Ludwig Thoma
Der Wittiber
Ludwig Thoma

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Zwölftes Kapitel

Der Lichtmeßtag hatte sich, wie es die Bauernregel lobt, mit Schnee und Wind eingestellt; und aus der Kirche, worin heute das heilige Wachs geweiht worden war, ging die ehrengeachtete Brautperson Ursula Glas nach Hause. In Händen trug sie einen roten Wachsstock, der nach altem Brauche dieser baldigen Ehefrau zukam und ihr als hoffentlicher Wöchnerin gute Dienste leisten konnte. Denn, um Hand und Fuß gewunden, wehrte er bösen Zauber von Mutter und Kind ab.

In der Stube saß die Näherin, die mit flinker Nadel und klappernder Schere hantierte und an der Ausstattung arbeitete. Da gab es Allerwichtigstes zu reden, und Ursula war schier unwillig, als ihr der Lenz zur Tür hineinrief, daß sie nur gleich in die Küche kommen solle.

Er machte zornige Augen, und seine Stimme klang gepreßt:

»Woaßt d' as scho? D' Zenzi is doblieb'n!«

»Mi is gesting scho auffallend g'wen, daß sie si net zu'n geh' richt'.«

»Du hoscht as g'hört, daß a g'sagt hot, sie muaß auf Liachtmeß aus 'n Haus?«

»Freili hat o 's g'sagt.«

»Also du bischt mei Zeug'n. I wart jetz grad auf Mittag, und bal s' do it weg is, nacha frag i 'n schnurgrad. I will sehg'n, wos a sagt.«

»Du, Lenz, laß 's guat sei!«

»Wos? Kamst du jetz aa mit'n guat sei lass'n? I zoag 's enk all mitanand, daß i net g'rad da Hanswurscht im Haus bi!«

»Schrei do it a so! Hört 's ja d' Natherin.«

»Dös is mir ganz wurscht. Moanst, d' Leut' red'n it an ganz'n Dorf? Und lachan ins aus, den alt'n Depp'n und di, und mi erscht recht? Is ja wohr aa, is denn dös no a Hauswes'n?«

»Aba schaug', jetzt mach do koa G'schicht it her, de paar Wocha, wo i no dahoam bi!«

»Wos geht denn dös mi o? Du redt'st da leicht! Bal no du in Hirtlbach hockst, na derf do da größt' Saustall sei, moanst? Du siechst und hörscht nix davo.«

»Es helft dir ja do nix!«

»Dös wer'n ma sehg'n, ob i da gar neamd bi, und ob ma bei ins auf koa Ehrbarkeit übahaupts nimma aufpass'n muaß. Woaßt denn du, wo dös no hi'geht?«

»Er werd eahm nacha do selm schama!«

»Der schamt si brav, ja! Jetz redt'st a so, und z'erscht hättst da liaba 's Mäu z'riss'n, und hoscht mi grad oiwei g'hetzt.«

»Wo hon i di g'hetzt? I ho da bloß g'sagt . . .«

»Du hoscht bloß g'sagt, daß der Alt aufischliaft, und daß er in Händ'n vo dem Himmiherrgottssaggeramentsschlamp'n is, und daß mi gar nix mehr san, und daß vielleicht no amal alssammete hi' werd, und . : .«

»Lenz, du muaßt it a so plärr'n. Laß da no sag'n . . .«

»Nix laß i mar sag'n. Du gangst, und de bleibat, und i waar da Lapp auf und auf, und bal s' den Lattürl, den damisch'n, ganz rumkriagt, werd s' vielleicht no Bäurin.«

»Geah! So muaßt jetzt aa it red'n! Dös glaabst je selm it.«

»Wos is da vui zu'n glaab'n? Hot ma dös no nia g'hört, daß so an Alta dappig wor'n is und auf gar nix mehr aufpaßt?«

»Scho! Aba . . .«

»Aba dir is wurscht, gel? Du hoscht dei Geld brav ei'g'steckt und bischt drei Stund weg vo dera Gaudi. Aba'r i müaßt s' vor Aug'n hamm, und müaßt mi schind'n und plog'n und z'letzt von Hof geh' wia'r a Handwerksbursch, mit 'n Stecka in da Hand! Na, mei Liabi, jetzt drah i amal auf.«

»Da machst d' Sach it bessa.«

»Ah? So g'scheit bischt du jetz wor'n?«

»Laß da sag'n . . .«

»Paß auf und laß da sag'n, und grad guat waarst du und grad sanftmaßi. Du redt'st halt aa, wia 's dir g'leg'n is.«

»Bal's d' ma da it zualus'n willst, nacha geh'n i wieda zu da Natherin eini.«

»Auf wos soll i lus'n?«

»Weil i mit 'n Basel g'redt hab üba dös, und de is do g'wiß auf inserna Seit'n und hot an Vastand.«

»Und du hoscht ihr all's g'sagt?«

»Freili! Wia s' z'letzt do g'wen is, und an andern Tag in Arnbach no mal.«

»So? Hot na de aa nix ausz'setz'n an dem Zuastand, an dem abscheilinga?«

»Gnua hot s' ausz'setz'n, aba sie sagt, es waar übahaupts g'scheidta g'wen, mi hätt'n gar it dagleicha tho.«

»Sagt sie?«

»Ja, wei da Vata durch dös erscht recht stützig werd', und indem daß a si ei'bildt, er derf ins it nachgeb'n, und wei eahm 's Sach z'letzt do no g'hört, und . . .«

