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IV. Kapitel.
In Lissabon.

Dr. Cervaes holte Hans-Lothar gegen vier Uhr nachmittags ab und fuhr mit ihm zum Präsidenten des Gerichtshofes, dem die Verhaftete unterstellt worden war. Nachdem die Vorstellung vorüber war, meinte der alte Herr:

»Wir sind ziemlich machtlos, Herr von Weiße. Das Ersuchen zur Festnahme Lady Montaubans kam von Scotland Yard, und nur jene Behörde ist eigentlich berechtigt, den Haftbefehl aufzuheben. Wenn ich also jetzt Ihrem Wunsch, die Dame mit der Haft zu verschonen, stattgebe, überschreite ich eigentlich meine Befugnisse. Angesichts der Bürgschaft und des mir persönlich bekannten Dr. Cervaes und der Sicherheitsleistung Ihrerseits, die ich hiermit mit eintausend Pfund Sterling festsetze, will ich Lady Montauban aus der Haft entlassen. Sie muß sich jedoch täglich beim Polizeipräsidium melden. Im übrigen glaube ich nicht, daß ihre Auslieferung lange auf sich warten lassen wird.«

Er warf einige Zeilen auf ein Formular und händigte dieses an den Anwalt aus. Dann verabschiedeten sie sich vom Gerichtspräsidenten, der liebenswürdig ihre Danksagungen abwehrte. Hans-Lothar drängte es, die Gefangene so bald wie möglich von ihrem unverhofften Schicksalswechsel zu benachrichtigen und sie mit sich ins Hotel zu nehmen. Vorher aber rief er die Schwester an, um dieser vom Erfolg seiner Bemühungen Kenntnis zu geben und auf den bevorstehenden Zuwachs der kleinen Gesellschaft vorzubereiten.

In der Strafanstalt waren die Förmlichkeiten zur Haftentlassung Lady Winifreds bald erledigt. Ein Wärter begleitete die beiden Herren bis zur Zellentür. Besonders Hans-Lothar befand sich in einer so hochfliegenden Stimmung, daß er auf Wolken zu wandeln glaubte. Ihm war wie an einem Weihnachtsabend zumute, dessen Ueberraschungen er als Kind im elterlichen Haus in ähnlichem Hochgefühl entgegengesehen hatte. – Lady Winifred blätterte gerade, als die Riegel fielen, in einer illustrirten Pariser Zeitschrift und wandte auf das Geräusch hin ihre Blicke gelangweilt zur Tür. Als sie Hans-Lothar erkannte, der als Erster die Zelle betreten hatte, während Dr. Cervaes vor der Tür stehen geblieben war, schoß ihr feurige Lohe ins Gesicht – ihre Augen weiteten sich; dann senkte sie verlegen den Kopf. In einer Ecke des Raumes standen unausgepackt die Koffer der Gefangenen, so wie sie sie vom Dampfer hatte hierherbringen lassen. Der elegante Mantel lag nachlässig über das bunt bezogene Bett geworfen. Auf dem schmalen Sims des Fensters, das durch zollstarke Gitter gegen allzu drängende Freiheitsbestrebungen der Insassen dieses Raumes gesichert war, lag der Hut.

Ueber die Verlegenheit des Wiedersehens unter so veränderten Umständen suchte Hans-Lothar die Gefangene zartfühlend hinwegzuleiten:

»Kurz war die Trennung, Mylady, nicht wahr? Ja, vor dem Sesam meiner Beredsamkeit öffnen sich sogar Verließe. Guten Tag, Mylady! Oder wie grüßt man in diesem schönen Land eigentlich die Damen? ›Bom dias‹. Wie geht es Ihnen?«

»H-a-n-s ... Herr von Weiße??!«

Der Ruf klang wie ein Seufzen, von verhaltenem Schluchzen erstickt. Immer noch starrte sie den Besucher an.

