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Fünftes Kapitel.

Ich begab mich, wie der würdige Beamte mir empfohlen hatte, nach dem Schulgebäude, um über mein künftiges Verhalten nachzudenken. Ich wanderte von einem Viereck der altmodischen Gebäude zum andern und dann in den Kollegiengarten, wo ich, angezogen durch Einsamkeit des Ortes, und über die Seltsamkeit des Schicksals sinnend, mehrmals auf- und abging.

Den Umständen gemäß, die mein erstes Zusammentreffen mit Campbell begleitet hatten, konnte ich nicht zweifeln, daß dieser Mensch sich mit irgend einem kühnen Unternehmen befaßte. Der Widerwille Jarvies, von ihm und seinen Verhältnissen, sowie von den Vorfällen der verwichnen Nacht zu sprechen, konnte meinen Argwohn nur verstärken. Dennoch hatte sich Diana Vernon, wie es schien, unbedenklich an ihn in bezug auf mich gewendet, und das Betragen des Stadtbeamten selbst gegen ihn zeigte eine seltsame Mischung von Güte und sogar Hochachtung mit Bedauern und Tadel. Es mußte etwas Ungewöhnliches in Campbells Lage und Denkungsart sein, und was mir noch seltsamer vorkam, sein Schicksal schien Einfluß auf das meinige üben zu sollen. Ich nahm mir vor, bei der ersten schicklichen Gelegenheit zu versuchen, ob sich von Jarvie Genaues über den geheimnisvollen Mann erforschen ließe; denn mir mußte daran liegen, festzustellen, ob ich, ohne Nachteil für meinen Ruf, fernere Gemeinschaft mit ihm unterhalten dürfe.

Damit beschäftigt, sah ich plötzlich meine Aufmerksamkeit auf drei Männer gelenkt, die am obern Ende des Ganges, wo ich schlenderte, in ernstlichem Gespräch begriffen zu sein schienen. Eine innere Stimme sagte mir, daß der mittlere jener drei Männer Rashleigh Osbaldistone war. Ihn anzureden war meine erste Regung; die zweite war, ihn zu beobachten, bis er allein sein würde, oder wenigstens seine Begleiter erst ins Auge zu fassen, ehe ich ihn selbst zur Rede stellte. Sie waren noch immer so weit entfernt, und so in ihr Gespräch vertieft, daß ich Zeit hatte, unbemerkt hinter eine Hecke zu treten.

Es war zu jener Zeit unter muntern Jünglingen Sitte, auf ihren Morgenspaziergängen einen Scharlachmantel überzuwerfen, den Stutzer zuweilen so trugen, daß er einen Teil

des Gesichts verhüllte. Was tat jetzt ich und konnte nun, von der Hecke beschirmt, an meinem Vater vorübergehen, unbemerkt von ihm und den andern. Ich erschrak nicht wenig, in Rashleighs Begleitern denselben Morris, der mich angeklagt hatte, und den Kaufmann Mac Vittie zu erkennen, dessen trotziges, strenges Ansehen am vorigen Tage mir so abstoßend gewesen war.

Ein Zusammentreffen schlimmerer Vorbedeutung hätte sich Wohl schwerlich für meine und meines Vaters Angelegenheiten denken lassen.

Als die drei Männer ein paar Schritte vorüber waren, kehrte ich um und folgte ihnen unbemerkt nach. Am Ende des Ganges trennten sie sich; Morris und Mac Vittie verließen den Garten, und Rashleigh kam allein den Gang zurück. Ich war entschlossen, ihm entgegen zu treten und Ersatz für die Kränkungen zu fordern, die er meinem Vater zugefügt hatte, wenngleich ich noch nicht wußte, auf welche Weise sich Ersatz schaffen ließe. Ich meinte jedoch, dies dem Zufall überlassen zu sollen, und trat, den Mantel zurückschlagend, durch eine Oeffnung der niedrigen Hecke Rashleigh entgegen.

Rashleigh war nicht der Mann, sich überraschen oder aus der Fassung bringen zu lassen. Als er jedoch mich so nahe vor sich sah, und wohl auch auf meinem Gesicht den Ausdruck des Unwillens las, der in meiner Brust glühte, war er sichtlich bestürzt.

