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Balduin hatte sich indessen mit seiner Macht in die Nähe von Mons gezogen. Ein großer Theil des Landes hatte ihn schon anerkannt, nur fürchtete er, daß Viele eben so leicht wieder zum Feinde übergehen könnten, als sie sich ihm in schnellem Eifer, ohne sonderliche Prüfung ergeben hatten. Er zürnte auf den braunen Robert, der so manche der Edeln durch seine rohe Art gegen ihn empörte, so daß viele ihre Unzufriedenheit über diesen Mitkämpfer bei jeder Gelegenheit aussprachen. Einige der Aeltern vom Adel hatten sich unter dem Vorwande, daß der Krieg eigentlich geendigt sei, schon auf ihre Güter zurückgezogen, und Conrad wagte nicht, sie mit Ernst als Vasallen ihres Fürsten aufzufordern, damit nicht eine laut gegebene Erklärung auch Andre wankend machen möchte. Sein Sohn Wachsmuth, der sich ein wenig gebessert hatte, war ihm nachgereist und wurde in einem nahen Schlosse, in welchem Balduin seinen Sitz aufgeschlagen hatte, verpflegt. Die Schwäche des Sohnes, die nicht weichen wollte, und ihn immer wieder an die Schwelle des Grabes warf, verstimmte den Vater und machte ihn mit jedem Tage finsterer und weniger zum Umgang mit Andern geneigt.
Im Schlosse kam jetzt Balduin zu Conrad und klagte über ihn selbst: Mein treuester Freund, fing er an, ich erkenne an Euch den vorigen Diensteifer nicht mehr, der mir früher alle meine getreuen Unterthanen zurückgeführt hat. Ihr überlaßt Euch der Schwermuth zu sehr, und der Ueberdruß des Lebens wirkt auch auf Eure Geschäfte und Regierung ein. Ich muß fürchten, daß das Hinschwinden Eures Sohnes, und mit seinem Verlust der Untergang aller Eurer Hoffnungen für ihn, dies Zagen, diese Unentschlossenheit in Euch hervorrufen. Sollte die Liebe zu Euerm Fürsten und Euerm Vaterlande nicht stark genug seyn, Eure Kraft aufrecht zu halten? Freilich kann Wachsmuth, wenn ihn der Himmel zu sich nimmt, nicht mein Eidam werden, aber dennoch bleibt Ihr mein nächster und vertrautester Freund. Ich habe Euch meine Dankbarkeit schon bewiesen, und Ihr seid jetzt reicher, als Ihr es jemals waret; aber noch öfter, bei jeder Gelegenheit will ich Euch zeigen, wie sehr ich Eure Dienste anerkenne und zu belohnen suche. Wenn Ihr fordert, sollt Ihr früher im Begehren als ich im Zusagen ermüden.
Mein gnädigster Herr, erwiederte Conrad, wahr ist es, das Verschmachten meines Sohnes und das Erlöschen meines Stammes in ihm nimmt mir allen Muth, in die Zukunft hineinzuschauen, aber an meiner Treue und Ergebenheit wird diese rechtmäßige Trauer nichts vermindern. Auch ist meine Stimmung, wie Ihr wißt, der Stille und Religion zugewendet, so daß Euer unvermuthetes Erscheinen es nur vermochte, mich der Einsamkeit zu entziehn und den Händeln der Welt zurückzugeben. So wie ich den Frieden begründet und Euch Euren rechtmäßigen Thron ohne allen Widerspruch einnehmen sehe, werde ich mich wieder, wie es meinem Alter wohl am besten ziemt, in meine Wälder verkriechen.
Und der Dienst für Euern Fürsten, sagte Balduin, Euer weiser Rath, meine Bitten, das Flehn des Landes, sie sollten nachher nichts über Euch vermögen?
Seh' ich doch, antwortete der Graf, daß Eure Weisheit Allem genügt. Mein mürrischer Sinn, meine Trauer dürften Euch mehr stören und hemmen, als daß Euch meine Einsicht noch Hülfe bringen könnte. –
In der Stadt Mons hatten sich indessen auch viele Freunde und Helfer um Hugo vereinigt. Tillen war unermüdet gewesen, Ritter und Edle zu überreden und für seine Sache zu gewinnen. Sein redlicher Eifer hatte manchen überzeugt, und sein ehrenvoller, tadelloser Name schien Vielen eine Bürgschaft, daß er und Hugo für die Wahrheit kämpften.
Einigen Edeln, die Hugo's Ruf gefolgt waren, hatte sich auch Ingeram angeschlossen, und dieser durfte wieder, ganz wie ehemals, frei und ungehindert die Zimmer der Fürstin besuchen. Als ihn Hugo zum ersten Male traf, übernahm ihn der Zorn dergestalt, daß er den Kleinen auf unbillige Weise mit Scheltworten überhäufte. Ingeram sagte, als der Graf sich entfernt hatte: Ich kann nicht begreifen, was der alte Ingrimm an mir Aermsten für Händel sucht. Freilich habe ich die Schändlichkeit des Dietrich entdeckt, und ohne meine Aufmerksamkeit lebte Ferdinand vielleicht nicht mehr. Aber eben darum: leben und leben lassen. Ich werde doch nicht in das Lager zum Balduin hinüberlaufen, und ihn ebenfalls für den wahren Herrn erklären; und, wenn ich es selbst thäte, was könnte das Land dabei verlieren, oder Balduin gewinnen? Oder denkt er, irgend ein anderer Graf Conrad wird mich selbst zum regierenden Herrn machen wollen? Ich sehe, wie wenig Freude bei der Sache ist, und sehne mich nicht nach solcher Beförderung.
Als jetzt Graf Hugo erzürnt wieder hereintrat, bat Johanna selbst, daß sich Ingeram sogleich entfernen und dem Grafen allenthalben aus dem Wege gehen möchte. Hugo schien feierlicher noch und ernster als gewöhnlich. Ich will mit Euch, Gräfin, fing er an, zum letzten Mal über einen Gegenstand sprechen, dem Ihr jederzeit mit mehr oder minder Widerwillen und Entschiedenheit auswichet. Aber, wenn Ihr nicht ganz verblendet seid, Euch nicht vorsätzlich aller Vernunft verhärtet, so müßt Ihr selber einsehen, wie sehr die Umstände, die Noth des Landes, die Drangsale des Krieges und Eure eigene Gefahr den Entschluß und Schritt nothwendig machen, gegen den Ihr Euch so unbillig sträubt. Weigert Ihr Euch länger, verkennt Ihr länger Eure und die allgemeine Wohlfahrt, nun so möge Euch alsdann alles das Elend treffen, das Ihr selber auf Euch herbeizieht. Ihr müßt durchaus einen Gemahl wählen, diese Forderung des ganzen Landes dürft Ihr nicht überhören. Dann ist Ruhe, Kraft, Einheit da, und Eure Feinde schmelzen dahin, wie der Schnee bei der Frühlingswärme. Ein Gemahl, ein Fürst darf mit Euch vereinigt, auf Euer unbezweifeltes Recht gestützt, ganz anders herrschen, als Ihr, die junge, unerfahrene Fürstin und Euer Stellvertreter. Ihm gegenüber würde der Betrüger zitternd verschwinden und Adel und Bürger von selbst in ihre Schranken zurücktreten.