»Hot sie g'sagt?«

»Ja, und daß 's übahaupt so Leut gibt, de wo si auf dös ei'spreiz'n, daß s' eahna nix sag'n lass'n. Und durch dös waar 's vielleicht bessa g'wen, bal mi koan Streit gar it g'habt hätt'n.«

»Hättst halt dei Mäu g'halt'n, na hätt i nix g'wißt; hintadrei kimmst jetzt mit da G'scheidtheit!«

»Desweg'n muaßt as du it no irga macha; und bal's jetz no mal an Krach gibt, werst d' sehg'n, da bringst an Vata ganz ausanand.«

»I ho koa Wort nimma g'sagt, die ganze Zeit her, aba heunt is Liachtmeß, und die Loas muaß weg.«

»Du hoscht ja recht, es is schiach gnua, daß er s' it geh' laßt; aba moanst, er thuat 's, bal du heunt aufmahrig werst?«

»Na woaß a do, was i mir denk.«

»Dös woaß a'r a so. Wos hoscht denn du davo? Dös geht na wieda, wia 's letztmal, daß a dir sagt, du bischt it Herr, und bal's da'r it g'fallt, ko'scht geh.«

»Also, i muaß ma dös g'fall'n lass'n?«

»Wart'n sollst . . .«

»Bis du aus 'n Haus bischt, gel?«

»Z'weg'n dem gar it; aba red'st d' halt selm mit 'n Basel.«

Lenz setzte sich und preßte die Hände zwischen den Knien zusammen.

»Daß i zuaschaug'n muaß wia'r a Lausbua, und derf mi net rüahr'n! Liaba waar i Knecht; na durft' i do' red'n, bal ma wos it g'fallt, und gang mi aa nix o, kunnt g'schehg'n, was möcht! So muaß i oiwei in da Angst leb'n, daß d' Leut hinterrucks lacha und dös ganz Haus schlecht macha und a niada mi grad für an Buam o'schaugt, auf den it aufpaßt werd.«

»Wos kinnan denn d' Leut red'n? De wiss'n ja nix.«

»Na, gar nix. Dös hoscht scho du g'macht, daß si de guat untahalt'n kinnan über ins.«

»I?«

»Jawoi. Wo mi d' Zollbrechtin dawischt, red't s' mi dumm o und hot ihr'n Jamma und ihr Wehleidigkeit mit mir. Moanst, daß de grad zu mir was sagt?«

»I hon ihr aba nix vazählt!«

»Hör ma'r auf! Ös Weibsbilda kinnt's ja 's Mäu it halt'n, aa net, bal's mögt's.«

»De soll amal herkemma und soll sag'n, daß i ihr wos vazählt hab. Dös waar ma scho z'dumm, bal de a so lüagt.«

»Na hot s' as aus da Luft?«

»Wos woaß denn i, wo s' as her hot? De ko si denka, wos s' mag, aba dös braucht s' it sag'n, daß i g'ratscht hab. Weil dös durchaus it wohr is. De soll herkemma und soll dös behaupt'n.«

»A was! Und is aa ganz wurscht, ob sie 's vo dir oder vo ander Leut hot; aba mi müass'n staad sei, weil 's wohr is. Vorgeschtern hot s' as daher bracht, daß dös Mensch bei 'n Alt'n in Holz draußd g'wen is.«

»Dös hoscht ja du g'wißt.«

»Scho; aba daß s' zu'n Arbet'n außi is, glaab'n d' Leut it. Da lachan schö hoamli.«

»Jessas na! Wann no dös amal an End hätt!«

»Kimmt drauf o, wos für oans. Vielleicht kriag'n ma no a sauberne Stiafmuatta.«

»Geah! So was mag i gar it hör'n. Und dös sell muaß aa wohr sei, Lenz: sei den selbinga Mal hon i nia mehr wos g'spannt.«

»Vielleicht geht a nimma mit de g'nagelt'n aufi, und schliaft strumpfsöckli umanand.«

»I höret 'n scho; muaßt it moan, daß i dös it spannet.«

»Treibt a 's, wia'r a mog; umasinscht hot er s' it do lass'n.«

Ursula horchte. »Sei staad jetz,« sagte sie hastig, »er kimmt!«

Der Schormayer war im Hausflötz.

Da stand der Lenz auf und ging ohne Gruß an ihm vorbei in den Hof.

»Wos hot 'n der?« fragte der Alte. »Macht a G'sicht, als wenn eahm d' Henna 's Brod g'numma hätt'n. Hot 's wos geb'n?«

»Na!« log die Ursula. »I woaß gar nix. Vielleicht is eahm it recht extra.«

»So?«

Er holte aus der inneren Rocktasche ein mit Papier umwickeltes Ding: eine Wetterkerze, die auch am heutigen Tage geweiht worden war.

Er gab sie der Tochter.

»Leg ma s' ob'nauf in Kast'n eini.«

»Is scho recht.«

»Was i sag'n will: i ho ma 's übalegt, bal's du jetz nacha aus 'n Haus gehst, muaß i wen hamm.«

»Wen?« fragte Ursula rasch.

»A Hauserin. Is, wer da will – wann s' no ihra Sach vasteht.«

»Hoscht scho oani an Sinn?«

»Da Wirth hot ma g'sagt, er wisset oani; a seinige Bas'n; sie lebt in Freising und kennat si guat aus.«

»Wia alt waar na de?«

»Dös is wieda de richtige Frag für a Weibsbild und d' Hauptsach.«

»A junge kunntst do it hamm.«

»Warum it? Dös is koa Pfarrhof. Aba daß d' schlafa ko'scht heunt Nacht, will i dir 's sag'n: sie hot scho fufzi am Buckel.«

»Na is was anders.«

»So? Sinscht hätt i d' Erlaubnis it kriagt von enk?«

»Mi sagt it vo dem, Vata. Es is grad weg'n de Leut, und übahaupt waar 's aa nix für a junge; sie hot ja do koa lang's Bleib'n.«

»Wos woaßt du, wia lang de bleibe?«

»No, recht lang werd 's nimma hergeh', bis d' übagibscht?«

Der Schormayer zwickte die Augen zusammen und schaute Ursula forschend an.

