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Fünftes Kapitel.

Ein eisernes Geschlecht auf diesen Höh'n erscheint,
Dem mild'ren Sinn der Eb'ne feind, –
– – – – – – – – – –
Das, rings erblickend Fels und Wald,
Des Mangels und der Freiheit Aufenthalt,
Durch schrankenloser Kräfte Zuversicht
Oft friedestörend in die unter'n Thäler bricht.

Gray.

 

»Weßhalb kommt Ihr so spät?« sagte Mr. Jarvie, als ich in das Speisezimmer trat; »es hat vor fünf Minuten schon Eins geschlagen. Mathilde ist zwei Mal mit dem Essen an der Thür gewesen, und gut für Euch, daß es kein Hammelkopf war, der das Warten nicht vertragen kann. Ein überkochter Hammelkopf ist reines Gift, wie mein würdiger Vater zu sagen pflegte.«

Ich entschuldigte mich wegen meines Mangels an Pünktlichkeit auf angemessene Weise, und saß bald an der Tafel, an welcher Jarvie mit großer Lust und Gastfreundlichkeit den Vorsitz führte, indem er Owen und mich zu den schottischen Leckerbissen, mit denen sein Tisch besetzt war, mehr nöthigte, als für unsern Appetit gut war. Ich kam noch leidlich davon, bekannt mit den Sitten des geselligen Lebens, die uns Mittel darbieten, solchen wohlgemeinten Verfolgungen zu entgehen. Aber lustig war's anzusehen, wie Owen, dessen Begriffe von Höflichkeit weit strenger und förmlicher waren, und der durch alle erlaubte Willfährigkeit dem Freunde der Firma seine Achtung erweisen wollte, mit kläglicher Gefälligkeit einen Bissen nach dem andern zum Munde führte, und Alles vortrefflich pries, in einem Tone, in welchem der Widerwille sich fast stärker ausdrückte, als die Höflichkeit.

Nachdem das Tischtuch abgenommen war, bereitete Jarvie mit eigenen Händen einen kleinen Napf voll Branntweinpunsch, den ersten, welchen ich je zu erblicken so glücklich war.

Die Citronen, versicherte er uns, wären von seiner eigenen kleinen Pflanzung dort drüben, – wobei er Westindien durch ein leises Zucken mit den Schultern andeutete.

Wir fanden das Getränk ausnehmend schmackhaft, und es gab zwischen Owen und unserm Wirthe Gelegenheit zu einem langen Gespräche über den Verkehr, der sich seit der Vereinigung Schottlands mit England zwischen Glasgow und den brittischen Colonien in Amerika und Westindien angeknüpft hatte, und über die Leichtigkeit, welche diese Stadt besaß, gangbare Waaren für jenen Markt einzuschiffen. Einige Bemerkungen, welche Owen über die Schwierigkeit äußerte, Ladungen für Amerika zu machen, ohne von England zu kaufen, beantwortete Jarvie mit Heftigkeit und geläufiger Zunge.

»Nein, nein, Sir!« rief er, »wir stehen auf unsern eigenen Füßen – wir haben unsere Stirling-Serge, unsere Musselburgh-Gewebe, unsere Aberdeen-Strumpfwaaren, unsern Edinburgh-Rasch, und dergleichen Wollen- und Baumwollengewebe aller Art, besser und wohlfeiler, als Ihr sie in London selbst habt – und wir können Eure nord-englischen Waaren so wohlfeil zu Liverpool kaufen, als Ihr, und wir machen gute Geschäfte mit Kattun und Musselin. Nein, nein, laßt jeden Häring an seinem eigenen Kopfe hängen, und jedes Schaf an seinem eigenen Schenkel, und Ihr werdet finden, wir Leute in Glasgow sind nicht so weit zurück, daß wir nicht folgen könnten. – Aber das ist eine schlechte Unterhaltung für Euch, Mr. Osbaldistone,« wandte er sich zu mir, da er bemerkte, daß ich einige Zeit geschwiegen hatte, »doch Ihr wißt, Jedermann spricht gern von seinem Handwerk.«

Ich entschuldigte meine Zerstreuung und Nachdenklichkeit durch das Schmerzliche meiner Lage und die sonderbaren Abenteuer dieses Morgens. Auf diese Art erhielt ich, was ich suchte, eine Gelegenheit, meine Geschichte genau und ohne Unterbrechung zu erzählen. Nur der erhaltenen Wunde erwähnte ich, als zu unbedeutend, nicht. Jarvie hörte mit großer Aufmerksamkeit und anscheinender Theilnahme zu, blinzte mit den kleinen, grauen Augen, schnupfte Tabak, und unterbrach mich nur zuweilen durch kurze Ausrufungen. Als ich zu der Erzählung von dem Zweikampfe kam, bei der Owen die Hände faltete, und die Augen gen Himmel erhob, ein Bild jammervoller Ueberraschung, fiel Jarvie hastig ein: »Unrecht, durchaus Unrecht! Den Degen zu ziehen gegen Euern Verwandten, das ist verboten durch göttliche und menschliche Gesetze, und den Degen zu ziehen in den Straßen eines königlichen Fleckens wird mit Geldbuße und Gefängniß bestraft – und der Collegiumgarten hat darin kein Vorrecht – er sollte ein Ort des Friedens und der Ruhe sein, mein' ich. Die Herren bekommen die schönen Einkünfte nicht dazu, daß sie den Leuten gestatten, sich in ihren Gärten herumzuhauen, oder daß die wilden Schüler mit Schneebällen werfen, wie zuweilen geschieht, so daß Mathilde und ich, wenn wir dort durchgehen, uns biegen und bücken müssen, oder Gefahr laufen, daß uns der Kopf eingeworfen wird. – Man sollte darauf sehen. – Aber erzählt weiter – was kam dann?«