Wenn Ihr denn Recht hättet, antwortete Johanna, so laßt mir Zeit und knüpft selbst Unterhandlung mit irgend einem jungen Fürsten des Auslandes oder der Nachbarschaft an.
Ihr wißt es recht gut, antwortete Hugo, wie viel lieber der Unterthan sich von einem eingebornen Landsmann regieren läßt. Unsere Rechte und Freiheiten in Flandern, die besondere Verfassung dieses gesegneten Landes werden nicht leicht einem Ausländer deutlich, und es hat sich immer bewiesen, wie schwer ein solcher, wie ungern er sich in der Ausübung seiner Macht beschränken läßt, da unsere alten Satzungen dem Adel, dem Bürger und den Städten viel größere Freiheiten zugestehn, als es in andern Ländern geschieht. Dann sucht der gekränkte Herrscher bei seinen auswärtigen Freunden und Verwandten Hülfe gegen seine eignen Unterthanen, und muß am Ende den Fremden weit größere Opfer bringen, als die Einheimischen je von ihm fordern mochten. Krieg, Zerstückelung des Landes, Einmischen in fremde Kriege, welches die Kräfte unseres Landes verzehrt, ist zu fürchten. Wählt Ihr aber einen der Ersten Eures Landes, aus einer mächtigen, alten und angesehenen Familie, so seid Ihr aller jener Sorgen überhoben.
Und immer wieder, fing Johanna erröthend an, zwingt Ihr mich, Das zu wiederholen, was ich Euch schon so oft geantwortet habe.
Seht doch nur, fuhr Hugo mit scheinbarer Ruhe fort, wie Alles schon auf der Spitze steht. Die entscheidende Schlacht muß morgen, muß übermorgen geschlagen werden. Ich, mein Sohn und unsere Freunde sind, nebst dieser Stadt und wenigen Schlössern Das, was Ihr noch von Euerm Lande besitzt. Werden wir geschlagen, gezwungen, von Euch zu weichen, so seid Ihr völlig verloren und fallt der Willkühr und den Launen eines niedrig gebornen Betrügers anheim, dem Ihr alsdann, als einem anmaßlichen Vater, unbedingten Gehorsam schenken müßt. Der vermählt Euch dann vielleicht, ohne Euch nur zu fragen, an seinen braunen Robert oder irgend einen hergelaufenen Gesellen, der in andern Provinzen dem Galgen entronnen ist.
Haltet ein! rief Johanna, mäßigt Euern Ungestüm und mildert diese unziemenden Reden, Worte, die ich nicht hören würde, wenn Ihr in Eurem Herzen irgend noch Achtung für mich hättet. Ihr vergeßt ganz, daß ich Eure Fürstin bin, ein Rang, den kein Unglück, den der Abfall aller meiner Vasallen mir nicht rauben kann.
Ihr habt nicht Unrecht, erwiederte Hugo, und könnt vielleicht bald von Euerm Stolz und Eurer Seelenstärke Gebrauch machen. Eine Hoffnung bleibt mir noch. Ich will morgen, ehe eine entscheidende Schlacht vielleicht Alles verliert, mit meinen Freunden und Getreuen zu dem Betrüger in sein Lager hinaus. Er soll meinen Blick, meine Rede aushalten; die Seinigen, Diejenigen, welche nur getäuscht, nicht boshaft sind, werden von ihm abfallen. Er wird es nicht wagen, seine unverschämte Lüge fortzusetzen, denn er weiß wohl, daß er mich niemals betrügen kann. Beschämen will ich ihn, daß seine Getreuen, seine Helden und Verfechter das Stammeln und Zittern des Armseligen merken und von ihm weichen sollen. Steht er dann in seiner Blöße da, bringe ich Euch die Vasallen, die ihm zufielen, reuig zurück, so habt Ihr nachher auch diese Wohlthat dem Manne zu danken, dem Ihr bis jetzt nur mit bitterm Hasse lohntet.
Wenn ich Euch bisher undankbar erschienen, antwortete Johanna, so vergebt meiner Unerfahrenheit, die vielleicht nicht genug einsah, wo und wie Ihr mir gedient habt. Mir scheint, der Verlust von Gent und mit ihm des größten Theiles meines Landes kommt nicht unbillig auf Rechnung Eurer Unachtsamkeit zu stehn. Und wenn Ihr die Macht habt, Euch die Kräfte zutraut, mit einem Blick und einer Rede Diesen, den Ihr Rebellen nennt, zu beschämen und zu entwaffnen, so hättet Ihr wohl früher von dieser Gabe Gebrauch machen sollen, bevor es zum Kriege kam.
Ich bin überrascht worden, wie Ihr selbst sagt, erwiederte Hugo, indem er seinen auflodernden Zorn zu unterdrücken strebte. Auf den ungeheuern Betrug, so wie auf den Verrath der Bürger von Gent war ich nicht vorbereitet. Aber seitdem habe ich Beweise, Nachrichten und Zeugen gesammelt, die jedem Unbefangenen diesen frechen Lügner entlarven und ihn selbst beschämen müssen. Bleibt er roh und starr in seinem Frevel, so werden wenigstens gewiß die besten und mächtigsten seiner Freunde zu uns übertreten, und wagt er dann noch die Schlacht, so ist er und sein heimtückischer Anstifter Conrad verloren. Aber dann, wenn ich mit diesem doppelten Siege zurückkehre, werdet Ihr mein Gesuch, meine Bitte und meinen liebsten Wunsch nicht mehr so schnöde zurückweisen, Ihr werdet nicht länger das Herz meines tapfern Sohnes verwerfen und zerbrechen, der sich in Sehnsucht nach Euch verzehrt. Ihr müßt ja doch fühlen, wie Euer Vortheil hier mit dem unsrigen geht, und endlich jenen Eigensinn überwinden, der einer Regentin nicht geziemt und zu sehr nach den früheren Tagen Eurer Kindheit schmeckt.
Graf Hugo! rief Johanna nicht ohne Erbitterung aus, verschont mich einmal für allemal mit diesen Forderungen, wie mit diesen ungeziemenden Verweisen. Daß ich kein Kind mehr bin, fühle ich Euch gegenüber am allerdeutlichsten. Ihm, Euerm rohen, ungezogenen Sohne, der mich mit jedem Blicke und Worte beleidigt und verletzt, ihm sollt' ich mich aufopfern? Und dies sollt' ich noch für mein Glück erkennen? Ja für eine Pflicht der Dankbarkeit? – Wie geringe denkt Ihr von einer wohlerzogenen Jungfrau, von einer gebornen Fürstin! Mein Weigern soll die Kinderstube verrathen? Nein, daß Ihr weder das Herz des Menschen, noch meine Gesinnungen kennt und zu würdigen wißt, daß Ihr so plump mir den gröbsten und rohesten der Männer aufdringen wollt, das verräth, erlaubt mir, Euch selbst nachzuahmen, einen sehr geringen Verstand, der sich wohl nicht dazu eignet, ein ganzes Land zu regieren.
Meint Ihr? meint Ihr? rief Hugo ihr entgegen, indem er mit großen Schritten im Saale auf und ab ging, dann still stand und sie lange mit einem feurigen, prüfenden Blicke anstarrte. Also, sagte er nach einer Weile, ist dies Eure letzte, entscheidende Antwort?
