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Siebentes Kapitel.

Pistol. Nachrichten bring' ich Euch von hohen Freuden
Und Neuigkeiten hohen Werths.

Falstaff. Ich bitte Dich, erzähle sie uns wie ein Mann dieser Welt.

Pistol. Zum Henker mit der Welt und ihren Sclaven!
Ich red' von Afrika und goldnen Freuden.

Heinrich IV. Theil 2.

Die Gaststube zum Schwarzen Bären zu Cumnor, wohin die Scene unserer Geschichte jetzt zurückkehrt, konnte sich an dem Abend, wovon wir reden, einer nicht gewöhnlichen Versammlung von Gästen rühmen. Es war in der Nähe ein Jahrmarkt gewesen, und der Krämer von Abingdon nebst mehreren andern Personen, die der Leser bereits als Freunde und Kunden von Giles Gosling kennt, hatten ihre gewohnten Plätze um das Abendfeuer eingenommen und unterhielten sich über die Neuigkeiten des Tages.

Ein lebhafter, geschäftiger, munterer Geselle, dessen Päcke und mit Metall beschlagener eichener Ellenstab ihn als einen Gewerbsgenossen des Autolycus bezeichneten, zog einen guten Theil der Aufmerksamkeit auf sich und trug viel zu der munteren Abendunterhaltung bei. Dabei müssen wir erwähnen, daß die Hausirer jener Tage Männer von weit größerer Wichtigkeit waren, als die ausgearteten und herabgewürdigten Höker unserer Zeit. Durch diese wandernden Kaufleute wurde fast ausschließlich der Landhandel mit feineren, besonders zur weiblichen Kleidung gehörigen Manufacturwaaren betrieben, und wenn ein solcher Kleinhändler es erst so weit gebracht hatte, daß er mit einem Packpferde reisen konnte, so war er ein Mann von nicht geringer Bedeutung, und selbst für wohlhabende Landleute, die ihn auf der Reise trafen, ein willkommener Gesellschafter.

Der Hausirer, von dem wir reden, nahm daher thätigen und unbestrittenen Antheil an der munteren Unterhaltung der Gäste im Schwarzen Bären zu Cumnor. Er scherzte mit der hübschen Miß Cäcilie, lachte mit dem Wirth und trieb seinen Scherz mit dem großprahlenden Herrn Goldthred, welcher, obgleich es nicht seine eigene wohlwollende Absicht war, den ganzen Abend zur Zielscheibe des Witzes diente. Der Hausirer führte gerade einen lebhaften Streit mit ihm, ob der spanische Hosenzeug vor den gascogner Strumpfhosen den Vorzug verdiene, und der Wirth hatte so eben seinen Gästen umher einen Wink gegeben, als wollte er sagen: »Gebt Acht, meine Herren, jetzt werdet Ihr einen Spaß erleben!« als man Pferdehufschlag auf dem Hofe vernahm und der Hausknecht mit einigen der neuesten, damals üblichen Flüche herbeigerufen wurde, um dem Rufe mehr Gewicht zu geben. Hausknecht und Kellner und die ganze Miliz des Wirthshauses eilten hinaus, die sich von ihren Posten geschlichen hatten, um einige Brocken von der im Zimmer geführten Unterhaltung aufzuschnappen. Der Wirth selber eilte auf den Hof, um seine neuen Gäste gehörig zu begrüßen. Er kehrte sogleich zurück und führte seinen eigenen würdigen Neffen Michael Lambourne in's Zimmer, welcher ganz erträglich betrunken war und den Astrologen unter seiner Obhut hatte. Obgleich Alasco noch immer als ein alter Mann erschien, so hatte er doch dadurch, daß er sein langes Gewand mit einem Reitanzuge vertauscht, seinen Bart und sein Haar beschnitten, sich wenigstens um zwanzig Jahre verjüngt, so daß er als ein rüstiger Sechziger erschien. Er schien jetzt sehr ängstlich zu sein und hatte Lambourne dringend gebeten, nicht in das Wirthshaus zu treten, sondern geradezu an den Ort ihrer Bestimmung zu gehen. Doch Lambourne wollte sich nicht gebieten lassen. »Beim Krebs und Steinbock!« rief er, »und dem ganzen himmlischen Heere, außer allen Sternen, die ich in südlichen Zonen sah, wogegen diese nördlichen Blinker nur Pfennigslichter sind! ich will wegen Niemandes Grillen unhöflich sein, hier einkehren und meinen würdigen Oheim begrüßen! – Mit guten Freunden muß man immer in gutem Vernehmen stehen! – Eine Gallone von Eurem Besten, Oheim, und laßt uns auf die Gesundheit des edlen Grafen von Leicester trinken! – Wir wollen uns doch mit einander unterhalten, und unsere alte Freundschaft erneuern – wollen wir das nicht?«

