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2.

Hier könnte diese Geschichte billig aus sein, denn sie ist Qual genug für einen Menschen, der sie bisher zu ertragen hatte. Aber nunmehr beginnt sie erst.

In einer verwahrlosten Kajüte schaut durchs Bullauge ein Tag, der sich die Bestimmung seines Wetters noch vorbehält. Alle Umrisse verschwimmen. Die Stimmen, die hin und hergehen, sind hart.

»Verflucht, was habt Ihr da aufgelesen? Warum konntet Ihr ihn nicht ersaufen lassen? Was kümmert uns ein Mensch mehr oder weniger?«

»Hast du seine Taschen geleert?«

»Ja. Das ist wohl ein seltsamer Vogel. Er hat keinen aufgeschriebenen Namen.«

»Ballast für uns! An die Behörden können wir ihn nicht abliefern. Nach einem Spitzel sieht er nicht aus. Was macht man da?«

Ueber das Gesicht des breitbrüstigen Ruderers glitt ein Lachen.

»Was da ist, ist kein Mensch, höchstenfalls ein Bündel. Kraft hat er nicht, gesund ist er nicht, Mut hat er nicht, krepieren will er und kann nicht.«

»Zum Teufel! Wir sind doch kein Lazarett!«

»Willst du ihn über Bord gehen lassen?«

Schweigen lastet in der Kajüte, schwer und schwarz. Die beiden Männer, die in dem Halbdunkel kaum kenntlich sind, starren nach dem Daliegenden.

Da schlägt Jan Traberg die Augen auf, als habe er von irgend woher in diesem kritischen Augenblick den Befehl erhalten, zu leben. Als er irgend einen Laut formen will, fallen sie ihm wieder zu.

»Der Kerl lebt also!«

»Das vereinfacht die Sache.«

»Wieso?«

»Wir machen einen Menschen aus ihm, wenn er schon keiner mehr ist. Aber wir lassen den Kerl auf eigene Rechnung fahren. Hahahaha!«

Umständlich hantierte er mit einem Photographenapparat. Nach einer Weile verließen sie breitspurigen Schrittes, wie ihn Schiffer haben, die Kajüte.

Als der Morgen im hellen Silber auf das bleierne Meer rieselte, traten sie wieder ein, steckten ihm allerlei in die Taschen, nahmen ihn auf, legten ihn in ein Boot, das noch ein zweites Ruderpaar hatte, und ließen es mit dem Manne in das ruhige, wenig bewegte Meer.

Dann ging die Schmugglerbark in großer Fahrt mit allen Segeln, um auch den schwächsten Wind zu nützen, davon.


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