»Sie trauen wohl Ihren Augen nicht, wie?« versuchte Hans-Lothar die Rührung der Lady zu dämpfen. Er lachte. »Ja, ich tauche immer und überall dort auf, wo man mich am allerwenigsten erwartet. Der reine Hansdampf in allen Gassen.«

Sie schluckte. Dann rang es sich von ihren Lippen:

»Ich glaubte Sie auf der ›Montana‹, fern von hier.«

»Ich hatte diesen ewigen Anblick des Wassers satt.«

»Sagen Sie mir die Wahrheit, Hans-Lothar.« Diesmal unterdrückte sie den Namen nicht. »Sie sind meinetwegen hiergeblieben!«

»Ach wo. Ich hatte mich schon für das Hierbleiben entschieden, noch ehe die ›Montana‹ hier anlief: Liddy hatte die Seereise ebenfalls über. Sie ist auch hier.«

Wie von einer Schwäche überkommen, sank Winifred auf ihren Stuhl. Ein langes Schweigen folgte. Der Blick, der Hans-Lothar aus den Augen der Gefangenen traf, war ihm höhere Belohnung seines Opfers als Worte es hätten sein können. Endlich meinte er:

»Ein Glück, Mylady, daß Sie noch nicht ausgepackt haben. Da wird Ihr Abschied von diesem Raum nicht lange dauern und Ihnen sicherlich auch nicht schwer fallen. Ihr Kammerdiener,« er zeigte lächelnd auf den Gang hinaus, wo eben die Umrisse des Wärters zu sehen waren, »wird Ihnen das Gepäck zum Wagen bringen, den wir unten warten ließen.«

»Was sprechen Sie da? Ich soll diesen Raum verlassen? Ist das Auslieferungsersuchen von England schon da? Und sie sprachen von »wir«. Ist Liddy mit hier?« Die Fragen Myladys überstürzten sich und verrieten Winifreds Zagen vor jeder Veränderung.

»Ach Unsinn! Auslieferung? Daß ich nicht lache. Erst werden wir Sie zu Liddy ins Hotel bringen. Dort werden Sie sich erholen. Was dann kommt, überlassen wir der Zukunft. Wer die »wir« sind? Nun, meine Wenigkeit und ein ausgezeichneter hiesiger Anwalt, Dr. Cervaes. Er hat Sie mit wenigen Worten von hier losgeeist.«

Immer noch verwirrt, blickte sie ihn an.

»Und wissen Sie, bezw. Liddy, wessen man mich beschuldigt?« fragte sie leise.

»Natürlich wissen wir's und lachten Tränen darüber.«

Sie trat einen Schritt auf ihn zu und stand nun knapp vor ihm.

Wie zögernd streckte sie ihm ihre Rechte hin.

»Sie glauben an meine Schuldlosigkeit, Hans-Lothar?«

»Schuldlosigkeit? Das würde voraussetzen, daß ich Sie überhaupt eines derartigen Verbrechens für fähig hielte. Da dies aber nicht der Fall ist, halte ich das Ganze für einen, wenn auch geschmacklosen Witz.«

Sie senkte ihr Haupt. Langsam und unaufhaltsam begannen nun doch Tränen aus ihren Augen zu perlen. Hans-Lothar nahm allen seinen Mut zusammen. Zögernd streckte er seine Arme aus, sanft zog er die Weinende an sich heran. Wie unbewußt ruhte ihr Kopf auf seiner Schulter. Sanft streichelte er das selbst in dieser von keinem Sonnenstrahl getroffenen Zelle goldigschimmernde Haar. Endlich – es mochten einige Minuten vergangen sein – klang von der Tür her ein Räuspern. Erschreckt richtete sich Winifred auf und trat von Hans-Lothar zurück.

»Komm, Winifred«, forderte er sie auf, »wir wollen gehen. Liddy wird auf uns warten.«

Als er sie mit »du« und ihrem Vornamen ansprach, zuckte sie zusammen. Dann aber reichte sie ihm die Hand.

»Ich danke dir, Hans-Lothar, für das, was du für mich getan hast.«

Gegen sieben Uhr traf die Antwort des Barons ein. Sie beruhigte die Geschwister.