»Recht gern, Vetter,« sprach der Wirth, der ihn offenbar gern los sein wollte, »doch soll ich diesen guten Wein ganz auf Deine Rechnung schreiben?«

Eine solche Frage wäre manchem fröhlichen Zecher ungelegen gekommen, doch Lambourne brachte dieselbe nicht außer Fassung. »Zweifelt Ihr, ob ich zahlen kann?« sagte er, indem er eine Handvoll Gold- und Silberstücke hervorzog; »ebensogut könnt Ihr an Mexico und Peru, oder an der Schatzkammer der Königin zweifeln. – Gott erhalte Ihre Majestät! – Sie ist meines guten Lords wohlwollende Gebieterin.«

»Ei, nun, Vetter,« sagte der Wirth, »es ist mein Geschäft, Wein zu verkaufen an Die, welche ihn bezahlen können. – So, Kellner, thue, was Deines Amtes ist. – Doch ich wollte, ich wüßte so leicht Geld zu verdienen, wie Du, Michael.«

»Höre, Onkel,« sagte Lambourne, »ich will Dir ein Geheimniß sagen. Siehst Du dort den kleinen alten Kerl? So alt und ausgetrocknet, wie der Teufel nur je einen Spahn in seine Höllenglut warf – und doch, unter uns gesagt, Onkel, hat er Potosi in seinem Gehirn. Potz Wetter! Der kann Euch schneller Dukaten prägen, als mir die Flüche aus der Kehle kommen.«

»Ich will kein Geld aus seiner Münze in meiner Börse haben, Michel,« sagte der Wirth. »Ich weiß, was darauf steht, wenn man die Münzen der Königin verfälscht.«

»Du bist ein Esel, Onkel, so alt Du auch bist. – Zupfe mich nicht am Aermel, Doctor, Du bist nicht weniger ein Esel – und da Ihr nun Beide Esel seid, so sage ich Euch, daß ich nur bildlich sprach.«

»Seid Ihr toll?« sagte der Greis; »ist der Teufel in Euch gefahren? – Können wir nicht ruhig unsere Wege gehen, ohne die Augen der Leute auf uns zu ziehen?«

»Was sagst Du?« sagte Lambourne; »Du irrst Dich – kein Mensch soll Dich sehen, wenn ich es nicht erlaube. – Beim Himmel, meine Herren, wenn Einer von Euch wagt, diesen alten Herrn da anzusehen, so steche ich ihm mit meinem Dolche die Augen aus. – Setz' Dich nieder, alter Freund, und sei munter; – dies sind meine alten Kameraden, die verrathen Niemand.«

»Wäre es nicht besser, Vetter, Ihr gingt auf ein besonderes Zimmer?« sagte Giles Gosling. »Ihr redet da seltsame Dinge,« setzte er leise hinzu, »und überall gibt es Horcher.«

»Ich kehre mich nicht an sie,« sagte der hochherzige Michel – »Horcher! – Pah! Ich diene dem edlen Grafen von Leicester. – Hier kommt der Wein. – Schenkt ein, Kellner, ich trinke auf die Gesundheit der Blume Englands, des edlen Grafen von Leicester! Ich sage, des edlen Grafen von Leicester! Wer mir nicht Bescheid thut, ist ein Schwein von der Heerde jenes Sussex, er soll mir auf den Knieen trinken, oder ich schneide ihm die Schenkel ab, und lasse sie als Speck räuchern.«

