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Rosina Buchberger, die verwitwete Kaltnerin von Inzemoos, war aber ein schieches Frauenzimmer, so viel sich abschätzen ließ. Denn genau konnte man ihr Gesicht nicht erkennen, weil die rechte Hälfte übermäßig angeschwollen war, und weil sie gegen ihr heftiges Wehtun ein wollenes Tuch um den Kopf gewickelt hatte. Der Schormayer sah nicht viel mehr als ihre spitzige, etwas angerötete Nase und zwei streitsüchtige Augen und das Maul, das nur durch die Zahngeschwulst etwas behaglicher in die Breite gegangen war. Daß sie in ihren argen Schmerzen noch bissige Worte hatte und so gar nicht zu Wehmut und Milde gestimmt war, ließ auf eine schreckhafte Säure in ihrem Wesen schließen; und was ein Mann ist, der achtundzwanzig Jahre lang die frauenzimmerlichen Eigenschaften in der christlichen Ehe hat aufblühen sehen, der kennt sich aus.
Nach der ersten Viertelstunde wußte der Schormayer, daß er eine schlechte Fuhre hätte, wenn er sich die Kaltnerin einspannen würde; aber diese Erkenntnis machte ihn nicht traurig, sondern er wurde dazu aufgelegt, den Tretter und die Limmerin und die ihm zugedachte Person zu foppen und auf aller Kosten einen ordentlichen Spaß zu haben. Daß sie nach kürzester Zeit ihre Heimlichkeiten miteinander und gegen ihn hatten, merkte er gut, weil seine Augen durch keine Wünsche geschwächt waren; und er beschloß, sie mit Freundlichkeit zu hintergehen.
Zuerst war er mit dem Limmer und dem Viehhändler im Stall gewesen und hatte jedes Stück geprüft und abgeschätzt, und der Tretter hatte sich viele Mühe gegeben, ihm eine alte Kuh anzupreisen. Da wurden alle Fehler zu Vorzügen, und was noch so offensichtlich war, wurde abgeleugnet; und gefiel dem Schormayer die hintere Partie nicht, dann lobte der Tretter die vordere, und hatte der Schormayer vorne etwas auszusetzen, dann tätschelte der Tretter die Kuh hinten voller Bewunderung.
Aber so oft er auch in die Hand spuckte und sie zu einem treuherzigen und richtigen Abschluß des Handels hinstreckte, der Schormayer schlug nicht ein, sondern beutelte den Kopf wie einer, der Fliegen abwehrt.
Wie sie hernach mit den Limmerischen in der Stube saßen und ein Weibsbild mit eingebundenem Gesichte recht zufällig bei der halb geöffneten Türe hereinschaute und gleich wieder zurückfuhr, schrie ihm der Tretter nach, es solle nur hereinkommen und sich zu ihnen setzen.
Und da ließ es sich überreden und setzte sich an die Kante der Bank und war also die Rosina Buchberger.
»So, du bischt da Schormoar vo Kollbach?« sagte die Limmerin. »G'hört hin i schon an öfte'n vo dir, aba bekannt bischt du mi nix g'wen.«
»Wia 's halt geht; mi siecht sich zwar und kennt si net.«
»Daß dei Bäurin an Hirgscht g'schtorm is, han i wohl vanumma. Sie is vo Arnbach g'wen, gel?«
»Ja, von Gruaba z' Arnbach is sie g'wen.«
»Aha, gel ja? Was hot ihr nacha g'feit, daß sie schter'm hat müass'n?«
»A da Lungl.«
»Siehgst as do, a da Lungl! Da laßt si nimma viel richt'n, bal oans da it den recht'n G'sund hot. Wia alt is sie g'wen?«
»Fufzgi waar s' auf Liachtmeß' wor'n.«
»Dös waar freili no koan Alter! Da brauchat sie 's no gor it!«
Die Limmerin schüttelte bedauernd den Kopf, und dann deutete sie mit dem Daumen auf das verhüllte Weibsmensch, das mit untergeschlagenen Armen nebendraußen hockte.