Ja, sagte Johanna kurz; eben so gern als Euern Humberkurt, würde ich jenen braunen Robert mir zum Manne aufdringen lassen. Dabei könnte ich nicht verlieren. –
Kaum hatte sie die Worte schnell und tonlos gesagt, als sie sie auch schon bereute und sich der Leidenschaft und des Zornes schämte, von denen ihr Herz zu sehr war überwältigt worden. Sie erschrak daher, als Hugo laut zu lachen anfing, ihr den Rücken wendete und sie dann, wie verachtend, von Kopf bis zu Füßen betrachtete. Freilich wohl, sagte er dann, die Zähne auf einander beißend, auch Robert wohl; warum denn nicht? Ist ein unbekannter Bastard nicht zu schlecht, daß man ihn liebkost, mit ihm durch Feld und Wald streift, einsam und vertraulich mit ihm lustwandelt, so möchte Humberkurt am Ende denn doch Bedenken tragen müssen, dieses allzudemüthige Herz anzunehmen, das sich nur zu gern erniedrigt. Wissen wir ja doch die Ursache, woher Eure Weigerung rührt, ist sie doch auch dem Lande kein Geheimniß mehr. Und um welches Verbrechens, boshaften Planes oder Verrathes wegen ist denn dieser junge Landstreicher immer noch abwesend? Wenn er kommt, soll die Folter von ihm erpressen, was er mit Euch, oder gegen Euch mit auswärtigen Feinden verabredet hat.
Ein entsetzliches Gefühl bemächtigte sich der Jungfrau. Mit einem feurigen Blicke, die Augen weit aufreißend, als wollte sie sie dem Gegner ins Angesicht schleudern, rief sie: Giftmischer! komm mir nie wieder vor die Augen! der Geringste soll fortan lieber mein Rath seyn.
Zum Beispiel der gute Herr Ingeram, höhnte Hugo und verließ das Gemach. Sie aber warf sich erschöpft auf das Lager; jener Blick, den sie dem Erzürnten gegeben hatte, schmerzte sie tief in Auge und Gehirn hinein, daß sie glaubte, blind zu werden, denn Alles schwebte nur in ungewissen Umrissen vor ihr. Sie dachte zu sterben, so zerbrochen fühlte sie alle ihre Kräfte, so ganz ihr Leben entwichen. Als sie nach einer Stunde unbeschreiblicher Schmerzen weinen konnte, ward ihr in Scham und Reue wohler. Sie begriff nicht, wie sie zu diesem Auftritt gekommen, wie sie ihn nur irgend habe befördern können, sie erschrak vor sich selber und vor jenem ungeheuern Zorn, der in ihrer Seele aufgestiegen war. Nie hätte sie geglaubt, oder nur geahndet, daß ihr Wesen einer solchen sich ganz vergessenden Heftigkeit fähig sei. Sie erschien sich jetzt so elend und verächtlich, das Leben selbst kam ihr so arm und unerfreulich vor, daß sie mit ihrem schweifenden Blicke auf keinem Punkt, auf keiner Erinnerung weilen mochte. Wie aus einer tiefen Dämmerung trat ein tröstendes bleiches Gefühl endlich in ihre Brust, dieses, daß sie diese Leidenschaft für Ferdinand geäußert habe, für den verfolgten treuesten Freund, und Scham und Reue, wie alle Schmerzen schienen bei dieser Vorstellung sich zu mindern. –
Im Lager Balduins war am folgenden Tage Alles in der größten Erwartung und Bewegung. Es war bekannt geworden, daß eine Gesandtschaft zu einer wichtigen Unterredung, an ihrer Spitze Hugo, der Regent selbst, erscheinen würde, um sich mit dem Kaiser und den Seinigen über einige wichtige Punkte zu vereinigen. Hugo zog mit seinem Sohne, dem getreuen einsichtsvollen Tillen, dem bejahrten Ritter, so wie vielen andern seiner Vertrautesten aus der Stadt. Im Lager Balduins war keiner auf den Erfolg dieser Gesandtschaft und Unterredung so gespannt, als Conrad, der nicht begriff, weshalb Hugo diese Zusammenkunft gesucht, oder Balduin sie bewilligt hatte, da es doch völlig unmöglich war, daß die Parteien sich irgend einigen konnten.
Balduin saß auf einem Thron, ganz im kaiserlichen Schmuck, mit dem kostbaren Mantel bekleidet. Neben ihm, auf niedrigern Sesseln, Conrad und der bleiche Wachsmuth, der heut zum erstenmal sein Zimmer verlassen hatte. Umher standen und saßen einige ältere Räthe, auch Abt Ildefons, nahe am Thron. In einiger Entfernung sah man Friedrich und andere junge Ritter.
Als Hugo in das große prächtige Gezelt trat, warf er einen sonderbaren eiligen Blick auf Conrad und betrachtete dann Balduin, der in majestätischer Haltung auf ihn herniedersah. Hugo, der straff und mit aufrechtem Gange eingetreten war, schien, vom Blick des Kaisers getroffen, verlegen zu werden, denn er verneigte sich tiefer und demüthiger, als er sich vorgesetzt haben mochte, oder als es die Absicht dieses Besuches gestattete. Auf einen Wink Balduins, indem Conrad und die Uebrigen aufgestanden waren, wurden dem Grafen Hugo, dem Freiherrn Tillen und noch Einigen seines Gefolges Sessel gereicht, und nach einer langen Stille begann Balduin: Was suchst Du, Graf Hugo, hier im Feldlager vor meinem Thron? Du, der größte unter meinen Feinden, Du, mein Vasall, der Du mir hier Mons, meine gute Stadt versperrst, und meine Bürger und so viele Edle von Namen gegen mich in die Waffen rufst?
Hugo erhob sich, blickte dreist empor und antwortete dann mit festem Ton: Du fragst mich, Du, der Du Dich Balduin nennst? Mich, der ich nur darum zu Dir gekommen, um Dir Frageartikel zu stellen? Und nicht spreche ich zu Dir aus eigener Willkühr oder aus Uebermuth eines Einzelnen, sondern die Fürstin, die Stimme des gesammten Landes spricht aus meinem Munde. Wie? Du wagst es, Verwegner, Dich Balduin, Fürst von Flandern, Kaiser zu nennen? Der rechtmäßigen, edeln Fürstin, ohne Beweise, ohne Grund und Anspruch ihr Land zu entreißen und gegen sie selbst ihre treuen Unterthanen zu empören? Ich bin jetzt gekommen, und mit mir dieser edle Freiherr, dessen Tugend selbst die Verläumdung nicht zu schmähen wagt, alle diese jungen und alten Ritter sind mit mir erschienen, Dich feierlich und im Namen Gottes hier zu fragen: ob Du nicht endlich, von der Noth des Landes gerührt, von Deinem Gewissen bewegt, diese Deine frevle Lüge von Dir thun, zur Wahrheit zurückkehren und bekennen willst, daß Du die Theilnehmer Deines Abenteuers nur hintergangen, daß Du kein Fürst, Landesherr, nicht Balduin bist, sondern ein Schwärmer und Thor, der von eitler Hoffnung erregt, von Wahnsinn begeistert, das Panier des Aufruhrs blutig durch die Länder schwingt, um Die zu verderben, die Du Deine Unterthanen nennst, und Diejenige elend zu machen, die Du als Tochter zu lieben vorgiebst. Bekennst Du Dich schuldig, so soll dieses Dein bereuendes Geständniß Dir als Grund der Verzeihung, als die erste Stufe der Besserung dienen. Gebete, Einsamkeit, Wallfahrten und Buße mögen Dir dann auch von jenem Richter Verzeihung erwerben, dessen gerechtes, unparteiisches Auge über uns alle waltet und unsere innersten Gedanken prüft. Darum entkleide Dich hier vor unsern Augen, vor den Blicken dieser Männer, die sich von keinem Blendwerk täuschen lassen, Deines angemaßten Ansehens, denn nicht diese Krone, das Scepter, dieser erhabene Stuhl und die würdige Haltung genügen uns, um Deinem Mährchen zu glauben, dies kann Jeden, auch den Niedrigsten schmücken, Jeder kann dies spielen und nachahmen, aber Wahrheit und Recht, Tugend und die Liebe des Vaterlandes werden nicht vor diesem Schaugepränge die Knie beugen.
