Mendele Moicher Sforim
Die Fahrten Binjamins des Dritten
Mendele Moicher Sforim

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Wie Binjamin ein »Opfer« und Selde eine »ewig Verlassene« wird

Von Natur war unser Weltreisender Binjamin ein toller Hasenfuß. So hatte er Angst, bei Nacht auf die Straße hinauszugehen, und er hätte um kein Geld in der Welt allein in einem Zimmer geschlafen. Über die Stadtgrenze sich hinauszuwagen, schien ihm mit Lebensgefahr verbunden – weiß man denn, was alles einem geschehen kann! Der kleinste Köter flößte ihm Todesschrecken ein. »Einmal« – so erzählt Binjamin selbst –, »ich erinnere mich daran, als wäre es heute, es war an einem schrecklich heißen Tag im Monat Tammes, und unser Ruuw begab sich in Begleitung eines seiner Leute an den Bach, der in der Nähe des Städtchens vorbeifließt, um zu baden. Ich und mit mir einige Jungens, meine Kameraden, folgten in geziemender Entfernung hinterher, darauf pochend, daß durch die Anwesenheit des Ruuw uns jede böse Begegnung erspart bleiben und wir, so Gott will, in Frieden nach Hause zurückkehren würden. Man denke, der Ruuw, vor dem eine Welt Respekt hat, über den es keinen Höhern gibt! Ein Mann, dessen Titel allein eine ganze geschriebene Seite umfaßt. Der Ruuw, unser Beschützer, schritt würdig ausladend ein gutes Stück voraus. Als er anfing sich auszukleiden, kam ein christlicher Bursche vorbei und hetzte seinen Hund auf ihn. Unser Beschützer ergriff halbtot die Flucht, in der einen Hand hielt er – mit Verlaub – die abgeknöpften Hosen, in der anderen den runden gesteppten Samthut. Wir Jungens waren darob tief bestürzt, denn wenn der Leviathan an die Angel geraten ist, was dürfte die armseligen Fischlein im Schlamm erst erwarten? Wir gürteten unsere Lenden und stürzten wie die Hirsche in eiligster Flucht unter Hilferufen und mit jammervollem Geschrei voran, bis wir atemlos zusammen mit unserem Helden die Stadt erreichten. Da gab's ein Getümmel, einen Auflauf, ein Geschrei: ›Es brennt! Man schlägt! Zu Hilfe!‹ Kein Mensch kannte sich aus.«

Als Binjamin den Vorsatz faßte, in die fernen Länder zu reisen, beschloß er vor allem, sich stark zu machen und die Furcht abzutun. Er zwang sich, spät in der Nacht auszugehen, just allein in einem Zimmer zu schlafen und oft außerhalb der Stadt zu spazieren, obgleich ihn das ein Stück Gesundheit kostete und er vor ausgestandenem Schrecken abmagerte und schmal im Gesicht wurde. Sein verändertes Betragen zu Hause und im Bethaus, sein versonnen bleiches Gesicht und seine auffallende stundenlange Abwesenheit von der Stadt erregten allgemeine Verwunderung. Man fing an, von ihm zu sprechen, und er geriet dadurch in den Mund der Leute. Manche sagten: es ist nicht anders, er ist verrückt, von Sinnen! Erstens, argumentierten sie, ist Binjamin in der Tat immer schon etwas einfältig gewesen, in seinem Kopf war immer schon eine Schraube los. Zweitens war in Tunejadowka seit einigen Jahren kein Stadtnarr mehr vorhanden, und das gehörte sich nicht; haben wir doch eine alte Regel: jede Stadt hat ihre Weisen und ihre Narren, zumal jetzt bei der großen Hitze. Kurz und gut: Binjamin ist verrückt! Andre wieder, geführt von Reb Aisik Dowid Reb Aaron Josseies, machten nur eine abwehrende Handbewegung und nochmal eine, die ausdrücken sollte, daß sie nichts davon hielten: Wahr bleibt, daß Binjamin einfältig ist, und zwar sehr, doch darf daraus nicht geschlossen werden, er sei tatsächlich verrückt geworden. Denn wäre dem so, entsteht doch die Frage, warum gerade jetzt und nicht schon früher? Man überlege, es wäre doch dazu Zeit gewesen vor zwei Jahren und im vorjährigen Sommer, als die Hitze viel größer war.