»Aha! Habt's vo dem wieda a guate Untahaltung g'habt! Desweg'n hot da ander so an Schädel aufg'setzt!«

»G'wiß it, Vata. Mi hamm vo dem durchaus gar nix g'redt.«

»Na! Der red't ja nia vo dem! I möcht wiss'n, wos der sinscht an Sinn hot als wia dös! Von in da Fruh bis auf d' Nacht dankt der an nix anders und macht a G'frieß wia'r a vabrennte Wanz'n.«

»Er that si halt leichta wart'n, bal er was g'wiß wissat.«

»Dös gang mehra Leut so. Aba eppas g'wiß koscht d' eahm sag'n: heuer werd 's nix. Und wos dös nachst' Johr is, dös sehg'n ma früah gnua. I ko 's dawart'n, daß i in Austrag kimm.«

»Z'erscht hoscht d' as aba anderst an Sinn g'habt.«

»Do wer i da net viel g'sagt hamm vo dem.«

»Wia d' Muatta g'storm is, hoscht oiwei von Übageb'n g'red't, und daß di 's Regiern gar nimma freut.«

»Wos ma beim Notari schreibt, dös gilt; dös ander is bloß g'red't. An Wirtshaus drin hamm scho vui Leut kafft und tauscht und übageb'n.«

»Mi geht 's ja nix o, und i misch mi a gar it ei'.«

»Dös werd dös g'scheidta sei, und bal's dem andern gar a so pressiert, na sagst d' eahm, daß i no auf 'n Bock sitz und kutschier, und da Wag'n lafft it schnella, als wia 's i hamm will.«

»I brauch übahaupts nix red'n; in an etla Wocha bin i a so nimma do.«

»Jetz hoscht d' amal recht. Und, daß i net vagiß, i ho da Zenzi g'sagt, sie ko no bleib'n, bis s' an richtinga Platz kriagt.«

»Den kriagt ma'r aba sinscht auf Liachtmeß.«

»Ganz richti. Mi waar 's aba it passend g'wen, bal s' jetzt ganga waar.«

»Geah, Vata!«

»'s Mäu halt und lus zua. Du werst dir jetzt aa net d' Zeit nehma, daß d' a neue z' o'richt'n kamst, und de Hauserin kunnt aa it vor an Monat kemma.«

»I richt liaba a neue o, und is ma koa Müah it z' viel.«

»Sagst d' jetzt. Und nacha hockst bei da Natherin drin, und gehst auf Dachau in's Bezirksamt, und muaßt zu'n Basel umi, und in mein Stall kunnt 's geh', wia 's möcht.«

»Bal mi a richtige Dirn hamm, de sell werd ihra Sach' scho vasteh.«

»Woaßt du oani?«

»N . . . na; an Aug'nblick it.«

»Und i geh it auf d' Suach, grad weil 's dir passend waar. D' Zenzi bleibt, wia'r i 's ihr g'hoaß'n ho.«

»Aba bal d' Hauserin kimmt, stellst d' da'r an anderne ei; dös muaßt ma vasprecha.«

»Muaß i?«

»Schaug', Vata, i gang viel leichta furt, bal i de G'wißheit hätt.«

»Du gangst it, wann 's dir net g'freuet. Und bal du amal Prücklin bischt, z' Hirtlbach drent, na hoscht di du gnua z'kümmern um dei Sach und um dein Bauern, aba'r it um mi.«

Ursula hielt ihre Hand hin und lachte so freundlich, als sie konnte.

»Vata, geah, sei g'scheidt und vasprich ma 's!«

»Laß ma do mei Ruah mit dein Schmarrn! I ho 's durchaus it an Sinn, daß i d' Zenzi do b'halt, aba dös is mei Sach. Warum soll i denn dir was vasprecha?«

»D' Leut kunnt'n dös schlechtast glaab'n, bal de it geht.«

»Hamm d' Leut in mein Hof herin was z' schmecka? Und muaß i auf dös aufpass'n, wos de alt'n Weiba sag'n?«

»Du woaßt scho!«

»Nix woaß i.«

»Schaug', es is aa weg'n an Lenz!«

»Geht da Wind do her? Habt's viel zu'n Dischkrier'n mitanand üba mi? Na, mei Liabi, i kriach no lang it zu'n Kreuz und vasprich dir und dem andern net, daß i brav sei will. De G'schicht hot koan Werth it, und bal's d' no so freundli vo hint'n her kimmst.«

»I ho 's guat g'moant, Vata.«

»Du hoscht nix zum moana; ös braucht's mi net bei da Hand führ'n. I ko scho alloa geh. Dös waar ja de vakehrt Welt! Bal i . . .«

»Du muaßt it vazürnt sei üba dös.«

»Bal i auf enk hätt' wart'n müass'n, na waar i scho lang z' spat dro. Do seid's ös no Rotzlöffeln g'wen, wia'r i an Hof vorg'stanna bin, und werd koana sag'n kinna, daß a schlecht beinand is, und derselbige do, der ganz G'scheidt', der hockt si amal in dös Sach eina, dös i herg'richt' hab. I alloa, gel? Und ho koa Lenz it braucht dazua und koan Vormunda.«