Als ich Campbells Erscheinung erwähnte, stand Jarvie in großer Ueberraschung auf, und schritt durch's Zimmer. »Robin schon wieder? Robin ist toll, rein toll und thöricht!« rief er. »Er wird gehängt werden, und seine ganze Verwandtschaft beschimpfen, das wird man sehen und hören. – Mein Vater, der Vorsteher, wirkte ihm die ersten Strümpfe – sonderbar, ich glaube, der Vorsteher Threeplie, der Seiler, wird ihm die letzte Halsbinde drehen. – Doch weiter – wie ward's weiter?«

Ich erzählte die ganze Geschichte, so genau ich konnte, doch Jarvie fand immer noch Etwas aufzuklären, bis ich, obgleich mit Widerwillen, auf die Begebenheit mit Morris und mein Zusammentreffen mit Campbell in Inglewoods Hause zurückging. Jarvie hörte all' dem aufmerksam zu, und als ich geendet hatte, schwieg er einige Zeit.

»Ueber alles das bitte ich Euch nun um Euern Rath, Mr. Jarvie,« sagte ich; »ohne Zweifel könnt Ihr mir den besten Weg für meines Vaters Vortheil und meine eigene Ehre zeigen.«

»Ihr habt recht, junger Mann, ganz recht,« sagte Jarvie. »Nehmt den Rath Derer an, die älter und weiser sind, als Ihr, und seid nicht wie der gottlose Rehabeam, der Rath hielt mit jungen, unbärtigen Burschen, und die alten Rathgeber, die zu seines Vaters Salomo Füßen gesessen hatten, vernachlässigte. – Aber ich mag nichts von Ehre hören; wir haben's hier nur mit dem Credit zu thun. Die Ehre übt Mord und Todtschlag aus, geht umher und fängt Streit auf den Gassen an; allein der Credit ist ein anständiger, ehrbarer Mann, der daheim bleibt und ein stilles Spiel spielt.«

»Gewiß, Mr. Jarvie,« sagte unser Freund Owen, »Credit ist die Hauptsumma, und wenn wir diese nur retten können, mit welchem Verluste es auch sei« –

»Ihr habt recht, Mr. Owen, Ihr habt recht,« erwiderte Jarvie; »Ihr sprecht richtig und verständig, und ich hoffe, die Sache wird sich noch wenden. Aber was Robin betrifft, so mein' ich, er wird diesem jungen Manne gefällig sein, wenn's in seiner Macht steht. Er hat ein gutes Herz, der arme Robin, und ob ich gleich bei seinen frühern Geschäften zweihundert Pfund verlor, und nicht viel Hoffnung habe, je meine tausend Pfund Schottisch zurückzuerhalten, die er mir jetzt verspricht, so sag' ich dennoch, Robin meint's gut.«

»Ich darf ihn also für einen ehrlichen Mann halten?« fragte ich.

»I nun,« erwiderte Jarvie nach einigem Räuspern. – »Ja, er hat so eine hochländische Ehrlichkeit – er ist ehrlich auf gewisse Art, wie man zu sagen pflegt.«

»Aber glaubt Ihr,« fragte ich weiter, »daß dieser Mann im Stande ist, mir auf gewisse Art zu dienen, und daß ich mich an den Ort wagen darf, wo ich ihn treffen soll?«

»Ehrlich und aufrichtig. – Das ist den Versuch werth. Ihr seht selbst, hier könnt Ihr ohne Gefahr nicht bleiben. Dieser Morris hat nicht weit von hier eine Zolleinnehmerstelle am Hafen erhalten. Alle Welt hält ihn nur für ein zweibeiniges Geschöpf mit einem Gänsekopf und einem Hasenherzen, das am Ufer umhergeht, und die Leute plagt; aber wenn er eine Anzeige macht, nun freilich, so muß die Obrigkeit darauf achten, und man könnte Euch zwischen vier Wände einsperren, was für Eures Vaters Angelegenheiten sehr nachtheilig sein würde.«

»Allerdings,« erwiderte ich; »dennoch sehe ich nicht ein, wie ich meinem Vater einen Dienst leisten könnte, wenn ich Glasgow verließe, welches wahrscheinlich der Hauptschauplatz von Rashleighs Ränken sein wird; und wenn ich mich der zweifelhaften Treue eines Mannes hingebe, von dem ich wenig mehr weiß, als daß er die Gerechtigkeit fürchtet, wozu er seinen guten Grund haben mag, und daß er, zu irgend einer geheimen und gefährlichen Absicht, in engerer Verbindung mit dem Manne steht, welcher der Urheber unsers wahrscheinlichen Verderbens ist.«

»Ei, Ihr beurtheilt Robin sehr strenge,« sagte Jarvie – »Ihr beurtheilt ihn strenge, den armen Schelm; aber Ihr wißt nicht, wie's in unserm Gebirge steht, im Hochlande, wie wir's nennen. Da ist eine ganz andere Menschenart, wie bei uns. Da gibt's keine Gerichtshöfe, keine Obrigkeiten, die das Schwert nicht umsonst tragen, gleich mir und andern Beamten dieser Stadt. – Sondern der Laird befiehlt, und die Taugenichtse müssen bereit sein, und sie haben kein ander Gesetz, als die Länge ihrer Dolche. Das Schwert ist der Ankläger, die Tartsche ist der Vertheidiger, und der ärgste Trotzkopf hält's am längsten aus – da habt Ihr einen hochländischen Prozeß.«

Owen seufzte tief, und mir machte diese Beschreibung keine große Lust, mich in ein so gesetzloses Land zu wagen.