Was jedoch den Einwand betrifft, daß Tunejadowka jener Regel nach anderen Städten nicht nachstehe, so ist doch immerhin die Frage berechtigt, warum es einige Jahre hindurch keinen Stadtnarren gegeben hat? Will man aber durchaus die Überlieferung bestätigt finden, so gibt es eine Antwort darauf, und die ist: unser Fluß. Unser Fluß, das wissen wir doch als sichere Überlieferung, holt sich jedes Jahr einen Menschen. Schon einige Jahre ist das nicht mehr vorgekommen. Im Gegenteil, der Fluß selbst ist im Laufe dieser Zeit so eingeschrumpft, daß man ihn stellenweise trockenen Fußes überschreiten kann. Was also ist mit Binjamin? Wie verhält es sich mit ihm? Die Frage bleibt offen! Die meisten Leute aber und unter ihnen die Frauen sagten: Er muß mit »jenen« zu tun haben. Er gibt sich sicherlich mit ihm, mit dem »Widersacher« ab. Was treibt er sich allein bei Nacht im Dunkeln herum? Wie kommt es, daß er oft stundenlang verschwindet? Warum schläft er allein in der Vorratskammer? Sein eigenes Weib Selde erzählte, sie höre in der Nacht bei ihm in der Kammer Klopfen und ein Geräusch, als wenn dort jemand herumginge.

Die Unterhaltung über diesen Gegenstand geriet wie immer ins Bethaus an den Ofen, und von dort gelangte sie zu der Versammlung auf der obersten Bank. Man kam dort über Binjamin zu keiner Übereinstimmung. Indessen waren alle damit einverstanden, es solle eine Gruppe frommer, angesehener Juden gewählt werden, dazu der Thoraschreiber, die alle Häuser der Reihe nach, wie sie im Register stehen, besuchen und überall die Mesusoth revidieren sollten. Und da die Versammlung die ganze Sache als Gemeindeangelegenheit, als zum Nutzen der Stadt veranstaltet, betrachtete, wurde der Beschluß gefaßt: in Anbetracht der Kosten, welche die Gesellschaft der Revisoren verursacht, soll der Fleischpreis erhöht werden. In Tunejadowka pflegt man zu sagen: Wovon immer man redet, es endet beim Tod und, was immer in einer Versammlung verhandelt wird, es kommt auf eine Erhöhung der Fleischsteuer hinaus. Und in der Tat, ist das gleichsam ein Naturgesetz. Es wird auch von der Vernunft bestätigt, denn das Ende des Menschen ist, daß er stirbt, und der Lebenszweck eines Juden – Fleischsteuer zu zahlen. Der Tod und die Steuer sind nicht aus der Welt zu schaffen. So hat der Höchste die Welt geschaffen, und so ist es gut, so muß es wohl sein. Nur Ketzer stellen darüber Fragen.

Einige Zeit später ereignete sich mit Binjamin etwas, das ihm einen bedeutenden Ruf verschaffte. Als er einmal um die Mittagszeit eines heißen Tages im Tammes, bei der größten Sonnenglut, außerhalb der Stadt sich erging, geriet er tief in den Wald hinein, etwa dreiviertel Meilen von der Stadt entfernt. Er hatte bei sich die Bücher, von denen er sich nie trennte. Er saß im Wald an einem Baum gelehnt und war tief in Gedanken. Zu denken gab es viel. Bald trugen ihn die Gedanken weit fort in die Länder am Rande der Welt, er wanderte über Berge und Täler, durch Wüsten und alle Orte, die in seinen Büchern vorkamen. Er folgte den Spuren Alexanders von Mazedonien, Eldads des Daniten und anderer Großer, er sah den schreckenerregenden Drachen, den Lindwurm, Schlangen, ungeheure Echsen, böses Getier und Gewürm von jeglicher Art. Er gelangte bis zu den »Roten Juden« und hielt Zwiesprache mit den »Mosessöhnen«. Dann kehrte er von diesem phantastischen Ausflug wohlbehalten zurück und überlegte in seinem Herzen, wie und wann er die Reise in Wirklichkeit endlich ausführen sollte.