Niemand weigerte sich bei der angedrohten furchtbaren Strafe, ihm Bescheid zu thun, und Michael Lambourne, dessen Betrunkenheit durch diesen neuen Aufguß nicht verringert wurde, fuhr in seiner wilden Redeweise fort, erneuerte seine Bekanntschaft mit den Gästen, die ihm jetzt mit einer gewissen Achtung begegneten, nicht ohne eine Beimischung von Furcht; denn der niedrigste Diener des königlichen Günstlings war, besonders wenn er sich als ein Mann wie Lambourne zeigte, ebensowohl ein Gegenstand des einen, wie des andern Gefühls.

Als der Greis sah, daß sein Begleiter bei seinem jetzigen Zustande keine Vernunft annahm, hatte er sich in den dunkelsten Winkel des Zimmers zurückgezogen, einen kleinen Becher Sect verlangt und war dabei eingeschlafen, oder schien wenigstens bemüht, sich auf alle Weise der Beachtung der Gesellschaft, sowie seines Reisegefährten zu entziehen, der sich soeben in eine vertrauliche Unterhaltung mit seinem alten Kameraden Goldthred aus Abingdon eingelassen hatte.

»Du magst mir niemals wieder glauben, verwegener Michel,« sagte der Krämer, »wenn ich nicht bei Deinem Wiedersehen ebenso froh bin, wie ich nur je beim Anblick des Geldes meiner Kunden war. – Kannst Du einem Freunde bei einer Maskerade, oder sonst einer Lustbarkeit zu einem Plätzchen verhelfen? oder wenn Se. Herrlichkeit sich in dieser Gegend aufhält und einen Kragen, oder dergleichen braucht, ihm in's Ohr flüstern: Da ist mein alter Freund, der junge Lorenz Goldthred zu Abingdon, der führt gute Waaren, als da sind: steife Leinwand, Floret, Cambrik und dergleichen, – auch ist er dabei ein so allerliebstes Kerlchen, wie nur je in Berkshire eins angetroffen wurde, und wird Ew. Herrlichkeit so gut bedienen, wie nur irgend ein Mann seines Gewerbes. Auch kannst Du sagen –«

»Ja, noch hundert solcher verdammten Lügen mehr könnte ich sagen, Herr Ellenreiter,« fiel Lambourne ein. »Und warum auch nicht? für einen guten Freund darf es auf ein gutes Wort nicht ankommen.«

»Auf Deine Gesundheit, Michel, von ganzem Herzen,« sagte der Krämer. »Jetzt wirst Du auch mit den neuen Moden bekannt sein. Eben noch war so ein Schuft von Hausirer da, der behauptete steif und fest, die alten spanischen Beinkleider verdienten den Vorzug vor den gascogner Strumpfhosen. Nun siehst Du aber, wie gut die französischen, mit den vielfarbigen Strumpfbändern und Garnituren, Bein und Knie hervorheben.«

»Vortrefflich, vortrefflich,« versetzte Lambourne. »Deine dünnen Beine gucken unter dem Bündel von Steifleinwand und Seidenzeug hervor, wie der Spinnrocken eines alten Weibes, wenn der Flachs halb abgesponnen ist.«

»Sagte ich's nicht?« rief der Krämer, in dessen leerem Kopfe sich jetzt auch der Uebermuth zu regen begann. »Wo ist denn der Teufelskerl von Hausirer hingekommen? – Eben noch war er hier. Herr Wirth, wo zum Teufel ist dieser Hausirer?«

»Wo alle kluge Leute sein sollten, Herr Goldthred,« versetzte Giles Gosling, »er hat sich auf seinem Zimmer eingeschlossen, überzählt seine heutige Einnahme und bereitet sich vor, daß er morgen wieder guten Zuspruch hat.«