»Wir sprechen nicht viel von diesen Dingen,« fuhr Jarvie fort, »weil sie uns bekannt sind, und was nützt es auch, sein Vaterland zu schmähen, und seine Verwandten vor fremden Leuten herabzusetzen. Es ist ein schlechter Vogel, der sein eigenes Nest besudelt.«

»Gut, Sir; da aber nicht zudringliche Neugier, sondern wirkliche Nothwendigkeit mich nöthigt, Erkundigungen einzuziehen, so werdet Ihr es hoffentlich nicht übel nehmen, wenn ich Euch um weitere Nachrichten bitte. Ich habe für meines Vaters Rechnung mit verschiedenen Herren in jenen wilden Gegenden zu thun, und ich muß von Eurer Einsicht und Erfahrung die nöthige Aufklärung über diesen Gegenstand erbitten.«

Diese Schmeichelei war nicht ohne Wirkung. »Erfahrung!« sagte Jarvie; »ich hab' allerdings Erfahrung, und machte einige Berechnungen. – Und, um hier unter uns ruhig davon zu sprechen, – ich zog einige Erkundigungen ein, durch Andrew Wylie, meinen ehemaligen Schreiber; – er ist jetzt bei Mac-Vittie u. Comp., aber zuweilen trinkt er mit seinem frühern Herrn gern noch Sonntags Nachmittag ein Gläschen. Und da Ihr Willens seid, Euch von dem Rath des Webers in Glasgow leiten zu lassen, so bin ich nicht der Mann, der es dem Sohne eines alten Handelsfreundes abschlägt, und mein Vater, der Vorsteher, war's vor mir auch nicht. Ich hätte mein Licht auch leuchten lassen können vor dem Herzoge von Argyle, oder vor seinem Bruder – warum sollte ich's unter den Scheffel stellen – aber solche große Herren kümmern sich wenig um unser Eins, einen armen Weber, die denken mehr daran, wer es sagt, als was man sagt. Desto schlimmer – desto schlimmer! Aber ich will deßhalb nichts Uebles von diesem Mac Callum More reden. – »Verwünsche nicht den Reichen in deiner Kammer,« sagt der Sohn Sirachs, »denn ein Vogel in der Luft wird das Geschwätz forttragen, und große Pfähle haben lange Arme.«

Ich unterbrach diese Vorrede, in der Mr. Jarvie nach seiner Gewohnheit etwas weitläufig wurde, mit der Versicherung, daß er Owen und mir vollkommen trauen dürfe.

»Es ist nicht darum,« erwiderte er; »ich fürchte Niemand – warum sollt' ich's auch? – Ich rede nichts, was Hochverrath wäre. – Aber diese Hochländer haben lange Arme, und da ich zuweilen ein bischen in die Berge gehe, um alte Verwandte zu besuchen, so wollt' ich mir nicht gern böses Blut mit irgend einem ihrer Clans machen. Aber, um fortzufahren – Ihr müßt wissen, ich machte meine Bemerkungen über Zahlen, welche, wie Mr. Owen wohl weiß, die einzige ächt darzulegende Quelle des menschlichen Wissens sind.«

Owen stimmte dieser Behauptung bereitwillig bei, und unser Sprecher fuhr fort:

»Diese Hochlande, wie wir sie nennen, sind eine wilde Art von Welt für sich allein, voll Höhen, Wälder, Höhlen, See'n, Flüsse und Berge, die selbst des Teufels Flügel ermüden würden, wenn er bis zu ihrem Gipfel fliegen wollte. In diesem Lande und auf den Inseln, die wenig besser, oder wohl noch schlimmer sind, gibt es wohl 230 Kirchspiele. Ob sie da Alle Gaelisch sprechen, weiß ich nicht, aber sie sind Alle ein rohes Volk. Rechne ich nun mäßig jedes Kirchspiel zu achthundert Menschen, nach Abzug der Kinder unter neun Jahren, und addire dann ein Fünftel für Kinder von neun Jahren und darunter hinzu, so wird die ganze Volksmenge« –

»Gerade 220,800 betragen,« sagte Owen, der voller Freuden in diese Berechnungen einging.