In Gedanken darüber überfiel ihn die Nacht. Er stand auf, reckte sich und machte sich auf den Weg nach Hause. Er geht und geht und kommt nicht aus dem Wald heraus. Er geht eine Stunde, zwei, drei, vier Stunden, es nimmt kein Ende, er verirrt sich immer tiefer in den Wald, und drinnen ist es so finster, daß man die Hand vor den Augen nicht sieht. Dazu erhob sich plötzlich ein Sturmwind, und ein Platzregen ging nieder, es blitzte und donnerte, und die Bäume rauschten schreckenerregend. Binjamin blieb stehen. Der Regen durchnäßte ihn bis auf die Haut, die Zähne klapperten ihm vor Kälte, Nässe und vor großer Angst. Er fürchtete, ein Bär werde ihn anfallen, oder ein Löwe, ein Leopard werde sich auf ihn stürzen oder: – da kommt der Matul, der nach der Beschreibung in der Schrift »Schatten der Welt« ein mächtiges Ungeheuer ist, mit zwei langen Armen, die die Kraft haben, einen Elefanten umzuwerfen. Entsetzen packte ihn. Dazu war er halb tot vor Hunger, außer einem Stück Buchweizenfladen hatte er den ganzen Tag nichts verzehrt. In seiner großen Bedrängnis begann er das Abendgebet zu sprechen, betete mit Inbrunst und aus ganzem Herzen.

Mit Gottes Hilfe wurde es allmählich Tag, und Binjamin machte sich aufs Geratewohl wieder auf den Weg. Nach einiger Zeit kam er auf einen schmalen Pfad, den er eine Stunde oder zwei verfolgte, als er plötzlich aus der Ferne eine menschliche Stimme vernahm. Statt sich darüber zu freuen, erschrak er, unseren Feinden gesagt, heftig, er glaubte nichts anders, als daß es Räuber seien. Vor Angst begann er atemlos zurückzulaufen. Bald jedoch besann er sich und dachte: Pfui, Binjamin, du willst weit über Meere und Wüsten wandern, wo es von schrecklichem Gewürm, von Raubtieren und wilden Völkern wimmelt und erschrickst schon bei dem Gedanken, es könnte dir ein Räuber begegnen! Pfui, Binjamin, schäme dich, wahrhaftig! Ist Alexander von Mazedonien auch so davongelaufen wie du? Hat Alexander, so wie du, verzweifelt, als er, auf einem Adler reitend, in der Luft flog und das Fleisch von der Speerspitze schwand, das den Adler speiste und ihm Kraft gab, immer höher zu steigen? Nein, Alexander ist nicht geflüchtet, Alexander schnitt ein Stück Fleisch aus seinem eignen Leib und steckte es an die Speerspitze. Drum fasse Mut, Binjamin, Gott will dich nur prüfen. Bestehst du die Probe, wird es dir wohl ergehen, und du wirst Erfolg haben! Dann bist du ein Mann und würdig, von Seinem heiligen Namen die Gnade zu erlangen, daß dein Wunsch erfüllt wird, die Mosessöhne zu finden und dich mit ihnen über das Volk Israel im allgemeinen und unseren Winkel im besonderen zu unterhalten, ihnen die Sitten und Gebräuche unserer Juden hier zu schildern, wie sie leben und was sie treiben. Bestehst du noch die weitere Probe und kehrst in die Richtung der Stimme zurück, dann hast du alle Furcht und alle Schrecknisse überwunden, wirst ein vollkommenes Gefäß, ein Segen, ein gepriesenes Vorbild unter den Kindern Israels werden und ganz Tunejadowka Ehre antun. Tunejadowka und Mazedonien werden beide gleich in der ganzen Welt berühmt sein durch Alexander von Tunejadowka und Binjamin von Mazedonien! Darauf machte Binjamin in der Tat kehrt und schritt beherzt und zuversichtlich wie ein Held vorwärts, bis er den Räuber erblickte. Es war ein Bauer, der auf einem mit Ochsen bespannten und mit Säcken beladenen Fuhrwerk saß.