Alle sahen sich verwundert an. Ein Murmeln des Beifalls ließ sich in dem Gefolge Hugo's hören, dagegen der junge Friedrich und viele seiner Freunde ein lautes Mißfallen äußerten, Alle waren bewegt, nur der Kaiser, ohne die Mienen zu wandeln, nachdem er mit ruhigem Blick im Kreise umhergeschaut hatte, sagte dann mit tönender Stimme und majestätischer, aber freundlicher Haltung: Hugo, die Worte, die Du eben sprachst, kränken mich nicht, ich klage nicht, daß Du so redest, denn ein treuer Unterthan muß so sprechen, ich klage nur darüber, daß Du sie mich nicht viel früher hast vernehmen lassen. Dünkt Dir meine wunderbare Geschichte, meine höchst seltsame Errettung, und Alles, was mir zugestoßen ist, nur ein Mährchen, von List und Trug erfunden, so verzeihe ich Dir auch dies, wie jedem Andern, der mir nicht glauben will, denn mein Schicksal ist allerdings so einzig, so allen andern seltsamen Begebenheiten unähnlich, daß, wer mich sonst nicht kennt und anerkennt, schwerlich jener Schrift und Erzählung, die ich habe in die Lande ausgehn lassen, an sich selbst Glauben zustellen kann. Ich frage Dich nur im Vorbeigehn, ob Du nicht meinst, List und Trug hätten, um leichter zu täuschen, eine bessere Erfindung ersinnen können, der der Glaube der Menschen leichter entgegen käme? Aber das, mein Hugo, tadle ich an Dir, daß, wenn Du zweifeltest, Du nicht schon längst zu mir kamst, um Dir alles Das erklären zu lassen, was Dir unbegreiflich dünkt. Denn ich scheue ja nicht die Untersuchung meiner Sache, ich wünsche sie vielmehr, weil ich und die Wahrheit nur dabei gewinnen können. Und sind die Fragenden edle Männer, alte Freunde, Vertraute (und alles Dieses, mein Hugo, bist Du), so wird es mir um so leichter, mich zu rechtfertigen. Hättest Du mich auch in diesen neuesten Verwirrungen der Zeit beleidigt, so würde selbst die größte Kränkung nicht die Dankbarkeit in meiner Brust ertödten können, die ich Dir für mein ganzes Leben schuldig bin. Ich kann nie die Dienste vergessen, die Du mir leistetest, bevor ich nach Griechenland ging, nie kommt jene Zeit und unser vertrauter Umgang, unsere rührende Freundschaft aus meinem Gedächtniß. Nachher halfst Du mein armes verwaistes Land beschützen, und, so viel Du konntest, vor Unordnung und Bürgerzwist bewahren. Darum dachte ich eben, als ich meinen vaterländischen Boden wieder betrat: dein Hugo wird Einer der Ersten seyn, der dir mit den Freudenthränen des Freundes entgegenkommt. Um so mehr, weil Du meiner einzigen geliebtesten Tochter so lange Schutz und Pfleger gewesen warst: so sehr war ich von Deinem Entgegenkommen überzeugt, daß ich schon auf Dank sann, wie ich Deine erprobte Treue vergelten, wie ich Dich mit nähern Banden, als nur des Danks und der Belohnung, an mein Herz heften möchte. Denn Du mußt es ja doch wissen und fühlen, was ein Vater für sein Kind, dem man Gutes thut, zu zahlen im Stande ist, da Dir selbst ein hoffnungsvoller, wohlgerathener Sohn zur Seite steht: ein Jüngling, der zwar an mir und den Meinigen gezeigt hat, wie tapfer er sei, indessen nur von demselben Irrthum geblendet, der auch Deine Sinne gefesselt hielt. Kehre also, alter Freund meiner Jugend, als Stütze meines Alters zu Deiner Pflicht zurück, und ich will Dir selbst für alle Kränkung danken und Deinen Eifer königlich belohnen, denn Alles, was Du thatest, thatest Du, wie sehr Du irrtest, nur aus Liebe zu mir und Deinem Lande, ebenso redlicher Freund wie Vasall, ebenso tapfer als ergeben, und nur darin fehlend, daß Du nicht mit diesem Besuch begannst, wie Du jetzt mit ihm endest.
Alle sahen sich an und waren erschüttert, der alte Freiherr Tillen weinte und machte eine Bewegung, als wenn er sich der edlen Gestalt des Kaisers zu Füßen werfen wollte, aber Hugo hinderte ihn durch eine heftige Bewegung und nahm das Wort von neuem: Alles, was Du bis jetzt gesprochen hast, beweiset mir nur Deinen Verstand und Deine Kunst zu täuschen. Bist Du der Listige, für den ich Dich halte, so war diese Deine Rede die zweckmäßigste. Doch, wie beweiset sie irgend, daß Du der wirkliche Balduin seist? Woran soll ich, der Hugo, den Du Deinen Jugendfreund nennst, Dich erkennen? Kannst Du mir nicht Beweise geben, die mir so klar und unwidersprechlich erscheinen, so wirklich, wie die Teppiche dieses Zeltes, wie dieser Fußboden unter mir, so muß ich immer Dein Feind bleiben, und jeden Tugendhaften und Vaterlandsfreund mit aller Kraft auffordern, das Schwert gegen Dich und die Deinigen zu kehren.
