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Nun, so bewunderungswürdig auch mein Empfang (infolge des Irrtums von Mrs. Ponto, den aufzuklären ich mir versagen mußte, daß ich nämlich ein Verwandter von Lord Snobbington sein sollte) gewesen war, so verblaßte er doch vollständig gegenüber dem Willkommen, das unter Bücklingen, Ersterben und Verwirrung einem wirklichen, leibhaftigen Lord und dem Sohne eines Lords, dem Regimentskameraden des Fähnrichs Wellesley Ponto von den 120er Husaren, bereitet wurde. Ich meine den Lord Gules, den Enkel und Erben von Lord Saltire, der mit dem jungen Fähnrich von Guttlebury herüberkam, wo ihr vornehmes Regiment im Quartier lag. Es war ein junger, semmelblonder und tabakrauchender Edelmann, der noch nicht sehr lange der Zucht des Kindermädchens entwachsen sein konnte. Obwohl er die Einladung des Majors nach »Immergrün« in einem Briefe angenommen hatte, der von der Hand eines Schuljungen geschrieben zu sein schien und von orthographischen Schnitzern strotzte, so mußte er dennoch ein höchst klassisch gebildeter Schüler gewesen sein, da er seine Ausbildung in Eton genossen hatte; wo er und der junge Ponto unzertrennlich voneinander gewesen waren.
Konnte er auch nicht ordentlich schreiben, so war er doch in einer Anzahl anderer Künste wohl bewandert, die in Anbetracht seines Alters und seiner Größe als bewunderungswürdig bezeichnet werden müssen.
Er ist einer der besten Schützen und Reiter von ganz England. Neulich steuerte er sein Pferd Abracadabra in der berühmten Guttleburier Steeple Chase selbst zum Siege. Es startete fast auf der Hälfte der inländischen Rennen (allerdings unter anderem Namen, denn der alte Lord hat strenge Grundsätze und will nichts von Spiel oder Wetten wissen). Er hat so große Summen gewonnen und verloren, daß selbst Lord George stolz daraufgewesen wäre. Er kennt sämtliche Ställe, alle Jockeis und hat die sichersten Tips, so daß er mit den gewiegtesten Wettlegern in Newmarket konkurrieren könnte. Man kennt niemanden, der ihm »über« wäre, sowohl in Wetten wie im Pferdeverständnis. Obwohl ihm sein Großvater nur einen mäßigen Zuschuß gibt, kann er doch mit Hilfe von freigebigen Freunden und vermöge seiner Wetteinnahmen ein glänzendes Leben, wie es seinem Stande zukommt, führen. Er hat sich zwar nicht durch Verprügeln von Nachtwächtern ausgezeichnet, da er dafür nicht stark genug ist, aber für ein Leichtgewicht steht seine Geschicklichkeit doch in höchster Form. Im Billardspiel soll er erstklassig sein. Im Trinken und Rauchen nimmt er es mit seinen zwei stärksten Regimentskameraden auf. Wer weiß, wie weit er es nicht noch mit solch hervorragenden Talenten bringen kann? Möglicherweise wirft er sich zur Erholung auf Politik und wird Premierminister als Nachfolger von Lord George Bentinck.
Mein junger Freund Wellesley Ponto ist ein hagerer, knochiger Jüngling mit blassem, über und über mit Pickeln besätem Gesicht. Daraus, daß er sich fortwährend ans Kinn faßt, schließe ich, daß er in dem Wahn lebt, es wüchse ihm dort etwas, was man einen Aristokratenbart nennt. Beiläufig bemerkt, ist dieses nicht der einzige Adelsvogel, dem die Familie nachjagt. Natürlich kann er nicht den kostspieligen Vergnügen frönen, die seinen aristokratischen Kameraden so angesehen machen. Wenn er bei Kasse ist, wettet auch er ziemlich hoch und reitet, wenn ihm jemand sein Pferd zur Verfügung stellt (denn sonst kann er nur den Aufwand für seine Dienstpferde bestreiten). Auch im Trinken steht er seinen Mann. Aber warum hat er wohl seinen Freund, Lord Gules, mit nach »Immergrün« gebracht? Warum anders, als um seine Mutter zu bestimmen, daß sie dem Vater befiehlt, seine Schulden zu bezahlen: sie wird sich dessen in so vornehmer Gegenwart nicht weigern. Mit größtem Freimut gab mir der junge Ponto diesen Aufschluß. Sind wir doch alte Freunde; denn als er sich noch auf der Schule befand, pflegte ich ihm öfters etwas zuzustecken.
