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2. Leben und Sterben in der Natur lehrt Gott loben und preisen.

Innige Frühlings-Belustigung

Komm, laß uns gehn, mein Freund, hinaus aufs Feld,
Laß uns besehn des Frühlings Pracht und Freude.
Schau da dein Werk, die Erd im neuen Kleide:
Es grünt, es blüht, dir jauchzet alle Welt.

Der Vöglein Schar singt lustig Tag und Nacht,
Das Bienlein saugt gar emsig bei dem Wetter.
Wie süß bestrahlt die Sonne Blum und Blätter!
Du bist's, mein Licht, der alles fröhlich macht.

Im Herzen du, dort außen die Figur,
Ich liebe dich in deinen Schildereien
Und muß mich ja herzkindlich drüber freuen:
Wie schön, wie schön ist deine Kreatur!

Das kleinste Blatt, das feinste Gräselein
Rühmt deine Kunst. Was grünt und blüht und lebet,
Ein liebend Herz entzückt zu dir erhebet;
Wie schön, wie schön muß nicht das Urbild sein!

Dein'r Himmel Pracht, dein tausend Tausendschön,
Draus im Triumph stets neue Wunder grünen,
Dein Leben und dein Geben, uns zu dienen,
Kann ich vergnügt in dem Gemälde sehn.

Die Sonne lockt der Blüte Knospen aus,
Die Erde trägt den Schoß voll Erstlingsgaben,
Gras, Kraut und Korn, zum Nähren und zum Laben:
Hier bring ich's dir als Priester in dein Haus.

Ich schaue dort mit süßem Andachtsblick
Der Blumen Zier in Gärten und in Wiesen,
Gestalt, Geruch und Farben hoch gepriesen,
Und bringe dir die ganze Pracht zurück.

Die Nachtigall singt »Halleluja« dir,
Bewundernd den neuen Schmuck im Grünen:
Hör, Liebster, hör! so will ich auch dir dienen,
In dir mein Herz sich freu und jubilier.

Die Lerche trägt dein Lob, so hoch sie kann:
Ich möcht in dir als meiner Luft so schweben,
Dich, selig's Gut, mit höchstem Lob erheben;
Doch, wer erreicht's? Ich sink, ich bete an.

Christliche Herbstgedanken

Wo bleibt die Pracht sonst grüner Bäume?
So mancher schönen Blumen Zier?
Und wo im Tod der Narren Träume?
Wer will, such seinen Himmel hier:
Mein unverwelklich schöner Garten
Steht schon im Blühn, ich kann ja warten.

Merk, Seel, was nackte Bäume lehren
Und jetzt im Herbst das kahle Feld:
Laß dich kein Schein noch Traum betören,
Gar nichts besteht in dieser Welt;
Such nackt ein ewig himmlisch Leben,
Das Jesu Einfluß nur kann geben.

Dir, Gott, sei Dank, daß wir gesehen
Dein anmutsvolles Frühlingslicht,
Daß du uns auch zum Leibsbestehen
Gabst reichlich manche Sommerfrücht.
Jetzt fallen alle Blätter nieder
Und geben dir ihr Schönes wieder.

Mein's Lebens eitle Frühlingsjahre,
Mein muntrer Sommer ist auch hin;
Ich weiß, ich fühle und erfahre,
Daß ich im Herbst mein's Lebens bin:
Ich fall' auch wie die Blätter nieder
Und geb dir Kraft und Schönheit wieder.

Du gabest meiner Gnadenjugend,
Mei'm Geistessommer manche Kraft,
Ernst, Gaben, Schönheit, Licht und Tugend,
Worin sich Selbstheit leicht vergafft:
Mein Herbst dir nackt erwartend dienet,
Bis mein Gebeine wieder grünet.

Gott gab's, Gott nahm's, ihn will ich ehren;
Du Gott bist nur beständig schön,
Mein g'nugsam's Heil, mein ganz Begehren,
Mein Nichts, mein Staub soll dich erhöh'n:
Gibst du mir einst die Ehrenkrone,
Leg ich sie freudig dir zum Throne.


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