»Guten Morgen!« rief Binjamin, als er näherkam, mit einer sonderbar veränderten Stimme – halb war es Geschrei, halb Flehen, es klang wie: »Hier bin ich, mach mit mir, was du willst!« und zugleich: »Erbarme dich, hab Mitleid mit meinem armen Weib und meinen Kindern!«

Nachdem er diese schreiende und weinerliche Begrüßung von sich gegeben hatte, blieb Binjamin sprachlos, wie erstickt. Der Kopf drehte sich ihm, vor den Augen wurde es dunkel, die Beine versagten den Dienst und er stürzte, wo er stand, wie ein Toter zu Boden.

Als er zu sich kam und die Augen öffnete, fand er sich im Wagen auf einem großen Sack Kartoffeln liegen, mit einer groben Tuchjacke zugedeckt. Zu seinen Häupten lag ein an den Füßen gefesselter Hahn, der mit einem Auge von der Seite auf ihn schielte und mit den Krallen an ihm kratzte. Zu seinen Füßen stand ein Korb mit jungem Lauch, Zwiebeln und anderem Gemüse, es mußten drin auch Eier sein, denn der Häcksel, der ihnen als Unterlage diente, wurde ihm in die Augen geweht. Das Bäuerlein saß vorn und rauchte ruhig seine Pfeife, indem es den Ochsen »Sopp, heita, sopp!« zurief. Die Ochsen schienen sich kaum von der Stelle zu rühren, und die Wagenräder knarrten sonderbar, jedes in einem andern Ton. Zusammen bildete es ein Knarrkonzert, das den Ohren wehtat. Dem Hahn mißfiel es offenbar, denn sooft die Räder nach einer ganzen Umdrehung ein langes, schrilles Pfeifen von sich gaben, kratzte er Binjamin noch heftiger und stieß mit Kraft ein so zorniges Kikeriki aus, daß es noch eine Weile danach dumpf in seiner Kehle röchelte. Binjamin fühlte sich furchtbar zerschlagen und lag eine Zeitlang wie betäubt da. Was hatte er auch nicht alles ausgestanden! Angst, Hunger, Nässe und Kälte! Ihm schien, ein Türke in der Wüste hätte ihn gefangen und schleppte ihn jetzt mit sich, um ihn irgendwo als Sklaven zu verkaufen. Gott gebe, dachte er, daß er mich wenigstens einem Juden verkauft, dann hätte ich noch Hoffnung, aufgerichtet zu werden, wenn er mich aber einem Prinzen oder behüte gar einer Prinzessin der fremden Völker verkauft, dann bin ich verloren, für immer verloren! Und als er sich dazu der Geschichte Josephs, des Gerechten und Frommen, mit Suleika erinnerte, tat er vor großem Kummer einen tiefen Seufzer. Der Bauer sah sich um, als er Binjamin seufzen hörte, dann rückte er näher und fragte:

»Na, Jüdlein, wie ist es, geht's besser?«

Von Binjamin war indessen die Betäubung gewichen, und er erinnerte sich allmählich an alles, was mit ihm geschehen war. Nichtsdestoweniger fand er seine Lage sehr bedenklich. Von der Landessprache verstand er fast kein Wort. Was macht man da? Wie antwortet man dem Unbeschnittenen? Und wie fragt man ihn aus, um zu erfahren, wohin er fährt? Binjamin versuchte sich aufzusetzen, doch vergeblich, die Beine schmerzten ihn sehr.

»Ist dir etwas besser?« wiederholte der Bauer seine Frage und rief in einem Atem den Ochsen sein »Sopp, heita, sopp!« zu.

»Besser, aber Fuß, ach, ach!« antwortete Binjamin so gut er konnte in einem hebräisch-ruthenischen Kauderwelsch und zeigte auf seine Füße.