»Mi sagt it vo dem.«

»Mi sagt übahaupts gar nix mehr. Mi san schon an etlas Mal z'sammg'ruckt üba dös, und wann du wirkli g'scheidt bischt, nacha sparst da du deine Wort für 'n Prückl. Den ziaghst dir, daß er genau a so werd, wia's 'n du hamm mögst, und bal's d' amal Kinda hoscht, na lernst d' eahna, wos da Brauch is. Da hoscht Arbet gnua.«

»G'wiß und wohr, Vata: i hätt it g'redt't, wann du it selm o'g'fanga hättst.«

»Und jetz hon i aufg'hört. Und bal dir der ander d' Ohr'n voll blast mit seine Kümmernis, na gibst d' eahm den guat'n Rat, er soll si sei G'scheidtheit aufheb'n, bis er s' amal braucha ko. Er soll it so umanand schmeiß'n damit, weil 's bessa is, bal ma no was hint hot. Guat Morg'n!«

*

Im Roßstall hockte Lenz auf der Habertruhe und biß von etlichen Strohhalmen Stücke ab, die er grimmig ausspuckte. Nicht weit von ihm stand Hansgirgl im Sonntagsgewand und schaute behaglich zu, wie seine Gäule mit malmenden Zähnen aus den Barren fraßen.

»Siehgst, Hansgirgl, i that glei mit dir tausch'n.«

»Heunt vielleicht. Aba morg'n wurd'st da 's übaleg'n, wann's d' amal da Herr bischt.«

»Ja, morg'n!«

»Oda übamorg'n. Laß da no daweil! D' Zeit geht vo selm, de braucht ma'r it treib'n.«

»D' Zeit vogeht, und de bescht'n Jahr hockt inseroana her.«

»Du tuast dei Arbet wia'r i.«

»Um an halb'n Lohn!«

»Wos da Alt' daspart, kimmt dir amal z'guat.«

»Hoscht du dös für g'wiß?«

»Wer soll 's denn kriag'n?«

»Vielleicht de do drent.«

Lenz deutete mit dem Kopf gegen den Hof hinaus, und Hansgirgl lachte gemütlich.

»Ah! Laß da nix traama!«

»Du ko'scht leicht lacha; geht 's, wia 's mag, di bekümmert 's nix.«

»Dös is aa it da Fall.«

»Du kriagst dein Lohn danach wia davor.«

»N . . . no, Lenz, wann ma lang in an Haus is, hot ma 's gern, bal d' Sach mit Ordnung geht.«

»Do werscht jetz it viel Ordnung sehg'n.«

»I siech nix, üba was i red'n müaßt.«

»Hoscht du it g'spannt, wia d' Leut hinter ins drei red'n?«

»I hör' hint it.«

»Dös muaßt du it so g'ring schatz'n! Dös is a Schand für ins allsammete.«

»Wos denn? Bal dös Weibsbild da drent aufdrah'n derfat, und durft si g'scheidt macha im Haus und o'schaffa, nacha waar 's anderst. Nacha gang i, weil mi dös vadriaß'n that. Aba i siech ja nix davo. I ho no nix g'mirkt, daß si de aufmanndeln derf.«

»Dös sollt aa no sei!«

»Um dös geht 's aba! So lang ma do nix siecht, feit 's it weit.«

»Weit gnua, sinscht hätt' er s' it do g'halt'n.«

»Ja no. Du woaßt aa it all's, warum daß er s' da laßt.«

»Dös is schwar zun Derrat'n; weil sie eahm in Händ'n hot.«

»Er schaut it a so aus.«

»Hilf du aa no dazua! Dös is schö vo dir!«

»So muaßt d' mir it kemma! Mir is a so it recht, wann d' mi du in an sellan Dischkursi über 'n Bauern einiziagst. Aba bal i dir o'gib, muaßt it moana, daß i dir nach 'n Mäu red'.«

»Aba dem andern! No ja, hoscht d' ja recht aa; er is da Herr, und auf mi brauchst du no lang it aufpass'n. Bis i amal dro'kimm, ko'scht di leicht wieda drah'n.«

»Dös wart'st amal o, wos i tua. Aba dös trau i mir z'sag'n: bal du Herr bischt, werst d' aa koan Knecht it mög'n, der bloß dös schlecht an dir siecht.«

»I schaff mir aa selle o, de mi lob'n, wann i hinta de Weibakitt'l herlaff.«

»Du woaßt heut nimma, was d' sagst.«

»Aba dös woaß i, wia du bischt. Di kenn i jetz, du Fei'schpinna!«

»Du brauchst mir koan Nam it geb'n, gel?«

»A Fei'schpinna bischt.«

»Ah was! I streit mi mit dir umanand, bal i dumm bi!«

»Du bischt scho it dumm! Du bischt ganz hell, woaßt? Ganz a Feina.«

»Laß mir halt mei Ruah mit dein G'lump! Jamma ander Leut für, de 's no irga macha und a rechte Bedauernis hamm mit dir, daß dir dei Vata so schlecht g'rat'n is. Aba mi laß steh'!«

»I laß dir steh' und geh'. Derfst aa umiroas'n zu eahm, und koscht eahm brüahwarm all's sag'n. Derfst mi gern vaklamperln!«

»Hab' i di scho amal vaklamperlt?«

»Ja, du!«

»Bal i umi geh, sag i an Bauern was anders. Er soll si um an Knecht schaug'n, der 's Hetz'n bessa vasteht.«

»Du koscht dös it? Du Fei'schpinna!«

»Du Rotzbua, du trauriga!«

»Wos?«

Lenz sprang von der Truhe herunter und wollte sich über den Hansgirgl hermachen.