»Ihrer Mo hat aa so fruah wegmüass'n; is no koane vierz'gi g'wen.«
»So?« sagte der Schormayer und drehte den Kopf nach der Kaltnerin zu. »Is sie Wittiberin?«
»Scho bald seit a'r an Johr.«
»Was hot nacha eahm g'feit?«
»Z' tot g'suffa hot er si,« gab jetzt die Kaltnerin zur Antwort, und ihre Stimme klang trotz der Geschwulst und dem Zahnbunde noch scharf genug.«
»Dös is eahm jetzt aa vazie'cha,« meinte die Limmerin gutmütig.
»Ja – vazie'cha!« machte die Witwe und schnupfte unwillig auf.
»Über an Tot'n soll ma guat red'n«, mischte sich der Tretter ein; aba was wahr is, derf ma sag'n. Bal sie it g'wen waar, hätt' da Kaltner an Hof it lang g'habt; der hot naß g'fuattert, so lang i 'n kennt hab, und de letzt Zeit is er aus 'n Rausch nimma'r außi kemma, aba sie hat 's Sach z'sammg'halt'n, und g'rad lobenswert. Dös muaß wahr sei.«
»Hat 's scho braucht!« sagte die Witwe bitter und feindselig und zog das Gesicht hinter den Bund zurück, daß man nur mehr die Nasenspitze sah. Sie nahm auch keinen Anteil mehr am Gespräch, das über Viehstand und Haushaltung einen bedächtigen Gang nahm.
Bis daß der Schormayer einmal auf die Seite gehen wollte und die Stube verließ.
Wie er zurückkam, merkte er wohl, daß sie einen geschwinden und eifrigen Diskurs über ihn gehabt hatten.
Der Tretter steckte noch ein angefangener Satz im Maul, den er mit einem Husten in der Mitte abbrach und mit einem Schluck Zwetschgenschnaps hinunterspülte; die Witwe aber war zum Tisch herangerückt und streifte den Eintretenden mit flinken Augen.
Der patschte in die Hände und sagte: »So, Tretter, jetzt müass'n mir ins wieda auf 'n Weg macha!«
»Ja, was waar denn it dös!« wehrte die Bäuerin eifrig ab, und der Limmer meinte, das ginge doch gar nicht, daß der Schormayer nicht auch ein Stück Geselchtes probiere, und der Tretter weigerte sich, und die Witwe sagte so liebenswürdig, als es ihre Natur erlaubte:
»Du werst nix vasamma, wann's d' no bleibst.«
»Aha!« dachte der Schormayer. »Aha!«
»No vo mir aus,« sagte er, »bleib i halt no a wengl, denn des söll is wahr, daß dahoam neamd auf mi wart'.«
»Hoscht koane Kinda?« fragte die Limmerin.
»Zwee; aba de san scho lang aus da Schul'; 's Madl möcht heireth'n, und da Bua möcht regier'n.«
»So, de san scho so groß?«
»Ja; schier über 'n Kopf ausg'wachs'n.«
»Hoscht Vadruß damit?«
»Na, sell it. Aba g'freu'n ko 's mi aa it, daß i übageb'n muaß.«
»Dös brauchst d' ja it, bal's d' it mogst,« sagte die Witwe.
»Freili ko mi neamd zwinga dazua, aba woaßt a scho, wia 's is. A lediga Mensch bedeut it viel auf an Hof. Da g'hört a Bäu'rin eina; es is amal net anderst.«
»Na stellst da halt oani ei!«
»Han?«
»A Bäu'rin stellst da'r ei, na bischt wieda aufg'richt.« Die Kaltnerin war recht lebendig geworden und probierte es mit einem freundlichen Lachen, aber der geschwollene Backen gab ihm einen schmerzhaften Zug.
»No mal heireth'n, moanst?«
»Wos denn! Du brauchst no it vazag'n, und bist no bei die best'n Jahr.«
»Dös nämli sag i aa,« schrie der Tretter lärmend und schob dem Schormayer ein gefülltes Schnapsglas hin. »Da, trink amal, daß d' a Schneid kriagst!«
»Dank schö; auf 's Wohlsei!«
»Sollst d' scho leb'n aa! Herrgottsaggerament, wann oana so bei 'n Zeug is wia du, und red't von Übageb'n!«
»Ja, mei Liaba, an Fufz'ga g'spür i guat!«
»Schaug' an Ertl Kaschpa o!« sagte die Limmerin. »Der is nah bei sechzgi g'wen, wia'r a de Gleixnerin g'heireth hot; und jetz is sie scho mit 'n dritt'n Kind in da Hoffnung.«
»Geh?«
»Freili. Gel, dös muaßt aa sag'n?« fragte sie ihren Mann.