»Gut, daß ich Euch treffe, Herr,« hub ich an; »ich wollte eben zu dem Zweck, Euch aufzusuchen, eine lange, unsichre Reise antreten.«

»Ihr kennt also den, den Ihr sucht, wenig,« erwiderte Rashleigh mit seiner unerschütterlichen Fassung. »Meinen Freunden wird es leicht, mich zu finden, leichter noch meinen Feinden. Euer Betragen nötigt mich zu der Frage, unter welche Klasse ich Franz Osbaldistone zu setzen habe.«

»Unter Eure Feinde,« antwortete ich, »unter Eure Todfeinde, wenn Ihr nicht sogleich gerecht werdet gegen Euren Wohltäter, meinen Vater, und Rechenschaft gebt von seinem Eigentum.«

»Und wem, Herr Osbaldistone, bin ich als Mitglied von Eures Vaters Handelshause über mein Verhalten in Dingen, die in jeder Hinsicht zu meinen eignen geworden sind, Rechenschaft abzulegen, gezwungen? Gewiß, nicht einem jungen Menschen, der so feinen, Geschmack an Literatur besitzt, daß solche Erörterungen ihm widrig und unverständlich sein würden!«

»Euer Spott, Herr ist keine Verantwortung; ich will nicht von Euch gehen, als bis ich volle Auskunft über den Betrug habe, auf den Ihr sinnt. – Ihr sollt mit mir vor Gericht.«

»Meinetwegen,« sprach Rashleigh und machte einige Schritte, als ob er mich begleiten wollte; dann blieb er stehen und fuhr fort: »Wäre ich geneigt, Eurem Ansinnen zu folgen, so würdet Ihr bald merken, wer von uns beiden am meisten Ursache hat, einen Richter zu scheuen. Aber ich hege keinen Wunsch, Euer Schicksal zu beschleunigen. Geht, junger Mann! Amüsiert Euch in Eurer Phantasiewelt und überlaßt die praktischen Geschäfte des Lebens denen, die sie zu führen wissen und führen können.«

Seine Absicht war, wie ich vermutete, mich zu reizen, und es gelang ihm. »Herr Osbaldistone,« sprach ich, »dieser Ton, so frech er bei aller Ruhe ist, soll Euch nichts helfen. Ihr solltet erwägen, daß der Name, den wir beide führen, nie einen Schimpf gelitten hat und in meiner Person keinem Schimpfe ausgesetzt sein darf.«

»Ihr erinnert mich,« sprach Rashleigh mit einem seiner finstersten Blicke, »daß dieser Name in mir entehrt worden ist! – Ihr erinnert mich auch, durch wen! Glaubt Ihr, ich hätte den Abend im Schlosse vergessen, wo Ihr wohlfeil und ungestraft den Eisenfresser auf meine Kosten spieltet? Für diesen Schimpf, der nur durch Blut abgewaschen werden kann, – wie auch dafür, daß Ihr mir zu verschiedenen Zeiten in den Weg getreten seid, und immer zu meinem Nachteil – dafür, daß Ihr mit törichter Hartnäckigkeit Entwürfe zu durchkreuzen sucht, deren Wichtigkeit Ihr weder kennt, noch fähig zu würdigen seid – für alles dies seid Ihr mir Rechenschaft von langer Hand schuldig, für die früh ein Tag der Rechnung kommen soll.«

»Er komme, wann er wolle,« erwiderte ich, »und wird mich willig und bereit finden. Indessen scheint Ihr den schwersten Punkt vergessen zu haben – daß ich das Vergnügen hatte, dem Verstände und den tugendhaften Gefühlen des Fräuleins Vernon jenen Beistand zu leisten, der es ihr ermöglichte, sich aus Euren schändlichen Netzen zu befreien.«

Seine dunklen Augen schienen Flammen zu sprühen bei diesem scharfen Wort, aber seine Stimme behielt denselben ruhigen Ton, mit dem er bisher die Unterhaltung geführt hatte.