»Richtig, Sir, richtig! Und da im Hochlande jeder Mann zwischen 18 und 56 Jahren die Waffen trägt, so kommt eine Zahl von wohl 57,500 Mann heraus. Nun ist's aber eine traurige Wahrheit, daß es weder Arbeit, noch den Anschein von Arbeit für die Hälfte dieser armen Menschen gibt; das will sagen, daß Ackerbau, Viehzucht, Fischerei und andere ehrliche Gewerbe nicht der halben Volksmenge Beschäftigung geben, und laßt sie noch so träge arbeiten, und sie arbeiten auch, als ob der Pflug oder der Spaten in ihren Händen brennte. – Unter diesen mag es 28,700 rüstige Jünglinge geben, die waffenfähig sind, und Waffen tragen, und sich nach keinem ehrlichen Mittel umsehen mögen, ihren Lebensunterhalt zu erwerben, wenn sie's auch könnten, was sie aber leider nicht können.«

»Ist's möglich, daß dieß eine treue Schilderung eines so ansehnlichen Theiles der brittischen Inseln ist?« fragte ich staunend.

»Ich will's Euch ganz klar machen, Sir,« sagte Jarvie. »Wir wollen annehmen, daß jedes Kirchspiel, gleich vertheilt, fünfzig Pflüge beschäftigt, was in einem so armseligen Lande viel ist, und Weide genug hat für Pferde, Ochsen und Kühe; nun setzen wir zu Besorgung des Feldes und Viehes fünfundsechzig Familien, jede zu sechs Köpfen, oder in runder Summe fünfhundert Menschen, die Hälfte der Bevölkerung, welche arbeiten, und sich von saurer Milch und Haberbrei nähren; aber ich möchte wohl wissen, was die andern fünfhundert thun?«

»Mein Gott!« rief ich, »was sagt Ihr, Mr. Jarvie? Es schaudert mich, wenn ich an ihre Lage denke!«

»Sir,« sagte der Stadtvoigt, »Ihr würdet noch mehr schaudern, wenn Ihr in der Nähe dieser Menschen lebtet. Ich will zugeben, daß die Hälfte von ihnen sich ehrlicher Weise Etwas in Nieder-Schottland verdient, durch Helfen in der Ernte, Viehtreiben, Heumachen und dergleichen; aber es gibt noch immer viele hundert und tausend langbeinige hochländische Bursche, die nicht arbeiten und nichts brauchen, und bei ihren Verwandten umherliegen müssen, oder die davon leben, daß sie thun, was der Laird befiehlt, mag's Recht oder Unrecht sein. Und vornehmlich kommen viele hundert an die Gränzen des Niederlandes, wo's was zu nehmen gibt, und leben vom Viehraube, und andern Räubereien. Das ist bejammernswerth in einem christlichen Lande, um so mehr, da sie stolz darauf sind, und es für eine tapfere und wackere That halten, wenn sie eine Heerde stehlen, und meinen, es zieme sich besser für feine Leute, wie sie sich nennen, als durch ehrliche Arbeit ein Tagelohn zu verdienen. Die Lairds sind so schlimm wie die Bursche; denn wenn sie ihnen nicht befehlen, zu rauben und zu stehlen, so verbieten sie es ihnen doch auch nicht, und geben ihnen Schutz in ihren Wäldern und Gebirgen und festen Schlössern, wenn die Sache geschehen ist. Jeder Laird hält so viel Leute seines Namens oder von seinem Clan, wie wir's nennen, als er versorgen kann, oder, was dasselbe ist, so viele, als sich selber auf gute oder böse Art versorgen können. Da sind sie denn mit Flinten und Pistolen, Dolchen und Schwertern bereit, die Ruhe des Landes zu stören, wenn's dem Laird beliebt, und das ist die Plage der Hochlande, die seit vielen hundert Jahren ein Aufenthalt der meisten gesetzlosen, unchristlichen Landstreicher waren, welche je eine ruhige, gottesfürchtige Nachbarschaft, wie die unsrige in West-Schottland, beunruhigt haben.«

»Und ist Euer Verwandter und mein Freund einer der großen Landbesitzer, die dergleichen Kriegergefolge unterhalten?« fragte ich.

»Nein, nein,« erwiderte der Stadtvoigt Jarvie; »er ist keiner von den Häuptlingen, wie man sie nennt. Er ist aber von guter Herkunft. Ich kenne sein Geschlecht; er ist allerdings mein naher Verwandter, und, wie gesagt, von edlem, hochländischem Blute, obwohl Ihr leicht denken könnt, daß ich mir wenig aus diesem Unsinn mache; das ist wie Mondschein im Wasser – schlecht und flockig Garn, wie unser Eins sagt.«

»Wenn er aber auch keiner von den Häuptlingen ist, von denen ich meinen Vater erzählen hörte, so hat doch Euer Vetter in den Hochlanden vermuthlich viel zu sagen?« fuhr ich fort.

»Das könnt Ihr glauben – kein Name ist besser bekannt, wie der seinige; Robin war einst ein so wackerer, thätiger Viehhändler, als man unter zehntausend nur finden kann. Es war eine Freude, ihn in seinem umgeworfenen Plaid und seinen Riemenschuhen zu sehen, mit der Tartsche auf dem Rücken und Tasche und Dolch am Gürtel, wie er einem Hundert hochländischer Ochsen folgte, mit einem Dutzend rüstiger Gesellen so rauh und wild, wie die Thiere, die sie trieben. Er war höflich und rechtlich im Handel, und wenn er glaubte, sein Kundmann habe zu theuer gekauft, gab er ihm ein Stück Geld zum Ersatz. Ich weiß, daß er fünf Schillinge auf ein Pfund Sterling herausgegeben hat.«

