Ludwig Thoma
Der Wittiber
Ludwig Thoma

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Siebentes Kapitel

Und wenn der Schormayer noch nie gemerkt hatte, wie dick eines Menschen Kopf sein kann, dann wußte er es an diesem Morgen, der seinem abenteuerreichen Tage folgte.

Er legte sich das Erlebnis mit der Kreszentia Gneidl zurecht und fragte sich, was nun geschehen müsse.

Und eigentlich erschien ihm die Lösung einfach und selbstverständlich. Das Mensch mußte weg vom Hofe.

Kein zärtlicher Nachgeschmack zwang ihn, das Mädchen in Gedanken höflicher zu benennen oder um sein ferneres Wohlergehen besorgt zu sein; und sein tüchtiger Verstand verhielt sich durchaus ablehnend gegen die Vorstellung, daß ihn an der Verfehlung gegen die Reinlichkeit des Hauses auch ein Teil von Schuld treffe. Wieso auch? Wenn die Zenzi nicht gewollt hätte, wäre ihr nichts geschehen.

Und man konnte die Sache anschauen, wie man wollte: jedenfalls ging es nicht, daß er eine Manklerei mit einem Dienstboten hatte, von der seine Kinder wußten, und die auch bald genug in der Gemeinde bekannt sein würde. Denn seine Tochter könnte schon das Maul nicht halten und müßte ihren Verdruß bei der ersten Gelegenheit einer Nachbarin anvertrauen. So viel weiß zuletzt jeder von den Weibsbildern. Und war die Geschichte einmal aus dem Hause, dann kroch sie durch alle Schlüssellöcher. Wenn dahingegen die Zenzi im Frieden abzog, dann konnte er seiner Ursula kräftig vorstellen, daß über geschehene Dummheiten nicht gut reden sei.

»So wer i 's macha«, sagte der Schormayer und war zufrieden mit sich und dem gehabten Vergnügen. Denn ein teufelsmäßig sauberer Brocken war das Weibsbild, ein ordentliches Trumm und recht nach seinem Gusto.

Er schmunzelte und wollte gerade die Füße aus dem warmen Bett stecken, um aufzustehen, als er durch die Wand den Lärm von kreischenden Stimmen und klapperndem Geschirr hörte.

»Oha! San s' scho überanand, de zwoa? De Lall'n hätt ja net wart'n kinna!« Er meinte seine Tochter und zog die Füße zurück.

Denn mitten ins Gewitter hinein wollte er nicht geraden, und seine kluge Meinung war am Ende besser an die Frauenzimmer zu bringen, wenn sie sich ausgeplärrt hätten. Und dazu hatte es gute Aussicht; die Töne gingen schneidig in die Höhe und klangen messerscharf in der Fistel. Dann schepperte aber ein irdener Topf, und ein gellender Schrei folgte nach.

»Dös werd ja guat!« sagte der Schormayer, und da lärmte die Ursula schon in die Stube und klopfte mit ungestümer Faust an seine Tür.

»Bal's d' net auf da Stell außakimmst, Vata, geh'n i auf und davo!«

»Was machst d' denn für an Krach, du Herrgottsaggerament?«

»I bleib nimma in dem Schandhaus herin, und koa Minut'n bleib' i mehr...«

»Du gehst in dei Kuch'l und wartst, bis i kimm . . .«

»Aba glei!«

»Dei Mäu halt, sag i! Und dös Schandhaus zoag i dir na scho, du Moll'n, du!«

Da er mit der Lederhose im Bett gelegen war, mußte der Schormayer nur in die Pantoffel schliefen und war schnell in der Küche. Hinterm Herde stand unordentlich gekämmt die Ursula; ihre Stirne war in viele Falten gezogen, und ihre Augen flackerten; auf dem Boden lagen die Scherben einiger Töpfe, und der blecherne Milchkübel zeigte eine große Dulle, und daneben war reichlich Milch verschüttet.

»Was is?« fragte der Bauer.

