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Das Buch vom Walde


Was ich am Tag auch bangt' und litt,
Die stille Nacht löscht alles Leid,
Sie nimmt die letzten Sorgen mit,
Der Morgen schenkt mir Fröhlichkeit.

Die trag' ich dann zum dunkeln Wald,
Erfüll' ihn ganz mit meinem Licht,
Und seine milde Seele wallt
In meine Brust als ein Gedicht.

*

Stille

In die heilig ernste Stille
Eines Waldes einzutreten,
Schenkt uns reines Glückes Fülle,
Lehrt uns träumen, lehrt uns beten.

Wie so sanft die Blätter raunen,
Wie die Blüten keusch sich neigen,
Einer Sonne goldnes Staunen
Liegt auf taubeglänzten Zweigen.

Kleine Lichter gleiten blendend
An den braunen Stämmen nieder,
Eine Güte, nimmer endend,
Schenkt an jedem Tag sich wieder.

*

Waldgang

Trag' zum Walde deine Seele,
Deine unberührte hin,
Dass sie sich dem Licht vermähle
Bei des Morgens Anbeginn.

Lasse die Gedanken fluten
Durch die Stille der Natur,
Und du spürst in Tagesgluten
Einer Gottheit Walten nur.

Wie gesegnet sind die Stunden
Deiner Arbeit, deiner Last,
Wenn du früh dich so gefunden –
So dich überwunden hast.

*

Im Walde

Mein Wald, mein goldener Märchenwald,
Du scheinest wohl für viele
Ein Wall, drin Baum an Baum sich krallt,
Vögeln und Mücken zum Spiele.

Doch deine Schönheit öffnet sich
Dem, der dich liebend durchschreitet,
Dem seligen Wanderer zeigst du dich
Von Wundern überweitet.

Das niedre Gehölz, der alte Baum,
Sie plaudern Märchen um Märchen,
Für alle Sagen hat nicht Raum
Der Wald mit Buchen und Lärchen.

Und ist er verstummt, verrät noch mehr
Des Köstlichen sein Schweigen,
Nie wird der Wald von Wundern leer, –
Doch mag er nicht Jedem sie zeigen.

*

Waldmesse

Wundergoldne Morgensonne ...
Seine Messe liest der Wald,
Und mit immer neuer Wonne
Meine Seele zu ihm wallt.

Spiegelt sich voll seliger Schauer
Sanft in der Gebete Flut,
Weiss nichts mehr von Erdentrauer,
Aller Wünsche Stachel ruht.

Fühlt sich licht dahingeflossen
Gleich den Strahlen der Monstranz,
Unter heiligen Genossen
Ahnt sie Ewigkeitenglanz.

.

Ernst Hrabal.
Zum Gedicht »Waldmesse«

*

Ein Frühlingstag

Welch ein Singen und Jubilieren,
Welch ein Duften und Schwingen im Hain,
Wie soll's mir nicht das Herz verführen,
Wie sollt' ich da nicht selig sein?

Die Gräser nicken, als wollten sie grüssen,
Die Blumen leuchten so morgenschön,
Grünmoose betten sich mir zu Füssen,
Zu Häupten klingt ein wonnig Getön.

Wie trunken sich die Äste heben,
Als hätte nie sie Schnee beschwert,
Ach einen Frühlingstag erleben,
Ist das nicht eines Lebens wert?

*

Baumblüte

Die Blüten tanzen um den Baum,
Du siehst es kaum
Im weichen Wind,
Wie sie vom Ast gehalten sind.

Das schwebt in Dolden, schwingt im Kranz,
Sahst nie so holden Seidenglanz,
Nickt jeder Zweig von Süsse schwer,
Ein Liebeswunder rein und hehr.

Viel tausend Leben zittern leicht,
Wenn warmer Lenzhauch sie umstreicht,
Jung-Frühling träumt den schönsten Traum –
Die Blüten tanzen um den Baum.