Und der Limmer nickte zustimmend mit dem Kopf.
»Is scho wahr; an Ertl de sei' bringt jetzt dös dritt'.«
»Na waar 's ja no gar it so weit g'feit!« lachte der Schormayer.
»Durchaus it«, bestätigte die Limmerin. »Aba was is denn, mögt's net a bissel was z' ess'n? A G'selcht's mit an Kraut hätt' i.«
»Thua 's no her!« lärmte der Tretter; und weil auch der Schormayer nicht ablehnte, ging die Bäuerin in die Küche. Die Kaltnerin rückte noch um eines Näher und schien mit der Zeit eine umgängliche und gesprächsame Person werden zu wollen.
»Is schad', daß d' a G'schwär host«, sagte der Tretter zu ihr.
»Warum?«
»Weil ma it siecht, wie's d' ausschaugst. Sie is sinscht it so unsauber!« versicherte er dem Schormayer, der freundlich nickte.
»Mir feit sinscht gar nix,« sagte die Kaltnerin eifrig, »und 's Kranksei is mir eppas Fremd's, und z'weg'n dem Zähnweh schauget i gar it um, wann i an Arbet hätt', aba weil i nix z' thoa hab', bleib i halt in da Stub'n.«
»Bist da auf da Visit?« fragte der Schormayer.
»Ja und na, wia ma 's nimmt. I hocket mi it her bloß zu'n Hoamgart'n, aba i bin in Kaff mit 'n Atzenhofer von da, und jetz is mir ganz passet, daß i bei 'n Limmer untasteh ko.«
»So, du willst was kaffa? Is dös na a größers Sach'?«
»Eppas über vierz'g Ta'werk.«
»Alloa werst na wohl it furt haus'n woll'n?«
»N . . . ja.«
»Dös leid'n mir gar it, daß du Wittiberin bleibst,« sagte der Tretter. »Gel, Limmer, dös gibt 's it?«
»Besser waar g'schafft, wann s' an Beistander hätt.«
»Was na für oan?« greinte die Kaltnerin. »Vielleicht wieda so oan, der all's vasauft, was i derarbet?«
»Öhö! Es werd scho anderne aa no geb'n! Paß no auf, was da'r a für oan auftreibt!«
»Siehgst, Kaltnerin,« sagte Schormayer schmunzelnd, »mir zwoa bringan an Tretter in Schwung. Für mi muaß a'r a Weibets sucha und für di an Mo.«
»Wia waar 's denn, bal i enk zwoa glei frischweg z'sammspannet?« schrie der Viehhändler lustig.
Der Schormayer ging lachend darauf ein und meinte, das ließe sich wohl überlegen, und wenn ihn die Kaltnerin für einen Ganzen nehme, könne die Handelschaft am Ende gar noch richtig werden.
Die Kaltnerin zog den Kopf tiefer ins Tuch zurück und sagte, da sei doch kein Ernst dabei, und der Tretter sei überhaupt so einer, der die Leute foppe.
»Dös is durchaus gar it g'foppt,« schrie der Viehhändler, der einen schönen Profit in der Ferne winken sah und darum dringender wurde. »Warum soll nacha dös bloß a G'spaß sei? Der Schormoar werd koa' ganz Junge net mög'n, de hint und vorn nix vasteht, und du waarst ganz passet für eahm. Du bischt deiner Sach schön fürg'stanna in Inzemoos und host it viel Hülf g'habt dabei.«
»Dös sell is g'wiß und wahr; Hülf' hon i gar koane g'habt, und überhaupts hon i de letzten Johr alloa auf d'Arbet denka müass'n, wei' . . .«
»No also! Dös sag' i ja!«
»Wei' da Kaltner scho überhaupts gor nimma hat o'greifa kinna, aa bal er mög'n hätt, weil a d' Sucht g'habt hot, und is eahm allssammete z' schwaar g'wen, und bal er 's probiert hot, is er marodi worn und hot aa glei wieda g'suffa.«
»Do waar ja i no da besser,« sagte der Schormayer treuherzig.