Aber der hatte blitzschnell eine Mistgabel in den Händen und hielt sie drohend vor sich hin.

»Geh no her, du! Du bischt ma no lang it z' guat, daß i di net durch und durch renn.«

Da wich der Lenz zurück.

»Stell dei Gabl hi! I möcht di gar it o'rühr'n.«

Und als der Hansgirgl mit zornrotem Kopf aus dem Stall ging, schrie er ihm höhnisch nach.

»Heut derfst da an extrig's Trinkgeld geb'n lass'n vom Alt'n!«

Aber wie er dann allein auf der Truhe saß, fing er plötzlich an zu heulen wie ein Schulbub.

Hingegen war es dem Hansgirgl nicht weinerlich zumut. Aber zornig! Schon so zornig, daß es ihm in den Händen juckte, irgend was zu packen, zu zerreißen, in der Mitte auseinander zu brechen.

»Was? Ein Feinspinner wäre er gar noch, und einer, der das dumme Gered von so einem jungen hirntappigen Lappen hinterbrächte. Noch jedesmal hatte er seinem Bauern gut zugeredet, wenn er gegen den Lenz was vorbrachte.

Der hatte wohl recht, daß er sich dem wetterlaunischen Burschen nicht auf Gnad und Ungnad auslieferte. Bricht einen Streit vom Zaun, weil man ihm die Hitze ein wenig löschen möchte, und schimpft einen alten Knecht, der ihm von jung auf bloß alleweil gefällig war, schimpft ihn wie einen hergelaufenen Tagedieb und packt ihn gleich gar an.

Feinspinner! Wenn einen was zu allertiefst wurmen kann, ist es der Name! Hingestellt werden als ein falscher Kerl, der auf zwei Achseln trägt und kein Vertrauen wert ist, das brennt und beißt.

Mit einem beisammenbleiben, der so was sagt? Nein! Es gibt anderswo auch noch einen Platz, einen stilleren als beim Schormayer, wo der Junge über den Alten her ist und es für Falschheit ausgibt, wenn man zum Herrn hält. Wie es der Brauch ist, und wie es recht war in neun langen Jahren. Aus!

Der Hansgirgl riß die Tür der Wirtsstube so heftig auf, als ging es da hinein in das neue Leben; Und erst ein lustiges Johlen weckte ihn aus seinen zornmütigen Gedanken auf.

Das Schreien kam von einem Tische her, an dem etliche junge Burschen saßen neben einem grauhaarigen Kerl mit spitziger Nase und verquollenen Augen.

Der war ihm bekannt. Ein alter Dienstknecht und Herumtreiber, der zwei- und dreimal im Jahr den Platz wechselte, und ganz gewiß einmal in der dringendsten Arbeitszeit.

Man hieß ihn den Unterländer Sepp, weil er aus dem Niederbayrischen war.

Die jungen Burschen trugen Sträuße und bunte Bänder auf den Hüten, als Zeichen, daß sie aus dem alten Dienst ausgestanden waren.

Sie schrien dem Hansgirgl mit lauter Fröhlichkeit zu:

»Siecht ma di aa'r amal! Da setz di zuawa! Hau di no her, alta Schwed! Mir san zünfti beinand. Bei oan Bauern strenga ma'r aus und bei'n ander'n ei, aba dürscht'n thuat ins überall!«

Zu einer andern Zeit hätte es dem Hansgirgl schlecht gefallen, mit dem Unterländer Sepp beisammenzuhocken; aber zu einer andern Zeit wäre er auch um Mittag nicht ins Wirtshaus gegangen.

Jetzt war es schon gleich!

Er rückte in die Bank hinein und gab fürs erste einen schweigsamen Zuhörer ab.

Sepp war dabei, vieles zu erzählen und gute Lehren zu geben, wozu ihn seine reichen Erfahrungen gar wohl ermächtigen.

»Ös Buama,« sagte er, »ös müaßt's glaab'n, daß de Deanstbot'n geg'n de Bauern z'sammhalt'n müass'n, sinscht san mir allsammt vokafft. Als dös erscht mirkt 's enk: no grad nix übrig's arbet'n; wos ma grad oamal freiwilli thuat, werd oan' am andern Tag g'schafft. I hon no koan Bauern g'sehg'n, der auf d' Uhr schaugt, bal ma üba sei Zeit arbet; aba wann's d' am andern Tag wieda eh'nder aufhörscht, ziahgt a g'wiß sein Prater außa.«

»Dös werd da no it oft fürkemma sei?«

»It leicht, Xaverl, weil i a Mensch bi, der wo a G'fühl hot für de andern Deanstbot'n. Und zu'n Beischpiel, bal mir d' Arbet in an halb'n Johr firti macha, moant's ös, de Bauern fuattern ins de andern sechs Monat? Also muaß mi tracht'n, daß oane übri bleibt.«

Die Burschen lachten und waren es ganz zufrieden.

»Nacha mit 'n Essen,« fuhr der Sepp weiter, »do ko ma vui Zeit g'winna. Es geit Großknecht, de an Löffi it g'schwind gnua aus 'n Mäu bringa, und no glei wieda außi an d' Arbet! Selle Leut san da größt Schad'n für ins all mitanand; wos a richtiga Mensch is, der laßt si daweil und braucht zun Löffi o'schlecka a schöni Zeit.«

»Du bischt wohl no it Großknecht g'wen, du Hadalump!«

»Na, aba o'g'richt' hon i mehra wia'r oan, daß as Ess'n it so eini gruacht hot wia'r a Hennahund. Und beim Bet'n hon i eahr aa zoagt, daß a rechta Chrischt langsam thuat; sinscht is ja koa Andacht dabei.