»Zum Teufel mit dem Bauerlümmel!« rief der Krämer; »mein Seel', es wäre eine gute That, ihm seine Waaren abzujagen. Die Gauner streichen durch das ganze Land, und sehen zu, wie sie einem ansässigen Handelsmann Abbruch thun können. Es gibt in Berkshire noch Leute auf dem Platz, Herr Wirth – vielleicht wird Euer Hausirer bei Maiden Castle noch seinen Mann finden.«

»Ja,« versetzte der Wirth lachend. »Wer's mit ihm aufnehmen will, wird genug zu thun bekommen – der Hausirer ist ein starker Mann.«

»Wirklich?« sagte Goldthred.

»Ja wirklich,« versetzte der Wirth. »Er ist gerade so Einer wie der, welcher den Robin Hood durchbläute, wie es in dem alten Liede heißt:

Das Schwert sogleich zog Robin Hood,
Den Stab der Krämer schwang,
Und setzt' ihm zu mit solchem Muth,
Daß ihm ward angst und bang.«

»Zum Henker mit dem verdammten Kerl!« rief der Krämer. »Wenn er ein solcher Mann ist, so möchte freilich wenig bei ihm zu holen sein. – Und nun sage mir, Michel – mein ehrlicher Michel, wie trägt sich die holländische Leinwand, die Du mir abgewonnen hast?«

»Nun, sehr gut, wie Du siehst, Goldthred,« antwortete Michel; »ich will noch eine Flasche in den Kauf geben. – Fülle die Flasche, Kellner!«

»Du wirst, denke ich, keine Leinwand mehr bei einer solchen Wette gewinnen, Freund Michel,« sagte der Krämer; »denn der mürrische Kerl da drüben, der Tony Foster, schimpft gewaltig auf Dich und sagt, Du sollest ihm nie wieder über die Thürschwelle kommen, weil Du so arg fluchest, daß das Dach über einem ehrlichen Christenmenschen einfallen möchte.«

»Sagt er das, der elende, heuchlerische Geizhals?« rief Lambourne. »Dafür soll er noch diesen Abend hieher kommen, und unter meines Oheims Dach meine Befehle empfangen! Ich will ihm einen Sanctus läuten, daß er glauben soll, der Teufel habe ihn schon beim Kragen, wenn er mich nur reden hört.«

»Wahrhaftig, ich glaube, jetzt spuckt es etwas zu sehr in Deinem Kopfe!« rief der Krämer. »Tony Foster soll nach Deiner Pfeife tanzen! – Ach, guter Michel, geh' und lege Dich schlafen!«

»Ich will Dir Etwas sagen, Du schmalbackiger Wicht!« sagte Michael Lambourne zornig: »ich setze fünfzig Engelsthaler gegen die ersten fünf Schubkästen in Deinem Laden mit Allem, was darin ist, wohlverstanden von hintenher gezählt, daß, ehe wir noch dreimal unsere Flaschen geleert haben, Tony Foster in diesem Hause sein wird.«

»Ich halte keine so hohe Wette,« versetzte der Krämer, durch dieses Anerbieten etwas nüchterner geworden, welches bei Lambourne eine allzugenaue Bekanntschaft mit den Geheimnissen seines Ladens verrieth; »nein, ich halte keine solche Wette; doch ich setze fünf Engelsthaler gegen Deine fünf, daß Tony Foster nach der Betstunde seine Wohnung nicht mehr verläßt, um Dir oder sonst Jemand zu Liebe in's Wirthshaus zu kommen.«

»Es gilt!« rief Lambourne; »hier, Onkel, nehmt die Einsätze in Empfang und laßt einen von Euren Schenkjungen dort sogleich nach Cumnor Place gehen, diesen Brief an Herrn Foster abgeben und ihm sagen, daß ich, sein Busenfreund Michael Lambourne, hier auf meines Onkels Schlosse in wichtigen Angelegenheiten mit ihm zu reden habe. – Fort mit Dir, Junge, die Sonne ist beinahe untergegangen, und der Geizhals geht mit den Hühnern zu Bette, um Hammelstalg zu sparen. – Pfui!«

Der Bote kam bald nach seiner Absendung, welcher Zeitraum mit Trinken und Lärmen ausgefüllt wurde, mit der Antwort zurück, daß Herr Foster sogleich erscheinen werde.