»Ja, was is? I that no frag'n, wann i du waar! De Loas, de miserablige, kimmt da ganz frech eina, und wia'r i ihr sag, daß s' auf da Stell packa soll, lacht s' no ganz frech; und du bischt da it Herr, sagt sie, und dös müass'n mi erst sehg'n, was da Baua thuat, hat sie g'sagt. Und was? sag i; sehg'n willst du was, sag i, dös sell ko'st d' sehg'n, hab i g'sagt, daß i dir oane nei'hau, hab i g'sagt, du Hadern, du Schlampen, du ausg'schamta, sag i, du . . .«

»Laß di no net gar a so aus!« unterbrach sie der Schormayer.

»Ja, da soll mi vielleicht noch staad sei, bal mi so was siecht, und der Hadern derfat si gar no aufmanndeln! Aba i hin ihr 's zoagt, ob sie frech sei derf.«

»Daß du grob bischt, dös woaß mi so«, sagte ihr Vater und schaute die Scherben an.

»Mit dera geh i no ganz anderst um bal s' no amal eina kimmt.«

»So? Bischt du Herr da herin?«

»Dös is mir wurscht. I leid 's amal it.«

»Net?«

»Na! Und koa Stund bleib i mehr mit dem Schlampen in oan Haus.«

»Du, laß da 's g'sagt sei: wann's d' mit mir redst, nacha plärrst it a so!«

»Und i schrei amal! Und vo mir aus hört 's de ganz Nachbarschaft, und des ganz Dorf derf 's hör'n, wia 's bei ins zuageht!«

»Sei staad, sag i dir!«

»Net bin i staad; und von so oan, als wia du bischt, laß i mir 's Mäu gar it biat'n.«

»Wos?«

»Ja von so oan! Pfui Deifi!«

Schier hätte Ursula, die sich in sinnloser Wut heiser schrie, ausgespuckt; aber da sah sie noch, wie ihr Vater seine Hand aufzog, und sie hielt schützend einen Arm vors Gesicht und duckte den Kopf nieder.

Der Schormayer ließ die Hand sinken.

»Siehgst,« sagte er ruhig, »wann di du jetzt net a so braucht hättst, nacha hätt i de Zenzi auszahlt, und si waar furt ganga. Aba jetz bleibt s' bis Liachtmeß.«

»Dös will i sehgn.«

»Dös siechst scho, du Malafitzkramp'n, du; und grad weil's d' du a so plärrt hoscht, bleibt s' jetzt!«

»Na kost ja heunt Nacht wieda aufischliefa dazua!«

»Muaß i di frag'n, was i thoa derf?«

»Jawoi, weil's mi aa was o'geht, und weil's a Schand is für ins all mitanand!«

»Kümmer di du um dei Schand; und dös mirkst da: was du willst, dös g'schiecht gar nia!«

»Na geh'n i!«

»Geh zua! Hab i di vielleicht bettelt, daß d' bleibscht? Schaug mir amal so was o! Machet dös Viech da herin in aller Fruah scho an Krach, daß ma 's drei Häuser weit hört, und schmeißet mei G'schirr umanand, und nacha reißt sie 's Mäu geg'n ihr'n Vata auf!«

»Wann du mit Recht'n umgehst, sagt koa Mensch was!«

»Allssammete, was i thua, is mei' Sach! Herr bin i, vastehst; und dös gang mir grad no o, daß i in mein Haus an Schpion hamm müaßt!«

»Da hat 's kan Schpion it braucht; du bischt schon so auftrappt, daß ma di hör'n hat müass'n.«

»Vo dem werd it g'redt!«

»So? Da derfat mi it red'n davo!«

»Koa Wort werd it g'redt vo dem! Und dös sag i dir: bal i was spann, daß du da was aus 'n Haus außi tragst, na schlag i di amal mit'n Ochsenfiesel her! Du bischt ma no lang it z' groß g'wachs'n!«

Indem jetzt der Ursula keine richtige Antwort einfiel, setzte sie sich auf einen Hocker und fing hinter der vorgehaltenen Schürze gottesjämmerlich zu weinen an.

