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1. Kapitel.
Die Rue Mouffetard zu Paris.

»Wer kauft das dreißigste Bulletin der großen Armee unter dem persönlichen Befehl Seiner Majestät des Kaisers Napoleon, woraus der glorreiche Sieg der Franzosen über die vereinigten Russen und Österreicher bei Austerlitz zu ersehen ist! Hier ist der offizielle Bericht über den ganzen Verlauf der Dreikaiserschlacht. Kostet nur zwei Sou. Zwei Sou für jedermann, das dreißigste Bulletin der großen Armee! Wer wünscht noch ein Exemplar?«

Aus diese Weise boten zwei ziemlich schlecht gekleidete Männer, die man in den Tagen der Revolution »Ausbeller« genannt hätte, die aber unter dem Kaiserreich öffentliche Ausrufer hießen, beim Schein einer rauchenden Fackel mit heiserer Stimme das Bulletin der denkwürdigen Schlacht von Austerlitz an, die die Ära des Kaisertums unter den ruhmverheißenden Auspizien des Sieges, der Gnade und der politischen Größe eröffnete. Der neue Chlodwig hatte soeben seine Schlacht von Tolpiacum gewonnen, und von da an verschwand der Rost, der die Krone Karls des Großen und Ludwigs des Vierzehnten getrübt hatte, unter dem Glanze der goldenen Lorbeeren des jugendlichen Hauptes vom Stamme Napoleon.

Am 4. Dezember 1805, um Mitternacht, war das magische Siegesbulletin von Austerlitz in Paris eingetroffen. Noch am Abend der Schlacht hatte der Kaiser seinen Kabinettskurier Moustache mit demselben und einem Brief an Josephine abgeschickt, und der hatte den Weg, ohne einmal aus dem Bügel zu steigen, in zwei Tagen zurückgelegt. Am Abend des folgenden Tages war das Bulletin an allen Straßenecken und in allen Schauspielhäusern der Hauptstadt unter dem Jubel der freudetrunkenen Menge verlesen worden. Damit aber die vom Mittelpunkt der Hauptstadt entfernten volkreichen Quartiere und Stadtviertel, die keine Theater besaßen, auch ihren Anteil an der allgemeinen Volksfreude haben sollten, hatte der Polizeipräfekt hundert solcher Ausrufer nach den Vorstädten von Paris entsandt, die dort, wie wir gesehen, nachdem sie zuvor ihre Kehlen hinlänglich durch geistige Getränke befeuchtet hatten, ihre Lungen anstrengten, um die Legende dieser denkwürdigen Schlacht, die von dem großen Maler Gérard später sozusagen zum zweiten Male gewonnen wurde, öffentlich zu verkünden und zu verbreiten.

Es war neun Uhr abends. Die Rue Mouffetard, bei Tage eine der belebtesten Straßen der Vorstadt Saint-Marceau, lag still, finster und wie verlassen da, denn die Kälte war gar empfindlich scharf und schneidend geworden. Hin und wieder standen indes doch noch ein paar Läden offen, und da und dort sah man wohl auch einen Branntweinverkäufer oder einen Kastanienhändler vor seiner Bude stehen, deren glühender Rost einem kleinen Zugloch der Hölle glich.

Doch die mit Stentorstimme gebrüllten Zauberworte der Ausrufer ließen die Herzen der älteren Bewohner des Faubourg vor Freude erbeben. Sie glaubten sich wieder in jene glorreichen Zeiten zurückversetzt, da plötzlich überall Lämpchen wie durch Zauber emporflammten, um den Sieg eines der aus dem Boden gestampften republikanischen Heere zu feiern. So erwachte denn auch das ganze Quartier Saint-Marceau, sonst so schmutzig und so arm, aber auch so patriotisch wie schrecklich, bei der Kunde des Sieges von Austerlitz wie ein Mann. Mit einem Male standen alle Fenster, Läden und Türen offen, und die Rue Mouffetard, diese Via Appia der alten Lutetia, sah sich alsbald von einer laut jubelnden Volksmenge überflutet, die die Ausrufer umringte und ihnen die Bulletins, die solch wundervolle Waffentat verkündeten, bis zum letzten vom Druck noch feuchten Stück abkaufte. Nun eilten die begeisterten Menschen aus eigenem Antriebe in die nächsten Spezereiläden und kauften alle möglichen Sorten von Lichten, wie sie sich eben da gerade vorfanden. Die Lichte wurden sogleich in Stücke geschnitten und damit eine Beleuchtung geschaffen, die doppelt schön und erhebend war, da sie nicht auf Befehl veranstaltet wurde. Bald erglänzte auch die ärmste Hütte im Scheine eines solchen Lichtstümpfchens. Und während in den prächtigen Palästen der Reichen durchsichtige Wachskerzen und Lampen aus farbigem Glas das Dunkel der Nacht in blendende Tageshelle verwandelten, schmückten die Bewohner der Vorstädte, die nicht minder eifrig auch ihre Bereitwilligkeit und Freude an den Tag legen wollten, ihre ärmlichen Wohnungen durch diese armselige Beleuchtung, der nächtlichen Sonne des kleinen Handwerkers, und nicht selten auch des Künstlers und Dichters.

Zur gleichen Zeit bildeten sich andere Gruppen, in denen Gelegenheitsredner die Wundermär vorlasen und in ihren Vortrag Betrachtungen einflochten, die den Wert des Inhaltes noch steigerten, bis der ununterbrochene Ruf: » Vive l'Empereur! Vive la grande armée!« die gewaltige Stimme der Volksredner zuletzt übertönte und ihre patriotische Beredsamkeit zum Schweigen brachte.

Wer vermag sich noch mit Stolz und Schmerz jener erhebenden Kundgebungen der öffentlichen Meinung in den ersten Jahren des Kaiserreiches zu erinnern? Zu jener nimmer wiederkehrenden Zeit trat keine trübende Wolke zwischen Thron und Volk, man nahm an dem von Napoleon errungenen Ruhme wie an einem gesetzlichen Erbe teil; die Parteien, die in den Tagen des Zusammenbruchs das Unglück, das die vaterländischen Fahnen betroffen, absichtlich noch erhöhten und mit mörderischem Finger auf die Wunden, die der Feind der Nationalehre geschlagen, hinwiesen, sie wagten damals noch nicht, ihr Haupt zu erheben, wie sie es später taten. Denn damals war Undank und Verrat noch nicht an der Tagesordnung.

Unter den Leuten, die sich in der Rue Mouffetard mit besonderem Eifer dem Ausbruch der kriegerischen Begeisterung hingaben, fiel besonders ein Mann von etwa sechzig Jahren auf, der nach der Art wohlhabender Handwerker gekleidet war, und dessen von tiefen Falten durchzogenes Gesicht von einer Fuchsmütze mit Schweif und einem mächtigen, weißen Bart gleichsam umrahmt war. Dieser Mann, der sich einer unbestrittenen Volksgunst zu erfreuen schien, war gewissermaßen der Zielpunkt aller Fragen seiner Nachbarn.

»Nun, Vater Roblot,« rief ihm einer zu, »wir sollen ja einen tüchtigen Sieg erfochten haben?«

»Na ja, es geht«, versetzte Vater Roblot und richtete den Kopf stolz empor. »Die Österreicher und Russen sind erdrückt – – hab' ich das euch nicht schon vorausgesagt?«

»Doch, 's ist wahr. Ihr habt uns diesen Sieg schon vor wenigstens ,... was will ich denn sagen, 's ist eben schon gar zu lange her, kurz, schon lange vorher verkündigt. Es ist wohl schon ,...«

»Es ist«, fiel ihm der Alte wiederum ins Wort, »weiter nichts, als daß die große Armee ihre Schuldigkeit getan, und zwar auf gründliche Weise, wie sich's gehört, den Jahrestag der Krönung ihres Kaisers gefeiert hat, denn die war ja gerade am zweiten Dezember vor einem Jahr.«

»Richtig, ich entsinne mich wieder«, rief einer dazwischen.

»Ihr müßt euch dessen noch alle erinnern, meine Kinder«, meinte Roblot.