»Fünfundzwanzig Prozent!« sagte Owen – »ein schweres Disconto.«

»Er gab es dennoch, Sir, sag' ich Euch; zumal wenn er glaubte, der Käufer sei arm, und könne einen solchen Verlust nicht verschmerzen. Ader es kamen schwere Zeiten, und Robin wagte viel. Es war nicht meine Schuld, und er kann's mir nicht zuschreiben. Ich hab's ihm gesagt. Seine Gläubiger, besonders einige mächtige Nachbarn, griffen nach seinem Eigenthume, und man erzählt, sie hätten sein Weib aus dem Hause geworfen, und noch dazu mißhandelt. Schändlich! Schändlich! Ich bin ein friedlicher Mann und eine obrigkeitliche Person, aber hätte Jemand mein Dienstmädchen, Mathilde, so schlecht behandelt, wie sie Robins Weib behandelt haben sollen, ich glaube, ich hätte das Schwert wieder geschwungen, das mein Vater, der Vorsteher, bei der Bothwellbrücke führte. – Gut, Robin kam heim, und fand Verwüstung, Gott erbarm's! wo er Ueberfluß verlassen hatte. Er sah nach Osten, Westen, Süden und Norden, und sah weder Anhalt noch Hoffnung, weder Schutz noch Zuflucht. Da drückte er die Mütze in die Augen, gürtete das Schwert an seine Seite, ging in's Gebirge, und wurde ein Ausgestoßener.«

Die Stimme des guten Bürgers bebte unter streitenden Empfindungen. Offenbar bildete er sich in's Geheim auf die Verwandtschaft mit dem Hochländer Etwas ein, während er den Stammbaum desselben zu verachten schien. Er sprach von seinem Freunde im Wohlstande mit überströmender Herzlichkeit, welche seine Theilnahme an dessen Mißgeschick und seinen Kummer über die Folgen desselben um so lebhafter machte.

»So gereizt und zur Verzweiflung getrieben,« sagte ich, »wurde Euer Freund wohl einer von den Räubern, die Ihr uns beschrieben habt?«

»Nicht ganz so schlimm,« erwiderte Jarvie – »nicht ganz so schlimm; aber er erhob Schutzgeld, weiter und in größerem Umfange, als in unsern Tagen je geschehen ist, bis an die Thore des Schlosses von Stirling.«

»Schutzgeld? – was soll ich darunter verstehen?« fragte ich.

»Seht, Robin versammelte einen Haufen Blaumützen um sich – denn er führt einen alten, ehrenwerthen Namen, so sehr man ihn auch heruntergebracht und gedrückt hat. Meine Mutter war auch eine Mac-Gregor, das mag Jedermann wissen. – Auf diese Art hatte er bald eine tapfere Schaar, und da es ihm leid that, wie er sagte, solche Verheerungen und Räubereien an der südlichen Gränze des Hochlandes verüben zu sehen, so schlug er vor, wenn ein Erbherr oder Pächter ihm vier Pfund Schottisch für jedes Hundert Pfund Einkünfte bezahlte, was gewiß ein mäßiger Anschlag war, so wollte er sie schadlos halten. Da mochten sie zu ihm schicken, wenn sie auch nur eine Klaue durch Diebstahl verloren hatten, und Robin verpflichtete sich, sie wieder zu verschaffen, oder den Werth zu bezahlen – und er hielt immer Wort – ich muß bekennen, er hält sein Wort.«

»Das ist ein sehr sonderbarer Versicherungsvertrag,« bemerkte Owen.

»Es ist ganz gegen unsere Gesetze, das muß man zugeben,« sagte der Stadtvoigt, »Schutzgeld erheben und bezahlen ist strafbar, wenn aber das Gesetz meine Scheune und meinen Stall nicht beschützen kann, warum sollt' ich mich nicht mit einem Hochländer einlassen, der's kann? – Antwortet darauf.«

»Aber,« sagte ich, »ist denn dieser Schutzgeld-Vertrag, wie Ihr's nennt, von Seiten der Landbesitzer oder Pächter ganz freiwillig? Oder was geschieht, wenn Jemand sich weigert, diesen Tribut zu bezahlen?«

»Aha, Bursche!« rief Jarvie lachend, und legte den Finger an die Nase. »Ihr denkt, da habt Ihr mich. Fürwahr, ich will jedem Freunde rathen, mit Robin einig zu werden, denn sie mögen wachen, wie sie wollen, und thun, was sie wollen, so sind sie doch immer Schrecken ausgesetzt, wenn die langen Nächte kommen. Einige von den Grahames oder Cohorns schlossen sich aus; aber was war's? – Im ersten Winter verloren sie ihre halbe Heerde, und nun halten's die Meisten für das Beste, mit Robin übereinzukommen. Er meint's gut mit Jedem, der's gut mit ihm meint; aber wenn Ihr ihn aufbringt, so könntet Ihr eben so gut mit dem Teufel anbinden.«

»Und durch seine Thaten in diesem Berufe,« fuhr ich fort, »hat er sich wahrscheinlich den Gesetzen des Landes verantwortlich gemacht?«