»Da host recht! Du bischt scho anderst beinand, als wia'n er g'wen is,« versicherte die Kaltnerin, indes sie voll Anerkennung ihr Gegenüber anschaute.
»Bei der Arbet bin i heunt no it schlecht, und dös letzt Fruhjahr hon i selm a fufzeh' To'werk umg'ackert, daß mir koa Junga net fürkemma waar.«
»Und im Bett bist du aa no it schlecht«, schrie der Tretter und schlug fröhlich auf den Tisch.
»Dös sell woaß mi net . . .«
»Ganz lüaderli werst nacha do scho net sei, du Tropf, du eiskalta!«
»Geah! Red do it so daher!« wehrte die Kaltnerin ab.
»Dös g'hört aa zu'n Handel, ob er koan g'setzlinga Fehla net hat!« lärmte der Viehhändler und lachte herzhaft über seinen Spaß.
»Du muaßt di do schama, was du alssammete daher bringst!«
»Wos nacha? Kaffst du vielleicht d' Katz in Sack?«
Da lachten nun alle miteinander, und der Schormayer wurde blaurot im Gesicht und mußte sich die Tränen abwischen. Sogar das geschämige Weibsbild wollte lustig kichern; es ging aber nicht.
Mit dampfenden Schüsseln kam die Limmerin herein; Geselchtes, das von warmem Fett glänzte und appetitlich im Kraut lag, Und auch Erdäpfel brachte sie; und indes sie ihre wohlschmeckenden Gaben auf den Tisch stellte, sprach sie ihre Freude darüber aus, daß es so kreuzlustig in der Stube geworden sei.
»Paß auf, Limmerin,« antwortete der Tretter, »es rankelt si was z'samm, und überecks hamm mir a Hozet!«
»Was na für oane?«
»Bal da Wittiber d' Wittiberin packt.«
»Oho! Dös waar aba schnell ganga!«
»Es is aa no it ganga,« sagte der Schormayer, »mi red'n g'rad a bissel davo.«
Die Unterhaltung schwieg, denn die Mannsbilder langten zu und hatten tüchtig zu kauen.
Die Limmerin aber setzte sich neben die Kaltnerin auf die Bank, und sie rückten beide weiter vom Tisch weg und tuschelten eifrig miteinander; und was sich nicht sagen ließ, teilten sie sich zwinkernd und blinzelnd in der Augensprache mit.
Dann wischte dich der Tretter mit der Hand übers Maul. »So, guat war 's.«
»G'segn 's Good!« sagte die Limmerin. »Hättst vielleicht no mehra mög'n?«
»Na, es g'langt scho. Aba paß auf, Schormoar, jetz soll' mi nacha wirkli amal vo dera Sach mit Ernst aa red'n.«
»Vo was für a Sach?«
»Vo 'n Heireth'n halt. Und sie soll sag'n, was s' hat.«
Der Tretter deutete dabei mit dem Daumen auf die Kaltnerin. Die schaute nun auch erwartungsvoll auf den ihr Zugedachten; aber der Schormayer holte sich noch eine Gabel voll Kraut und schob sich einen Bissen ins Maul.
»Für dös is heunt no koa Zeit«, sagte er kauend und schmatzend.
»Firti macha brauchst heunt freili nix, aba red'n kinna mi do, red'n.«
Der Schormayer nickte mit dem Kopf.
»Sie soll halt red'n.«
Da blinzelte der Tretter ermunternd die Kaltnerin an.
»Jetz sag 's eahm, was d' hast.«
Und das Weibsbild lockerte sein Kopftuch, damit man es deutlicher hörte, und schnupfte etliche Male auf und begann:
»Von Inzemoos san ins blieb'n fufzeh'tausad dreihundert und zwanzg March, und achttausad March san Bargeld, und des ander is auf zwoate Hypathek auf'n Kaltnero'wes'n blieb'n.«
»De is aba guat, da brauchat mi koan Angst it hamm«, warf der Tretter ein; »de erst Hypothek is a Bankgeld, und it viel.«
»Die erscht Hypathek san viertausend Mark, und na kimmt des inser, und vo dera Hypathek und von Bargeld g'hört de Hälft mei, und des ander g'hört de drei Kinda, und derf aber i de Zins'n ziahg'n, bis daß sie mündig wer'n; und a so steht 's g'schrieb'n.«
Der Schormayer stocherte mit der Gabel im Kraut herum, ob sich nicht noch ein Stück Fleisch fände, und die andern, die ihn alle zusammen betrachteten, mußten glauben, daß er seine ganze Aufmerksamkeit auf das Suchen gerichtet habe.