»Das wollen wir meinen, daß wir uns darauf noch besinnen«, warfen mehrere junge Leute zugleich dazwischen. »Als ob man so eine glänzende Feier schon am anderen Tage wieder vergessen könnte.«

»Jesus, mein Gott, wie schön war das«, sagte eine alte Obstfrau, der die heilige Pracht fast die Erinnerung an die Feste des höchsten Wesens und der Göttin der Vernunft und der Freiheit aus dem Gedächtnis verwischt hätte.

»Ich seh's wie heute noch,« fiel ein Handwerksmann ein, »wie der erste Kämmerer des Papstes mit roten Strümpfen auf einem Esel über den Kai der Präfektur ritt.«

»Ja gewiß, das war schön, das war prächtig,« versetzte Roblot, »aber das Schönste bei der ganzen Parade waren weder die Gewänder der Kardinäle noch die prachtvollen Anzüge der Kammerherren und der Diener, die den Wagen des Kaisers umschwärmten, sondern die Deputationen aller Armeekorps, die den kleinen Korporal in Notre-Dame umgaben und zu ihm zu sagen schienen: ›Dir gehören wir im Leben wie im Tod, dein Ruhm ist der unsere, unsere Ehre ist deine Ehre. Fortan bilden Volk, Herr und Kaiser nur eine einzige Person in der heiligen Dreifaltigkeit, von der im Buch des Abbés Chamelle, des Beichtvaters unserer Gemahlin, geschrieben steht.‹«

»Bravo, Dacapo«, rief ein Schalk aus der Menge.

»Von alledem bedurfte es eines Beweises,« fuhr der Vater Roblot fort, »und die Schlacht von Austerlitz hat ihn geliefert. Die Armee hat vor ihrem Kaiser ihre Schuldigkeit getan, habe ich euch gesagt. Nun hat aber auch das Volk seine Schuldigkeit zu tun, indem es seine Freude zeigt und gute Wünsche für ihn ausspricht.«

Bei diesen Worten ertönte ein einstimmiges » Vive l'Empereur« aus der Menge.

» Vive Josephine«, rief die alte Obstfrau, die vor lauter Aufregung eine dicke Freudenträne, die über ihre Wangen rollte, mit der zinnernen Tabaksdose abtrocknete, die sie gerade in der Hand hatte.

»Nun aber, meine Kinder,« meinte Vater Roblot, »wollen wir's für heute dabei sein lassen, denn es ist heute abend nicht bloß recht kalt da auf der Straße, sondern ihr müßt auch jetzt nach Hause gehen und eurer Familie die frohe Botschaft bringen. Morgen ist auch noch ein Tag, und da wollen wir bei einem guten Glas Wein den ruhmreichen Tag, auf den gewiß ein langer Frieden folgen wird, weiter besprechen. Also, gute Nacht für heute, meine Kinder, und auf Wiedersehen.«

Darauf verließ Vater Roblot, der Polybius der Rue Mouffetard, die Gruppe, die sich um ihn gebildet hatte, und zog sich majestätisch in seine niedrige Werkstatt zurück, nachdem er ihren wurmstichigen Laden zuvor von außen fest verschlossen hatte.

Der Vater Roblot war ein Original. Sohn eines ehrsamen Handwerkers und selber Handwerker von Beruf, war er im Alter von zwanzig Jahren in das Regiment Flandern eingetreten und hatte zu Beginn der Revolution die Feldzüge von 1793 und 1794 als Sergeant bei den Grenadieren mitgemacht. Er war bei Jemappes und Valmy dabei gewesen und hatte an der berühmten Kanonade des Vorwerks de la Lune teilgenommen. Roblot wäre auch ohne Zweifel seiner aus Lust und Liebe ergriffenen Soldatenlaufbahn treu geblieben, hätte ihn nicht eine schwere Verwundung genötigt, den Abschied zu nehmen. Dazu hatte er sich schon als Sergeant verheiratet, und seiner Ehe war ein einziges Kind, ein bildhübsches Mädchen, entsprossen, das von dem mittlerweile zum 57. Linienregiment gewordenen Regiment Flandern den schmeichelhaften Beinamen »Granatblüte« ( fleur de grénade) bekommen hatte. Dies war ein weiterer Beweggrund für Roblot, sich zurückzuziehen und für die Erziehung seines geliebten Kindes zu sorgen. Also verließ er den Dienst mit allen Kriegsehren, d. h. mit der Gicht in den Füßen, einem Säbelhieb über das Gesicht und einer Pension von 182 Franken, die ihm sein Leben hindurch ein tägliches Einkommen von zehn Sous sicherte, und kehrte mit Weib und Kind nach Paris zurück, wo er das Handwerk wieder anfing, das er in seiner Jugend erlernt hatte: das eines Klempners und Lampenmachers. Von dem Ertrag seiner Ersparnisse als Unteroffizier und aus dem Erlös eines alten Hauses, das seiner Frau, einer ehemaligen Regimentswäscherin und dicken, blonden Flamländerin mit einer von unzähligen Sommersprossen besäten Haut, als Erbe zugefallen war, eröffnete er eine bescheidene Werkstätte, die infolge des Eifers des alten Soldaten bald zur besuchtesten Klempnerei des ganzen Quartiers und zum ständigen Versammlungslokal der leichtgläubigsten Neuigkeitskrämer des zwölften Arrondissements wurde. Die Jahre hatten die Kriegslust des Alten keineswegs gedämpft, im Gegenteil, sie schienen vielmehr seinem Gedächtnis neue Jugendkraft verliehen zu haben. Der Kopf des Klempners war ein lebendiges Repertorium mehr oder minder interessanter Kriegserinnerungen und Anekdoten, deren Held er zuweilen selbst, unfehlbar aber doch ihr Augenzeuge gewesen war, und die sich alle mittelbar oder unmittelbar an die Feldzüge der Revolution knüpften. Oft schuf seine eigene Einbildungskraft eine übermäßige Vergrößerung zu wahren Tatsachen, häufiger aber würzte er noch die Ereignisse, die er erzählte, mit wunderbaren Zusätzen, auf die er jedoch zuerst selbst hereingefallen war. Man muß dennoch zugeben, daß sein guter Glaube und seine Unbefangenheit in dieser Hinsicht bei seinen Zuhörern nicht den geringsten Zweifel aufkommen ließen.

Madame Roblot, ein schmuckes Weibchen von fünfundvierzig Jahren, war, wie schon gesagt, die würdige Gefährtin des nun zum Handwerksmann gewordenen alten Soldaten. Manchmal konnte es vorkommen, daß der Mann im Eifer seiner fabelhaften Erzählungen sie zum Zeugnis und zur Bestätigung der Wahrheit anrief. Dann nickte die gute Frau gewöhnlich etwas mit dem Kopfe, allein das ungläubige Lächeln, das sie vor dem Erzähler geschickt zu verbergen wußte, diente den furchtbaren Übertreibungen des Lampenfabrikanten zum Gegengewicht und genügte gleichzeitig auch, um das Gewissen der Madame Roblot zu beschwichtigen, die trotz ihrer ehemaligen Eigenschaft als Regimentswäscherin stets auf gute Sitten gehalten hatte und bei allem Mangel an Bildung und Erziehung doch viel Mutterwitz mit wahrer Frömmigkeit vereinte.