»So waar 's nacha, daß mi 's Kind von Haus waar und hätt koa Recht umadum, und bal mi dös sagt, was amal wahr is, na that er gar sag'n, er schlagt oan' mit 'n Ochsenfiesel; und d' Muatta bal no lebat, de schaugat schö . . .«

Dem Schormayer war es nicht gar zu wohl, und er ging zur Tür.

»Gel,« sagte er, »jetz kost rotz'n! Z'erst werd alls z'sammg'riss'n vo lauta Wuath, und nacha werd g'heant. Wia halt de Weibsbilder san, de damischen!«

Und damit ging er. Aber die Ursula war einmal im Zug und mochte nicht aufhören.

»Dös wenn d' Muatta wissat, wia 's bei ins zuageht, de hätt' jetzt ja im Grab aa no koan Ruah, und is grad guat, daß s' nix woaß und nix siecht vo dem Saustall und vo dera Schand . . .«

Sie merkte erst jetzt, daß der Vater nicht mehr in der Küche war, und trocknete sich mit der Hand ihr nasses Gesicht ab und schnupfte auf, und dann griff sie nach dem Schürhaken und schaute gleich wieder fuchsteufelswild in die Welt.

»An Grind schlog i ihr no ei', dera!« sagte sie.

Ja, die Weibsbilder!

Der Schormayer hielt die Hände verschränkt hinterm Rücken und ging in der Stube auf und ab. Noch was Dümmeres gibt's nicht wie die Ziefern! Alles hätte mit Ruhe geschehen können, und die Zenzi wäre heute noch ohne Aufsehen fortgekommen, und kein Wort hätte man darüber reden brauchen; aber nein! Es muß einen Krawall geben, und aus der verschwiegenen Nacht muß die Dummheit ans Licht hingestellt werden, daß sie nur ja recht dreckig ausschaut! Und geredet muß darüber werden, wo jedes Wort zuviel ist und alles erst aufrührt. Er hätte sich selber schon die Leviten gelesen und aus der Geschichte seinen Merks genommen; aber von einem andern läßt man sich so was nicht unter die Nase reiben.

Herrgott! Wie das zuwider und dumm war! Stellt sich die Gans hin und kehrt den Schmutz zu einem rechten Haufen zusammen.

Bei der Magd bist gewesen in der Kammer! Zu der Magd bist hinaufgeschloffen in der Nacht!

O du Lall'n!

Wäre es gar nicht gegangen, daß man das Maul gehalten und bloß mit den Augen geblinzelt hätte? Ich weiß alles, verstehst schon, aber . . . Dann war dem Respekt nicht wehgetan; und wenn der Schiefling ausgezogen war, hätte die Wunde schön verheilen können.

So aber war das Kurieren schlicht nicht mehr möglich. Wenn er die Zenzi wegschickte, schaute es aus, als hätte er reumütig der Tochter nachgegeben und sich von ihr zwingen lassen; und ob die Magd nach der Schimpferei sich still verziehen wollte, das war auch nicht gewiß.

Und wenn er sie bis Lichtmeß im Hause ließ, war die Geschichte erst recht nichts.

So oder so: die Blamaschi war einmal da.

Wie das Sprichwort sagt: Lange Haar' und kurzer Verstand, und immer das Maul voraus und immer zuerst plärren und nachher erst zum Denken anfangen.

Wenn er die Zenzi daließe – gelt wie die in sich hineinlachen würde, aber doch nicht so heimlich, daß es die andere nicht sehen könnte und nicht alleweil wieder eine Ursache hätte zum Spektakel aufschlagen.

Ja, was tun?

Da hätte der Gescheiteste eine harte Nuß zum Aufknacken! Und so einfach wär' es zu machen gewesen! Fein still und mit aller Ruhe.

Der Schormayer schaute zum Fenster hinaus. Gerade fuhr die Zenzi einen Schubkarren voll Mist auf den Dunghaufen.

Aha! Die dachte gar nicht ans Gehen und tat ihre Arbeit wie jeden Tag.