»Nun wandte er doch seinen Kopf der Witwe zu und fragte: »So, Kinda hoscht drei?«
»Ja. Zwoa Madln und oan Buam, und des ältest is elf Jahr alt, und da Lochmann von Inzemoos nahm 's glei zu eahm, hat er g'sagt, weil er 's zu'n Hüat'n braucha kunnt'.«
»I that ma 's selm zu der Arbet richt'n, wann i du waar.«
»Ja no, mi sagt g'rad, wann eppa drei Kinda z'viel waar'n, und weil du aa zwoa hoscht . .
»Wer red't denn vo mir?«
»Mi sagt ja g'rad, für den Fall, daß 's eppas wurd mit ins zwoa, und es war si a Hindernis vorhand'n z'weg'n die Kinda.«
»Auf des sell gang 's aa nimma z'samm, aba i ko dir heunt no gar nix sag'n, was i an Sinn ho. Dös geht so schnell it bei mir, und i bi mir it g'scheit gnua.«
»Heirath'n is it Kapp'n tauscht,« sagte die Limmerin, »und a niada Mensch muß si dös g'nau überleg'n, und du werst na scho wieda zuakehrn, Schormoar, bal dir allssammete paßt.«
»Dös is amal richti,« versicherte der Schormayer, »überlegt muaß de Sach wern. Dös laßt si net auf Ja und Na richt'n, und i wer jetz dahoam nachdenka über dös.«
»Moanst d', bei mir is anderst?« fragte die Kaltnerin. »I woaß ja no gar nix vo dir.«
»Mi derfragst d' leicht.«
»Mit n' Derfrag'n is it tho; mi muaß aa wiss'n, wia du 's mit deine Kinda hoscht.«
»Desz'weg'n sag i ja, daß i a Zeit brauch zu'n überleg'n.«
»Is ja recht. Überlegst d' as halt!«
Die Kaltnerin hatte ihr mildes Wesen abgelegt und wollte sich nicht mehr liebreich zeigen; und wie der Schormayer aufstand und allerseits einen herzlichen Abschied nahm, verklang ihr Gegengruß beinahe hinter dem Tuch. Dann aber, als er schon unter der Türe stand, schien es ihr doch, daß ihrerseits nichts versäumt werden dürfte, und sie schrie ihm nach, etwas hätte sie vergessen: daß ihr Vetter, der Buchberger von Glonn, kinderlos sei und nach seinem Ableben ihr an dreitausend Mark hinterlassen müsse, wenn es nach Rechten gehe.
»Ganz guat,« sagte der Schormayer, »und nacha, bal i also de Sach übalegt hab' und bal s' in Richtigkeit is, nacha kimm i wieda oder i thua dir a Botschaft, daß du zu mir umi kimmst. Pfüat di!« Und damit ging er zum Hause hinaus und schmunzelte ein wenig, weil der Tretter noch zwischen Tür und Angel mit den Limmerischen und der Kaltnerin eine Verhandlung hatte.
Erst am Ende der Dorfgasse holte ihn der Viehhändler ein. Sie gingen eine Weile miteinander, ohne zu reden; der Tretter hustete, weil ihn das Laufen angestrengt hatte, und der Schormayer rülpste etliche Male recht kräftig.
»Dös Schweinerne war aba fett«, sagte er.
