mit halben Segeln auf seiner Bahn,
Sturmvögel umkreisen Masten und Raa'n.
Die Offiziere berathen sich leise,
Und um den Großmast gewohnter Weise
Stehn die Matrosen und warten gelassen
Auf das Kommando zum Wenden und Brassen.
Noch ist im Norden das Cap in Sicht,
Noch ist die schützende Bucht zu erreichen,
Ehe der Sturm aus den Wolken bricht;
Aber die Minuten verstreichen,
Und kein Befehl kommt, klipp und klar,
Trotz augenscheinlicher Gefahr.
Wie sich nun Wolken auf Wolken thürmen,
Daß Alle sorgend nach Süden spähn,
Und es allmählich beginnt zu stürmen,
Erscheint an Deck der Kapitän.
    Sie athmen auf; nun hat's kein Noth,
Er sieht es ja, was ihnen droht,
Gleich wird er das Kommando geben,
Nach dem schon Alle bangen und beben.
Mit einem langen Blicke schaut
Er weit hinaus, befiehlt dann laut:
»Nehmt Kurs nach Süd!« – Sie rühren sich nicht;
Hat der Verstand noch, der so spricht?
Nach Süd? nach Süden? dem Sturm entgegen?
Soll'n wir den Thoren in Fesseln legen?
Will er, verzweifelnd in Schmerzenspein,
Sich und uns Alle dem Tode weihn?
Doch er ist ruhig, bei kaltem Blut,
Man merkt, er weiß es, was er thut,
In seiner ganzen Haltung liegt
Die Willenskraft, die furchtlos siegt.
Und er ist Herr an Bord, da wagt
Niemand ein Wort, und Niemand fragt,
Niemand hat Meinung oder Wahl,
Folgsam geschieht, was er befahl.
Das Schiff in allen Fugen bebt,
Wie's vorn sich auf den Wogen hebt,
Es kämpft, und sollt' es verloren sein, –
Es steuert in den Sturm hinein.

Marssegel gereeft, Großsegel beschlagen,
Bramstengen gestrichen zu sicherer Hut,
So fliegt zu ungewissem Wagen
Die Jungfrau durch die tosende Fluth.
Hoch sprüht der Schaum von den brechenden Wellen,
Wie Nebeldampf zieht es einher,
Vom Winde getrieben, und nimmer erhellen
Will sich der Himmel über dem Meer.
Edzard, nicht achtend auf alle das Toben,
Macht eine Runde durchs ganze Schiff,
Durchmustert die Räume von unten bis oben
In Hast und Unruh, die ihn ergriff.
Dem forschenden Blicke kann nichts entgehen,
Und Manches tadelt sein strenges Wort,
Die größte Ordnung verlangt er zu sehen,
Als sollt' er Besuch empfangen an Bord.
Dann wieder wie vom Horst der Geier
Starrt er nach Süden, sorgerfüllt,
Doch von dem wässrig stäubenden Schleier
Wird ihm die Sicht in die Ferne verhüllt.
Mannschaft und Offiziere zwingen
Die Augen, müh'n sich hochgespannt,
Die dicke Luft scharf zu durchdringen,
Und schau'n nach vorwärts unverwandt.
Wie sie nun stehen, gischtumwallet,
Tönt von der Mars herab der Ruf,
Der Allen wie Erlösung schallet:
»Ho! Segel voraus! drei Strich in Luv!«
– »Endlich! er kommt! im Sturm gefahren!
Und Ingborg sah ihn!« Edzard spricht;
Die er gefürchtet hat seit Jahren,
Die Stunde naht, – jetzt bangt ihm nicht.
O könnt' er nun die Schlacht ihm bieten
Mit Ingeborg als Siegspanier,
Und wenn sie Raa an Raa geriethen,
»Hier ist sie,« rufen, »hol' sie Dir!«
Wenn jetzt der Andere sein Eigen,
Sein Weib verlangt auf hoher See,
So will er auf die Wellen zeigen:
»Dort ruht sie, frei von allem Weh.
Ihr ganzes Sehnen, all ihr Lieben
War ich allein ihr Leben lang,
Du hast sie in den Tod getrieben
Aus unsers Glückes Ueberschwang!«