An diesem starren, unbeugsamen Sinne, erwiederte Balduin mit milder Stimme, erkenne ich ganz meinen Hugo. So verzeih Du mir denn und dieser würdige Kreis, wenn ich Dich an Dinge und Vorfälle erinnere, die, wärst Du weniger unbeugsam, der Würde dieser Zusammenkunft nicht geziemen würden. Weißt Du noch, als wir Beide zugleich zu Rittern geschlagen wurden, wie wir nach jenem für uns entzückenden Tage uns am Abend dort bei Antwerpen einsam, Beide mit uns allein, in den duftenden, frisch blühenden Garten verloren? Wie ich Dir Alles vertraute, das Glück meiner Liebe, die heimliche Verabredung mit meiner Braut, deren Eltern und Verwandte meiner Vermählung entgegen waren? Thöricht ergötzten wir uns Beide an jener alten Sage vom ersten flandrischen Balduin, der seine Geliebte, als sie von England zurückkam, entführte. Ich beschloß, mit Deiner Hülfe ein ähnliches Abenteuer zu unternehmen. Damals gelobte ich, einen Freundschaftsorden zu stiften, eine Verbindung, wo kein Freund im Bunde dem andern auch nur einen Gedanken verschweigen dürfe. Hast Du denn noch den Goldring mit dem Rubin, den ich Dir damals zum Andenken dieser Stunde und als das Zeichen unsrer Brüderschaft gab? Damals nun, als erster Eingeweihter, vertrautest Du mir – o wie ist man in diesen Jünglingsjahren so thörichter und besser, als in den spätern Jahren der Klugheit – vergebt mir, Freunde, die Rührung, deren ich mich im Erinnern jener Tage nicht erwehren kann – ja, weißt Du noch, mein Hugo, wie Du mir nun unter Thränen gestandest, Du habest die Absicht, mit Deiner Geliebten, der Du schon verlobt warst, zu brechen? Jene Adelheid, die Verführerin, die bald nachher ein schmachvolles Ende nahm, hatte Dein Herz umgewendet. Ich bat, ich flehte, weinte, zeigte Dir, wie Du die edle Braut zerstören, welchen Unwillen des Fürsten und der Verwandtschaft Du auf Dich herbeiziehen würdest – und als Du – so bethört hatte Dich die Zauberin – dennoch starr und unerschütterlich auf Deinem Fehler beharrtest – beging ich nicht, nur um Dich zu retten, die höchst unritterliche Schwachheit, Dir zu vertrauen, wie Adelheid mich ebenfalls begünstigt, nannte ich Dir nicht das Mal an ihrem Körper – doch genug! wenn Du noch zweifeln kannst, so mag ich kein Wort mehr verschwenden, und auch diese gereuen mich alsdann, denn sie waren an einen Unwürdigen gerichtet.
Nein! nein! rief Hugo, heftig bewegt, indem er sich vor dem Kaiser niederwarf und laut weinend dessen Knie umarmte: nein, Du bist es selbst, mein hoher Herr, – ach! von jener Stunde konnte kein anderer Erdgeborner etwas wissen.
So komm in meine Arme, Du Treuer, Lieber, Wiederkehrender! rief Balduin, indem er den Knienden erhob, aufstand und ihn herzlich an seine Brust schloß.
Ein allgemeines Getümmel, Rufen, Fragen, Drängen war im Gezelt. Der alte Freiherr Tillen war der Erste, der seinem wiedererkannten Herrn den Eid der Treue leistete. Der Kaiser selbst führte seinen Hugo dem bleichen Conrad entgegen, und Beide mußten sich umarmen, um ihre alte Freundschaft zu erneuern. Humberkurt war mehr bestürzt als gerührt, und als sich jetzt Wachsmuth erhob, um auf einen Diener gestützt, das Zelt zu verlassen, ging der wilde Jüngling auf die andere Seite, als wenn er ihn nicht bemerkt hätte. Conrad folgte tief bewegt dem halb ohnmächtigen Sohne. Der Kaiser ritt mit Hugo nach dem Schlosse, um in Vertrauen und in der Stille den neugewonnenen Freund noch zärtlicher zu empfangen. Hugo ritt mit Humberkurt an Balduins Seite, und das Gefolge, das mit ihm aus der Stadt gekommen, war in Freude, den Zwist auf diese Weise geendigt zu sehn. – –
Als Johanna sich etwas von ihren Schmerzen erholt hatte, hörte sie wieder gern auf die Reden und Scherze des alten Ingeram, und es fiel ihr ein, wie wenig Graf Hugo fehlgesprochen, wenn er ihr gerathen habe, diesen redlichen, einfachen Menschen zu ihrem Rathe zu machen. Schlimmer, dachte sie, hätte es mir nicht ergehen können; was habe ich also gewonnen, daß Diejenigen, die man gemeinhin die Verständigen nennt, bis jetzt meine Geschäfte geführt haben? So enthält doch jede Bosheit oder Albernheit eine Prophezeiung, und wer kann sagen, in welcher Gegend das eigentlich Verkehrte oder Alberne wohnt?
Ingeram war so bei guter Laune, daß es ihm endlich gelang, die Fürstin einigermaßen zu erheitern. Was denkst Du, fragte sie ihn unter andern Reden, von einer Fürstin? Was ist ihr Beruf? Wie muß sie sich betragen?
Ihr Beruf ist, antwortete Ingeram, sich regieren zu lassen, damit sie andere beherrschen lerne; denn nie kann ich das einem Andern lehren, was ich nicht selbst erst gelernt habe. Und da man, um nur ein Beispiel zu geben, nicht diejenigen erfahrenen Leute, die selbst gehängt worden sind, zu Henkern machen kann, so sollte man wenigstens die recht geübten Henker, wenn sie einige Jahre ihr Handwerk mit Beifall ausgeübt haben, nachher an ihren eigenthümlichen Galgen zum aufmunternden Andenken selbst anknüpfen. Der bekehrte Sünder bekehrt ebenso am besten andere Uebertreter, und so dreht sich Alles schön im Kreise herum. Ihr, schönes Fräulein, braucht aber auch nicht einmal einen brutalen Mann, um Gehorsam zu lernen, denn Eure Vormünder haben Euch in dieser Tugend fast über die Gebühr unterrichtet und eingeübt. Es giebt aber noch einen Gehorsam, der freilich für diese massive Erde, die eigentlich aus den Splittern früherer und besserer Welten zusammengeknetet ward, zu fein ist, dessen Erlernung ich einem so ausbündigen Wesen wohl gönnen möchte, wenn dergleichen überhaupt für einen Regierenden paßte. Ich muß Euch nehmlich sagen, in jenen früheren Welten, die eben deshalb zerbrachen, weil sie zu gut und superfein waren (dergleichen ist immer baufällig, ist es doch mit unsern besten Gefühlen auch so, die gleichfalls zu gar nichts zu gebrauchen sind), ging es nicht so hausbacken und alltäglich zu wie auf der jetzigen harten Erdkruste, die verbrannt, elend, kohlig und zahnausbrechend ist, und die über einer Krume steht, die gar nicht einmal aufgegangen, sondern teigig, klitschig, wässrig, oder wie man es nennen will, kurz, nichtsnutzig und unverdaulich blieb. In jenem feinen Semmelmehl von Erd-Salzkuchen herrschte aber im Gegentheil, dazu noch lange vor unserer bekannten Zeitrechnung, eine so zarte und edle Sentimentalität vor, daß die damaligen Menschen, selbst wenn sie in Fieber phantasirten, sich keinen Erdbürger vorbilden oder denken konnten, der etwa bei Gelegenheit gestohlen hätte, oder einen Statthalter, der seinem Mündel seinen ungeschlachten Sohn zum Mann aufdrängen wollte. Das war also dazumal, bei allen Gebrechen der Zeitlichkeit, eigentlich eine ziemlich gute Zeit. Damals gab es auch, wenn Jemand den Andern liebte, einen so artigen Gehorsam, ein so sauberes Nachgeben im Leben, Wirken und Wollen des Einen im Andern, daß Keiner von den Beiden, die nach unserer groben irdischen Bauernmundart Liebende genannt würden, wußte, ob er befahl oder gehorchte. Eine eigene Compagnie von superfeinen Engeln exercirte die Leutchen Tag und Nacht darauf ein, die sich beim Hauptmann einschreiben ließen, wenn sie als derlei Liebende dienen wollten. »Ich will« – »Du sollst« – hieß in damaliger (natürlich untergegangener) Mundart nur: ach! mit welcher Sehnsucht wünschest Du, Einziger, daß ich denselben Wunsch haben möchte wie Du! Und sieh! zu gleicher Zeit ist mir dieses Denken im Herzen aufgestiegen! – Wenn Einer dazumal im Zorn: »Himmeltausendsakkerment!