Jetzt mischte sich aber doch der Hansgirgl ein.

»Geh, red' do it a so mit de Buam!«

»Warum it? Jetzt hamm s' Zeit, daß s' wos lernan.«

»De schiab'n z'erscht it z' vui o.«

»Bal s' g'scheit san, it. Aba du bischt aa so oana, der d' Arbet fress'n möcht. Moanst, du hoscht an Dank davo? Wart no, bis d' älta werst, na zoag'n 's da de Bauern scho.«

Da fiel es dem Hansgirgl siedheiß ein, wie sich der Lenz gegen ihn aufgespielt hatte, und er schlug seine harte Faust auf den Tisch.

»Z'letzt hoscht glei recht aa,« sagte er, »a Deanstbot'n is grad a Viech.«

Er schluckte sein Bier hastig hinunter und bestellte lärmend eine neue Halbe.

»Oho! Hansgirgl!« lachte der Wirt. »So hon i di no gar nia g'sehg'n.«

»I mi aa no net,« brummte der Schormayer-Knecht.

»A Deanstbot is grad a Viech,« fing der Sepp wieder an, »aba oft glei no dümma. Hot ma scho amal a Roß g'sehg'n, dös no ziahg'n möcht, bal eahm da Baua Feierabend gibt? Is it a jeda Ochs froh, bal ma 'n ausspannt? Aba selle Knecht gibt 's, de umanand lins'n, ob s' it no g'schwind wos zun arbet'n find'n, und a selle, de vor da Zeit aufstengan.«

»De mogst du it, Sepp?« fragte ein ganz Junger.

»Na, du Grasteufi, de mog i net; und wann du amal bei neunanneunz'g Bauern g'wen bischt, werst aa so hell sei.«

»Bischt du bei so viel ei'g'stanna?«

»Ja, mei Liaba, und ausg'stanna.« Sepp zog den Hut weiter in die Stirne und sang mit heiserer Stimme:

No Weichs bis auf Irgertsham
Kenn i s' schier allesamm,
Und i ho deraz'weg'n
Ziemli oa Spitzbuam g'sehg'n.«

Alle lachten. Bloß der Hansgirgl schaute finster vor sich hin und krampfte seine schwielige Hand um den Henkel und trank in kurzen Absätzen.

Er redete auch mit sich.

»Ah wos! Dir gib i na scho an Fei'schpinna! Dös wer'n ma ja sehg'n!«

»Wos sogscht?« fragte ihn sein Nachbar.«

»Nix sag i.«

»Lass'n steh'!« schrie der Sepp. »Der hot Zeitlang nach der Arbeit, weil scho zwölf Stund Feiertag is.«

»Du! Mi muaßt it dablecka, sinscht dalebst wos!« knurrte der Hansgirgl.

»I sag ja, sie soll'n dir an Ruah lass'n. Also, Buam, paßt's auf, daß was kinnt's, bal's jetzt bei an neuch'n Bauern aufziagts. I will enk amal an Kalenda ausleg'n, denn de Wiss'nschaft kimmt oiwei mehra o, und de Bauern halt'n ganz weni auf den alt'n Brauch.«

»Laß di no außa, Sepp!«

»Mirkt's enk dös: alle Aposcht'ltäg san halberte Feiertäg; und dös laßt's enk it nehma, wei' da Mensch a Religion hamm muaß. Nacha steht g'schrieb'n: am Karsamschta soll die Erde ruhen. Ruhen, vasteht's?«

»Mir vastenga di scho.«

»Also! Net, daß oana außi fahrt und ackert! Dös sell war a Frev'l. Und grad so is am erscht'n April. Da soll ma d' Arbet einschränken, sagt da Kalenda. Übahaupts an koan Samschtag an Mist fahr'n, sinscht hagelt 's.«

»Woaßt na selle Täg aa, wo ma mehra arbet'n soll?«

»Na. De hamm si de Bauern g'mirkt, und es waar'n guatding dreihundert.«

Wie nun alle in ein schallendes Gelächter ausbrachen, kamen etliche Bauern in die Wirtsstube, der Unterburger dabei.

Der drehte sich im Vorbeigehen um, ob er auch recht gesehn habe, daß der Schormayer-Knecht bei den windigen Burschen saß, die wohl seit der Kirche schon tranken und jetzt die Köpfe zusammensteckten.

Aber es war so. Der Hansgirgl hockte mitten unter ihnen. Da winkte der Unterburger, nachdem er am Ofentisch Platz genommen hatte, verstohlen dem Wirt.

»Wos is denn, daß an Schormoar der sei' bei de andern hibei sitzt?«

»I woaß it; i ho mi selm g'wundert.«

»Hätt ma'r it denkt, daß si der it z' guat waar.«

»Er is erscht nach de andern kemma und hot a bissel z'wida drei'g'schaugt.«

»Dös thuat a no; da hot 's was geb'n.«

»Soll i 'n amal schö staad frag'n?«

»Na, na! Mi geht 's nix o. Bringst ma'r a Halbi!«

»Beim Untaburga bin i aa'r amal g'wen«, tuschelte der Sepp den Burschen zu. »Der teile si 's richti ei: viel Arbet und weng Fress'n. Da Schmalzhafa is dös kleanst im Haus.«

»Du g'freust mi, und i kimm zu eahm«, sagte ein junger Knecht, der stark schielte.

