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Die Heimfahrt Edzard Truelsens ging Glücklich von Statten; aus Backbord fing Der Wind sich in den Segeln und bauschte Sie zwischen den Raaen, mächtig rauschte Der Kiel dahin mit einer Schnelle, Als ob nicht Wind allein und Welle Das Barkschiff Edzards schöb' und triebe, – Als ob die Sehnsucht und die Liebe Die Masten versehen hätten mit Schwingen, Ihn hin zu Ingeborg zu bringen. Zu Amsterdam im Oosterdock Lag festgemacht das Schiff am Baume, Der Hanger an der Großraanock Hob Last auf Last aus seinem Raume. Wie anders war dies Hafenbild Als jenes, das im blanken Schild Der Allerheiligenbai sich spiegelt! Die Wasserfläche glatt und grau, Dunstig die Luft, des Himmels Blau Von finstern Wolken dicht verriegelt. Ein nordischer Novembertag, Das Heer der Masten wie Wald im Winter, Verschleiert halb im Nebel lag Das Flachland mit der Stadt dahinter. Kein grüner Hügel, kein Blüthenschmuck, Kein Sonnenstrahl; ein dumpfer Druck War über allem ausgebreitet Und nirgendwo der Blick geweitet. Die Fracht zu löschen hatt' ein Wort Edzards dem Bootsmann überlassen, Er selber streifte fort und fort Nun durch die volkbelebten Gassen Der großen Stadt mit Spähersinn Bald neben trüben Grachten hin Mit ihren Brücken ohne Zahl, Bald zwischen Giebeln, steinern kahl. Er fragte höflich Alt und Jung In Hoffnung, daß es sich verlohnte, Ob ihnen in Erinnerung, Wo hier Mevrouw van Straten wohnte. Und endlich fand er seinen Mann; Ein Seemann war's, das konnt' er spüren An Gang und Tracht; der Alte sann Und sprach: »Ich will Euch zu ihr führen. Denn, Herr, ich kenne, die Ihr sucht, Und sie kennt mich seit manchem Jahren, Ich bin mit dem, der besser flucht, Als betet, lange Zeit gefahren.« Sie gingen fürbaß nun selband; Edzard begann das Herz zu schlagen; Wie sollt' er, wenn er vor ihr stand, Das, was geschehen war, ihr sagen? »Hier ist es, Herr!« Ein Backsteinhaus Mit einem hohen, spitzen Dache, Da war's, da ging sie ein und aus, Da wohnte still sie im Gemache. »Hört, Mann – doch wie seid Ihr genannt?« Sprach Edzard. »Freek, Herr, Euch zu dienen!« Edzard betrachtet' ihn gespannt, Als läs' er in des Alten Mienen, Und sprach: »Ihr habt mich herbugsirt; Freek, wollt Ihr Euch dazu bequemen, So geht hinauf und visitirt, Ob sie bereit, mich anzunehmen.« »Der Name, Herr?« – »Deß braucht es nicht, Sagt nur, ein Freund aus alten Zeiten Wär' endlich wieder mal in Sicht, Um ihre Schwelle zu beschreiten.« Der Alte ging hinein ins Haus, Edzard stand wartend wie auf Kohlen; Der Alte wieder kam heraus: »Klar Schiff! ich hab' Euch ihr empfohlen. Halt, Herr! die Frau ist tugendhaft! Ich bin ein altes Wrack geworden, Doch hab' ich immer noch die Kraft Und auch den Willen, den zu morden, Der ihr zu nahe tritt, und hier Treu wie ein Hund halt' ich die Wache, Ein Ruf, ein leiser Wink von ihr, Und oben bin ich auch zur Rache!« Edzard ergriff des Alten Hand Und drückte sie ihm fest und bieder: »Ich dank' Euch! und daß ich Euch fand, Ein Glück war's; – Freek, wir sehn uns wieder!