»Verantwortlich? – Ihr könnt's so nennen. Sein Genick würde wohl erfahren, wie schwer es ist, wenn sie ihn fingen. Aber er hat gute Freunde unter den Großen, und ich könnte Euch eine vornehme Familie nennen, die ihn emporhält, so viel sie mit Anstand kann, damit er ein Dorn für Andere sei. Und dann ist er ein so verschlagener Schelm, als nie einer in unsern Landen dieß Handwerk betrieb; manchen tollen Streich hat er gespielt – mehr als in ein Buch ginge, und ein wunderliches würde es sein – so gut, als Robin Hood, oder William Wallace, voll kühner Thaten und Erinnerungen, wie sich die Leute dergleichen an Winterabenden gern erzählen. Es ist ein seltsam Ding mit mir, der ich ein friedsamer Mann, und eines friedsamen Mannes Sohn bin; denn mein Vater, der Vorsteher, stritt mit Niemand – es ist seltsam, sag' ich, aber ich glaube, das hochländische Blut in mir wird bei den tollen Geschichten warm, und ich höre sie zuweilen lieber, als ein heilsames Wort, – Gott verzeih' mir's! – Aber das sind Eitelkeiten, sündhafte Eitelkeiten, und obendrein gegen die Gesetze und Gottes Wort.«

Ich setzte nun meine Erkundigungen durch die Frage fort, welchen Einfluß dieser Robert Campbell auf meine oder meines Vaters Angelegenheiten haben könnte?

»Ihr müßt wissen,« sagte Mr. Jarvie in sehr gedämpftem Tone, »daß die Hochländer – ich spreche unter Freunden – sich seit dem Jahre neunundachtzig, wo sie bei Killiekrankie geschlagen wurden, ruhig gehalten haben. Aber wie hat man sie in Ruhe gehalten, glaubt Ihr? Durch Geld, sag' ich Euch. König Wilhelm ließ zwanzigtausend Pfund Sterling unter sie vertheilen, und die verstorbene Königin Anna gab den Häuptlingen kleine Jahrgelder, mit denen sie ihre Anhänger unterhalten konnten; und sie blieben so ziemlich ruhig, außer einigen Räubereien in Nieder-Schottland, wie gewöhnlich, und einigem Halsabschneiden unter sich selbst, darum sich kein gesitteter Mensch bekümmert. Aber nun ist mit diesem König Georg eine ganz neue Welt entstanden. – Gott mag ihn segnen! – Sie bekommen jetzt weder Geld, noch Unterstützung; sie können ihre Clans, von denen sie aufgezehrt werden, nicht mehr erhalten; ihr Credit in Nieder-Schottland ist dahin, und ein Mann, der Euch 1000 oder 1500 rüstige Burschen herbeipfeifen könnte, in Reih' und Glied, bereit, seinen Willen zu thun, würde in Glasgow schwerlich fünfzig Pfund auf seine Schaar geborgt bekommen. Das kann so nicht lange bleiben. Es wird einen Aufstand für die Stuarts geben, sie werden über Nieder-Schottland hereinbrechen, gleich einer Flut, wie unter Montrose, und davon wird man sehen und hören, ehe ein Jahr vergeht.«

»Aber dennoch sehe ich immer nicht,« sagte ich, »was Campbell, und noch weniger, was meines Vaters Sache, damit zu thun hat.«

»Robin kann 500 Mann stellen, und der Krieg ist ihm daher so lieb, wie den Meisten, weil er seine Leute in Friedenszeiten nicht so gut nützen kann,« erwiderte Jarvie. »Die Wahrheit zu sagen, glaub' ich, er ist der Hauptunterhändler zwischen einigen hochländischen Häuptlingen und den Edelleuten in Nord-England gewesen. Wir Alle haben gehört, daß dem Morris nicht weit von den Cheviot-Bergen öffentliche Gelder abgenommen wurden, und zwar durch Robin und einen jungen Osbaldistone, wobei man sogar Euch selbst nannte, Mr. Frank, und es that mir leid, daß Eures Vaters Sohn sich in solche Händel einließ. – Nein, Ihr braucht kein Wort darüber zu sagen, ich sehe wohl, es war ein Irrthum, aber einem Schauspieler, wofür ich Euch hielt, traute ich Alles zu. Aber jetzt zweifle ich nicht, es ist Rashleigh selbst, oder einer von Euren andern Vettern gewesen, – sie sind Alle von einem Schlage – lauter Jakobiten und Papisten, und sie halten Geld und Schriften, die der Regierung gehören, für gute Beute. Und dieses Geschöpf Morris ist eine so feige Memme, daß er bis diese Stunde nicht wagt, Robin zu beschuldigen; und er thut recht daran, denn Euer Zöllnervieh kann Niemand leiden, und Robin könnt' ihm eins versetzen, eh' er Hülfe bekäme.«

»Das habe ich lange geargwohnt, Mr. Jarvie,« sagte ich, »und ich stimme Euch vollkommen bei. Aber meines Vaters Angelegenheiten« –

»Geargwohnt? – es ist gewiß, ganz gewiß. Ich kenne Leute, welche die Schriften sahen, die man Morris weggenommen hat. Wo? das ist gleich viel. Doch was Eures Vaters Sache betrifft, so müßt Ihr wissen, daß in den letzten zwanzig Jahren einige Lairds und Häuptlinge im Hochlande ihren eigenen Vortheil besser einsehen gelernt haben. Euer Vater und noch Andere kauften mehrere Waldungen, und Eures Vaters Haus gab dafür bedeutende Wechsel. Osbaldistone und Tresham hatten guten Credit – und ich sag's Mr. Owen in's Gesicht, wie hinter seinem Rücken, bis auf das Unglück, das Gott geschickt hat, war Niemand redlicher im Handel, und die hochländischen Herren, Inhaber dieser Wechsel, fanden für deren Betrag, oder den größten Theil desselben in Glasgow und Edinburgh Credit – so daß – aha! versteht Ihr mich nun?«

Ich gestand, daß ich seine Meinung nicht ganz fassen könne.