Jetzt leerte sie den Schubkarren um und sah zu ihm her.

Er ging zurück und setzte sich auf die Ofenbank. Das war nichts, daß die Dirn noch bleiben sollte. Wer wußte denn, ob die zwei Weibsbilder nicht eines Tags im Hofe zu raufen kämen, oder ob die Ursula vor dem Knecht ihre Worte in acht nehmen würde?

Ein Ausweg war vielleicht, die Zenzi wegschicken, und gleich hinterdrein die Ursula. Die sollte nur zum Basel nach Arnbach ziehen; eine Ausrede ließ sich schon finden. Hernach bald heiraten, und weg damit!

Der Schormayer konnte es anschauen, wie er wollte: es war jedenfalls das einzige, was sich noch tun ließ. Und mit der Zenzi wollte er gleich reden.

Er stand resolut auf; und wie er hinaussah, fuhr sie gerade wieder mit dem Schubkarren aus dem Stall.

Er öffnete das Fenster und pfiff ihr.

»Zenzi!«

Sie wandte das Gesicht lachend gegen ihn.

»Was is?«

»In a halb'n Stund, und bals d' mit der Arbet firti bist, kimmst zu mir eina!«

»Was willst denn?«

»Dös sag i dir nacha scho.«

Er schloß das Fenster.

Sein Sohn, der Lenz, stand unter der Tür und schaute ihn mit groben, zornigen Augen an.

»Was hat denn mir d' Ursula g'sagt?« fragte er schier drohend.

»Was woaß denn i, was dir de g'sagt hat?«

»Is dir nix bekannt?«

»Frag mi net a so aus! Gel? Dös is do mir ganz wurscht, was de sagt!«

»Aba mir it!«

»So? Na red no fleißi damit und stell di in d' Kuch'l und ratsch!«

»Da braucht 's koa ratsch'n gar it! Dös is schnell g'sagt g'wen, was sie mir zu'n sag'n g'habt hat.«

»Lang oda kurz – mir is wurscht.«

»Ja, dir muaß scho viel wurscht sei, wann die du gar nimma schamst und bei da Nacht umanandsteigst wia'r an alta Koda.«

»Hoscht du mi g'sehg'n?«

»Na! Sinst hätt i 's no bei da Nacht außi g'haut, dös lüaderliche Mensch!«

»Bal i di lass'n hätt', gel?«

»I hätt' di scho it g'fragt, und frag' di nacha aa net, bal i außi geh und hau s' mit da Goaßl zu'n Hof außi!«

»Du?«

»Ja, i!«

»Dös will i sehg'n!«

»Dös ko'st glei sehg'n, bal's d' am Fensta steh bleibst!«

Lenz griff an die Türklinke.

»Da bleibst!« herrschte ihn sein Vater an.

»Was nacha!«

»Du bischt a Mannsbild, und vo dir valang i was andersts, als wia von dem dumma Frauenzimma da draußd.«

»Bei dir waar a jed's dumm, dös si den Saustall it g'fall'n laßt!«

»Was g'wen is, is g'wen; und du machst as it anders!«

»Aba nausschmeiß'n ko i de sell.«

»Na! Dös ko'st it; du hoscht no lang koa Hausrecht da herin.«

»So? Dös will i sehg'n, bal dös gerichtsmaßi werd, ob a sellene Person in an Haus bleib'n derf.«

»Um dös kümmert si koa G'richt nix.«

»I zoag 's o! Hoscht mi vastanna? An Kommadant frag i, ob mi dös leid'n müass'n.«

»Geh no und bring d' Schandarm' her; aba du kimmst nimmer eina, dös mirk da guat!«

»Amal kimm i scho wieda.«

»Na, Bürschei! Für dös schiab i dir an Rieg'l vor, und auf mei Sterb'n freust di du umasunst.«

»Vo so was hab i net g'red't.«

»Aba g'moant host d' as. Amal kimm i scho wieda, sagt der Lackl ganz frech zu mir!«