« sagen wollte, so konnte er es nur in vorparadiesischen Worten etwa so ausdrücken: Ach! wie selig ist mir! Ist es Dir, Süßeste, auch so? Nein, Du bist so viel edler, daß alle meine ahndenden Kräfte nicht die Wonne sich vorbilden können, die jetzt durch Deine Seele schauert. – Ihr seht, Alles, was wir jetzt beten, flehen, träumen, fluchen oder dichten, ist nur eine grobe lakonische Abbreviatur jener poetischen Zeichensprache, die schon früh mit jener Welt selbst in Trümmer fiel und in Vergessenheit gerieth. Es war ein Pfingstmontag (wenn ich mich nicht im Datum irre), als auf der Kirmes (die bei uns im Herbst meistentheils gefeiert wird) sich auf dem Dorfplatz eine Schaar Engel, die gar nicht einmal in der Nachmittagspredigt gewesen war, versammelte. Es galt ein Kegelspiel, und ein paar renommirte Bursche wollten sich vor den andern mit ihrer Kraft und Geschicklichkeit sehen lassen. Da wurde Sirius, Orion, Aldebaran, der Morgenstern hergekugelt und die Sache lief immer glücklich ab. Alle Neun! rief plötzlich der bekannte Lucifer (der auch nachher um alles gute Renommé gekommen ist) und packt da mit seinen zarten Händen jene allerliebste zarte Weltkugel: bauz! schmeißt sie der unbesonnene Knecht Ruprecht weit hinaus auf die Bahn, und, siehe da! die neun Kegel fallen, wie er geprahlt hatte, richtig um, er gewinnt die Wette und den Stamm – aber (er hätte gern noch ein paar Wetten zugelegt, wenn er die Sache hätte ungeschehen machen können) – die Kugel selbst zersprang vom zu heftigen Anstoß in hunderttausend Millionen Splitter. Der aufsetzende Kegeljunge dachte erst, es sei ein sanfter Mairegen, der ihm den Blüthenstaub über Haar und Ohren streute. Nun war guter Rath theuer. Der große Werkmeister, dem eigentlich die ganze Kegelbahn gehörte, hatte immer eine besondere Vorliebe für diese seine Weltkugel geäußert. Es konnte Nachfrage nach ihr geschehn; andere Geister, die schon das Kegelspiel, vollends an Feiertagen, nicht leiden mochten, gaben vielleicht die Sache an. Da rennt der arme geängstete Lucifer umher, sucht Scherben, Glas, Splitter von Flaschen, Lehm und Sand zusammen, und bäckt in der Verzweiflung so eine neue Weltkugel, nimmt einen Besen, einen frischen Maienbaum, und fegt, was sich von der zersplitterten Welt noch erwischen läßt, zusammen, und klebt Alles noch eilig in jene Surrogat- oder Supernumerationskugel hinein, auf der wir zur Zeit hausen und hanthieren. So hat sich noch Einiges aus jener bessern Zeit hinein verläppert, und die Sache ist so beschaffen, daß wer, wie Ihr, mein Fräulein, an diese süßen Flecke geräth oder jene Trüffeln heraus schmausen kann, noch ziemlich leidlich davonkömmt; ich aber, der ganz in die Spreu und Kleie gerathen, bin um so mehr zu beklagen.
Sie wurden durch Geschrei, Trompeten und verwirrtes Getöse unterbrochen, das aus den Gassen betäubend herauftönte. Ein Diener meldete, daß fast alle Krieger zur Stadt hinauszögen, weil der große Graf Hugo mit allen seinen Begleitern den Kaiser Balduin als echt anerkannt und ihm gehuldigt habe.
Bei dieser unerwarteten Nachricht sank Johanna wie ohnmächtig auf ihr Ruhebett zurück. Welche Welt! rief sie schmerzlich weinend aus; welche Menschen! Woher Rath, woher Hülfe nehmen? O weh mir! Zu welchem Elende bin ich aufgewachsen! Wohin ich blicke, eine unendliche Trostlosigkeit. – Und wäre es möglich? – Sollte jener Fremde, an den ich nicht ohne Schaudern denken kann, wirklich mein Vater seyn? – Von entgegenstrebenden Schmerzen werde ich hin und her geworfen. – O ja, jetzt trifft mich Hugo's Rache. – Wohl Dem, der früh und unschuldig sterben kann. Möchte man doch glauben, das Leben selbst sei schon ein Verbrechen.
Ingeram tröstete wieder und sagte unter manchen andern Reden: Holdseliges Kind, Ihr lernt jetzt eigentlich zum erstenmale im Leben die Menschen kennen, was man so Menschen nennt. Dies Gefüllsel von Haut, Knochen, Fleisch und Eingeweiden, mit etwas Blut angefärbt, und oben mit dem weißen Klebeschaum im Kopf, in dem der Geist am liebsten herumplätschern soll, ist eben nur ein Hackemack von Erbärmlichkeit, Hunger, Neid, Bosheit und schuftischem Wesen aller Art. Das ist eben auch gar nichts, wenn es nicht schlecht seyn darf; ihm dies verbieten, hieße ihm das Dasein überall untersagen. Ihr habt so hingeträumt, Liebste, wie die Töne auf der Laute schwingen und klingen, wenn ein Frühlingswind durch die Saiten schwirrt, oder eine Kinderhand sie berührt: Ihr habt diese Angesichter mit den schwarzen und blauen Augen für lebendig gehalten; dem aber ist nicht so, den Larven, grob angestrichen, muß man kein Gefühl und verständiges Wort abfragen wollen. Da haben fromme Gemüther die ganze Religion auf das Gewissen gebaut. O Himmel! hätten sie Gewissen und Religion, könnten sie aus denen nicht ebenfalls machen, was sie wollten, der ganze Stand der Prediger wäre überflüssig, denn Jedermann trüge seine Hauscapelle in seiner eigenen Brust. Das paßt aber auf diese Puppen mit beweglichen Gliedern nicht. Der Falke, wißt Ihr, wird abgerichtet, indem man in die Augen von ausgestopften Hasen die Atzung thut. Die nascht er, ebenso lehr- als fraßbegierig, heraus. Nachher gelingt es ihm mit den wirklichen Hasen auch, die, blind gespeist, dem Jäger nicht entlaufen können. Soll man dem Falken anmuthen, subtile Unterschiede zwischen wahren lebendigen Hasen und ausgestopften zu machen? Sollen Hugo und seines Gleichen etwas anders wollen als Fressen, und immer nur wieder Fressen? Alles, was sie sehn und denken können, ist ihnen nur Balg. Seele, Gemüth, Unsterblichkeit, Liebe, Großmuth, Ehre – ei, welche Fabelei! denkt jeder dieses Gelichters und speist fröhlich, auf seinen Bauch niederschauend.