Ihre Tochter Therese, genannt Granatblüte, hatte nunmehr das sechzehnte Lebensjahr erreicht. Sie bildete den dritten und wichtigsten Teil dieser Familiendreieinigkeit. Granatblüte war, was wir nicht verschweigen dürfen, trotz ihrer Jugend bereits eine vollendete Schönheit. Ihr schlanker, reizender Wuchs verriet die üppige Entfaltung, die ihre Gestalt offenbaren mußte, wenn sie erst zur ausgebildeten Frau herangewachsen. Ihre Züge von tadelloser Reinheit wurden noch durch den Glanz zweier tiefschwarzer Augen gehoben, die, wenn auch im Verhältnis etwas klein, unter den reichen Wellen des blonden Haares hervorleuchteten. Wunderschön gewölbte Augenbrauen und die herrlichen Formen eines griechischen Näschens verliehen ihrem Gesicht den Ausdruck der Entschlossenheit und der Sanftmut, die ihr Charakter nicht verleugnete. Erwähnen wir noch den Wohlklang der einschmeichelndsten Stimme, die man hören konnte, endlich ein Füßchen, das eine Herzogin beneidet hätte, und Hände, die die Eifersucht einer Kaiserin erregt hätten, so haben wir das vollständige Bild der Granatblüte. Die Gesamtheit, obschon aus den lieblichsten Gegensätzen gebildet, verursachte, daß man sich in Thereses Gesellschaft etwas gedrückt vorkam, besonders dann, wenn sie einem antwortete oder eine Frage an den Besucher richtete. Auch Vater Roblot, der gar stolz auf seine Tochter war, weidete sich gerne ohne Unterlaß an seinem Werke und konnte dann zu ihr sagen: »Du bist schön und gut, mein Kind, und du bist auch begabt, du gibst eine echte Soldatenbraut. Ja, Therese, du kannst nimmermehr die Gattin eines Stubenhockers werden, nachdem du einmal die Ehre hattest, mit mir in dem Regiment Flandern zu dienen, das dich aus der Taufe gehoben. Außer dem Soldatenstand wäre für dich kein Glück und kein Heil in der Welt zu denken.«

Dann ereiferte er sich allmählich und fuhr, in seine überspannten Ideen versunken, fort:

»Die Schönheit, verstehst du, Thereschen, kann sich nur mit dem Mut paaren. Das beweist die Mediceische Venus, deren Statue wir am vergangenen Sonntag im Musée Napoléon gesehen haben. Denn sie hatte, obwohl sie deinen Wuchs nicht besaß, den mageren Gott Mars bloß geheiratet, weil er der Generalissimus der Heiden war. In der Mythologie kannst du die Geschichte seiner Feldzüge nachlesen, frag nur einmal deine Mutter.«

Madame Roblot aber, die den Abbé Chamelle, der in der Tat ihr geistlicher Berater war, hatte sagen hören, daß die heidnischen Gottheiten, der Ansicht des gelehrten Dupuis entgegen, nichts mit den heiligen Schriften des Christentums gemein hätten, warf ihrer Tochter einen Blick zu und blinzelte dabei mit den Augen, als wollte sie sagen: »Dein Vater weiß nicht, was er spricht. Gib dir aber trotzdem den Anschein, als ob du ihm wie den Worten des Evangeliums glaubtest.«

»Aber lieber Vater,« beeilte sich Therese zu entgegnen, »glaubst du denn, daß ein redlicher Mann, selbst wenn er kein Soldat ist, ein Mädchen nicht auch glücklich machen könnte? Deine Vorliebe für den Kriegerstand wird doch kaum so weit gehen, daß du ein angenehmes Los im bürgerlichen Leben für ausgeschlossen hältst?«

»Therese, ich sage dir, du bist die Tochter eines Soldaten, und du wirst auch einen Mann aus dem Militärstande heiraten«, erwiderte Vater Roblot. »Du bist unter der Fahne geboren, du wirst auch bei der Fahne leben, und ich verlange, daß du bei ihr stirbst, wenn einmal deine Zeit abgelaufen. Weiter habe ich dir nichts zu sagen, Mademoiselle Fleur de grénade. Es kommt also nur auf dich an, ob du meine Gebote befolgen willst oder nicht, und es kommt nochmals nur auf dich an, ob du nach deinem eigenen Kopf handeln willst, wie einst die Unteroffiziere des 84. Regiments, die sich gegen die Befehle auflehnten. Aber ich wiederhole es dir zum hundertneunundneunzigstenmal, daß du dir dann meinen Fluch zuziehst.«

»O mein lieber Vater,« rief Therese und sank an seine Brust, indem sie die zärtlichsten Liebkosungen an den alten Soldaten verschwendete, »du weißt ja, daß ich keinen anderen Willen als den deinigen kenne, und daß es mir niemals einfallen wird, mich gegen dich aufzulehnen.«

»Gut, mein braves Kind,« versetzte Roblot innig gerührt, »so ziemt es sich, mit dem Urheber seiner Tage, dem unmittelbaren Oberhaupt, das einem die Natur gegeben, zu reden.«

Dabei griff der wackere Alte nach seiner Brille und seinem Werkzeug und ging, eine alte Melodie aus der Revolutionszeit vor sich hinsummend, wieder froh und munter seiner Arbeit nach.

Dennoch konnte Granatblüte einen Seufzer nicht unterdrücken, denn sie liebte, und der, der in ihrem Herzen thronte, war keineswegs Soldat, noch hatte er überhaupt die Lust, es zu werden. Thereses Liebster war ein junger Porzellanmaler, Julian d'Hervilly, der das Haus des Klempners seit zwei Jahren fleißig besuchte und dank der Sanftmut und Geduld, womit er die zum hundertsten Male wiederholten Kriegserlebnisse des Veteranen von Valmy anhörte, gewissermaßen Tischgenosse der Familie geworden war. Julian gehörte seinem Berufe nach mehr dem Künstler- als dem Handwerkerstande an, und seine Sprache wie sein Benehmen verrieten eine ausgezeichnete Erziehung. Er war kaum zwanzig Jahre alt, allein der Ernst seiner Mienen, der schwermütige Ton seiner Stimme, die Wolken des Kummers, die so oft seine hohe, offene Stirn verfinsterten, gaben deutlich genug zu erkennen, daß das Unglück bereits sein aufrichtiges Herz heimgesucht hatte, und daß unvertilgbare Erinnerungen der Trauer die Freuden und lächelnden Hoffnungen der Jugend in seinem Innern unterdrückten und verdüsterten.

Jeden Abend nach vollbrachter Tagesarbeit kam Julian zu dem alten Soldaten auf Besuch, und während Vater Roblot sich in der Gesellschaft einiger Nachbarn der Erzählung endloser Kriegsabenteuer hingab, flirtete der junge Mann verstohlen mit Therese. Er erzählte ihr, was er tagsüber getan, und erschloß ihr die verborgensten Geheimnisse seiner Seele. Heute abend sagte Julian in Abwesenheit des Vaters Roblot, den man mit lauter Stimme auf der Straße plaudern hörte, ganz leise zu seiner Geliebten:

»Haben Sie heute auch ein wenig an mich gedacht, Therese?«

Das junge Mädchen errötete über diese Frage, und indem es seinem Schatz einen jener durchdringenden Blicke zuwarf, worunter die Frauen so oft die innigsten Gefühle verbergen, erwiderte es:

»Warum sollte ich nicht an Sie gedacht haben, Julian?«

»Warum? Warum? Nun,« wiederholte der Jüngling verlegen, »weil sich Ihre Gedanken ebensowenig wie die meinigen immer im selben Kreise bewegen. Sie haben hier ja so viele Gelegenheit zur Zerstreuung – –«

»Es ist hier in der Tat recht kalt«, fiel ihm das Mädchen etwas höhnisch in die Rede.

»Ich dagegen,« fuhr Julian ruhig fort, ohne diese Unterbrechung zu beachten, »ich habe in meinem Kämmerlein immer Ihr Bild vor meinen Augen, ob ich nun stillschweigend arbeite oder mich gerade meinen Gedanken hingebe. Ich sehe Sie vor mir, ich spreche mit Ihnen, berate mich mit Ihnen und baue tausenderlei Luftschlösser, und in all diesen Glücksträumen erscheinen Sie mir als der Leitstern auf meinem Lebenspfade.«

»Ach du lieber Gott, was für schöne Worte,« lächelte Granatblüte boshaft mit spöttischem Tone, »lesen Sie denn die Romane von Ducray-Duminil, Herr Julian, daß Sie so hochtrabende Worte gebrauchen, wenn Sie mit einem armen Mädchen wie mir sprechen, das das alles gar nicht zu fassen vermag?«

»Ich lese niemals Romane, mein Fräulein. Das, was ich Ihnen im Augenblick sage, ist der wahre Ausdruck meiner Gedanken. Die Zuneigung, die ich für Sie empfinde, ist so innig, sie kommt so aus der Tiefe meines Herzens, daß sie wohl Ausdrücke in meiner Rede verflechten kann, die Sie mir vorwerfen wollen und die Ihre Heiterkeit erregen, obwohl sie nur ganz alltäglich sind. Aber glauben Sie mir, Therese, man entnimmt den Romanen weder die Liebe noch die Art und Weise, sie in Worten auszusprechen. Die Sprache des Herzens ist einfach, offen und frei wie die Wahrheit, und dieser Sprache allein habe ich mich Ihnen gegenüber stets bedient.«