»Dir gib i koan Lackl net o!«

»'s Mäu halt! Und paß guat auf, was i dir sag! Wann du bei da Thür außi gehst und machst ma was drei und sagst was, was mir net paßt, und thuast was, was mir net paßt, Bürschei, nacha fahr i in der nämlinga Stund in d' Stadt nei' zu'n Jud Levi und laß an Hof z'trümmern.«

»Dös ko'st du leicht sag'n . . .«

»Und grad so leicht thoa. I bin bessa dabei, wann i z' Dachau drin privatisier und brauch enk Maulaufreißer net um mi rum hamm. Ös habt's mi a so scho a bissel vagrämt, ös zwoa!«

»Mit was nacha? Thua 'r i mei Arbet net rechtschaff'n?«

»Thua s' halt net, na stell i mir an Knecht mehra ein! Der nimmt sei Geld und is z'fried'n und zählt net an jed'n Tag in Kalenda nach, bis i übagib oder o'kratz!«

»Du werst vo mir aa nix sellas g'hört hamm!«

»G'hört it. So schlau bist du freili, daß d' so war it sagst. Aba Aug'n macha und d' Trentsch'n hänga lass'n vo lauta Vadruß, daß i net glei Schnall und Fall übageb'n hab'.«

»Was du jetz allssammete daher brachtst!«

»Dös, was i scho lang g'spürt hab, woaßt! Dös, was mi scho lang druckt, dös kimmt jetzt außa, weil's du so frech bischt zu mir! Weil di du für mi hi'stellst und sagst, i soll außi schaug'n, wia's du mein Deanstbot'n mit da Goaßl außi haust . . .«

»Bal amal d' Urschula . . .«

»Jetzt red i! Bischt du aa no oana, daß du dein' Vatern mit 'n Schandarm kimmst? Wo nimmst denn du dei Recht her, daß du a so aufdrahst? Dös sell möcht i wiss'n.«

»Mi sagt grad, daß mi so was it leid'n muaß . . .«

»Muaßt aa net! Koa Stund net! Pack z'samm und geh und kaff dir a Häuslersdach von dein' Muattaguat . . «

»Dös hon i vom Vatern it vadeant, daß mir da Strohsack vor d' Thür g'schmiss'n werd!«

»Dös host du dir in dera Stund vadeant mit deina Frechheit, und bal's dir it g'fallt, ko'st mi ja über dös aa'r o'zoag'n bei de Schandarm'. Mei Liaba, dös hab i dir in's Wachs'l druckt, daß d' mir du mit 'n G'richt und mit da Polizei daherkamst! Frag amal dein Kommadant, wia ma dös macht, wann da Herr Sohn 's Recht hamm möcht, und der Alt laßt 's it her. Vielleicht hilft a dir, du ausg'schamta Kerl, du!«

»I hab g'rad g'sagt . . .«

»Du hoscht g'sagt, daß du mi o'zoagst! Daß du dein' Vatern o'zoagst, hoscht g'sagt.«

»Dös hon i aa net so ernst gmoant . . .«

»Na, gib i dir an G'spaß, o gel! So red'n d' Handwerksbursch'n mitanand, aba net du zu mir.«

»Ja no, bal i einakimm, und woant mir d' Urschula was für . . .«

»Na gehst du rei' und bischt frech! Scheniern brauchst du di ja it, und mit mir werst du glei ferti. Und bal's dir selm it g'lingt, host ja d' Schandarm' auf deina Seit'n . . .«

»I sag da ja . . .«

»Nix mehr sagst, und außi gehst! I will di nimma hamm da herin.«

»Und de . . . de ander da, de bleibt?«

»So lang, als i will, oda bis d' Schandarm' kemman und mi vahaft'n.«

»Vata, laß 's guat sei!«

»Mach, daß d' weita kimmst, und geh an dei Arbet und laß mi nix mehr hör'n vo dera G'schicht! Und dös will i dir no sag'n: zwoamal habt's mi dös dumme Luada aufg'halt'n, daß i da Zenzi net heut scho an Laufpaß geb'n hab. Z'erscht de ander da draußd, und jetzt du!«