»Werde Eltern erst von Südamerika aufklären. Meine Rückreise England vorläufig unmöglich, jedoch Sir Malcolm Davis, Studienfreund, bereits mit Wahrnehmung Verteidigung Lady Winifreds telegrafisch beauftragt. Berichtet laufend Entwicklung. Grüße an Lady. Viel Glück.

von Lersdorff.«

Abgesehen von der täglichen Meldung bei der Polizei, war Lady Winifred in ihren Bewegungen keinerlei Beschränkungen unterworfen. Mit den Geschwistern verbrachte sie beinahe die ganze Zeit auf Spaziergängen und Ausflügen.

Sie schien sich mit Liddy ausgesprochen zu haben, denn das junge Mädchen ließ die beiden Liebenden so viel wie möglich allein. Sie selbst fühlte sich sehr einsam. Das wenn auch vorläufig noch von Gefahren bedrohte Glück des Bruders, die vielen Stunden, die die Liebenden allein verbrachten, ließen Liddy erkennen, wie sehr ihr der vertraute Freund, von Lersdorff, fehlte. Solange sie mit ihm täglich zusammen gewesen war, betrachtete sie seine Gegenwart als eine, wenn auch hin und wieder sie zum Zorn reizende Selbstverständlichkeit. Sein immer gleichbleibendes Benehmen ihr gegenüber, das zwischen verhaltener Zärtlichkeit und Vormundschaftsgelüsten schwankte, hatte sie, wie sie bisher geglaubt, seiner überdrüssig gemacht. Was sie an jenem ersten Abend im Zorn gesagt, daß sie sich niemals einem mehr als zehn Jahre älterem Manne anvertrauen würde, war ihr unüberlegt entschlüpft. Jetzt aber sehnte sie sich nach dem Abwesenden. Er begann ihr zu fehlen. Sie hatte niemand, den sie tyrannisieren durfte. Wenn er sich nur ein einziges Mal gegen ihre immer und immer wieder versetzten Nadelstiche gewehrt haben würde! Vielleicht hätte ihr das in ihren noch nicht recht erkannten Gefühlen Klarheit geschaffen. So aber, seit den vielen Jahren, die sie ihn kannte, war er immer der vollendete Kavalier geblieben. Als sie vor nunmehr fünf Jahren aus dem Schweizer Pensionat zurückgekehrt und das erstemal nach einigen Jahren der Trennung Baron von Lersdorff wiederbegegnet war, hatte sie mit einem stillen Triumphgefühl seine Ueberraschung, die ihre vollerblühte Schönheit bei ihm ausgelöst hatte, zur Kenntnis genommen. Um ihn zu reizen, hatte sie ihn in ihrem Backfischübermut »Großpapa« und »Onkelchen« genannt. Sie lachte noch jetzt über sein jedesmaliges schmerzliches Zusammenzucken, wenn diese vielleicht zärtlichen, so doch von ihm keineswegs als Schmeicheleien empfundenen Bezeichnungen an sein Ohr schlugen. Dann hatte seine Abberufung auf einen diplomatischen Auslandsposten sie beide wieder auseinandergerissen, ohne daß sich Liddy klar geworden wäre, was jener Mann für sie zu bedeuten begann. Jede erneute Begegnung mit ihm hatte ihren Trotz, mit dem sie sich gegen das aufkeimende Zärtlichkeitsgefühl wehrte, verstärkt. So befand sie sich mit von Lersdorff in einem dauernden, latenten Kriegszustand, der ihr ungeheueren Spaß bereitete, den Baron aber immer von neuem von der Zwecklosigkeit seiner stillen Werbung um ihre Liebe überzeugte. Das war so bis vor kurzem geblieben. Plötzlich hatte der alte Geheimrat den Entschluß gefaßt, seine Kinder in die Welt hinauszuschicken. Die Betrauung von Lersdorffs mit dem Posten eines Gesandten dünkte dem alten Herrn die beste Gelegenheit, seine flüggen Sprößlinge den schützenden Fittichen des erfahrenen Diplomaten anzuvertrauen. Im stillen mochte bei ihm wohl auch der Wunsch maßgebend gewesen sein, die störrische Liddy an den Umgang mit dem Baron zu gewöhnen. Wenn auch von Lersdorff glauben mochte, daß seine Gefühle für Liddy fremden Augen verborgen geblieben waren, so war dies doch nicht der Fall. Im Gegenteil, alle wußten, wie es um sein Herz stand. Auch Liddy war als echte Frau darüber nicht im unklaren. Es bereitete ihr Spaß, ihn, wo immer sie konnte, zu quälen. Die unvorhergesehene Unterbrechung der Südamerikareise läuterte nun endlich auch Liddys Herz. Sie begann sich ihrer Liebe für den Baron klar zu werden und sich nach ihm zu sehnen. Daß er sich außerdem noch als ein so guter Sportsmann erwiesen hatte, den Eltern von dieser Eskapade vorläufig nichts zu verraten, sondern die Verantwortung für den Streich der Geschwister auf seine eigenen Schultern zu nehmen gewillt war, schlug bei Liddy dem Faß den Boden aus. Sie nahm sich vor, beim nächsten Zusammentreffen mit Gerhard von Lersdorff diesem ihren Dank nicht vorzuenthalten.