»Ach, sprechen Sie mir nicht von Liebe, Julian. Sie wissen, welch unüberwindliches Hindernis unserer Verbindung im Wege steht. Wozu soll die Liebelei führen,« meinte Therese seufzend, »wenn man sich doch nicht heiraten kann? Sie sollten es nie vergessen, daß mein Vater es in Ihrer Gegenwart mehr als hundertmal ausgesprochen hat, er wolle meine Hand nur einem Manne geben, der dem Militär angehöre, aber zu diesem Stand gehören Sie nicht und werden es auch wohl nicht werden. Als einzige Stütze Ihrer kranken und betagten Mutter hat, wie Sie mir schon vor einem Jahre sagten, Sie das Gesetz als den einzigen Sohn einer Witwe von der Aushebung freigesprochen. Aber unterdessen ist Ihre gute Mutter gestorben – –«

»Witwe und einziger Sohn,« wiederholte Julian in schmerzliche Betrachtung versunken, »wer weiß?« Und dabei schüttelte der junge Mann den Kopf und schlug die Augen nieder. ,...

Therese konnte diesen stummen Ausdruck des Zweifels nicht begreifen und schrieb daher Julians Erregung irgendeiner anderen Ursache zu.

»Und dennoch sind Sie«, fuhr sie fort, »trotz dieses harten Verlustes bei Ihrem Entschluß verharrt, nicht – –« Sie wagte nicht, den angefangenen Satz zu vollenden.

»Ach, Therese,« unterbrach sie Julian leidenschaftlich, »lebte meine Mutter noch, so würde ich Ihnen jetzt schwören, daß ich, möchte auch meine Liebe zu Ihnen noch so stark sein, doch niemals daran gedacht hätte, sie zu verlassen, um in den Krieg zu ziehen. Der Ertrag meiner Arbeit war meiner guten Mutter geweiht, deren einziges Glück darin bestand, mich um sich zu haben. Leider ist sie jetzt nicht mehr. Das Grab hat sich für immer über meiner heiligsten Liebe geschlossen. Jetzt kann ich frei über meine Person verfügen, das ist wahr. Meine Arbeit berechtigt mich zwar schon allein zu der Hoffnung, Sie glücklich machen und Ihr Dasein mit allen Freuden des Lebens umgeben zu können, wenn aber Ihr Vater auf seinem abgeschmackten Vorsatz beharrt, verzeihen Sie mir dies harte Wort, liebe Therese, so bleibt mir keine andere Wahl, um Ihre Hand zu erwerben, als den Soldatenrock anzuziehen, und ich gebe Ihnen die Versicherung, daß ich keinen Augenblick mehr schwanke, meine Zukunft zu zerstören. Ich will meine Abneigung unterdrücken, mit einem Wort, ich will Soldat werden, und ich werde darum doch immer noch glücklich sein, wenn ich durch die Aufopferung meines Geschmackes und meiner Freiheit mir das Weib erringen kann, ohne das ich, wie ich fühle, auf dieser Welt nimmermehr glücklich leben könnte.«

Granatblüte ließ ein paar Augenblicke ihre tränenfeuchten Blicke auf dem Geliebten ruhen, dessen edle Züge von rührender Selbstverleugnung strahlten, während seine Augen mit dem Ausdruck unaussprechlicher Zärtlichkeit auf Therese weilten.

»Wie, Julian,« rief sie endlich mit bebender Stimme, »Sie wollten also wirklich um meinetwillen den Vorteilen Ihrer Lage, Ihren süßen Gewohnheiten, Ihrer Freiheit entsagen? Ach nein, Julian, das kann ich nicht zugeben, daß Sie ein so schweres Opfer bringen. Sagen Sie selbst, könnte ich denn je beruhigt sein, da ich weiß, daß die Lieb... die Freundschaft, die ich Ihnen eingeflößt und«, fügte sie etwas leiser hinzu, »die ich teile, kein besseres Ergebnis gehabt, als Ihre Laufbahn zu unterbrechen und Ihre Neigungen zu zerstören, indem Sie dadurch genötigt wurden, einen Stand zu wählen, den Sie ,... nicht lieben? Nein, Julian, nein und abermals nein, denken Sie fortan nicht mehr an mich, lassen Sie meinen Vater über mein Schicksal verfügen, wie es ihm gutdünkt, und trachten Sie vor allem nicht danach, mich auf Kosten des Gutes zu erwerben, das einem Mann wie Ihnen nächst Gott das teuerste auf der Welt sein muß: seine Freiheit.«

»Wie? Ihnen entsagen, Therese, was verlangen Sie von mir? Glauben Sie denn, es stehe in meiner Macht, dies zu tun? Was für einen Rat geben Sie mir da? Ach, ich sehe jetzt nur zu gut, daß ich allein liebe, meine Gefühle werden von Ihnen nicht erwidert, nicht geteilt.«

»Mein Herr, glauben Sie das immerhin, wenn Sie den Mut dazu haben,« entgegnete das Mädchen und stand lebhaft auf, als wollte es sich einer Erklärung entziehen, die seiner Tugend immer gefährlicher zu werden drohte, »aber hören Sie doch auf, ein Herz zu lästern, das sich dem Ihrigen freiwillig hingibt, ein Herz, dessen Gefühle nur allzu uneigennützig sind.«

So weit waren die jungen Leute in ihren gegenseitigen Erklärungen gekommen, als Vater Roblot, noch immer unter dem Eindruck der Aufregung von der Straße her, mit dem glorreichen Siegesbulletin von Austerlitz in der Hand in die Hinterstube eintrat.

»Allons, Therese,« rief er gleich beim Eintritt, ohne zu bemerken, daß seine Tochter in dem kleinen, von einer Nachtlampe nur spärlich erhelltem Gemach sich ganz allein mit Hervilly befand, »hol uns geschwind gebratene Kastanien, Lyoner, verstehst du, nicht von den schlechten braunen wieder, wie das letztemal, und du, Madame Roblot,« fuhr er, sich nach der Seite seiner Frau wendend, fort, die am Tisch des Ladenstübchens friedlich beim Lampenlicht stickte, »den linken Fuß vor, meine Alte, und schnell in den Keller hinunter, wo du ein paar Flaschen von dem allerliebsten weißen Wein holst, den ich hinter den Fässern verwahrt habe. Wir müssen heute abend zur Feier des Sieges, den Napoleon über die Österreicher, über die Russen und alle Kaiserlichen irgendwelcher Art, die sich auf der Erdoberfläche befinden, erfochten hat, ein kleines Hochzeitsfest begehen. Doch halt, noch einen Augenblick,« fügte der Klempner hinzu, als er sah, daß seine Frau und Tochter sich bereits an ihre Aufträge machten, »ich muß euch erst mal dieses Papier vorlesen, denn vernünftige Geschöpfe sollten doch vorher wissen, worüber sie sich lustig machen ,... Aber sieh da ,... sieh da ,...« rief der alte Soldat plötzlich ganz verwundert, als er endlich den Jüngling gewahrte, der bis dahin in der Dunkelheit des Hinterstübchens verborgen war, »Sie waren also auch hier?« Statt aller Antwort ging Julian auf den Klempner zu und schüttelte ihm herzlich die Hand.

»Ei,« meinte Roblot ein wenig blinzelnd, »ihr habt wohl alle drei hier Verstecken gespielt?«

»Lieber Vater, wir haben Sie mit Ungeduld erwartet«, schnitt Therese alle weiteren Fragen des Alten kurzerhand ab.

