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Nun sich der Tag geendet,
Mein Herz zu dir sich wendet
Und danket inniglich;
Dein holdes Angesichte
Zum Segen auf mich richte,
Erleuchte und entzünde mich.
Ich schließe mich aufs neue
In deine Vatertreue
Und Schutz und Herze ein;
Die fleischlichen Geschäfte
Und alle finstern Kräfte
Vertreibe durch dein Nahesein.
Daß du mich stets umgibest,
Daß du mich herzlich liebest
Und rufst zu dir hinein,
Daß du vergnügst alleine
So wesentlich, so reine,
Laß früh und spät mir wichtig sein.
Ein Tag, der sagt dem andern,
Mein Leben sei ein Wandern
Zur großen Ewigkeit;
O Ewigkeit so schöne,
Mein Herz an dich gewöhne,
Mein Heim ist nicht in dieser Zeit.
Der Abend kommt, die Sonne sich verdecket,
Und alles sich zur Ruh und Stille strecket:
O meine Seel, merk' auf, wo bleibest du?
In Gottes Schoß, sonst nirgend find'st du Ruh.
Der Wandersmann legt sich ermüdet nieder,
Das Vöglein fleugt nach seinem Nestchen wieder,
Das Schäflein kehrt in seine Hürde ein:
Laß mich in dich, mein Gott, gekehret sein.
Ach, sammle selbst Begierden und Gedanken,
Die noch so leicht aus Schwachheit von dir wanken:
Mein Schutz, mein Nest, mein Ruhplatz, tu dich auf,
Daß ich in dich von allem andern lauf.
Recht väterlich hast du mich heut geleitet,
Bewahrt, verschont, gestärket und geweidet;
Ich bin's nicht wert, daß du so gut und treu,
Mein Alles dir zum Dank ergeben sei.
Vergib es, Herr, wo ich mich heut verirret
Und mich zu viel durch dies und das verwirret:
Es ist mir leid, es soll nicht mehr geschehn;
Nimm mich nur ein, so werd ich fester stehn.
Da nun der Leib sein Tageswerk vollendet,
Mein Geist sich auch zu deinem Werke wendet,
Zu beten an, zu lieben inniglich,
Im stillen Grund, mein Gott, zu schauen dich.
Die Dunkelheit ist da, und alles schweiget,
Mein Geist vor dir, o Majestät, sich beuget;
Ins Heiligtum, ins Dunkle, kehr ich ein,
Herr, rede du, laß mich ganz stille sein.
Mein Herz sich dir zum Abendopfer schenket,
Mein Wille sich in dich gelassen senket.
Begierden, schweigt! Vernunft und Sinnen, still!
Mein müder Geist im Herren ruhen will.
Dem Leib wirst du bald seine Ruhe geben:
Laß nicht den Geist zerstreut in Unruh schweben;
Mein treuer Hirt, führ' mich in dich hinein,
In dir, mit dir kann ich vergnüget sein.
Im Finstern sei des Geistes Licht und Sonne,
Im Kampf und Kreuz mein Beistand, Kraft und Wonne.
Deck' mich bei dir in deiner Hütte zu,
Bis ich erreich die volle Sabbatsruh.
Lieblich, dunkel, sanft und stille
Ist die süße Abendzeit,
Möcht mein Seelengrund und Wille
So sich halten allezeit!
Gottes Gegenwart allein
Macht, daß ich also kann sein.
Müder Geist, nun kehr' zur Ruh'
Und vergiß der Bilder alle,
Schleuß die Augen sachte zu,
Was nicht Gott ist, dir entfalle.
Schweig dem Herrn und halt ihm still,
Daß er wirke, was er will.
Still, geschäftiger Verstand!
Ruht, ihr ausgeschweiften Sinnen!
Soll mir Wahrheit sein bekannt,
Muß der Bilder Schwarm zerrinnen;
Soll Gott wirken frei und rein,
Muß mein Eignes stille sein.
Nahe Lieb', ich merke wohl,
Innigs Neigen, zartes Winken,
Daß ich dir mich lassen soll,
Mir und allem ganz entsinken;
Du willst Herr und Meister sein,
Mich bewirken ganz allein.
Nein, du läßt mir's nicht mehr zu,
Hier und da was anzugreifen,
Fremdes Leben, falsche Ruh,
Kein Verbilden, kein Ausschweifen,
Ich soll dich allein anseh'n,
Ich soll ohne dich nicht geh'n.
Ganz für dich und ganz allein,
Ohne Wissen, Wollen, Stören
Soll ich eingesammelt sein,
Dir zu feiern, dich zu hören:
Nun die Augen schließen sich,
Stille selbst mich wesentlich.
Hab du freie Hand in mir,
Wollest deinen Ton bereiten.
Meine Kräfte seien dir
Leere, stille Fähigkeiten;
Du magst sie nach deinem Will'n
Selbst bewegen, selbst erfüll'n.
Laß mein'n Geist in deinen Armen,
Jesu, ruhen und erwarmen,
Komm, mein Heiland, bei mir bleib';
Halt Begierden und Gedanken
Fest in deiner Liebe Schranken,
Alle finstre Macht vertreib'.
Meine Atemzüge alle
Müssen, Liebster, dir gefallen;
Auch im Schlafe wirke du.
Meinen Geist in deine Hände
Ich befehl bis an mein Ende,
O du stille Seelenruh.
Ach könnt' ich stille sein und sanfte schlafen ein,
Mein Gott, in deinem Frieden!
Drück mir die Augen zu, so sinkt mein Geist zur Ruh,
Von allem abgeschieden.
So wacker, so zerstreut ist meine Sinnlichkeit,
So quäl' ich mich beständig:
Es schlafe die Natur, mein Herze wache nur,
Dir, meinem Gott, inwendig.
So heimlich und so bloß kriech ich in deinen Schoß,
Da stillest du mich Müden:
Da lieg' ich wohl verwahrt in deiner Gegenwart
Und schlafe ganz mit Frieden!
Nun schläfet man,
Und wer nicht schlafen kann,
Der bete mit mir an
Den großen Namen,
Dem Tag und Nacht
Wird von der Himmelswacht
Preis, Lob und Ehr' gebracht,
O Jesu, Amen.
Weg Phantasie!
Mein Herr und Gott ist hie.
Du schläfst, mein Wächter, nie,
Dir will ich wachen.
Ich liebe dich,
Ich geb' zum Opfer mich
Und lasse ewiglich
Dich mit mir machen.
Es leuchte dir
Der Himmelslichter Zier;
Ich sei dein Sternlein, hier
Und dort zu funkeln.
Nun kehr ich ein;
Herr, rede du allein
Beim tiefsten Stillesein
Zu mir im Dunkeln.