»I nun,« sagte er, »wenn die Wechsel nicht bezahlt werden, so halten sich die Kaufleute in Glasgow an die hochländischen Lairds, die aber kein Geld haben, und nicht wiedergeben können, was längst durchgebracht ist. – Sie werden in Verzweiflung gerathen – fünfhundert Menschen werden aufstehen, die sonst daheim gesessen haben würden – und die eingestellte Zahlung von Eures Vaters Hause wird den Ausbruch beschleunigen, der uns so lange bedroht hat.«

»Ihr glaubt also,« fragte ich, durch diese sonderbare Ansicht überrascht, »daß Rashleigh meinem Vater dieß Unrecht blos in der Absicht zugefügt hat, einen Aufstand der Hochländer zu beeilen?«

»Ohne Zweifel ist dieß eine Hauptursache gewesen. Eine andere ist das baare Geld, das er mitgenommen hat. Für Euern Vater ist dieß nur ein geringer Verlust, obwohl es für Rashleigh der Hauptgewinn sein mag. Die mitgenommenen Papiere haben nicht mehr Nutzen für ihn, als wenn er die Pfeife damit anzündete. Er machte einen Versuch, ob Mac-Vittie u. Comp. ihm baares Geld dafür geben wollten – wie ich durch einen guten Freund erfuhr – aber sie zogen sich zurück, und bezahlten ihn nur mit glatten Worten. Man kennt Rashleigh in Glasgow mehr, als man ihm traut, denn er war Anno 1707 in einem Vorhaben der Jakobiten und Papisten hier, und ließ Schulden zurück. Nein, nein, hier bringt er kein Papier an; man traut ihm nicht, wie er dazu kam. Er wird diese Waare im Hochlande in Sicherheit bringen, und mein Vetter Robin könnte wohl dazu gelangen, wenn er wollte.«

»Würde er aber geneigt sein, uns darin zu dienen?« fragte ich. »Wenn er die Sache der Jakobiten unterstützt, und in ihre Anschläge verwickelt ist, wird er um meinetwillen, oder, wenn Ihr wollt, um der Gerechtigkeit willen, zu einer Wiedererstattung bereit sein, welche, Euern Ansichten nach, ihren Entwürfen so nachtheilig wäre?«

»Darüber kann ich nichts Bestimmtes sagen. Die Großen unter ihnen trauen Robin nicht, und er mag ihnen nicht trauen – und er hat sich gut mit der Familie Argyle gestanden. Wenn er nicht in Bedrängniß wäre, würde er lieber auf Argyle's Seite treten, als auf die des Grafen von Breadalbane; denn es besteht eine alte Feindschaft zwischen der Familie Breadalbane und seinem Stamme und Namen. Eigentlich steht Robin für sich allein. Er wird sich auf die Seite schlagen, die ihm am besten zusagt. Wenn der Teufel Laird wäre, so würde Robin sein Lehnsmann sein, und Ihr könnt's dem armen Schelm unter seinen Umständen nicht verargen. Aber es gibt Etwas, das sehr gegen Euch ist – Robin hat daheim eine graue Mähre in seinem Stalle.«

»Eine graue Mähre?« fragte ich. »Was hat die bei der Sache zu thun?«

»Robins Weib – ein furchtbares Weib. Sie kann den Anblick eines freundlich aussehenden Schotten nicht ertragen, wenn er aus Nieder-Schottland kömmt, vielweniger den eines Engländers, und sie wird eifrig für alles Das sein, was den König Jakob emporbringen, und den König Georg stürzen kann.«

»Es ist sehr seltsam,« erwiderte ich, »daß die Handelsunternehmungen von Bürgern in London mit Staatsveränderungen und Empörungen zusammenhängen sollen.«

»Durchaus nicht, Mann; – nicht im geringsten,« erwiderte Mr. Jarvie; »das sind nur Eure thörichten Vorurtheile. Ich lese während der langen Winterabende zuweilen, und las in Bakers Chronik, daß die Kaufleute von London die Bank in Genua nöthigen konnten, dem Könige von Spanien eine versprochene ansehnliche Summe nicht vorzuschießen, wodurch die große spanische Armada ein halbes Jahr aufgehalten wurde. Was sagt Ihr dazu?«

»Daß die Kaufleute ihrem Vaterlande einen goldenen Dienst erwiesen, dessen unsere Geschichtsbücher ehrenvoll erwähnen sollten.«

»Das mein' ich auch, und die würden auch Gutes thun, und sich um den Staat und die Menschheit verdient machen, die drei oder vier ehrliche Hochlands-Häuptlinge davon abhielten, sich sammt ihren armen Anhängern Hals über Kopf in's Verderben zu stürzen, und die Eures Vaters Credit retteten und mein eigenes gutes Geld, das ich an Osbaldistone u. Tresham zu fordern habe. – Ja, wer das Alles bewirken könnte, den sollte man, und wenn er nur ein armer Weber wäre, behandeln und rühmen, wie irgend Einen, den der König ehren will.«