»O Gatt«, sagte er, »unser Re– – –ment is blödsinnig teuer. Viel Adel, wissen Sie. Man kann nich im Re– – –ment bleiben, wenn man nich mit tut. Essen im Kadsino is enorm teuer, müssen im Kadsino essen. Müssen Dsekt und Rotspon trinken. Bei uns geht's eben nich zu wie bei Infanterie, wo sie Sherry und Portwein läppern. Uniform kodstet schauderhaft viel Geld. Unser Oberst Fitzstultz will's so haben. Soll 'ne Auszeichnung sein, wissen Sie. Für Mannschaften hat Fitzstultz aus eigener Tasche Federbüsche und Bärenmützen ändern lassen. (Ihr nennt sie ja wohl Rasierpinsel, mein verehrter Snob, übrigens sehr dummer und ungerechter Angriff von euch.) Kodstet ihn allein fünfhundert Pfund, diese Änderung. Vorjes Jahr hat er das Re– – –ment neu beritten gemacht un in furchbare Unkosten gestürzt, nu werden wir aber auch ›Ihrer Majestät Isabellfarbene‹ genannt. Schon mal bei Parade jesehen? Der Kaiser Nikolaus vergoß Tränen vor Neid, als er unds in Windsor dsah. Un nun dsehen Dsie«, sagte mein junger Freund, »weil der Alte immer dso furchtbar öde is, wenn man ihn andzapft, brachte ich Gules mit, damit er Mutter bearbeiten dsoll, die mit Vater alles anstellen kann. Gules hat ihr erzählt, daß ich im Re– – –ment der Liebling von Fitzstultz bin; und – Jotte doch, sie jlaubt, daß die Jardereiter mir 'ne Schwadron für umsonst jeben werden. Un dem Alten hat er vorjemacht, daß ich der jrößte Knickstiebel in der Armee bin. Feiner Witz, nich?«
Mit diesen Worten verließ mich Wellesley und ging nach den Ställen, um dort eine Zigarre mit Gules zu rauchen und sich über die Viecher lustig zu machen, die unter Stripes' Oberaufsicht standen. Der junge Ponto lachte mit seinem Freund über den ehrwürdigen vierrädrigen Marterkasten, schien aber sehr erstaunt, daß dieser einen anderen alten Wagen noch lächerlicher fand, der im Geschmack des Jahres 1824 gebaut und mit den riesig großen Wappen der Pontos und der Snailys bemalt war, aus welch letzterer Familie Mrs. Ponto stammt.
Ich fand den armen Pon in seinem Studierzimmer inmitten seiner Stiefel in so niedergeschlagener Verfassung, daß es mir auffallen mußte. »Sehen Sie bloß«, sagte der arme Kerl, indem er mir ein Schriftstück einhändigte, »das ist nun schon die zweite neue Garnitur von Uniformstücken während seiner kurzen Militärzeit, und man kann gewiß nicht behaupten, daß er verschwenderisch veranlagt ist. Lord Gules hat mir gesagt, daß er einer der sparsamsten Junker im Regiment ist. Gott erhalte ihn mir so! Aber sehen Sie bloß, Snob, um Himmels willen, sehen Sie bloß, und dann erklären Sie mir, wie jemand mit neunhundert Pfund Jahreseinkommen noch dem Schuldenturm entrinnen kann.« Er seufzte, als er mir das Papier über den Tisch hin reichte, und sein altes Gesicht, seine alten, abgetragenen Hosen, seine verschrumpelte Jagdjoppe und seine dünnen Beine sahen, als er so sprach, noch trostloser, hagerer, bankrotter und fadenscheiniger aus.