Man vernahm durch Diener, daß fast Alle, die mit Hugo zum Kriege gekommen waren, die Stadt verlassen hatten, um sich Balduin zu ergeben. Der Diener erzählte, wie die Stadt ganz von Mannschaft entblößt sei, und daß, wenn Jene draußen jetzt Sturm oder Ueberfall versuchen wollten, man sich nicht würde vertheidigen können. Ich bin in des Himmels Hand, sagte Johanna; aber werde ich mich nun meinen Feinden ergeben müssen, unter denen jetzt Hugo mein ärgster ist, der mich noch gestern zu beschützen vorgab? Soll ich, kann ich noch entfliehen? Darf ich noch widersprechen, wenn Alle, Alle sich vereinigen, jenen Balduin anzuerkennen?
Verzweifelt nicht, sagte Ingeram: vielleicht ist der König von Frankreich und Ferdinand schon unterwegs. Oft kommt die Hülfe von daher, von wo wir sie am wenigsten erwarten. Vielleicht hat Euch der Himmel um so lieber, weil er Euch so schwere Prüfungen zusendet; er erzieht Euch zu Euerm großen Beruf. Verliert nicht das Vertrauen zu ihm und zu Euch selber, denn wer sich selbst verläßt, der ist am schlimmsten verlassen. Seht, wie uns wenigstens noch solche treffliche Sprüche und Sentenzen zu Gebot stehn, wenn uns Alles im Stich läßt.
Johanna schlief in dieser trübseligen Nacht nur wenig. Sie erhob sich schon wieder, als kaum der Morgen dämmerte, denn eine noch lautere Bewegung und stärkeres Getümmel erregte die Stadt. Sie mußte glauben, Mons sei schon erobert, und als sie sich ängstlich erkundigte, erfuhr sie, daß mit vieler Begleitung Graf Conrad eingezogen sei und dringend wünsche, sie zu sprechen, sobald sie es ihm nur erlauben wolle: er komme als Freund, und bitte, um wichtiger Ursachen willen, vorgelassen zu werden.
Als die Fürstin sich angekleidet hatte, begab sie sich in den Saal, wo Conrad mit einigen vornehmen Rittern schon ihrer wartete. Sowie sie eintrat, ließ er sich auf ein Knie vor ihr nieder, und sagte mit feierlicher Stimme: ich weiß noch nicht, wie ich zu meiner gnädigen Fürstin, zur schwer Gekränkten, Beleidigten und Erzürnten mein Auge erheben soll. Kann sie mir nicht vergeben, verwirft sie meinen Dienst, meine treue Ergebenheit, meinen herzlichen Eifer, wodurch ich doch einigermaßen wieder vergüten möchte, was ich gefehlt habe, so bin ich ein ganz verlorner Mann, der sich mit sich selbst nie wieder versöhnen wird. Nimmt aber der Himmel unsere Reue und Buße an, den wir durch unser sündliches Thun am schwersten verletzen, so lassen sich edle Menschen auch vielleicht durch reumüthige Thränen der Versöhnung näher bringen.
Wohl habt Ihr mich gekränkt und unglücklich gemacht, erwiederte Johanna: und wie kömmt es, daß Ihr erst jetzt zu dieser Einsicht gelangt?
Zum Fehlen, antwortete Conrad, ist der Mensch geboren: wozu Gebet, Versöhnung, Reue, wenn wir niemals irrten? Kennt Ihr die seltsame Geschichte der nächst vergangenen Tage, so wißt Ihr auch, daß ich mich nicht leichtsinnig, voreilig diesem Fremden ergab, man zwang mich zu ihm, ich prüfte, so viel mir nur Einsicht verliehen war, seine Sache, und die Wahrscheinlichkeit, das Zusammentreffen vieler Umstände, vorzüglich aber seine Kunst und Heuchelei hintergingen mich Armen, Unerfahrnen, der für solche Bosheit keine Waffen hat. Aber schon seit Tagen war ich dem Betruge auf der Spur, und der freche Betrüger sah und fühlte mein verändertes Betragen zu ihm. So komme ich reumüthig zu Euch mit der demüthigen Bitte, daß Ihr mir vergeben und meine Dienste annehmen möget.
Und wenn ich Euch vergebe, fragte sie, wenn ich Euch wieder zu den Meinigen zähle, darf ich es glauben, daß jener Balduin ein Betrüger sei? Irrt Ihr Euch jetzt nun wirklich nicht noch schlimmer, als vorher?
Nein, Fürstin, sagte Conrad, ich habe ihn zu scharf beobachtet und seine Larve ist gefallen. Nein, Euer hoher Vater ist längst gestorben. Mein Schwachmuth, mein Hang zum Wunderbaren und manche irdische Leidenschaften verblendeten mich; ich wollte, ich gestehe es, dieses sonderbare Ereigniß für irdische Zwecke und Vortheile benutzen. Aber mein inneres wie äußeres Auge ist jetzt erhellt. Nehmt meine Dienste und die der Meinigen sowie der Freunde an, denn sie waren Euch noch niemals so noth. Der wilde Hugo und sein wilderer Sohn sind zu Euerem Feinde mit allen Kriegern übergegangen, Ihr seid ganz verlassen und der Willkür preisgegeben. Denn nichts Geringeres als Eure Hand soll dem rohen Humberkurt und seinem Vater diesen Uebertritt bezahlen. Vergönnt mir also, daß ich Alle, die mir zu Gebot gestanden, zu Euerm Schutz in die Stadt rufe, und ich mag wohl sagen, Ihr seid alsdann stärker, als Ihr zuvor wart, und könnt der Anmaßung des Hugo lachen.
Johanna verzieh ihm und nahm ihn wieder zu ihrem Diener, Rathgeber und Feldherrn an. Conrad sendete sogleich einige seiner Vertrauten zum Lager hinaus, um die Schaaren, die noch draußen geblieben waren, ebenfalls in die Stadt zu rufen. Dann besuchte er seinen kranken Sohn, der schon mit ihm eingezogen war.
Wachsmuth weinte, als der Vater an sein Bett trat. Dieser setzte sich zu ihm und der Sohn sagte: ach! Vater! Wenn mein Leben sich doch jetzt löste und alle Bande desselben nachließen! Nie hätte ich gedacht, daß ich solche Erfahrungen machen sollte. Wenn ich auch wieder gesund werden könnte, wird sich mein Geist doch niemals wieder von dieser Krankheit erholen. Ihr, mein Vater, den ich ehre und liebe, Ihr habt diesen ungeheuern Betrug unterstützt, wohl veranlaßt? Alle Fugen meines Wesens und meiner Seele wollen auseinanderreißen, so oft ich mir nur den Gedanken wiederhole. Ich finde Vertrauen und Wahrheit niemals wieder, und fürchte, wenn ich diese Erschütterung überstehen kann, daß das Innerste meiner Seele, der Quell meines Lebens selbst zur Lüge werde. Mir ist, als sei alles Dasein und alle Schöpfung nur ein gaukelndes Mährchen.