« Er klopfte leis an Ingborgs Thür, Viel lauter klopft' es ihm hier innen, Die Thür ging auf, sie trat herfür, – Starr stand sie mit verwirrten Sinnen. Er öffnete die Arme weit, – »Ingborg!!« mehr wußt' er nicht zu sagen, Sie sank hinein wie todbereit, Er mußte halten sie und tragen. Sie hing an ihm fast unbewußt, Nicht fähig, nur ein Wort zu sprechen, Als wollte hier an seiner Brust Ihr Herz vor Glück und Wonne brechen. Dann kam sie zu sich, sacht aufgericht't Sah strahlend sie ihm ins Angesicht, Und überströmend im heißen Umfangen Rollten die Thränen ihr über die Wangen. Er drückt und schmiegt mit Liebesgewalt An sich die herrliche, hohe Gestalt. »Ingeborg!« flüstert er auf sie ein, »Nun hab' ich Dich endlich, nun bist Du mein, Nun darf ich Dir meine Liebe gestehen, Wir brauchen nicht mehr von einander zu gehen.« Da läßt sie ihn aus umstrickender Haft Und faltet die Hände mit brünftiger Kraft Und preßt sie sich an den zuckenden Mund Und schluchzt und jubelt aus Herzensgrund: »Edzard! mein Edzard! ist es denn wahr? Ich habe gewartet so manches Jahr, Die Tage zu Wochen, zu Monden gedehnt, Hab' ich nach Dir mich gebangt und gesehnt, Ich liebte schon lange, schon immer nur Dich Und hoffte und dachte, Du liebtest auch mich. Du schiedest von mir und wandtest Dich fort Und sprachest auch da nicht das einzige Wort, Doch sahst Du mich an mit des Herzens Gelüst, Als hättest Du mich mit den Augen geküßt.« Er faßt sie und jauchzt in Trunkenheit: »Wir holen es nach, noch ist es ja Zeit; Wir sind noch jung, und all dazu Wie schön, Ingborg, wie schön bist Du! Das ist das lockige, goldne Haar An Stirn und Nacken, und dies, so klar, Die lieben, blauen Augensterne, Die mich begleiteten in die Ferne. So gieb ihn denn her, den rosigen Mund, Zum weltvergessenden, seligen Bund!« Sie wehrt ihn ab, wird bleich, wird roth In Herzenslust und Herzensnoth. Dann legt sie die Hände vor's Angesicht, Eh' sie mit bebender Lippe spricht: »Ich fürchte mich vor dem ersten Kuß, Weil ich dann immer Dich küssen muß; Ist erst im Busen der Durst erwacht, Wie willst Du ihn stillen? keine Macht In Himmel und Erde hält uns zurück, – Wir stürzen hinein ins sündige Glück.« Er aber, als folgt' er fremdem Gebot, Ruft: »Du bist frei! van Straten ist todt!« Es fuhr ihm heraus, er wußte nicht wie, Aber ihm wankten und schwankten die Knie. Als drehte sich alles ihr in der Runde, Steht Ingeborg da bei dieser Kunde, Betäubt wie von des Blitzes Strahl, Wenn Donner erschüttert Berg und Thal. Edzard zieht schnell hervor den Ring, Der an der Schnur um den Hals ihm hing, Und hält ihn ihr hin und zeigt ihr den Schein: »Da, lies es selber! Du bist mein! Hier steht's als Vollmacht und Verschreib: ›Herrn Edzard Truelsen gehört mein Weib.‹ Darunter sein Name von fiebernder Hand, Früd Buncken als Zeuge sich bei ihm befand. Die Beiden waren beim Sterben allein, Der Eine begrub des andern Gebein.« Ingborg, auf einen Stuhl gesunken, Ich hab' gesehnt mich und gebangt Die Hoffnung doch verließ mich nicht, Er kam, und ach! ein rascher Blick, Freek stand noch immer unten Wache, |