»Nun, meine Kinder, da bin ich jetzt. Aber Bomben und Granaten, was ist das?« rief der Veteran abermals aus, indem er alle Taschen durchsuchte, »ich glaube gar, meine Brille ist mir, Gott verzeih's, schon wieder mal desertiert. Auf der Straße waren so viel Leute, die ich nicht kannte, wer weiß? ,... Doch nein, ich muß sie schon finden.« Vater Roblot durchsuchte nochmals alles nach seiner Brille, bis seine Frau und seine Tochter zurückkehrten, und als er seine Frau eintreten sah, wandte er sich barsch an sie und rief voll Zorn: »Madame Roblot, was soll das heißen? Was haben Sie mit meiner Brille gemacht? Sie wissen, daß ich es Ihnen untersagt habe, sie zu benutzen. Geben Sie mir meine Brille auf der Stelle zurück!«

»Lieber Vater,« wandte sich Therese auch diesmal voll Sanftmut an ihn, um ihre Mutter von dem ungerechten Verdacht zu rechtfertigen, »du weißt ja, daß wir deine Brille nie anrühren, sie ist gewiß nicht verloren, und ohne Zweifel findest du sie an dem Platze wieder, wo du sie hingelegt hast.«

»Du hast recht, meine Tochter, ich werde die verteufelte Brille wiederfinden. – Da, Julian,« wandte sich der Klempner an den jungen Mann und reichte ihm das Bulletin, der noch von dem Gespräch mit Granatblüte voller Aufregung war, »lesen Sie uns nach Ihrer Weise mit Wärme vor, und ihr«, sagte er zu seiner Tochter und seiner Frau, die ihre Stickerei wieder aufgenommen hatte, »an eure Plätze. Ruhe und Stille im Glied.«

Die Familie hatte an dem kleinen Tische Platz genommen, auf den Therese den Sack mit Kastanien geleert, Julian näherte sich ein wenig der Lampe und begann, nachdem er mit Therese einen verständnisvollen Blick gewechselt, also den Vortrag des wunderbaren Bulletins:

»Austerlitz, den 12. Frimaire des vierzehnten Jahres der Republik. Als der Kaiser am sechsten Frimaire die Eröffnungen der Generalbevollmächtigten, der Herren von Stadion und Gyulai, empfangen, schlug er vorläufig einen Waffenstillstand vor, um weiteres Blutvergießen zu ersparen, wenn man wirklich die Absicht hätte, zu einer friedlichen Übereinkunft zu gelangen. Allein es war Sr. Majestät ein leichtes, zu bemerken, daß man ganz andere Absichten hegte, und da die Hoffnung des Feindes auf Erfolg nur auf der russischen Armee beruhte, so schloß der Kaiser Napoleon, daß das zweite und dritte Armeekorps sich zu Olmütz befände und diese Unterhandlungen nur eine Kriegslist wären, um seine Wachsamkeit einzuschläfern.«

»Das war in der Tat auch nur eine Finte«, warf Vater Roblot ein, indem er seine Daumen übereinander zu drehen begann.

Julian fuhr fort: »Der Kaiser Napoleon ließ dem Kaiser Alexander eine Zusammenkunft vorschlagen, der seinen ersten Flügeladjutanten, den Fürsten Dolgoruki, an ihn absandte. Dieser Offizier konnte bemerken, daß alles in der Haltung der französischen Armee Furcht atmete. Die Stellung der Feldwachen ließ den Flügeladjutanten eine schon halb besiegte Armee erkennen. Von jetzt an handelte es sich daher nicht mehr darum, diese zu schlagen, sondern sie zu umgehen und gefangen zu nehmen. ›Sie hat bisher nur deswegen soviel geleistet,‹ sagten die Russen, ›weil die Österreicher sich feig benahmen.‹ Man versichert indes, daß einige alte Generale, die schon Feldzüge gegen den Kaiser Napoleon mitgemacht, den versammelten Kriegsrat darauf aufmerksam machten, daß man nicht mit einer solchen Zuversicht gegen eine Armee marschieren dürfe, die in ihren Reihen eine so große Menge alter Soldaten und Offiziere vom höchsten Verdienst zähle. Sie sagten ferner, daß sie Bonaparte auf eine Handvoll Leute herabgebracht und in den schwierigsten Lagen gesehen hätten, wie er durch schnelle und unvorhergesehene Bewegungen den Sieg davongetragen und die stärksten Heere vernichtet hätte.

Am Zehnten erblickte der Kaiser Napoleon von der Höhe seines Biwaks herab mit unbeschreiblicher Freude die russische Armee, die, zwei Kanonenschüsse weit von seinen Vorposten entfernt, eine Flankenbewegung begann, um seinen rechten Flügel zu umgehen. Er sah jetzt, wie weit die Unerfahrenheit der russischen Generale in der Kriegskunst diese tapfere Armee irregeführt hatte, und sagte bei dieser Gelegenheit: ›Vor morgen abend noch gehört diese ganze Armee mir.‹«

»Und der kleine Korporal hatte recht«, rief der Klempner aus. »Fahren Sie fort, Herr Julian.«

»Der Kaiser ließ folgende Proklamation auf den Tagesbefehl setzen. – Soll ich diese Proklamation auch lesen?« fragte der junge Mann.

»Das versteht sich, alles muß gelesen werden«, antwortete Vater Roblot.

»Soldaten!« fuhr Julian mit erhobener Stimme fort, »Die russische Armee steht hier vor euch, um die österreichische Armee von Ulm zu rächen. Es sind dieselben Bataillone, die ihr bei Hollabrunn geschlagen und die ihr seitdem beständig bis hierher verfolgt habt.

Soldaten! Ich werde eure Bewegungen selbst leiten. Ich werde dem Feuer fernbleiben, wenn ihr mit eurer gewohnten Tapferkeit Unordnung und Vernichtung in die feindlichen Reihen tragt. Wenn aber der Sieg nur einen Augenblick auf der Wage stände, so werdet ihr sehen, wie sich euer Kaiser den ersten Schüssen aussetzen wird, denn der Sieg darf uns nicht ausbleiben, zumal an diesem Tage, wo es sich um die Ehre der französischen Infanterie handelt, die für die Ehre der ganzen Nation so wichtig ist.

Niemand wage es, unter dem Vorwand, die Verwundeten beiseite zu schaffen, die Ordnung der Reihen zu stören, und jeder sei ganz von dem Gedanken durchdrungen, daß diese Söldlinge Englands besiegt werden müssen, die von einem so tiefen Hasse gegen Frankreich beseelt sind.

Soldaten! Dieser Sieg macht unserem Feldzug ein Ende, und dann wird der Friede, den ich schließen werde, meines Volkes, eurer und meiner würdig sein. Napoleon.«

»Recht so. Da sehen Sie, wie man mit Soldaten spricht«, rief Vater Roblot begeistert aus. »Sehen Sie, so sprachen auch einst Jourdan und Kellermann in den Tagen der einen und unüberwindlichen Republik mit uns.«

»Unteilbaren wolltest du wohl sagen«, verbesserte Therese lächelnd.

»Unteilbar und unüberwindlich ist ein und dasselbe, mein Fräulein Granatblüte. Du hast also völlig unrecht, deinen Vater zu korrigieren, wenn er spricht. Ich bitte Sie fortzufahren, mein lieber Herr Julian.«

Therese sagte kein Wort weiter, und der junge Mann hub also an: »Am Vorabend der Schlacht wollte der Kaiser zu Fuß und unerkannt alle Biwake besuchen, kaum aber hatte er einige Schritte gemacht, als er schon erkannt wurde. Es wäre ganz und gar unmöglich, die Begeisterung der Truppen beschreiben zu wollen, als sie ihn sahen. Auf Tausenden von Stangen erhoben sich im Augenblick Leuchtfeuer aus Stroh, und 80 000 Mann traten vor und begrüßten ihn durch stürmische Zurufe, die einen, indem sie ihm zum Jahrestag der Krönung Glück wünschten, die anderen, indem sie versicherten, daß die Armee am nächsten Tage dem Kaiser ihren Blumenstrauß überreichen werde. Ein alter Grenadier näherte sich Sr. Majestät und sagte: ›Sire, du wirst nicht nötig haben, dich der Gefahr auszusetzen, ich verspreche es dir im Namen der Grenadiere der Armee, daß du nur mit deinem Blick zu schlagen brauchst, und daß wir dir morgen die Fahnen und die Kanonen der russischen Armee zu Füßen legen werden, um den Jahrestag deiner Krönung zu feiern.‹«

»Bravo!« fiel der Klempner ein.