»Gewonnen! gewonnen!« rief Lambourne, indem er nach dem Einsatz griff.

»Mit Erlaubniß, nicht eher, als bis er da ist,« sagte der Krämer dazwischentretend.

»Ei zum Henker, er ist ja schon auf der Schwelle,« versetzte Michael. – »Was sagte er, Bursche?«

»Ew. Gnaden zu dienen,« antwortete der Bote, »er guckte mit einer Muskete in der Hand aus dem Fenster, und als ich mit Furcht und Zittern Eure Botschaft ausrichtete, sagte er mit essigsaurem Gesichte, Ew. Gnaden möchten zu den unterirdischen Regionen abfahren.«

»Oder vielmehr zur Hölle, hat er vermuthlich gesagt,« fiel Lambourne ein; – »dorthin sendet er Alle, die nicht zu seiner Brüderschaft gehören.«

»Ganz richtig,« sagte der Knabe, »ich brauchte den andern Ausdruck, weil er poetischer ist.«

»Ein talentvoller Jüngling!« versetzte Michel; »Du sollst einen guten Trunk darauf thun, um Deine poetische Gurgel damit zu schmieren. – Und was sagte Foster weiter?«

»Er rief mich zurück,« fuhr der Bursche fort, »und befahl mir, Euch zu sagen, Ihr möchtet zu ihm kommen, wenn Ihr ihm Etwas zu sagen hättet.«

»Und was weiter?« fragte Lambourne.

»Er las den Brief, schien etwas unwillig zu werden und fragte, ob Ew. Gnaden etwas zu viel getrunken hätten, und ich sagte ihm, Ihr sprechet ein wenig spanisch, wie Einer der auf den canarischen Inseln gewesen sei.«

»Du kleiner Spitzbube! Du Ableger einer übergroßen Rechnung!« erwiderte Lambourne – »und was sagte er weiter?«

»Nun, er murmelte, wenn er nicht käme, könnten Ew. Gnaden Etwas ausschwatzen, was besser geheim gehalten werde, und so nahm er seine alte flache Mütze, legte seinen abgeschabten blauen Mantel um, und wird wie gesagt im Augenblick hier sein.«

»Er that nicht so ganz unrecht,« sagte Lambourne, als ob er mit sich selber rede – »mein Gehirn hat mir da wieder einen dummen Streich gespielt; aber Muth gefaßt – laßt ihn nur kommen, ich habe mich darum nicht so lange in der Welt herumgetrieben, um mich vor Tony Foster zu fürchten, ich mag nun betrunken oder nüchtern sein. – Bringt mir eine Flasche kaltes Wasser, um meinen Sect damit zu taufen.«

Während Lambourne, den Fosters Annäherung zum Bewußtsein seines eigenen Zustandes zurückgerufen hatte, sich auf seinen Empfang vorzubereiten beschäftigt war, schlich sich Giles Gosling fort, und begab sich auf das Zimmer des Hausirers, den er in großer Aufregung im Zimmer auf- und abgehend fand.

»Ihr entferntet Euch ja so plötzlich von der Gesellschaft,« sagte der Wirth zu dem Gaste.

»Es war Zeit, da der Teufel unter Euch trat,« entgegnete der Hausirer.

