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Die lustige Geschichte von dem selbst eingerichteten Fernsprecher verdient erzählt zu werden. Man konnte sich in jedem Schreibwarengeschäft um das Jahr 1895 einen Telephonapparat kaufen und die ganze Apparatur, zwei Pappschachteln mit Pergamentpapier bespannt und eine 10 Meter lange feine Schnur, kostete 20 Pfennige. Man hätte sich ja auf 10 Meter Entfernung auch ohne Telephon verständigen können. (Bitte, in einem modernen Betrieb sprechen heute die Menschen von Zimmer zu Zimmer per Telephon.) Wir Buben, ich und mein Freund Finkenzeller Schorsche, wollten gleich hoch hinaus und legten uns ein Spagattelephon von meiner Wohnung in der Entenbachstraße 63 bis in die Lilienstraße, also eine Strecke von ungefähr 500 Meter. Leitern wurden angelegt, Dächer wurden bestiegen, um den Leitungsdraht vom Sender zum Empfänger zu legen. Ein Hof war zu überspannen, in welchem wir uns nicht hineintrauten, aber ein eiserner Schraubenschlüssel sollte die Leitungstelephonschnur über den Hof befördern – ein Wurf – aber zu kurz, und ein Fenster klirrte. »Es Hundsbuam, es miserable, des war wieder der rotharete Fey-Batzi; aber wart, wenn i di dawisch, dann kriagst Nuß (Prügel)!«, schrie der Nachbar den kleinen Telephonarbeitern nach! Unbekümmert um die Glasscherben vollzog sich die Arbeit. Als das Telephonkabel gespannt war, wurden die Pappschachteln an die jeweiligen Endstationen, bei mir und ihm, am Fensterstock befestigt und das Telephon war fertig. Wer sollte zuerst hineinsprechen und wer sollte zuerst horchen, das war hier die Frage! Wahrscheinlich horchten wir nun beide oder wir sprachen beide, Extrahörer hat es hier nicht gegeben, an dem Pappschachtelmikrophon wurde aber damals auch gehorcht und gesprochen wie an einem Sprachrohr. – Ich entschloß mich nun, meinem Freund Schorsche ohne Telephon aus voller Kehle hinüberzuschreien:

Zeichnung: Karl Arnold

»Schorsche, red du zuerst nei, dann horch i, ob der Telephon funktioniert!« Darauf horchte ich – – – keine Antwort! Wieder schrie ich hinüber: »Schorsche, red halt was nei, dann horch i – – –!« Wieder kein Resultat. – Wiederum schrei ich hinüber: »Was is denn, Schorsche, so red halt amol was ins Telephon eini – –!« Und der Schorschi schreit herüber: »I woaß ja net, was i neiredn soll!!!«

*

 


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