»Woher bist du, Jüdchen?«

Binjamin wiederholte mit dem Singsang und Akzent des Thoravorlesers die Frage in der Landessprache und antwortete: »Ich, Njomka, Binjomka von Tunejadowka.«

»Aus Tunejadowka bist du? Dann sag mir doch, warum hast du mich so angeglotzt wie ein Verrückter? Aber vielleicht bist du auch verrückt? Der Teufel fahre in deine Mutter, sopp, heita, sopp!«

»Ich, verstehst du, dir gleich von Anfang sagen, ich Njomka selbst aus Tunejadowka«, antwortete Binjamin mit kläglicher Miene, erhob die Hand und flehte: »In Tunejadowka Weib geben Glas Schnaps, Sabbatsemmel, und gut danken dir.«

Das Bäuerlein verstand offenbar, was Binjamin meinte.

»Gutes Jüdchen«, sagte er, rückte auf seinem Platz und trieb weiter seine Ochsen an.

Einige Stunden später fuhr der Wagen direkt auf den Marktplatz in Tunejadowka ein, und ein Haufen Männer und Weiber warf sich ihm mit verschiedenen Fragen entgegen. Der eine rief: »Hör doch, was willst du für den Hahn, für die Zwiebel?« Der andere fragte: »Hast du Kartoffeln, Eier?« Unter den Andrängenden war auch einer, der fragte: »Hör zu, hast du unterwegs einen Juden gesehen? Bei uns ist einer, Binjomka, seit gestern wie ins Wasser gefallen.« Aber bevor der Bauer noch Zeit fand zu antworten, stürzten sich die Weiber wie Heuschrecken über den Wagen, hoben das Tuch in die Höhe und schrien wie aus einer Kehle: »Binjamin! Er ist da! Zippe-Kreine, Batscheba, Braindl! Lauft schnell zu Selde mit der guten Botschaft, daß ihr Verlust sich wiedergefunden hat! Sie wird nicht mehr eine ewig Verlassene sein!«

Ein Getümmel erhob sich, man lief zusammen, ganz Tunejadowka geriet in Bewegung, alles, was Beine hatte, kam gelaufen, um Binjamin zu betrachten. Er wurde mit Ansprachen, Fragen und Witzen überschüttet. Er erfuhr, daß man den ganzen gestrigen Tag und die Nacht nach ihm gesucht hatte. Man habe ihn schon für das Opfer eines Unfalls und sein Weib für eine ewig Verlassene gehalten.

Mitten in dieses Getöse kam Selde selbst weinend angerannt. Beim Anblick ihres bleichen und wie tot daliegenden Angetrauten, der aussah, als könne er sich nicht bewegen, rang sie hilflos die Hände und wußte selbst nicht, ob sie ihn schelten und ihr bitteres Gemüt an ihm auslassen oder ihre Freude darüber bezeugen sollte, daß Gott sie, die arme Verlassene, wieder aufgerichtet hatte.

Einige Minuten später wurde Binjamin, so wie er auf dem Kartoffelsack lag, mit großem Pomp über den Markt nach Hause gefahren. Ganz Tunejadowka von klein bis groß ließ es sich nicht nehmen, ihm die Ehre zu erweisen und ihm lärmend und mit dem Zuruf: »Kadosch! Kadosch! Kadosch!« das Geleit zu geben.

Seitdem ist dieser Name an Binjamin für immer haften geblieben. Er hieß fortan Binjamin das Opfer und sein Weib Selde die Ewigverlassene.

Der Heilkünstler des Orts erschien noch am gleichen Tage bei Binjamin und bewerkstelligte seine Heilung. Er behandelte ihn sowohl mit Schröpfköpfen als auch mit Blutegeln, rasierte ihm den Kopf kahl und sagte, bevor er ihn verließ, nach Anwendung aller dieser Mittel werde er, so Gott will, genesen und morgen schon, wenn er sich nur kräftig genug dazu fühlte, ins Bethaus gehen können, um dem Schöpfer für seine Errettung zu danken.


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