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Ein Berliner sandte an Karl Valentin ein Telegramm mit dem klaren Wunsch: »Fröhliche Weihnachten!« – Und Valentin antwortete:
München, Weihnachten 1928.
Lieber Wilhelm Schulze!
Wenn ich nicht bestimmt wüßte, daß mich Ihr an mich gerichteter Brief, vielmehr gerichtetes Telegramm sehr gefreut hätte, würde ich mich darüber vielleicht geärgert haben, denn es hat, ohne Sie wenigstens zu beleidigen, vor und auch nach Ihnen schon Weihnachten gegeben, ein unblöder Mensch, für den Sie sich halten, wird, wenn er wirklich einem anderen fröhliche Weihnachten wünscht, unbedingt die Jahreszahl ... hinter »Fröhliche Weihnachten« schreiben – da sonst der, der das Telegramm empfängt, sich es nicht enträtseln kann, welches Weihnachten der Entsender meint. Es wäre wohl absolut nicht mit großen Kosten verbunden gewesen, wenn Sie die vier Buchstaben 1928 beigefügt hätten, schon deshalb, weil uns dadurch stundenlanges Studieren erspart geblieben wäre. Daß Sie mit Ihrem schriftlichen Zuruf Weihnachten 1927 gemeint haben, dafür halte ich Sie zu fortschrittlich. Daß Sie 1930 gemeint haben, dafür halte ich Sie wieder zu rückständig ... Den goldenen Mittelweg sind Sie ja noch nie gegangen, das hat sich ja gezeigt, als Sie kürzlich vor ungefähr ... Schweigen wir lieber darüber. Es war Ihrerseits eine freundliche Schuftigkeit, mich nächtlicherweile mit einem Berliner Telegramm zu erschrecken. Mein erster Schreck war sofort: Um Gotteswillen, ein Engagement nach Berlin. Manch anderer Artist erschrickt, wenn er plötzlich ... kein Telegramm erhält. Sonst nichts Neues – Die Frau Wiesböck, die 6 Jahre in unserm Hause wohnte, ist ausgezogen, in die Ickstattstraße 19/3 ... Weil von da aus ihr Mann nicht so weit in die Fabrik hat. Es grüßt Sie, mit aller
Herrlichkeit Ihr
Karl Valentin
Lisl Karlstadt
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