»Der Kaiser Napoleon«, fuhr Julian fort, »sagte, als er wieder in seine schlichte Biwakhütte trat, die, von seinen Grenadieren aufgeführt, nur aus Stroh errichtet und ohne Dach war: ›Das ist der schönste Abend meines Lebens, es schmerzt mich nur, wenn ich daran denke, daß ich den Verlust so vieler Tapferen zu beklagen habe. Ich fühle an dem Schmerz, den mir der Gedanke verursacht, daß sie wahrhaft meine Kinder sind, und in der Tat, ich mache mir dies Gefühl manchmal zum Vorwurf, denn ich fürchte, daß es mich am Ende zum Kriegführen unfähig macht.‹«

»Bomben und Granaten,« rief da Vater Roblot aus, »der kleine Korporal ist doch gar zu gut. Er sollte aber wissen, daß man keinen Eierkuchen machen kann, ohne die Eier zu zerschlagen.«

»Der Kaiser Napoleon«, fuhr Julian wieder fort, »traf sogleich alle Anordnungen zur Schlacht. Um ein Uhr morgens stieg er zu Pferde, um die Posten zu visitieren, die Lagerfeuer des Feindes zu beobachten und sich von den Feldwachen Bericht darüber geben zu lassen, was sie an den Bewegungen der Russen wahrgenommen hätten. Er erfuhr, daß sie die Nacht über gezecht hatten. Endlich tagte der 11. Frimaire. Strahlend stieg die Sonne am Firmament empor, und dieser Jahrestag der Kaiserkrönung, an dem sich eine der herrlichsten Waffentaten des Jahrhunderts ereignen sollte, war zugleich einer der schönsten Wintertage. Diese Schlacht, von den Soldaten die Dreikaiserschlacht, von anderen wieder der Jahrestag der Krönung und vom Kaiser Napoleon der Tag von Austerlitz genannt, wird auf ewige Zeiten unter den Festen der großen Nation denkwürdig bleiben.«

»Ah, jetzt geht das Donnerwetter los, aufgepaßt, Therese, und du, Madame Roblot«, fiel der Alte dazwischen.

»Als der Kaiser Napoleon an der Front mehrerer Regimenter entlangritt, sagte er: ›Soldaten, dieser Feldzug soll durch einen Donnerschlag beendet werden, der den Stolz unserer Feinde vernichtet!‹«

»Und der Donnerschlag blieb auch nicht aus, und die Schlacht ward gewonnen, meisterhaft gewonnen«, brummte Vater Roblot vor sich hin.

»Alsbald pflanzten die Soldaten ihre Mützen auf die Bajonette, und der Ruf ›Es lebe der Kaiser!‹ gab das eigentliche Zeichen zum Angriff. Einen Augenblick später hörte man Kanonendonner vom äußersten Ende des rechten Flügels her, den die feindliche Vorhut umgangen hatte, allein das unvorhergesehene Zusammenstoßen mit dem Marschall Davoust hielt das weitere Vordringen des Feindes auf, und das Gefecht entwickelte sich.

Prinz Murat setzte sich mit seiner Kavallerie in Bewegung, der linke Flügel unter dem Marschall Lannes marschierte in Regimentern staffelförmig heran wie beim Exerzieren. Auf der ganzen Linie entspann sich ein schreckliches Kanonenfeuer aus zweihundert Schlünden, zweihunderttausend Menschen kehrten die Waffen gegeneinander: es war eine wahre Riesenschlacht. Noch hatte man sich keine Stunde geschlagen, als der ganze linke Flügel des Feindes schon abgeschnitten war, der rechte stand bereits in Austerlitz, dem Hauptquartier der beiden verbündeten Monarchen, und diese ließen auf der Stelle die russische Kaisergarde aufbrechen, um die Verbindung der beiden Flügel wiederherzustellen. Ein Bataillon des 40. Linienregiments ward von der russischen Kavallerie angegriffen und über den Haufen geworfen, aber der Kaiser war ja zur Stelle. Er bemerkte die Bewegung und befahl dem Marschall Bessières, dem rechten Flügel zu Hilfe zu eilen, und bald standen sich die beiden Garden gegenüber. Der Ausgang konnte keinen Augenblick schwanken. Die russische Garde war alsbald in Unordnung gebracht, Kommandant, Geschütze, Fahnen, alles wurde genommen. Das Regiment des Großfürsten Konstantin war vernichtet, er selbst verdankte seine Rettung nur der Schnelligkeit seines Pferdes.«

»Das geht ja ganz famos«, sagte Vater Roblot vor sich hin.

»Von der Höhe von Austerlitz herab sahen die beiden Kaiser den Unfall mit an. Im nämlichen Augenblick rückte das Zentrum unserer Armee unter Marschall Bernadotte vor. Drei Regimenter der Unsrigen hielten einen sehr schönen Reiterangriff aus. Alle Angriffe waren vom Sieg gekrönt. Die Kürassierdivisionen bemächtigten sich der feindlichen Batterien. Um ein Uhr nachmittags war der Sieg entschieden, er hatte nicht einen Augenblick geschwankt. Nicht ein Mann der Reserve war nötig gewesen. Nur auf unserem rechten Flügel dauerte das Kanonenfeuer noch fort. Das abgeschnittene und aus allen seinen Positionen geworfene feindliche Korps wollte in einem tiefen Tale über einen zugefrorenen See entfliehen. In Begleitung von zwanzig Geschützen begab sich der Kaiser Napoleon selbst dahin, und nun begannen die Kanonen die Eisdecke einzuschießen. Und man konnte das gleiche Schauspiel wie zu Abukir sehen, nämlich, wie zwanzigtausend Menschen in dem See ertranken.«

»Ach, heilige Jungfrau«, rief Mutter Roblot und bekreuzte sich.

»Ruhe im Glied«, kommandierte der Gatte ernst.

Julian las weiter: »Zwei Kolonnen Russen, jede aus viertausend Mann bestehend, streckten die Waffen und gaben sich kriegsgefangen. Der ganze Artilleriepark des Feindes war erobert. Die Beute des Tages bestand in vierzig russischen und österreichischen Fahnen, darunter auch die Standarten der kaiserlichen Garde, und einer großen Anzahl Gefangener, ihre genaue Zahl ist noch nicht festgestellt. Mindestens fünfzehntausend Tote ließen die Russen auf dem Schlachtfelde, darunter mehr als zwölf Generale. Obwohl man noch keine Berichte hat, kann man nach ungefährer Berechnung unseren Verlust auf achthundert Tote und fünfzehn- bis sechzehnhundert Verwundete schätzen.«

»Ohne die übrigen zu zählen,« murmelte Vater Roblot, »doch das hat weiter nichts zu sagen.«

»Als der Kaiser am Morgen der Schlacht an dem 28. Linienregiment vorüberritt, in dem viele Rekruten von der unteren Seine dienten, sagte er zu ihnen: ›Ich hoffe, daß die Normannen heute sich auszeichnen werden.‹ Das Regiment hat seine Hoffnungen gerechtfertigt. Napoleon, der die Verhältnisse eines jeden Regiments kennt, hat für jedes auch ein passendes Wort, und solche Worte gelangten und sprachen zu den Herzen derer, an die sie gerichtet waren, und wurden mitten in der Schlacht zu ihrer Losung. So hatte er zum 57. Regiment gesagt: ›Erinnert euch, daß es schon viele Jahre her sind, seit ich eurem Regiment den Beinamen des schrecklichen gegeben habe.‹«

Da sprang Vater Roblot vom Stuhle auf und rief, die Hand nach dem jungen Mann ausgestreckt, in heller Begeisterung aus:

»Das ist die reine Wahrheit. Das 57. Linienregiment, das alte Regiment Flandern, Thereses Taufpatin, mein eigenes Regiment, Herr Julian, hat in Italien den Beinamen des schrecklichen erhalten. Sehen Sie, das kommt daher, daß es eine Zeit gab, wo das Regiment Flandern keine Parlamentäre vorauszuschicken brauchte, wenn es in eine Festung oder Hauptstadt einziehen wollte. Wir machten nicht viel Umstände, wir zeigten uns einfach vor dem Haupttor, ein Korporal trat vor und rief den Belagerten zu: ›Auf, wenn's beliebt!‹ Und alsbald öffneten sich beide Torflügel, und wir zogen in diese Festung, Stadt oder Hauptstadt ganz ruhig ein, das Gewehr im Arm. Fahren Sie fort, Herr Julian.«