*

Die neue Zeit

Wie war der grüne Hain gepflegt,
Als noch die Mutter ihn sanft umhegt,
Da gab es viel Bänke und Tische,
Das war die gute alte Zeit,
Als man am Walde sich noch erfreut
Und seiner Vogelfrische.

Doch eine andere wuchs heran,
Die schont nicht Besitz, nicht Wiese, noch Tann,
Zertrümmert sie ohne Reue,
Die Wege stehn leer und verwachsen im Grund,
Nur manche Blume mahnt im Rund
An verflossener Tage Treue.

Da noch auf Eichenbänken traut
Der Jüngling sass bei seiner Braut,
In die nahestehende Linde
Den Namen schnitt in froher Ruh' –
Heut' nimmt sich keiner die Zeit dazu,
Nur küssen, heisst es, geschwinde! –

.

Johann Zelezny.
Zum Gedicht »Baumblüte«

*

Wiederkehr

Der Weg hat meine Mutter oft getragen,
Sorgend um mich ging sie zum Walde hin,
Wie liegt das weit in längst entflohenen Tagen, –
Nun schläft schon lang ihr mühentreuer Sinn ...

Die gleichen Blumen blühn zu meinen Füssen,
Die einst nach meiner Mutter Blick gebangt,
Und meine Liebe mit viel tausend süssen
Gedanken meiner Tochter Glück umrankt.

*

Maiblüten

Maiblüten liegen zerrissen
Auf grüner Moose Grund,
Wer hat hier unter Küssen
Gefunden selige Stund?

Wer hat sein Herz verloren,
Von Vogelsang umschwirrt,
Wem ward hier Treu' geschworen,
Die morgen vergessen wird?

Wer mochte wohl sich wehren
Beim Nachtigallenschlag?
Wer wird einst wiederkehren
Zu weinen nach Jahr und Tag?

*

Frühlingsbangen

Ihr zitternden Frühlingsnächte
Mit tief verhaltener Glut,
Was ist es, dass so heimlich
Ein Schmerzen in euch ruht?

Scheu wie das bleiche Mondlicht
Durch bange Zweige bebt,
Verlangend wie die Ferne
Durch alle Dunkel strebt –

So drängt ein gramvoll Sehnen
Mit klagender Gewalt
Aus meiner Seele Geheimnis
Zur leuchtenden Mondgestalt.

Die Schatten, die mich umgeben,
Und die mich zagend fliehn,
Die Lüfte, die wie Seufzer
Durch schwellende Büsche ziehn –

Ach glühende Küsse sind sie,
Von meinen Lippen geküsst,
Und all mein Sehnen und Lieben,
Das längst verglommen ist –

Umweht mit Geisteratem
Die wehe schmerzende Brust,
Ihr Nächte voll seligen Schauern
Verrät mir unselige Lust!

*

Mondnacht

Ach wer ahnt die Süsse einer Nacht,
Dem der laute Morgen sich enthüllt,
Wie sie märchenglanzumhütet wacht,
Wenn des Frühlings Segen ihr entquillt.

Alle Bäume lauschen wie im Traum,
Aus den Blättern springt die Knospe vor,
An des Himmels sternumkränztem Saum
Öffnet lautlos sich des Mondes Tor –

Magisch fällt auf die verträumte Welt
Wie verheissungsvoll ein lichter Kreis,
Aller Sorgen finstre Qual zerfällt –
Und des Lebens Wunder webt sich leis.

*

Sommer

Über Nacht, über Nacht ist der Sommer da
Und die Fluren leuchten in Glänzen,
Und ein Hauch von Jasmin und Rosen ist nah,
Und die Mücken feiern in Tänzen.
Und der Tag ist heiss und die Nächte sind schwül,
Und die Liebe, die glüht im Dunkel,
Und es presst sich Mund an Mund auf dem Pfühl
Unter der Sterne Gefunkel.

Über Nacht, über Nacht ist der Sommer da
Mit viel süssen heimlichen Wonnen,
Über Tag, über Tag ist die Sonne nah,
Und es rieseln erquickend die Bronnen.
Wie so sacht, wie so sacht manch Leben erwacht
In des Juli heissen Düften,
Über Nacht, über Nacht die Liebe lacht
Und das Glück, das wacht in den Lüften.