»Do werst was daleb'n, Toni! Sie is gar a G'naue. Küach'ln bracht s' so groß, daß ma s' an da Uhrkett'n trag'n kunnt, und bal's d' zwoa g'fress'n hoscht, fahrt s' mit da Schüssel o.«

»Dös möcht i sehg'n!«

»Da siechst it viel, wann's d' a kreuzweis in de andern eahnere Teller schiagl'n ko'scht. Es is nirgats was drin.«

Die Unterhaltung wurde am Burschentisch immer lauter, und so oft ein neuer Gast kam, wußte Sepp etwas über ihn und sein Hauswesen, und zuletzt gab er sich keine Mühe mehr, leise zu reden, so daß die Bauern aufmerksam wurden und drohende Blicke hinüberwarfen.

»Sing amal oans, Sepp! Woaßt d' as scho, dös sell vo de Deanstbot'n!« schrie der Toni; und der alte Vagabund war gleich aufgelegt, alle ehemaligen Dienstherren miteinander zu ärgern.

Er sang, so laut er konnte, und seine heisere Stimme gellte zum Ofen hinüber.

Bauern, enk kenn i gnau,
Enk derf koa Ehhalt trau,
Mit enkern Thoa und Treib'n
Kon enk koa Ehhalt bleib'n,
Braucht's oi Jahr drei und vier,
Koa richtiga bleibt enk nia,
Alle Tag fangts jammern an,
Wann Liachtmeß kam.«

Die Bauern wurden unruhig.

»Wia is denn dös?« schrie der Unterburger. »Derf a so a Kerl in aussinga?«

Aber der Sepp ließ sich nicht irrmachen und sang, daß ihm die Stirnadern anschwollen.

An Ehhalt'n schinden s' her,
Daß eahm glei d' Haut werd speer,
Mit lauter Plag'n und Scheer'n
Muaß a sein Lohn vodean,
Z'letzt thean s' oan no betrüag'n,
Thean eahm an Lohn o'ziahg'n,
Grobheit'n kriagst recht schö',
Nacha ko'scht geh'.

»Wirth! Der muaß außi!« sagte der Steffelbauer, ein Mann mit breiten Schultern, und er sagte es im tiefen Baß, ohne Erregung, aber so bestimmt wie einer, der nicht viel Widerspruch leidet.

»Wer muaß außi? Mir zahl'n insa Bier so guat wia ös. Dös woll'n mi sehg'n, wer ins ausschaff'n ko?« brüllte der Toni.

»Halt staad!« mischte sich der Wirt ein und stellte sich breitbeinig vor den Burschentisch. »Dös geht it, Buam! Ös müaßt's enka Bier mit Fried'n und Anstand trink'n, sischt habt's koa Bleib'n bei mir!«

»So? Dös is brav! Du leid'st koana Deanstbot'n bei dir herin?«

»Lüag it, Sepp! Von dem is koa Red it g'wen. Mir is a jeda Mensch recht, der bei mir was vazehrt, aba'r a Ruah muaß sei.«

»Und koa Hadalump derf sei Schlechtigkeit do herin ausüab'n«, schrie der Unterburger.

»Bin i dei Hadalump?« plärrte der Sepp zurück.

»Jetzt nimma; aba g'wen bischt da schlechtast.«

»So? Dös will i sehg'n, ob du dös sag'n derfst.«

»Sei staad, sag i no mal!« drohte der Wirt, und den Unterburger beschwichtigte er: »Laß guat sei jetzt; es kimmt nix mehr für.«

»Is ja wohr aa!« brummte der Bauer. »Daß so a herg'laff'na Kerl de ganz G'moa aussinga derfat.«

»Der is dir z' weni,« sagte ein anderer, »aba bal a no mal singt, thean ma 'n außi, und glei a so, daß a'r in Kollbach koa Bleib'n nimma hot.«

Es wurde ruhig in der Stube; die Knechte sagten wohl zueinander, daß sie nicht hätten nachgeben dürfen, aber sie dämpften ihre Stimmen und schauten sich scheu nach dem Wirt um, der an der Schenke stand und die Augen überall hatte. Am Ofentisch war der Streit schneller vergessen über Gemeindesachen und anderen Dingen, um die sich ein gestandener Bauer mehr bekümmern mag als um die Frechheit eines zugewanderten Dienstboten.

Aber plötzlich klang vom Burschentisch herüber in die gedämpfte Erregung hinein eine tremolierende Stimme, die noch einmal den letzten Vers sang:

Grobheit'n kriagst recht schö',
Nacha ko'scht geh'!«

»Ja, Herrgott! Is koa Ruah gar it? Aba jetz is a zeiti wor'n.«

»Laßt's an Sepp steh'!« schrien die Burschen dagegen. »Hot ja da Hansgirgl g'sunga!«

»Wer?«

»Da Hansgirgl! Jawoi!«

Und wirklich saß der Schormayer-Knecht mit gläsernen Augen zu hinterst in der Bank und sang es noch einmal in wehmütig zitternden Tönen:

»Na—cha ko'scht geh'!«

»Wos waar denn dös, Hansgirgl? Scham di do!«

»Weil 's wohr is!« schrie der Knecht und schlug in den Tisch hinein. »Do brauch i mi gar nix z' schama.«

»Geh zua! Vo dir hot ma no nia an unrecht's Wort g'hört!« sagte der Steffelbauer.