»Nicht ein Regiment befindet sich bei der Armee, das nicht Wunder der Tapferkeit verrichtet hätte. Man kann fast sagen, der Tod habe sich vor unseren Gliedern gefürchtet und sei vor ihnen geflohen, um sich in die Reihen der Feinde zu stürzen, nicht ein Korps hat eine rückgängige Bewegung gemacht. Die kaiserliche Garde zu Fuß kam nicht ins Treffen, sie weinte darüber vor Wut. Als sie durchaus verlangte, auch gegen den Feind geführt zu werden, sagte der Kaiser: ›Freut euch, wenn ihr nichts zu tun bekommt, und bleibt ruhig in Reserve. Um so besser, wenn ich euch heute nicht nötig habe.‹ Die französische Reiterei hat ihre Überlegenheit glänzend bewiesen und vollkommen ihre Schuldigkeit getan. ,... Das 57., 43., 14., 6., 40. und das 17. Regiment haben mit den Grenadieren gewetteifert, allein man wagt es nicht, irgendein Korps besonders hervorzuheben, denn das hieße die übrigen beleidigen, da alle das Unmöglichste geleistet haben. Da gab es auch nicht einen Offizier, nicht einen General, nicht einen Soldaten, der nicht entschlossen gewesen wäre, zu siegen oder zu sterben.

Herr von Talleyrand begibt sich nach Nikolsburg, wo alsbald die Friedensunterhandlungen eröffnet werden.

Und nun«, sagte Julian, als er mit dem Bulletin zu Ende war, »folgen noch zwei Dekrete, soll ich die auch lesen?«

»Allerdings,« versetzte Vater Roblot ärgerlich, daß das Bulletin nicht noch länger war, »diese Dekrete dienen zur Abkühlung, lesen Sie nur zu.«

Kaum hatte auch Julian diese Dekrete verlesen, in denen die Pensionen aufgeführt waren, die der Kaiser den Witwen der auf dem Schlachtfelde gebliebenen Generale, Offiziere und Soldaten bewilligte, als seine ausgestreckte Hand der Granatblütes begegnete und beide in einem Druck, so rasch wie der Blitz, sich vereinigten. Obwohl nun Vater Roblot seine Brille nicht auf hatte, so war doch diese verständnisvolle Bewegung dem scharfen Auge des alten Soldaten nicht entgangen, und er rief schließlich, abwechselnd seine Tochter und den Jüngling anblickend, dessen Aufregung ihren Höhepunkt erreicht hatte, aus:

»Bomben und Granaten! Während ich hier rechtsum oder linksum mache, gehen da Erscheinungen vor, die nichts weniger als natürlich sind. – Sie, Herr Julian, sind heute nicht wie sonst, und du, Fräulein Granatblüte, hast in meiner Abwesenheit geweint. Was soll das heißen?« schloß er und warf seiner Frau einen fragenden Blick zu.

»Das heißt,« erwiderte Thereses Mutter ganz ahnungslos, da sie nicht wußte, woher auf einmal der Ärger ihres Mannes kam, »das heißt, daß du dich ereiferst ,... dich ohne Grund ereiferst ,...«

»Wenn ich mich ereifere, so habe ich jedesmal meinen Grund dazu«, rief der Klempner voll Zorn.

»Herr Roblot ,... mein Vater«, sagten Julian und Therese zugleich.

»Ta, ta, ta, ta, ich will jetzt nichts von Vater noch von Herrn Roblot hören. Ihr habt beide Augen, rot wie die Krebse, ihr habt beide geweint, also habt ihr wahrscheinlich Liebesgetändel getrieben, während ich euch den Rücken zugekehrt, habt euch Geständnisse gemacht, kurzum, ich sage euch, ihr habt geweint, ich wiederhole es.«

»Ach lieber Vater, die Vorlesung des Bulletins hat mich so sehr gerührt«, stotterte Therese verlegen.

»Und diese vielen Tapferen, die auf dem Felde der Ehre für das Vaterland starben ,...« meinte Julian.

»Pah, das macht anderen weis, still jetzt,« fuhr der Klempner im nämlichen Tone fort, »ihr kennt alle beide meinen unerschütterlichen Willen über den betreffenden Punkt. Was habt ihr zu sagen, wo soll es sonst hinaus, als daß jeder von euch hübsch abgesondert in seine betreffende Kantonierung verwiesen wird?«

Für einen Verliebten waren diese Worte etwas hart. Nie hatte sich vielleicht der alte Soldat noch mit so viel Härte und Bestimmtheit ausgesprochen. Doch Julian war besorgt, die Schuld an der rauhen Zurechtweisung Thereses zu tragen, und so entschloß er sich, endlich zu reden, was ihm indes eine große Anstrengung kostete:

»Herr Roblot, zürnen Sie Fräulein Therese nicht, denn ich allein bin der Schuldige. Sparen Sie daher Ihre Vorwürfe für mich. Sie wissen, daß ich Ihre Tochter liebe, werden Sie denn nie aufhören, sich der Verbindung zweier Wesen zu widersetzen, die Sie beide achten und gleichfalls aufrichtig lieben?«

»Herr Julian, Sie sind ein braver und ehrenwerter junger Mann, das weiß ich recht gut. Sie sind ordnungsliebend, sparsam und ein fleißiger Arbeiter, mit einem Wort, ich erkenne und schätze an Ihnen alle die Eigenschaften, die die Gesetze erfordern und einen ausgezeichneten Familienvater machen. Es sind schon zwei Jahre her, daß Sie mein Haus besuchen, und schon damals, als Ihre gute Mutter noch lebte, deren Seele Gott in Gnaden gedenken möge« – hier machte Frau Roblot das Zeichen des Kreuzes – »haben Sie mir gleich beim ersten Anblick rückhaltloses Vertrauen und Freundschaft eingeflößt, und dies Vertrauen und diese Freundschaft haben mit Ihren Besuchen nur zugenommen. Außerdem habe ich Ihnen nicht nur alle Höflichkeit erwiesen, sondern auch den kleinen Zusammenkünften, wie sie mit einem hübschen Mädchen wie Granatblüte schon erlaubt sind, kein Hindernis in den Weg gelegt, da ich auf Thereses Klugheit und auf Ihre Ehrenhaftigkeit rechnete.«

»Und darin hatten Sie recht, Herr Roblot«, richtete sich Julian voll Würde empor.

»Unterbrechen Sie mich nicht,« fuhr der Klempner fort, »ich habe also, wie ich Ihnen eben sagte, nie daran gedacht, Ihre gegenseitigen Gefühle zu bekämpfen, und wenn Madame Roblot, die sich stellte, als merke sie von alledem nichts, der aber in Wirklichkeit nichts entgeht, mir die kleinen Liebesplaudereien erzählte, die Sie abends mit Therese führten, so antwortete ich ruhig: ›Frau, wir müssen uns stellen, als merkten wir von dem Manöver gar nichts. Bei einem anderen als Herrn Julian wäre es vielleicht nicht ohne Gefahr, aber von diesem jungen Mann hat Therese nichts zu fürchten, denn er wird die Gesetze der Gastfreundschaft nicht verletzen. Er wird von uns wie ein Sohn behandelt, es kann ihm daher wohl nicht in den Sinn kommen, wie ein Schuft zu handeln. Mag er auch etwas verliebt sein, das Gebot der Ehre wird doch stärker als seine Liebe sein, und Granatblüte braucht keiner Falle auszuweichen.‹ Madame Roblot schüttelte wohl den Kopf und erwiderte mir, man solle die Kinder nicht am Feuer mit der Waffe spielen lassen. Doch ich beruhigte sie und ließ euch eures Weges gehen. Denn sehen Sie, Herr Julian, solange Ihre Mutter lebte, die, wie ich glaube, eine ehemalige oder wenigstens eine echte Aristokratin, aber trotzdem keineswegs stolz war, hätte ich mir ein Gewissen daraus gemacht, das fünfschühige Klarinett auf den Rücken zu nehmen. Sie waren die Stütze und der Trost ihres Alters, es war daher auch ganz natürlich, daß Sie fest und unwandelbar bei Ihrer Fahne ausharrten, um darüber zu wachen, daß sie ihre gehörige Ration bekam, und einst, wenn ihr Stündlein gekommen, ihr die Augen zu schließen. Allein von dem Augenblick an, da sich die gute Dame zur großen Armee versammelte, sagte ich mir: ›Herr Julian kennt den Tagesbefehl in betreff Granatblütes, er weiß, daß ich bei der Asche meines Glühofens geschworen habe, Therese solle niemals einen anderen als einen Kriegsmann zum Gatten bekommen. Wird er, wie es scheint, ganz von Liebe eingenommen, so wird er auch nicht zaudern, nach meinem Wunsch zu handeln. Er wird seinen Freipaß vom Dienst in Stücke zerreißen und als ein echter Franzose in die Reihen unserer unüberwindlichen Armee treten.‹«

