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Karl V. in Erfurt

Im Saale der Pfalz lehnt bleich und matt,
Der Welt und des Regierens satt,
Der fünfte Karl im hohen Gestühl
Und blickt auf das bunte Marktgewühl.

Ob die Sonne in seinem Reich nicht sinkt,
Ihr Glanz ihm keine Freude bringt;
Menschenverachtung umzuckt den Mund,
Und seine Seele ist krank und wund.

Da fährt er empor – ein Tritt im Saal –
Ist's der Magier, den er zu rufen befahl,
Magister Faustus, der Wundermann,
Der Dämonen und Geister beschwören kann?

Die ganze Welt rühmt seine Kunst,
Nun rühm' er sich heute der Kaisergunst!
»Tritt näher!« – Lässig winkt die Hand
Dem Mann im faltigen, schwarzen Gewand.

Der reckt sich auf in stolzer Kraft,
Seine dunklen Augen glühn rätselhaft.
»Mein Kaiser befiehlt?« – Matt hebt sich das Haupt
Des Herrschers, der nicht an sich selbst mehr glaubt.

Er heftet auf ihn den prüfenden Blick
Und lehnt sich tiefer noch zurück:
»Wir möchten sehen, was du vermagst,
Ob die Geister dir dienstbar sind, wie du sagst!«

Die zwingenden Augen halten im Bann
Den Kronenträger, den müden Mann,
Der versonnen flüstert: »Da war ein Held,
Den ich selbst mir zum Vorbild einst aufgestellt,

Dem ich zugejauchzt, da ich Knabe noch war,
In sonniger Zeit vor manchem Jahr.
Ruf' den großen Alexander herbei,
Daß ich frag', ob er glücklich gewesen sei?

Ob ihm der Ruhm das Sehnen gestillt?
Ob ihm die Weltmacht das Herz gefüllt?« –
Und gefolgt von des Herrschers mattem Blick
Tritt der Magier in den Raum zurück.

– Allmählich verdunkelt sich der Saal,
Es wogt in der Tiefe bläulich fahl,
Schatten ziehen, und langsam wallt
Heran durch den Dunst eine hohe Gestalt.

Die Schleier lösen sich von ihr los, – –
Da steht die Erscheinung – riesengroß –
Und geisterhaftes, bleiches Licht
Fließt über ein junges, stolzes Gesicht.

Magische Flämmchen tanzen im Raum,
Starr blickt der Kaiser und atmet kaum;
Um des Armstuhls Lehnen die Hände gekrallt,
Sitzt er, gebannt von des Zaubers Gewalt.

Das ist Alexander! Vom Lorbeer umlaubt
Das junge königliche Haupt,
Siegesfreude im leuchtenden Blick
Und auf den Lippen lachendes Glück.

Doch was hebt sich da neben dem stolzen Mann
Und schmiegt sich in zärtlicher Liebe an?
In Prachtgewänder gehüllt den Leib:
Roxane, das schönste irdische Weib! – –

– Und das Bild verblaßt. Bis sein Schatten zerfloß,
Läßt es des Kaisers Auge nicht los,
Und wie dies endlich müde sinkt,
Seine Hand dem Magier den Abschied winkt.

– Keiner Frage bedarf's. Als Gefährtin der Macht
Sah er das Glück, das dem Helden gelacht;
Die ihn selbst nur betrogen und betört,
Die Frauenliebe, hat jenem gehört.

Und nicht, bis es langsam im Sande verrann,
Trug jener sein Los, ein einsamer Mann;
Da ihm Macht, wie Liebe, das Höchste bot,
Krönte sein Glück ein früher Tod.


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