*

Die Linde

Die alte Linde grünt in Duft getaucht,
Fünfhundert Jahre schenkt sie uns den Frieden,
Wie sie zur Erde köstlich niederhaucht,
Und will vom Blühn noch immer nicht ermüden.

Blüht Jahr um Jahr, ist auch der Stamm zerfetzt,
Ward rissig ihre Brust, sie trägt's in Ruhe,
Ich wollte wohl, sie gäb' zu guter Letzt
Auch meinem Herzen ihres Stammes Truhe.

Alljährlich duftete das Lindenholz
Und meine Träume würden hold und lichter –
Ich fühlte voll ihr Glück und ihren Stolz,
War ich doch einst gleich ihr des Waldes Dichter.

*

Morgen im Walde

Wie der Nebel sich über dem Wasser hebt,
Gleich Elfenflügeln darüberschwebt,
Die grünen Wiesen umglitzert der Tau,
Wie die Schleppe einer ruhenden Frau,
Von oben hoch klingt's wunderbar,
Als sänge einer Engel Schar.

Ich wandre still, versunken im Schaun,
Durch ernste Wipfel die Himmel blau'n,
Ich weiss, dass aus unermesslichen Höhn
Viel Sterne auf mich niederseh'n ...
Da hör' ich heiser der Sense Schnitt –
Wandelt der Tod in der Ferne mit?

*

Abend ...

Ich schreite in den Abendglanz
Dem lautern Gold entgegen,
Wie sich in spiegelblankem Tanz
Die Wellen flimmernd regen!

So schwimmt das Leben herrlich hin
Durch Gluten und durch Dunkeln, –
Wohl ihm, dem noch im Abendsinn
Goldsonnen lieblich funkeln.

*

Ich hab' dem Wald so nah gelebt –

Ich hab' dem Wald so nah gelebt,
Doch seine Schönheit nicht ergründet,
Vor seinen Wundern nie gebebt
Und niemals ihre Pracht verkündet.

Er war mir wie ein dunkler Wall,
An dem ich oft vorbeigegangen,
Hab' nur gelauscht, wenn Nachtigall
Und Finken ihre Lieder sangen.

Doch seiner Bäume Glück und Weh –
Ich wusst' es nimmermehr zu nennen ...
So lebt uns oft in engster Näh'
Ein Mensch vorbei, den wir nicht kennen.

Dess Seele sich vor uns verschliesst
Mit ihrem Schönheitsglanz und Leiden,
Einsam den tiefsten Schmerz geniesst
Und zittert in verborgnen Freuden.

*

Im Sturm

Es streicht der Sturmwind über Korneswogen,
Sie wellen hin, zu einem Meer sich weitend,
Und seine Fluten ziehen lichtgebogen
So ruhelos, so unaufhaltsam gleitend,
Als triebe eine Macht sie in die Ferne,
Sie taumeln auf, verworren, schwingen nieder,
Wie klagend streben sie zu fernem Sterne –
Doch erdgekettet bleiben ihre Glieder.

So rauscht die Sehnsucht oft durch uns're Seelen,
Jagt sie empor, trägt sie zu Himmelsträumen,
Wo sie im Glanz sich Göttlichem vermählen –
Und wurzeln dennoch tief in Erdenräumen.

*

Der stolze Wald

Lern' vom Wald, ins Leid dich fügen,
Lerne, wie mit vollen Zügen
Er des Himmels Sonne trinkt.
So viel Feinde ihn umgeben,
Niemals hemmen sie sein Streben,
Das die Einheit sich erzwingt.

Mag vom Kampfessturm umfangen,
Er in Blitzeswolken hangen,
Keine Furcht ihn je durchdringt.
Beides lässt sich stolz vereinen:
Elend sein und mächtig scheinen,
Bis der letzte Abend winkt.