»So? Hob i no nia was Unrecht's g'sagt? Für wos bin i nacha a Fei'schpinna?«

In diesem Augenblick kam der Schormayer zur Tür herein und sah verwundert, wie die Bauern um den Burschentisch standen, und noch verwunderter, wie da mitten unter den jungen Leuten sein Hansgirgl saß und betrunken und zornig den Steffel anstierte.

Und er hörte ihn noch einmal schreien:

»Ko'scht ma du dös sag'n, z'weg'n wos i a Fei'schpinna waar?«

Da trat der Schormayer an den Tisch hin und sagte gutmütig:

»Grüaß di Good, Hansgirgl! Di hätt i do aa it g'suacht.«

»I paß ganz guat her do; i g'hör zu dena.«

»Du woaßt recht guat, daß da'r i nix ei'red.«

»Und i g'hör amal zu dena!« schrie der Hansgirgl und nahm seinem Nachbar den geschmückten Hut vom Kopf und setzte sich ihn mit einem Ruck auf.

»Mi g'hört 's aa zua, daß i a Sträußerl trag als an ausg'stand'ner Knecht.«

»No, no! Da müaßt i aa was wiss'n.«

»Aba'r i woaß 's.«

»I vasteh di net, und jetzt sei no wieda guat! Hock di a bissel zu mir uma!«

»I mog it; i g'hör' amal zu dena do.«

Dem Rauschigen weicht ein Wagen aus; und der Schormayer sah ein, daß er jetzt mit seinem Knecht nichts ausrichten konnte.

»Laßt's 'n geh'!« sagte er zu den andern und setzte sich an den Bauerntisch.

Es war ihm aber nicht recht und ging ihm nicht aus dem Kopf, daß der Hansgirgl solche Andeutungen gemacht hatte, als wolle er den Dienst verlassen. Im Rausch sagt einer erst recht die Wahrheit. Und daß der brave, nüchterne Mensch, den er in der ganzen Zeit nie betrunken gesehen hatte, jetzt in dem Zustand dort drüben hockte, mußte seine eigene Bewandtnis haben. Er fragte die Nachbarn.

»Hot's do was geb'n? Hot er an Streit g'habt?«

»Nix, wos i g'sehg'n ho«, antwortete der Unterburger. »I bin selm vahofft g'wen, wia'r i eina kemma bi und er hockt dort hibei.«

»Dös ko it sei, daß er si grad a so an Rausch hersauft.«

»Da Wirt woaß aa nix; er sagt, daß da Hansgirgl scho fuchsteufelswild daher kemma is.«

»Na kenn i mi net aus«, sagte der Schormayer, und es war ihm nicht wohl zumut. Denn ganz gewiß hatte es daheim was abgesetzt; irgend was hinter seinem Rücken, wie er 's ja in der letzten Zeit hie und da erlebt hatte. Am liebsten hätte er den Hansgirgl gleich herausgerufen und gefragt, aber der war jetzt schon bockbeinig und wäre ihm doch nicht gegangen. Also abwarten bis zum Heimweg! Und dazu kam es schneller, als er gemeint hatte, denn plötzlich stand der Hansgirgl auf und sagte grob zum Nebenmann:

»Außi laß mi!«

Er versuchte geradezustehen, als er zahlte, und ging dann so aufrecht, als es möglich war, hinaus.

Der Schormayer trank sein Bier nicht aus, legte das Geld daneben hin und eilte ihm nach. Auf der Straße traf er ihn, wie er gerade tiefsinnig stehenblieb und mit sich selber redete.

»So, Hansgirgl, jetzt genga ma mitanand hoam.«

»Han? Wo . . . genga ma hi?«

»Hoam.«

»I bi nirgats . . . dahoam.«

»Wos hoscht denn du?«

»An schön Dank hon i . . . jawoi . . . an schön Dank.«

»I vasteh di net; red halt amal!«

»Hoscht it g'hört, wos der g'sunga hot:

Grobheit'n kriagst recht schö',
Nacha ko'scht geh'!«

»Du, Hansgirgl, schaug mi amal o! Ho da'r i wos Unrecht's tho?«

Der Knecht schaute seinen Herrn bolzengerade an und wurde etwas nüchterner.

»Na, du hoscht ma nix tho«, sagte er kurz.

»Bischt mit wem andern über 's Kreuz kemma? G'wiß mit 'n Lenz?«

»I red it davo.«

»Jo, sag ma 's!«

»I mag it. Aba . . . dös kon i dir sag'n, daß i morg'n geh.«

»Waar it aus! Du werscht auf Schnall und Fall weglaffa, und mir thatst it amal an Grund sag'n!«

»I geh.«

»Z'weg'n wos denn? Herrgottsaggerament!«

»I . . . i . . . bin a Fei'schpinna . . . vastehst? So a . . . so a schlechta Kerl, der wo d' Leut verklamperlt . . . und an sellan muaß ma net halt'n. Vastehst?«

»Na, i vasteh di gar it. Und des ander wer i na scho morg'n in da Fruah hör'n. Da red'n ma wieda mitanand.«

Der Schormayer kehrte um und ging zum Wirtshaus zurück. Aus dem Hansgirgl war heute nichts mehr herauszukriegen; und je länger er ihn gefragt hätte, desto widerhaariger wäre er geworden. Morgen ließ sich das besser an. Aber gewiß hatte ihm der Lenz da was angerührt. Na! Er wollte ihm hernach schon kommen mit der Richtung.

Er schaute zurück und sah in der Dämmerung den Hansgirgl mit den Händen fuchteln. Der redete heftig mit einem unsichtbaren Feind.

»Derfst du mi schlecht macha . . . du . . . aba jetz is aus . . . aus!«


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