»Ich hatte andre Absichten mit Euch, junger Mann,«

war seine Antwort, »die weniger gefährlich für Euch waren und sich für meinen jetzigen Stand und meine frühere Erziehung besser geschickt hätten. Allein ich sehe, es verlangt Euch nach der persönlichen Züchtigung, die Eure knabenhafte Unverschämtheit in so hohem Maße verdient. Folgt mir an einen entlegenen Ort, wo wir nicht so leicht gestört werden können.«

Ich folgte ihm, aber mit wachsamem Auge, denn ich traute ihm das Aergste zu, auf einem offnen Platz mit geschornen Hecken und Bildsäulen; und es war zu meinem Glücke, daß ich auf meiner Hut war, denn Rashleighs Degen war gezogen und bedrohte meine Brust, ehe ich meinen Mantel abgeworfen hatte, so daß ich mein Leben nur dadurch rettete, daß ich mehrere Schritte zurücksprang. Er hatte einige Vorteile durch die Verschiedenheit unsrer Waffen, denn sein Degen war länger und dreieckig, während der meinige eine flache, zweischneidige Klinge hatte, und sich kaum so gut wie der seinige regieren ließ. Im übrigen waren wir ziemlich gleich; aber seine offenbar boshafte Absicht machte ihn keinen Augenblick unvorsichtig, und er erschöpfte alle List und alle Künste der Verteidigung, während er zu gleicher Zeit auf den ärgsten Ausgang unsers Kampfes bedacht war.

Auf meiner Seite war der Kampf anfangs mit Mäßigkeit geführt worden, und während eines Ganges von ein paar Minuten fand ich Zeit zu der Erwägung, daß Rashleigh meines Vaters Neffe und der Sohn eines Oheims war, der mir allerdings in seiner Art, Freundschaft erwiesen hatte, und daß sein Tod von meiner Hand großes Leidwesen in der Familie verursachen müßte. Ich hatte mir deshalb vorgenommen, ihn zu entwaffnen, und hatte gemeint, daß mir das bei meiner vermeintlichen Ueberlegenheit nicht schwer fallen könnte. Ich sah aber bald, daß ich meinen Mann gefunden hatte, und einige Stöße, die ich erhielt, nötigten mich zu besserer Vorsicht. Nach und nach wurde ich, durch die Feindseligkeit, mit der mir Rashleigh nach dem Leben trachtete, erbittert und erwiderte die Stöße ebenso ergrimmt, wie er sie führte, und so schien sich annehmen zu lassen, daß der Kampf einen traurigen Ausgang haben werde, es hätte wenig gefehlt, auf meine Kosten; denn mein Fuß glitt aus, und ich konnte mich nicht schnell genug erheben, um den Gegenstoß abzuwenden. Rashleigh stieß so heftig zu, daß sein Degen mir durch die Rippen fuhr, bis der Griff meine Brust traf, so daß ich großen Schmerz empfand, und auf einen Augenblick hielt ich mich für tödlich verwundet. Begierig, mich zu rächen, rang ich mit meinem Gegner, faßte mit der linken Hand den Griff seines Degens und nahm den meinigen kürzer, um ihn zu durchbohren. Da wurde unser Kampf auf Tod und Leben durch einen Mann unterbrochen, der sich gewaltsam zwischen uns warf und uns voneinander riß. Dann rief er mit lauter, gebieterischer Stimme: »Wie! die Söhne derjenigen, die an einer Brust gesogen haben, wollen ihr Blut vergießen, als obs fremdes wäre? – Bei der Hand meines Vaters, den ersten, der noch einen Streich tut, spalt ich bis auf die Brust!«

Verblüfft blickte ich empor. Der Sprecher war kein anderer, als Campbell. Er hielt in der Hand ein breites, gezognes Schwert, das er über seinem Haupte schwang, wie um seiner Vermittelung, den schärfsten Nachdruck zu geben; Rashleigh und ich starrten beide den Mann schweigend an, der uns abwechselnd zu ermahnen fortfuhr: »Meint Ihr, Herr Franz, daß Ihr Enres Vaters Kredit wieder herstellen könnt, wenn Ihr Euren Verwandten erstecht oder Euch von ihm erstechen laßt? Oder denkt Ihr, Herr Rashleigh, daß die Menschen ihr Leben und Vermögen jemand anvertrauen wollen, der im Augenblick, wo es ein großes politisches Interesse gilt, wie ein Trunkenbold herumrennt und Händel sucht? Nun, seht mich nicht so grimmig an; wenn Ihr zornig seid, so wißt Ihr, an wen Ihr Euch zu wenden habt.«

»Meine gegenwärtige Lage macht Euch so vermessen,« erwiderte Rashleigh, »sonst würdet Ihrs schwerlich gewagt haben. Euch einzumischen, wo meine Ehre im Spiel ist.«