»Ja, ja. Und wia g'fallt s' da?«
»Han?«
»Wia s' da g'fall'n hat?«
»I hab d' as scho g'sagt, daß s' z' alt is.«
»Z' alt?«
»Ja, und mehra wia drei Kaibln hat s' aa scho g'habt. Do ko'st du mir nix fürmacha.«
»Drei Kaibln? Vo wem redst denn du?«
»Vo da Kuah halt! Aba mi drahst du net a, mei Liaba!«
»Wer red't denn vo da Kuah? I frag di, wia da de Kaltnerin g'fall'n hat.«
»Ah so!« Der Schormayer lachte still vor sich hin. »Du moanst de Kaltnerin?«
»Freili! Daß d' mi fei du net vastand'n host, du Plana, du elendiga! Jetz sag aba g'scheit, was d' moanst!«
»I moan gar nix, Tretter.«
»No dös sell muaßt d' do wiss'n, ob sie dir g'fall'n hat und ob 's mögli waar.«
»Mögli? Warum net? Mögli is all's.«
»Sie is koa uneben's Weibsbild, derfst d' ma 's glaab'n, Schormoar. Mir hot sie recht guat g'fall'n.«
»Dir?«
»G'wiß is 's wahr. I kenn s' scho länga, und i gib ihr dös best' Zeugnis.«
»Nacha sollst da s' selm aufg'halt'n, wann's d' vielleicht do no dös drittmal zu'n Heireth'n kamst.«
»Ah was! Jetzt hör mit deine G'spaßetln auf und red a Wort! Magst d' as, oder magst d' as it?«
»I woaß it.«
Da merkte der Viehhändler wohl, daß er kein schleuniges Geschäft machen könne; aber als ein zäher Mann mochte er nicht zu schnell von seinen Absichten lassen, und er versuchte noch mancherlei.
Der Schormayer gab ihm keine Hoffnung und nahm ihm keine. Er war so lustig aufgelegt wie schon lange nicht mehr, weil er den Tretter, der ihn hatte fangen sollen, so schön an der Angel hielt. Auf seinen Vorschlag kehrten sie in jedem Wirtshaus unterwegs ein, und er freute sich an dem schönen Eheglück, das ihm der eifervolle Schmuser ausmalte, und auch daran, daß sich dieser Mensch so ganz umsonst plagte.
Eine halbe Stunde vor Kollbach und an einem Kreuzwege mußte er Abschied nehmen von ihm, und er tat ihm auch da den Schmerz nicht an, seine wahre Meinung zu sagen, sondern ließ alles im Ungewissen und Aussichtsreichen.
»Also, Schormoar,« sagte der Tretter, indem er mit gläsernen Augen seinen Weggenossen anschaute, »also, es bleibt dabei: mir gengan no amal umi auf Weichs.«
»Dös hoaßt, bal i . . .«
»Nix da! Mir gengan umi, und du packst de Kaltnerin z'samm, sag i dir! Herrgottsaggerament!«
»Is scho recht. Und du gehst jetzt hoam und schlafst dein Rausch aus!«
»Wos Rausch? I hon koan Rausch! Und dös muaß sei Richtigkeit hamm, daß mir auf Nikolo . . : öha! Jetzt hätt 's mi bald g'riss'n . . . also daß du und de Kaltnerin . . . vastehst? Daß de Kaltnerin und du . . . gel? Alta Spezi! Und . . . und . . . woaßt, i bi dei Freund, und i moan da 's guat, laß da sag'n . . . öha! und auf deina Hozet . . . da muaß i no tanz'n, und grad luschti muaß wer'n, gel? Da hau hera!«
Der Tretter spuckte saftig in die Hand und hielt sie zum Treugelöbnis hin, aber der Schormayer war schon weitergegangen und in der Dunkelheit seinen Blicken beinahe entschwunden.
Da schrie er ihm mit heiserer Stimme nach:
»Schormoar! Paß auf! Auf Nikolo gilt 's scho! Mir gengan umi! Herrgottsaggerament . . .«
Er schlug den Weg nach Pettenbach ein und schlug einen Haken nach rechts, wenn er links zu nahe an den Graben gekommen war.
Einmal blieb er noch stehen und horchte, denn es war ihm als hätte ihm der Freund gerufen; und indem er die Hände vor den Mund hielt, schrie er in die Nacht hinein:
»Wos willst? Hoscht d' was g'sagt?«
Es kam keine Antwort, und der Tretter ging weiter.
Der Schormayer hatte nichts mehr von ihm gewollt, aber er hatte laut gelacht und mit sich selber geredet.
»Schaugt's no grad den b'suffan' Spitzbuam o! Hätt er schmusen mög'n! Ha . . . ha . . . und mit dera Beißzanga!«
Und indem er im Gehen nach dem lärmenden Tretter hinhorchte, schickte er ihm die allerfreundlichste Einladung nach.