»Wie weit die öffentliche Dankbarkeit sich erstrecken würde, kann ich nicht entscheiden,« sagte ich; »aber unsere Dankbarkeit, Mr. Jarvie, würde der Größe der Verpflichtung angemessen sein.«

»Und wir würden uns bemühen,« fügte Owen hinzu, »es durch ein Haben auszugleichen, sobald unser Mr. Osbaldistone aus Holland zurückkehrt.«

»Ich zweifle nicht – zweifle nicht; er ist ein sehr würdiger Mann und zuverlässig, und könnte mit meiner Hülfe viel Geschäfte in Schottland machen. Könnte man nur diese Papiere aus den Händen der Philister erlösen; es sind gute Papiere, sie sind die rechte Waare, wenn sie in den rechten Händen sind; und das sind die Eurigen, Mr. Owen. Und ich weiß, Ihr findet drei Männer in Glasgow, so gering Ihr von uns denken möget, – das ist Sandie Steenson und John Pirie, und ein Dritter, den ich jetzt nicht nennen will, die würden das nöthige Geld vorschießen, um den Credit Eures Hauses zu erhalten, und keine bessere Sicherheit verlangen.«

Owens Augen glänzten bei dieser Aussicht, aber sein Gesicht trübte sich sogleich wieder, als er erwog, wie unwahrscheinlich die Wiedererlangung dieser Papiere sei.

»Verzweifelt nicht, Sir, verzweifelt nicht,« sagte der Stadtvoigt. »Ich habe bereits so viel Theil an Euren Angelegenheiten genommen, daß sie mich nun zu Allem vermögen. Ich bin grade, wie mein Vater, der Vorsteher; ich kann mich nicht in eines Freundes Geschäfte mischen, ohne sie am Ende zu den meinigen zu machen. – Morgen will ich meine Stiefel anziehen, und mit dem Mr. Frank hier in's Hochland reiten, und wenn ich den Robin nicht zur Vernunft bringe, und sein Weib dazu, so weiß ich nicht, wer's kann. Sonst war ich ein guter Freund von ihnen, nicht zu gedenken, daß ich Robin in der vergangenen Nacht übersah, wo es ihm das Leben gekostet haben würde, hätte ich seinen Namen genannt. Ich werde in der Rathsversammlung von Grahame und Mac-Vittie und noch einigen Andern so Manches darüber hören müssen. Sie hielten mir bereits meine Verwandtschaft mit Robin vor. Ich sagte ihnen, ich wollte keines Mannes Fehler vertheidigen, aber ausgenommen, was er gegen das Landesgesetz und die Herrschaft von Lennox gethan hätte, und das Unglück, daß einige Leute durch ihn das Leben verloren, sei er ein so ehrlicher Mann, als irgend einer auf seinen Beinen stehe. – Und warum sollt ich auf ihr Geschwätz achten? Ist Robin ein Geächteter, so sag man's ihm selbst – wir haben jetzt keine solchen Gesetze, wie in den schlimmen Zeiten der letzten Stuarts. – Ich hab' eine schottische Zunge im Kopfe, und wenn sie fragen, werd' ich antworten.«

Mit großer Freude sah ich, daß Jarvie nach und nach die Schranken der Vorsichtigkeit überschritt, angeregt durch vaterländischen Geist und gutmüthige Theilnahme an unserer Lage, wozu noch der natürliche Wunsch kam, Verlust zu vermeiden und Gewinn zu machen, und etwas harmlose Eitelkeit.

Unter diesem vereinten Einflusse kam er endlich zu dem muthigen Entschlusse, in eigener Person zu Felde zu ziehen, um zur Wiedererlangung von meines Vaters Eigenthum Beistand zu leisten. Nach allen seinen Nachrichten konnte ich glauben, daß der hochländische Abenteurer, wenn jene Papiere in seinen Händen wären, sich wohl bewegen lassen würde, wieder herauszugeben, was für ihn selbst ohne Nutzen war, und ich fühlte, daß die Gegenwart seines Vetters bedeutenden Einfluß auf ihn haben könnte. Freudig nahm ich daher Jarvie's Vorschlag an, am nächsten Morgen die Reise anzutreten.

Der wackere Mann war in der That eben so lebhaft und rasch in den Vorbereitungen, seinen Vorsatz auszuführen, als er langsam und bedächtig gewesen war, ihn zu fassen. Er schrie der Mathilde zu, seinen Reitrock zu lüften, seine Reitstiefeln zu schmieren, sie die Nacht an das Küchenfeuer zu setzen, und zu sehen, ob das Pferd gut gefüttert, und sein Reitzeug in Ordnung sei. Wir beschlossen, um fünf Uhr am nächsten Morgen abzureisen, und als wir bestimmt hatten, daß Owen, dessen Begleitung keinen Nutzen für uns haben konnte, unsere Rückkehr in Glasgow erwarten sollte, nahmen wir einen herzlichen Abschied von diesem unermüdeten, eifrigen Freunde. Ich verschaffte Owen in meinem Wirthshause ein Zimmer neben dem meinigen, befahl Andrew Fairservice, am nächsten Morgen zur bestimmten Stunde auf den Beinen zu sein, und legte mich mit bessern Hoffnungen zur Ruhe, als mir das Glück in der letzten Zeit zu hegen gestattete.


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