»Ei, sehe doch einer! Vermessen? Und warum? Ihr mögt reicher sein als ich, Herr Osbaldistone, und gelehrter, was ich gar nicht bestreiten will; aber ich meine, Ihr seid weder stattlicher, noch von besserm Stande als ich, und wenn ich höre, daß Ihr so gut seid wie ich, wird es eine Neuigkeit für mich sein. Von wagen sprecht Ihr? Na wäre viel zu wagen! – Ich habe wohl mehr als Ihr beide zusammen, mich in manchem heißen Kampfe herumgeschlagen und nicht viel an mein Morgenwerk gedacht, wenn's vorbei war.«

Rashleigh hatte unterdessen seine Fassung wieder erlangt. »Mein Vetter,« sagte er, »wird zugeben, daß er mich zu diesem Kampfe gezwungen hat. Ich habe ihn nicht gesucht, und es ist mir sehr lieb, daß wir gestört wurden, ehe ich seine Voreiligkeit strenger gezüchtigt hatte.«

»Seid Ihr verwundet?« fragte mich Campbell mit Teilnahme.

»Eine leichte Schmarre,« antwortete ich, »deren sich mein gütiger Vetter nicht lange hätte rühmen sollen, wenn Ihr nicht zwischen uns gekommen wäret.«

»Meiner Treu! das ist wahr, Herr Rashleigh,« sprach Campbell; »denn der kalte Stahl und Euer bestes Blut konnten bald miteinander bekannt werden, als ich Euern Vetter am rechten Arm packte. Aber seht deshalb nicht so mürrisch drein! Kommt mit mir mit, ich habe Euch etwas zu erzählen, und dabei werdet Ihr Euch schön abkühlen und eines Bessern besinnen.«

»Bitte um Entschuldigung, mein Herr,« sprach ich; »mir ist schon bei mehr als einer Gelegenheit vorgekommen, als ob Ihr freundliche Absichten gegen mich hegtet; allein ich darf und will diesen Mann nicht verlassen, bis er mir zurückgibt, was er meinem Vater verräterischerweise geraubt hat und was ich unbedingt haben muß, um die Verbindlichkeiten meines Vaters zu lösen.«

»Gebt Euch für heute zufrieden,« erwiderte Campbell; »denn wolltet Ihr uns auch folgen, so würde es Euch doch nichts nützen und Euch nichts helfen. Ihr habt gerade genug an einem Gegner, wollt Ihr Euch zwei über den Kopf bringen?«

»Zwanzig, wenns sein muß,« antwortete ich.

Ich faßte Rashleigh beim Kragen. Er leistete keinen Widerstand, sprach aber mit höhnischem Lächeln: »Ihr hört ihn selbst, Mac Gregor! er rennt in sein Verderben – ists meine Schuld, wenn er hineinstürzt? Die Verhaftsbefehle sind nun ausgefertigt und alles ist bereit.«

Der Schottländer war in sichtbarer Verlegenheit. Er blickte rund umher, vor sich und hinter sich, und sprach sodann: »Nie werde ich zugeben, daß ihm etwas Uebles geschieht, weil er aufgestanden ist für den Vater, dem er das Leben dankt. Verflucht seien sie alle die Obrigkeiten, Richter, Vögte, Gerichtsdiener und Häscher und dergleichen schwarzes Hornvieh, das unser armes altes Schottland seit hundert Jahren quält. Es war ein lustiges Leben, als jedermann seine Habe mit seiner eignen Faust bewahrte, und als das Land nicht geplagt war mit Verhaftsbefehlen, Klagen und Gegenklagen und solcherlei Trug und List. Ich sag es noch einmal, mein Gewissen leidet es nicht, daß dieser wackre, harmlose Jüngling übel behandelt werde, und besonders auf solche Art. Da wär es mir schon lieber, Ihr zöget wieder blank und machtet den Streit aus wie wackre Männer.«

»Euer Gewissen, Mac Gregor!« sprach Rashleigh; »Ihr vergeßt, wie lange wir uns beide kennen.«