»Vata, sei g'scheit und thua s' weg!«

»Na, sag i! Sinst moanst du, i scheuch d' Schandarm'. Und jetzt geh! I mag nix mehr hör'n.«

Lenz sah, daß keine Zeit mehr war für gute oder gar für zornige Worte. er hatte noch nie einen ernsten Auftritt gehabt mit dem Alten und merkte zu spät, daß eine unbedachte Rede nicht gar so leicht verklingt, sondern einen tiefen Riß auftun kann; und ihn reute, was er gesagt hatte.

Er ließ den Kopf hängen und zog die Tür still hinter sich zu.

»Bst! Lenz!«

Die Ursula wisperte ihm aus der Küche zu.

»Lenz, geh eina!«

Er zögerte, ging aber doch zu ihr.

»Daß er gar so g'schriean hot?«

»Geh weg! Du host mi in was Schön's einibracht.«

»Jetzt kamst du aa'r a so daher! Was ko denn i dafür? Müass'n mi zuaschaug'n, bal so was g'schiecht?«

»A, hör auf und red it! I wollt', i hätt mi it eini g'mischt!«

»Du muaßt ja glei gar zu der andern helfa!«

»Hätt'st dei Mäu g'halt'n, na hätt er s' selm außi g'schmiss'n.«

»Dös glaabst du? Da bischt d' schö dumm!«

»I moan', de Dumm' bischt bloß du g'wen!«

»Da . . . da schaug! Jetzt kimmt sie! Sie geht zu eahm eini!«

Ursula deutete hastig gegen das Türfenster hin; ihre Blicke hingen sich an der Zenzi fest, die ins Hausflötz hereinkam und aus den Pantoffeln schloff.

»Schaug hi'!« wisperte sie erregt.

Aber die Magd war schon in die Stube eingetreten.

Die Augen der Ursula funkelten und schauten den Lenz vielsagend an.

»Host as g'sehgn?«

Er gab ihr keine Antwort und biß an den Fingernägeln.

»Dös muaß i hör'n, was de mitanand hamm,« flüsterte die Ursula wieder und wollte hinaus.

»Du bleibst da!«

»Laß mi do lus'n!«

»Na, sag' i. Bal des Mensch rauskam und di bei'n Horch'n derwischet? Soll s' des aa no im Dorf rum vazähl'n?«

Er hielt sie am Arm fest und stellte sich vor die Tür. –

Zenzi stand in der Stube vor dem Schormayer; sie hatte ein Lächeln in den Mundwinkeln, als sie nun fragte:

»Was willst na von mir? Do host g'sagt, i soll kemma.«

»Ja so. I hab g'hört, d' Ursula hat di ausg'schafft?«

»Freili! Heut in da Fruah, woaßt! Sie hat ja all's g'hört, geschtern auf d' Nacht. I hab dir 's glei g'sagt, daß . . .«

»Vo geschtern woaß i nix mehr. Desweg'n hab i di net kemma lass'n.«

»Net? Ja, was . . .?«

»Was i dir sag'n will, is dös, daß du bis Liachtmeß 's Bleib'n hoast.«

Zenzi kicherte.

»Du paß auf, aba wenn . . .«

»Daß du bis Liachtmeß bleib'n kost, hab i g'sagt, und desweg'n brauchst it so dumm lacha. Zum Lacha gibt 's gar nix. So, und jetzt gehst wieda außi und machst dei Sach mit Ordnung!«

Zenzi schaute ihn verblüfft an; er drehte ihr den Rücken zu und sah zum Fenster hinaus.

Da sagte sie recht kleinlaut »Adjäh!« und schlich lautlos in das Flötz und schloff wieder in ihre Pantoffeln und klapperte in den Hof hinaus.

»Gar so viel müass'n s' net dischkriert hamm«, sagte der Lenz in der Küche.

»Dös ander sagt er ihr nacha scho auf d' Nacht, bal er wieda aufischliaft«, antwortete Ursula.


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