»Es ist nicht höflich von Euch, meinen Neffen so zu nennen,« sagte Gosling, »und doch kann Michel gewissermaßen als ein Stück vom Satan betrachtet werden.«

»Pah! ich rede nicht von jenem großprahlerischen Schurken,« entgegnete der Hausirer, »sondern von dem Andern, der, so viel ich weiß – aber wann gehen sie? oder warum kommen sie?«

»Nun, das sind Fragen, die ich nicht beantworten kann,« versetzte der Wirth; »aber seht, mein Herr, Ihr habt mir da ein Zeichen von dem würdigen Herrn Tressilian gebracht – es ist ein hübscher Stein.« – Mit diesen Worten zog er einen Ring hervor, betrachtete ihn und setzte hinzu, indem er ihn wieder in seine Börse steckte, es sei eine zu große Erkenntlichkeit für das, was er für den würdigen Geber thun könne. Es gezieme ihm als dem Eigenthümer eines öffentlichen Gasthofes nicht, anderer Leute Geheimnissen nachzuspüren; er habe bereits gesagt, daß er nichts weiter erfahren könne, als daß die Dame noch in Cumnor Place in der strengsten Abgeschiedenheit lebe, und daß sie nach der Aussage einiger Leute, die sie zufällig gesehen, nachdenkend und mit ihrer Einsamkeit unzufrieden scheine. »Jetzt aber,« sagte er, »bietet sich die günstigste Gelegenheit dar, wenn Ihr die Neugierde Eures Herrn befriedigen wollt. Tony Foster ist hiehergekommen, und Michel Lambourne darf nur noch eine Weinflasche riechen, und selbst der Befehl der Königin würde ihn nicht hinter dem Tische wegtreiben. So werden sie wohl eine Stunde oder länger dableiben – wenn Ihr nun Euren Pack umthun wollt, so wird das Eure beste Entschuldigung sein, den alten Diener zu bewegen, Euch während der Abwesenheit seines Herrn einzulassen und einen kleinen Handel mit der Dame zu machen und mehr von ihrer Lage zu erfahren, als ich, oder irgend sonst Jemand Euch sagen kann.«

»Wahr, sehr wahr,« antwortete Wayland, denn er war es; »ein trefflicher Plan, aber etwas gefährlich; denn was sollte ich anfangen, wenn Foster zurückkehrte?«

»Das ist freilich sehr leicht möglich,« versetzte der Wirth.

»Oder,« fuhr Wayland fort, »wenn die Dame meine Bemühung kalt zurückwiese?«

»Auch das ist nicht unwahrscheinlich,« versetzte Giles Gosling. »Es wundert mich überdies, daß Herr Tressilian so besorgt um sie ist, da sie sich nicht um ihn kümmert.«

»In beiden Fällen käme ich schlimm weg,« sagte Wayland, »und daher finde ich, beim Lichte betrachtet, keinen großen Geschmack an Eurem Rathe.«

»Aber bedenkt, mein guter Herr Dienstmann,« versetzte der Wirth, »daß dies Eures Herrn Sache und nicht die meinige ist. Ihr kennt am Besten die Gefahr, der Ihr Euch aussetzt, oder inwieweit Ihr es mit ihr aufnehmen wollt; doch könnt Ihr nicht verlangen, daß Andere Etwas wagen sollen, was Euch selbst zu schwierig erscheint.«

»Halt, halt!« sagte Wayland, »sagt mir nur noch eins: geht jener alte Mann mit nach Cumnor?«

»Das glaube ich allerdings,« antwortete der Wirth; »der Diener, den sie bei sich haben, sagte mir, er solle ihre Sachen dorthin schaffen; doch der Bierkrug hat auf ihn ebenso mächtig gewirkt, wie auf Michel die Sectflasche.«

»Genug!« sagte Wayland, indem er eine entschlossene Miene annahm; »ich will die Pläne jenes alten Schurken durchkreuzen – mein Schrecken bei seinem furchtbaren Anblicke beginnt nachzulassen und mein Haß gewinnt die Oberhand. Helft mir meinen Pack aufnehmen, guter Wirth. – Und sieh' Dich vor, alter Albumazar, ein böses Zeichen ist in Deinem Horoscop, es schimmert von dem Sternbilde des großen Bären her.«

Mit diesen Worten nahm er seine Bürde auf und, vom Wirthe durch die Hinterpforte des Schwarzen Bären geführt, wählte er den verstecktesten Weg von dort nach Cumnor Place.



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