Rechnung
für Herrn Wellesley Ponto in Ihrer Majestät Isabellfarbenem
120sten Husaren-Regiment
von Knopf und Stecknadel, Conduit Street, London.
£ | s. | d. | |
Gala-Attila mit goldenen Schnüren. | 35 | – | – |
do. Dolman mit goldenen Schnürer und mit Zobelpelz verbrämt | 60 | – | – |
Dienst-Attila mit Goldbesatz. | 15 | 15 | – |
Dienst-Dolman | 30 | – | – |
Dienst-Hosen | 12 | – | – |
Dienst-Beinkleider mit goldener Tresse | 6 | 6 | – |
Dienst-Beinkleider 2 mit goldener Tresse | 5 | 5 | – |
Blauer Schnürrock | 14 | 14 | – |
Manövermütze | 3 | 3 | – |
Gala-Bärenmütze mit goldenen Passepoils, Federbusch und Fangschnüren | 25 | – | – |
Golddurchwirkte Schärpe | 11 | 8 | – |
Säbel mit Koppel und Säbeltasche | 11 | 11 | – |
Säbel mit Koppel und Säbeltasche | 16 | 16 | – |
Patronentasche | 15 | 15 | – |
Portepee. | 1 | 4 | – |
Mantel | 13 | 13 | – |
Satteltasche. | 3 | 13 | 6 |
Dienst-Sattel | 7 | 17 | 6 |
Dienst-Zaumzeug, vollständig. | 10 | 10 | – |
Gala-Schabracke. | 30 | – | – |
Ein Paar Pistolen | 10 | 10 | – |
Eine schwarze Astrachandecke mit Einfassung. | 10 | 10 | – |
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347 | 9 | – |
An diesem Abend ließen sich Mrs. Ponto und ihre Familie von ihrem Liebling Wellesley einen umfassenden, wahrheitsgetreuen und detaillierten Bericht über alles geben, wie es bei Lord Fitzstultz zuging, wie viele Diener beim Diner aufwarteten, was für Kleider die Ladies Schneider angehabt hätten, was Seine Königliche Hoheit auf der Jagd gesagt und wer an ihr teilgenommen hätte. »Was für eine Freude mir doch mein Junge macht«, sagte Mrs. Ponto zu mir, als mein junger pickliger Freund sich mit Lord Gules in die nun leere Küche begab, um seine Rauchübungen mit ihm wieder aufzunehmen. Und werde ich wohl je wieder den traurigen und verzweifelten Blick des armen Ponto vergessen?
O ihr Eltern und Erzieher! O ihr vernünftigen englischen Männer und Frauen! O ihr Gesetzgeber, die ihr euch im Parlamente versammelt! Lest die hier abgedruckte Schneiderrechnung, lest diese unsinnige Liste albernen Tandes und hirnverbrannter Narrheit! – und dann sagt mir, wie je das Snobtum ausgerottet werden kann, solange die Gesellschaft so viel zu seiner Ausbildung beiträgt!
Dreihundertvierzig Pfund für Sattelzeug und Beinkleider eines jungen Fants! Beim Heiligen Georg, ich möchte lieber ein Hottentotte oder ein Hochländer sein. Wir lachen über den armen Affen Jocko, der in Uniform tanzt, oder über den armen Lakaien James mit seinen bibbernden Waden und seinen Plüschhosen oder über den Neger Marquis de Marmelade, der in Säbel und Epauletten herumstolziert und sich das Ansehen eines Feldmarschalls gibt. Sieh! Ist nicht aber jeder von Ihrer Majestät Isabellfarbenen in vollem Wichs ein ebenso großes und albernes Schaustück?