Im Sturm mit vollen Segeln tauchet
Ein Schiff dort aus der Wellen Schoß,
Undeutlich noch, von Dunst umhauchet,
Doch über alle Maßen groß.
Sie lugen Alle hin, zu sichten
Die Flagg' am Topp, doch grau in grau
Will's sich dem Blicke noch nicht lichten,
Seltsam scheint Takelung und Bau.
Da spricht nach schweigendem Besinnen
Der Steuermann: »Das ist kein Schiff,
Das ist mit Schroffen und mit Zinnen
Ein bergehohes Felsenriff.«
»Nein! es bewegt sich, kommt gezogen,
Daß in den Kurs es uns geräth,«
Ruft Einer, »wenn wir nicht im Bogen
Ausweichen können, eh's zu spät!«
Sie streiten eifrig für und wider,
Sie entern in die Wanten, und –
»Ein Eisberg!« schallt es gellend nieder,
»Ein Eisberg!« hallt's von Mund zu Mund.
Und Allen grauset, denn verloren
Ist jedes Schiff, das er berührt,
Es hilflos in den Grund zu bohren,
Wenn Sturm es in die Nähe führt.
Doch Edzard, die Gefahr erschauend,
Bleibt ruhig und sein Auge hell,
Auf seine Seemannskunst vertrauend,
»Ruder hart Backbord!« befiehlt er schnell,
»Geitaue los! den Klüver nieder!
Luvbrassen!« tönt es fort und fort,
Geschwind wie eines Körpers Glieder
Thun alle Mann nach seinem Wort.
Kapitän und Offiziere fassen
Mit an die Schoten, stark bemannt,
Denn Keiner will vom Leben lassen,
Solang sich eine Sehne spannt.
Doch wehe! in des Sturmes Wüthen
Gehorcht das Schiff nicht Ruders Kraft;
Wie nun den Untergang verhüten,
Wenn Gott der Herr nicht Rettung schafft?
Und Schiff und Eisberg segeln beide
Im Winkel auf einander los,
Haarscharf wie auf des Messers Schneide
Droht schrecklich der Zusammenstoß.
Hoch aufgethürmt die Riesenlasten,
Schwimmt der Koloß und überragt
Um Vieles noch des Schiffes Masten,
Vom Schlag der Wogen rings benagt.
Ein Anblick ist es zum Erschauern,
Wie Silber flimmernd, bläulich weiß,
Stehn trotzig aufgebaute Mauern,
Gezackt, gespalten, starr in Eis.
Nach oben weithin überhänget
Der Massen ungeheure Wucht,
Umbrandet unten und bedränget,
Halb ausgehöhlt gleich einer Bucht.
So stürmt's daher mit tiefem Brausen,
Wächst himmelan auf seinem Gang,
In Riß und Schlot die Lüfte sausen
Wie dröhnender Posaunenklang.
Was Menschenkräfte noch vollbringen,
Geschieht an Bord in höchster Noth,
Allein umsonst ist all ihr Ringen,
Schnell, unabwendbar naht der Tod.
Die angsterfüllten Augen blicken
Empor zur fürchterlichen Wand,
Sehn sie schon wanken, sehn sie nicken,
Und muthlos sinket jede Hand.
Edzard steht regungslos, erblassend,
Bald frei nun von des Lebens Joch,
Heiko mit Armen fest umfassend, –
»Ingborg, ich komme!« ruft er noch,
Und dann – ein Anprall und ein Krachen,
Betäubender als Donnerhall,
Der Eisberg stürzt, gleich einem Nachen
Das Schiff begrabend unterm Fall.
Hoch spritzen auf die Wellenschäume,
Gewaltig wogt es weit umher;
Wo bliebt ihr nun, ihr Glückesträume? –
Versunken mit dem Schiff im Meer.


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