Winifred hatte die mit Liddy vorgegangene Wandlung wohl bemerkt. Stundenlang saßen oft die beiden Frauen zusammen und schütteten einander ihre Herzen aus. Die Eine hatte im Glück, endlich den Mann gefunden zu haben, den sie wirklich lieben konnte, völlig das über ihr hängende Damoklesschwert vergessen. Aber, so langsam auch die Gesetzesmaschine arbeiten mochte – endlich kam doch der Tag, da sie sich wieder in Erinnerung brachte.

Nach einigen Wochen ungetrübten Glückes traf in Lissabon das Auslieferungsersuchen der englischen Regierung ein. Lady Winifred wurde geladen, vor Gericht zu erscheinen. In Begleitung Hans-Lothars und ihres portugiesischen Anwalts trat sie den schweren Gang an. Aus dem Verlauf des mit ihr angestellten Verhöres ging folgender Sachverhalt hervor:

Am Tag, an dem das Scheidungsurteil in London verkündet worden war, hatte Lord Montauban den Gerichtssaal vor seiner ehemaligen Gattin verlassen. Am Tor des Gerichtsgebäudes war ihm Harry Macdonald begegnet, der Mann, mit dem Lady Winifred den ihr zur Last gelegten Ehebruch begangen haben sollte. Macdonald hatte, wie aus London berichtet wurde, versucht, Lord Montauban anzusprechen, war aber schroff abgewiesen worden. Diese Unhöflichkeit des alten Herrn hatte bei Macdonald solchen Zorn ausgelöst, daß er sich zu Drohungen gegen Lord Montauban hatte hinreißen lassen. Später ließ sich der Schauspieler bei Lord Montauban melden und wurde, sehr zum Erstaunen der Dienerschaft, sofort empfangen. Die Unterredung war kurz gewesen, doch schienen sich die beiden Gegner wieder versöhnt zu haben, denn Lord Montauban begleitete den Besucher bis zur Haustür. Um so erstaunter waren die Diener, als ihnen ihr Herr mitteilte, daß er sich von Macdonald bedroht gefühlt und ihn nur empfangen habe, um ihn auszuhorchen.

Am 23. oder 24. desselben Monats verließ Montauban London, um über seinen Scheidungsprozeß Gras wachsen zu lassen. Er begab sich auf seinen schottischen Landsitz Holscombe. In der Nacht vom 25. zum 26. saß er schreibend in seinem Arbeitszimmer, vor dessen Fenster eine hundertjährige Eiche ihre Aeste ausbreitete. Das Personal sagt aus, daß der Lord seinen Diener gegen elf Uhr die Nacht entlassen habe. Als man mitten in der Nacht das Arbeitszimmer betrat, fand man den Hausherrn tot vor seinem Schreibtisch sitzend auf. Er war von einem auf der Eiche verborgenen Schützen getötet worden. Das Fenster zeigte die Einschußöffnung. Er mußte sofort tot gewesen sein. Der Kammerdiener des Toten, ein gewisser Haley, sagte aus, daß er an jenem Tag beurlaubt gewesen und erst am nächsten Morgen zurückgekehrt sei.