*

Heimattreue

O klammre tief dich in den Boden ein
Mit deiner Wurzeln zärtlichstem Gefüge,
Denn nur, was du erfasst hast, das ist dein,
Was dir die Lüfte gaukeln, das ist Lüge.

O suche deinen Halt im Heimatgrund,
Verankre dich mit seiner letzten Krume,
Wirst du nicht Baum mit breitem Wipfelrund,
Bescheidet dich das Schicksal sanft zur Blume –

Der Sonne Glanz glüht dir in gleicher Macht
Und die Natur dient täglich dir aufs Neue,
Sie segnet dich, auch wenn sie Leid gebracht,
Dein Leben liegt in deiner Wurzeln Treue.

*

Mild wallt die Flut

Mild wallt die Flut, der Blätter Gold
Trägt sie zum Tale nieder
In reichem Kranz und spiegelt hold
Die stillen Bäume wieder.

So fliesst die Zeit blass um mich her,
Vermag sie nicht zu spüren,
Und scheint doch in ein weites Meer
Der Jugend Glanz zu führen.

*

Herbst

Nebel streichen über die Weiten,
Nebel wallen um's braune Ried,
Die weissen Nebelreiter reiten
Am Fluss hin, wo der Sommer schied.

Die Bäume stehn mit Harfensaiten,
Als warteten sie auf ein Lied,
Und durch die braunen Zweige gleiten
Des Herbstes Finger, sanft und müd.

*

Waldseele

Trägst du wieder des Herbstes Kranz,
Lieblicher Fluss, zu Tale,
Die Blätter ruhen vom Sommertanz
Ermattet in schimmernder Schale.

Und andere gleiten aus goldener Höh'
Wie Honigtropfen nieder
Und raunen so süss und raunen so weh
Und flimmern Abschiedslieder.

Die Luft blickt trunken von Schönheit und Licht,
Braucht keines Vogels Kehle,
Natur entfaltet ihr reichstes Gedicht, –
Aufglänzt des Waldes Seele.

*

Das dürre Laub

Das dürre Laub
Wird nun zu Staub,
Vermählt sich mit der Erdenkrume
Und wandelt mählich sich zur Blume,
Dann sinkt es wieder
Zur Erde nieder ...

Ein Wogen wie im Menschenleben,
Ein Schwingen, Neigen und Erheben,
Ein frohes Nahen und Bestehn –
Und dennoch schmerzvolles Vergehn ...

Doch über den betrübten Herzen
Glühn tröstend goldne Himmelskerzen
Unwandelbar durch Raum und Zeit
Vom Hochaltar der Ewigkeit.

*

Sie warten ...

Im dürren Wald der letzte Laut –
Das Rascheln zertretener Blätter,
Und rings, wohin das Auge schaut,
In Bäumen verborgene Bretter.

Sie warten wohl hinauszuziehn,
Zu Sechsen sich zu finden,
Um bange Stirnen, die verglühn,
Des Trostes Reif zu binden.

*

Allerseelen

Ueber Nebeln ein purpurner Himmelsstreif
Und über den Wiesen ein schimmernder Reif –
So naht der Morgen im weissen Talar,
Trägt Rosen im Haar.

Dies ist der Tag, der den Seelen geweiht,
Die müde zogen zur Ewigkeit,
Da schlummert so manche im weissen Talar –
Trug Rosen im Haar.

*

Natur

Über finstern Wolken
Ragt ein Regenbogen,
Schwarze Vögel kommen
Jäh herbeigeflogen –
Fliehn sie mit dem Sturme
Vor dem bunten Licht?
Welch ein gelbes Leuchten
Aus den Wolken bricht! –

Ach hier stand ich sinnend
Schon vor langen Zeiten,
Sah die Winterwolken
Düster niedergleiten,
Spürt' im Windeswehen
Flügel der Natur,
Wollte rings erspähen
Eines Gottes Spur ...

Sieh, wie schnell erloschen
Ist der Himmelsschein,
Graue Lüfte hüllen
Alle Schönheit ein –
Weisse Flocken fallen
Dicht vom Norden her –
Und die Stürme schallen
Wie ein brausend Meer ...