Mein Sohn, sagte der Alte, und faßte die Hand des Kranken: nur eine Wahrheit ist, der Glaube, die Liebe des Schöpfers und unsere heilige Religion. Hier sollen wir niemals wanken, zweifeln oder irren. Alles, was irdisch heißt, ist mit den Leidenschaften vermischt, diese erzeugen und verwirren es, und kein Mensch kann sich ihrem Einfluß entziehn, mag er es gestehen oder suche er es zu leugnen! Ist die Liebe zum Kinde nicht vom Himmel entsprossen? Und doch war es diese zu innige, zu herzliche Liebe zu Dir, die mich auf diesen Irrweg führte, den mir der Himmel vergeben wolle. Könntest Du nur jetzt gesunden, so wären wir durch diese Bosheit Hugo's unserm Glück wohl näher als jemals.
Und kann ich jemals wieder hoffen, lieben, die Schönheit in der Schöpfung sehn und empfinden? erwiederte der Sohn. Ist denn nicht Alles ausgebrannte Schlacke, Schatten und Rauch?
Aber herrschen kannst Du, entgegnete der Alte. Deinen Stamm berühmt machen und emporbringen. Die Freude an diesem Besitz erlischt nie: im Gefühl zu herrschen sind alle Genüsse und Leidenschaften vereinigt. –
Als immer neue Krieger, Ritter und Reisige in die Stadt zogen, die Wälle und das Schloß besetzten, und unter Conrads Anordnung neues Leben und Kriegeslust die Fremden wie die Einheimischen in muntere Bewegung setzte, sagte Ingeram zu Johanna, die aus einem Fenster alle diese Zurüstungen und die einziehenden Truppen sah: Bemerkt nur, Fräulein, wie die Stadt nun kriegerischer aussieht als jemals. Jetzt dürft Ihr Euch nicht mehr vor diesem Hugo und seiner Bosheit fürchten, so völlig hat eine einzige Nacht Alles umgekehrt. In der That, die Herren führen das Kinderspiel »Verwechselt die Plätzchen« auf: läuft Dieser fort, kommt Jener. Ihr dürftet Euch nur den Spaß machen, dem trotzigen Humberkurt wieder einige Hoffnung auf Eure Hand zu geben, so zöge der fromme Conrad wieder hinaus und der edle Hugo käme uns zurück. Wenn Ihr dazu Zeit hättet, könntet Ihr täglich so abwechseln, und vom Hin- und Wiedergehn würden die Herren am Ende aufgerieben und zerscheuert. Wie treffliche Menschen aber sind Die, die jenen Windfahnen immer wieder nachfolgen und jede Bewegung mitmachen! –
Im Lager herrschte Verwirrung und Niedergeschlagenheit. Balduin wie Hugo hatten es nicht erwartet, daß Conrad so plötzlich einen so gewalttätigen und entscheidenden Schritt wagen würde. Ein großer Theil und der beste ihrer Krieger war ihnen dadurch entzogen worden; auch konnten sie wohl voraussehn, welche Wirkung dieser Abfall und die Erklärung des so hochgeehrten Conrad in den Provinzen und Städten hervorbringen würde. Die Folgen zeigten sich auch unmittelbar. Denn viele Krieger und Edle, durch diese Begebenheit erschreckt und an der Sache, die sie bis dahin vertheidigt hatten, irre gemacht, zogen sich still, und ohne Abschied zu nehmen, auf ihre Schlösser zurück, und dasselbe Lager, das bis dahin so glänzend erschienen, so gedrängt von Schaaren der Krieger und Ritter, von Rüstungen und prächtigen Wappenkleidern schimmernd war, stand jetzt fast verödet, und die Angesichter Derer, die bei den Fahnen blieben, verriethen nicht mehr, wie sonst, die trotzige Zuversicht und das Vertrauen auf einen gewissen Sieg.
Es ist schon Gewinn für uns, sagte Hugo, um Balduin zu beruhigen, wenn wir den Krieg nur in die Länge ziehn. Es werden wieder günstige Zufälle eintreten, die unsere Sache befördern. Das Volk gewöhnt sich an den Krieg und Derjenige, welcher ausdauert, wird den Sieg davontragen.
Hugo hatte richtig vorhergesehn; da er in der Stadt Mons und in der ganzen Provinz sehr geliebt war, schaarten sich jetzt Viele, die den Grafen Conrad haßten, zu ihm, so daß aus der Stadt und der nächsten Gegend sein Heer wieder bedeutend vermehrt wurde, nachdem Alle die erste Erschütterung und den Schreck über diese plötzliche Veränderung der Dinge überstanden hatten. Andere, die dem Grafen Conrad gefolgt waren, besannen sich ebenfalls, und verschüchtert, an Allem zweifelnd, gingen Viele in ihre Heimath zurück, so daß binnen wenigen Tagen sich das Gleichgewicht zwischen beiden Parteien wiederhergestellt hatte. Weil aber die Kraft beider jetzt so gleichgemessen schien, so wagte es Keiner, die Entscheidung auf den Ausgang einer Schlacht zu stellen, sondern sie bewachten sich gegenseitig mit argwöhnischer Aufmerksamkeit und beschäftigten und übten sich in kleinen Gefechten, die keine Folgen haben konnten. –
Als nach mehreren Tagen Hugo, sein Sohn und einige Ritter vor der Stadt hin und her zogen, um zu beobachten, ob alle Posten richtig vertheilt und wachsam wären, bemerkten sie einen Reiter, der sich hastig der Festung zu nähern suchte. Sie zogen sich dem Wege vor, so daß er ihnen nicht entgehen konnte, und als er näher kam, erkannte Humberkurt von Allen zuerst den jungen Ferdinand. Sogleich rannte ihn der Wilde an, nannte ihn Verräther und verlangte, daß der Reisende sich ihrer Gnade gefangen ergeben sollte. Ferdinand begehrte, in die Stadt eingelassen zu werden, doch jener riß das Schwert aus der Scheide und rief: jetzt sollst Du mir, Bösewicht, die Wunde von neulich mit Deinem Leben bezahlen! Wo kommst Du her, verrätherischer Landstreicher? – Als sich Ferdinand so angefallen sah, entblößte er seinen Degen, um sich zu vertheidigen; aber noch bevor er sich gehörig zur Gegenwehr rüsten konnte, hatte ihm Humberkurt mit einem gewaltigen Hiebe den Helm vom Haupte geschlagen. Erschreckt holte Ferdinand weit aus, und traf mit so heftigem Schlage seinem Feinde in die Schulter, daß dieser sogleich vom Pferde stürzte. Jetzt war Hugo mit dem Gefolge herzugekommen, Alle umringten den Jüngling, der sich ihnen gefangen ergeben mußte.
Humberkurt, der an seiner Wunde zu verbluten schien, wurde eilig verbunden und schnell nach dem Lager geschafft. Ferdinand verlangte, als ein Diener der Fürstin Johanna, in die Stadt gelassen zu werden, aber Hugo ließ ihn in Fesseln schlagen, ohne auf seine Einrede Rücksicht zu nehmen. Ferdinand wollte nicht sagen, von wo er komme, was er ausgerichtet und welche Botschaft er der jungen Fürstin bringe, und auf dieses Weigern ließen ihn Balduin und Hugo in einen Kerker werfen, um ihm als Empörer, Meineidigen, Mörder des Grafen Humberkurt und Verläumder, der Jenen fälschlich der Giftmischerei beschuldigt habe, den Prozeß zu machen. Johanna erfuhr nicht, daß Ferdinand zurückgekehrt sei.