Nachforschungen ergaben, daß in der Mordnacht Lady Winifred in Southampton die »Montana« bestiegen habe, um eine geplante Reise nach Südamerika anzutreten. Die Polizei glaubte an einen Versuch der geschiedenen Gattin, sich für die Zeit des Mordes ein Alibi schaffen zu wollen. Sie erließ einen Haftbefehl sowohl gegen Macdonald, den man für den Mörder hielt, wie auch gegen Lady Montauban, der man die Anstiftung zur Tat in die Schuhe schob. Harry Macdonald war seit der Mordnacht spurlos verschwunden.

Scotland Yard hatte deshalb an die portugiesische Behörde den Antrag auf Verhaftung Lady Montaubans gestellt. Ein Beamter würde die Verhaftete so bald wie möglich abholen. Der portugiesische Richter hielt infolgedessen, mit der bisher gewährten Erleichterung des Verbleibens Lady Winifreds im Hotel, den Haftbefehl aufrecht. Als sie nach dem Verhör an den düsteren Gefängnisgebäuden vorbeigingen, wies die junge Frau auf die starken Mauern des festungsähnlichen Baues.

»Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein Mensch hinter jenen Mauern Monate, ja Jahre seines Lebens verbringen kann. Der Tod wäre einem solchen Dasein vorzuziehen.«

»Denk nicht an diese Möglichkeit, Winifred«, suchte Hans-Lothar sie zu trösten. »Man wird dich freisprechen müssen. Die Beschuldigung ist absurd. Welchen Grund solltest du, die du dich von Montauban freigemacht hattest, haben, ihm Böses zu wünschen.«

»Mag sein, aber ich kann mich gleichwohl nicht der Befürchtung erwehren, daß Macdonalds Verschwinden meine Lage verschlimmert hat. Hier hat man mich menschenfreundlich von einer Zellenhaft verschont. Die englischen Richter, die besonders bei derartigen Verbrechen Strenge walten lassen, werden kaum so rücksichtsvoll sein. Ich scheine von einem schrecklichen Schicksal verfolgt zu werden.«

Hans-Lothar wußte, daß mit der Auslieferung Winifreds die Zeiten vorüber sein würden, wo er mit ihr täglich zusammen sein konnte. Die von der Dienerschaft Montaubans gemachten Aussagen belasteten den Schauspieler aufs schwerste. Der Gedanke lag nahe, daß Macdonald nur auf Anregung Lady Montaubans den Streich gegen den alten Mann geführt hatte. Gewiß, hatte man den Verdächtigen gefunden, so mußte sich schnell genug das Absurde des Verdachts gegen die Frau herausstellen. Solange das aber nicht der Fall war ...?

»Ich habe mich bereits mit einem bekannten englischen Anwalt in Verbindung gesetzt, Winifred, dessen Name mir von Lersdorff genannt worden ist. Er soll der tüchtigste Verteidiger Englands sein. Hast du jemals von Sir Malcolm Davis gehört?«

»Ja, ich weiß, daß man ihn als Leuchte seines Berufs bezeichnet. Ob er angesichts der Sachlage viel für mich wird tun können, ist doch sehr fraglich. Nun, Geliebter, ich werde auch über diese Prüfung hinwegkommen und dann ...«

Sie begleitete ihre Worte mit einem so liebevollen Blick auf ihren Begleiter, daß der Rest des Satzes in einer Flut von Küssen unterging.

Drei Tage später traf mit dem Pariser Expreßzug Oberinspektor Henry Mulligan von Scotland Yard ein, um seine Gefangene abzuholen.

Der Dampfer, der den Beamten und Lady Winifred nach England brachte, führte als Passagiere auch Hans-Lothar von Weiße und dessen Schwester Liddy mit sich. Am Tilbury Dock sahen sie die Freundin in den Gefangenentransportwagen verladen und bald darauf ihren Blicken entschwinden. Schweigend machten sich die Geschwister auf ihren Weg ins Carlton-Hotel, in welchem sie vor ihrer Ankunft eine Suite bestellt hatten. An dem ihrer Ankunft folgenden Tag ließ sich Hans-Lothar bei Sir Malcolm Davis melden, der ihn sofort empfing.


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