Welt, in Sturmesschauern
Bleibst dir ewig gleich,
Wind und Sonnenschimmer
Sind dein wandelnd Reich.
Sink' einst ich zur Erde
Wie die Flocke Schnee,
Trägt ein Lichtgefunkel
Wieder mich zur Höh' –

Ruhlos mit den Lüften
Irr' ich auf und ab,
Funke, dem die Sonne
Geist und Leben gab,
Mit den schwarzen Vögeln
Flieg' ich her und hin –
Weil ich Licht und Wolke,
Sturm und Flocke bin!

*

Der Herbstesstürme Brausen ...

Der Herbstesstürme Brausen
Durchströmt den Wald so schwer,
Mir ist, als hört' ich sausen
Hoch oben ein wogendes Meer.

Durch blaue Fluten baden
Mit ihrem grüngoldenen Haar
Die schimmernden Najaden
In jauchzender Schwesternschar.

Und zottige Tritonen
Heben zu ihnen empor
Viel diamantene Kronen
Und manchen köstlichen Flor ...

Ich ruh' auf dem Meeresgrunde,
Von braunen Stauden umschmiegt,
Und zu mir rauscht die Kunde
Des Lebens, das droben sich wiegt.

*

Winterlied

Schlafe, meine müde Seele,
Sieh, die Weiten schlummern auch,
Keine frohe Vogelkehle
Jubelt im erstarrten Strauch.

Alle Wiesen sind verblichen,
Alle Blüten weggefegt,
Still die letzten Leben wichen
Und der Tod den Wald umhegt.

Schlafe, schlafe, müde Seele,
Deine Sehnsucht wiegt dich sacht,
Eine junge Philomele
Weckt vielleicht auch deine Nacht.

*

Schneenacht

Eine weisse Toteninsel,
Schläft der Wald im Mondesglänzen,
Bleiche Silberströme fliessen
Still ihm zu mit Lilienkränzen.

Starr wie Harfen stehn die Bäume
An des Wiesengrunds Geländen,
In die braungestrafften Saiten
Greift der Wind mit Geisterhänden.

Klagend sich die Töne heben
Und die Harfen zitternd schwingen,
Durch die Lüfte irrt ein Seufzen,
Ein verlornes müdes Singen ...

*

Waldesfriede

Heilig tiefer Waldesfriede,
Schneebedeckt lehnt Baum an Baum,
Ihrer Flocken weiche Fülle
Fassen all die Wipfel kaum.

Licht die Wiesen, licht die Weiten,
Licht die Kronen über mir,
Ernst im weissgebauten Tempel
Einer Gottheit steh' ich hier.

Leise klingen Kirchenglocken
Durch der Lüfte stilles Meer,
Wie ein sanftes Engelsingen
Schwebt es lieblich zu mir her ...

.

Leopold Augste.
Zum Gedicht »Waldesfriede«

*

Winter

Des Winters Odem pfeift und ringt
Mit sausender Beschwerde,
Sein Flockenweisshaar weht und schwingt
Ueber der braunen Erde.

Grossvater in der Stube hockt,
Die Lunge ächzt, die alte,
Und hebt sich schwer und stöhnt und stockt,
Welk ruht die Hand, die kalte.

Mir ist, als säh' ich des Winters Bild
In meines Greises Zügen,
So lichtumwallt, so leidensmild
Und arm in seinem Genügen.

*

Erkenntnis im Walde

Sie werden alle von mir gehn,
Kinder, Geliebte und Freunde,
Die Bäume nur bleiben bei mir stehn
Mit ihrer treuen Gemeinde.

Um ihre Wurzeln spielt' ich als Kind,
Sie werden mein Leben behüten,
Sie raunen mir Trost, weil sie gütig sind,
Streu'n auf den Weg mir Blüten.

Denk' ich zurück in manchem Jahr,
Woran ich am meisten gelitten?
Ach, an den Liebsten war es, fürwahr,
Die neben mir hingeschritten ...


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