»Ja, mein Gewissen!« wiederholte Campbell, oder Mac Gregor, ober wie er heißen mochte. »Ich habe so ein Ding in meiner Brust, Herr Osbaldistone; mag ja sein, daß ich Euch hierin was voraus habe. Was unsre Bekanntschaft miteinander betrifft, so werdet Ihr wissen, wenn Ihr mich kennt, wodurch ich geworden bin, was ich bin; Ihr mögt ja davon denken, was Ihr wollt; aber ich tausche nicht mit dem stolzesten jener Unterdrücker, die mich genötigt haben, den Heidebusch zum Aufenthalt zu wählen. Was Ihr seid, Herr Rashleigh, und wie Ihr rechtfertigt oder entschuldigt, was Ihr seid, ist eine Sache, die Ihr mit Eurem Herzen abzumachen habt, und wohl auch mal werdet abmachen müssen, wenn nicht früher, so doch am Tage des ewigen Gerichts! ... Und nun, Herr Franz, laßt ihn los! Er sagt mit Wahrheit, daß Ihr eine Gerichtsperson mehr zu fürchten habt, als er, und wenn Eure Sache so gerade wäre wie ein Pfeil, er würde Mittel finden, sie krumm zu machen. –So! laßt ihn los, sage ich.«

Er lieh seinen Worten Unterstützung durch eine so plötzliche und unvermutete Anstrengung, daß er Rashleigh mit der einen Faust und mit der andern mich, trotz meines Sträubens, mit herkulischer Kraft festhielt. »Sucht das Weite, Herr Rashleigh!« rief er. »Lauft, als könntet Ihr Hände und Beine dazu brauchen; getan habt Ihr es ja oft genug!«

»Dankt's diesem Herrn, Vetter!« sprach Rashleigh. »Wenn ich Euch meine Schuld heute nicht voll tilge, sondern gehe, so geschieht es in der Hoffnung, daß wir uns bald wieder treffen und dann keine Unterbrechung zu befürchten haben werden.«

Er steckte seinen Degen ein und verlor sich im Gebüsch.

Der Schottländer hielt mich teils durch Gewalt, teils durch Vorstellungen ab, Rashleigh zu folgen, und ich gewann langsam die Meinung, daß es mir wenig helfen möchte.

»So wahr ich lebe!« sagte Campbell, als er sah, daß ich auf Widerstand verzichtete, denn daß er mich aufs schonendste behandelte, konnte mir wohl oder übel nicht verborgen bleiben. »Ihr seid ein Wagehals, wie ich ihn noch nie gesehen! Was hattet Ihr im Sinne? Wolltet Ihr dem Wolf in seine Höhle folgen? – Ich sage Euch, er hat die alte Falle wieder aufgestellt. Er hat die Einnehmerseele, den Morris, bewogen, die alte Geschichte wieder aufzutischen, und Ihr könnt jetzt von mir keine Hilfe erwarten, wie vor dem Richter Inglewood. Es sagt meiner Gesundheit nicht zu, diesen Whigs, diesem Beamtenvolke, hier nahe zu kommen. Ihr aber geht nun heim, gleich einem guten Sohn. – Vermeidet Rashleigh und Morris und diesen viehischen Mac Vittie! – Denkt an das Wirtshaus von Aberfoil, wie ich gesagt habe, und bei dem Wort eines Ehrenmannes, es soll Euch kein Leid geschehen. Aber haltet Euch ruhig, bis wir uns wiedersehen. Ich muß fort, damit ich Rashleigh aus der Stadt bringe, ehe etwas Schlimmeres daraus entsteht; denn wo er die Nase hinsteckt, ist immer Unheil. Denkt an Aberfoil!«

Er wandte sich ab, um mich dem Sinnen über die sonderbaren Ereignisse zu überlassen, die mir begegnet waren. Meine erste Sorge war, meine Kleidung zu ordnen und den Mantel so umzuschlagen, daß er das Blut verbarg, das mir aus der Seite drang. Ich hatte das kaum getan, so füllte sich der Garten mit den Schülern, deren Unterricht zu Ende war, und ich eilte hinaus. Auf dem Wege nach Jarvie's Wohnung, dessen Essenszeit nun kam, blieb ich vor einem kleinen Laden stehen, dessen Schild anzeigte, daß er dem Chirurgen und Apotheker Christoph Neilson gehörte. In der Hinterstube fand ich einen ältlichen muntern Herrn, der ungläubig mit dem Kopfe schüttelte, als ich ihm sagte, ich sei zufällig durch ein Rappier verwundet worden. Aber er legte mir Scharpie auf die Wunde und meinte: »Von einem Rappiere rührt Eure Blessur nicht her, junger Herr! Ja, das böse Jugendblut! das böse Jugendblut! Aber wir Wundärzte sind verschwiegen. Und wenn es nicht heißes Blut gäbe, und böses Blut, was wollte aus den gelehrten zwei Fakultäten werden?«


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