»Wenn ich aber, Herr Roblot,« warf Julian ein, »wenn ich aber –«

»Noch einen Augenblick,« unterbrach ihn Vater Roblot wieder, »ich bin mit meiner Erzählung noch nicht ganz zu Ende. Trotzdem setzen Sie und Therese unter meiner Nase, unter meinem Bart fort, und namentlich Sie, Herr Julian, hielten sich die Füße warm und kümmerten sich so wenig um meinen Willen, als ob ich ein tauber und blinder Invalide wäre. Aber halt ein bißchen, sagt man im gewöhnlichen Leben, das darf nimmer länger so fortgehen, und weil sich nun endlich einmal die Gelegenheit dazu bietet, es Ihnen zu sagen, so freut es mich, Sie gleich beim Schopf ergriffen und Ihnen mein Glaubensbekenntnis offen vorgebetet zu haben.«

Während dieser langen Standrede hatte Frau Roblot ruhig weitergestrickt. Granatblüte dagegen hatte mit niedergeschlagenen Augen ihre Nadel mit einer fast fieberhaften Schnelligkeit gehandhabt. Julian wartete mit glühender Stirn voll Ungeduld auf das Ende der Rede des Klempners, um ihm zu antworten, doch Therese ließ ihm dazu keine Zeit.

»Mein Vater,« begann sie, »ich kann Ihnen, ohne die Achtung, die eine Tochter dem Schöpfer ihrer Tage schuldig ist, im geringsten zu verletzen, nicht verhehlen, daß Sie ungerecht gegen Herrn Julian sind. Noch ist keine Stunde vergangen, als er kaum einen Augenblick vor Ihrem Eintreten hier auf derselben Stelle, wo er auch jetzt noch sitzt, mir seinen freiwilligen Entschluß anvertraute, daß er Soldat werden wolle, um dadurch meine Hand zu erringen. Aber ich war es, die sich diesem Vorhaben widersetzte, die ihn sogar im Namen der Zuneigung, die ich für ihn empfinde, aufforderte, lieber mir als seinem Stande und seiner Freiheit zu entsagen.«

»Ist das wahr?« fragte der Veteran.

»Gewiß, Herr Roblot, das, was Fräulein Therese sagt, ist die reine Wahrheit. Ich hatte bisher immer gehofft, es möge mir gelingen, Ihre Absicht zu ändern und Sie umzustimmen und Ihnen zu beweisen, daß das ruhige, stille und arbeitsame Leben eines Künstlers Ihrer Tochter und mir viel mehr Quellen des Glückes darbiete als die abenteuerliche Laufbahn eines Soldaten. Was Sie mir aber vorhin sagten, bestätigt mir nur, daß Sie auf Ihrem Plan hartnäckig verharren. So habe ich weiter nichts mehr dagegen einzuwenden, ich werde Soldat und bitte Sie nur um eins, nämlich um Ihr Wort, daß Ihre Fräulein Tochter niemals einem anderen angehöre als mir.«

»Ob ich Ihnen das verspreche? Bomben und Granaten,« rief der Klempner voll Begeisterung aus, »ganz gewiß verspreche ich Ihnen das offiziell und unabänderlich. Das heiße ich einmal sprechen, junger Mann, wie es sich einem Franzosen geziemt. Jetzt, da die Sache abgemacht ist, reichen Sie ihr die Hand. Therese wird Ihre rechtmäßige Frau bei Ihrem ersten halbjährigen Urlaub. – Nun lassen Sie sich aber noch etwas sagen: Wenn es nicht Ihre Gefälligkeit mißbrauchen heißt, so wollen Sie mir bitte nochmals das Bulletin vorlesen, ich müßte mich sehr wundern, wenn diese Lektüre nicht dazu beiträgt, Sie in Ihrem guten Vorsatz zu bestärken. Nachher wollen wir dafür zusammen zu Nacht essen. Und du, Madame Roblot,« wandte er sich heiter an seine Frau, »laß mir die Suppe nicht anbrennen und gib auf die Hammelkeule acht, die am Spieß steckt.«

Wohl oder übel machte sich Julian daran, mit fast heiserer Stimme das zauberhafte Bulletin unter der Begleitung von Vater Roblots fortwährenden entzückten Ausrufen noch einmal vorzulesen. Darauf deckte Therese den Tisch, und die Familie setzte sich alsdann zur Tafel. Als man beim Nachtisch war, der aus Nüssen und gebratenen Kastanien bestand, und von dem Klempner manches Glas auf das Wohl des Kaisers, der Großen Armee und des 57. Linienregiments geleert war, sagte der alte Soldat wohlwollend zu Julian:

»Nun aber, mein künftiger Schwiegersohn, da unsere Sache abgemacht ist, müssen wir auch mit Ernst daran denken, sie auszuführen und uns beraten; welche Waffe gedenken Sie zu wählen?«

»Was wollen Sie damit sagen, Vater Roblot?« fragte Julian, der nun auch anfing, den wackeren Alten vertraulich zu behandeln.

»Ich meine damit, daß alle denkbaren Armeen aus vier Waffengattungen bestehen, nämlich aus Infanterie, Kavallerie, Artillerie und Pionieren. Welcher von diesen geben Sie den Vorzug? Wählen Sie, das kostet Sie nichts. Ich will nur noch bemerken, daß es auch noch eine fünfte Waffengattung gibt, die, wenn sie auch teilweise der Kavallerie, Artillerie und dem Geniekorps zugleich angehört, doch für sich allein ist, es ist die der Husaren mit den vier Rädern, sonst auch der Train oder das Kriegsfuhrwesen genannt. Diese Waffengattung bilden in der Armee indes nur die Hasenfüße, die Nachzügler, die Kornwucherer, die Zahlmeister, die Lieferanten, die Schneider, die Diebe, die Unterhändler und anderes Gelichter mehr.«

»Die Aufzählung ist vollständig, Vater Roblot,« antwortete Julian lächelnd, »und ich gestehe, daß ich, mit Ausnahme der Waffe der Husaren mit den vier Rädern, wie Sie die zu nennen pflegen, gleich viel Neigung für die eine wie die andere besitze und es Ihnen überlasse, für mich eine Wahl zu treffen.«

»Aber zum Teufel, wie kommen Sie denn auf den Gedanken, mir die Entscheidung überlassen zu wollen? Wie kann denn ich das? Bin ich denn in Ihrem Innern, um Ihre Neigung zu kennen? Sprechen Sie, treffen Sie Ihre Wahl selbst.«

»Nun wohlan, ich denke, daß die Artillerie und noch mehr das Geniewesen spezielle Kenntnisse erfordern, die ich nicht besitze und die ich mir auch wohl kaum erwerben werde.«

»Die Infanterie ist ›die Königin der Schlachten‹,« fiel ihm der alte Soldat in die Rede, indem er die Bewegung des Anschlagens machte, »und mit Regimentern wie das 57., 48., 84. und 47., die einst die Beinamen das schreckliche, das furchtbare, das unüberwindliche und das höllische führten und noch heute führen, kann man ruhig mit dem Stock in der Hand die Reise um die Welt antreten.«

»Daran zweifle ich nicht, Vater Roblot, aber ich wollte Ihnen im Gegenteil sagen, daß ich für die Infanterie keine so große Vorliebe besitze, es bleibt mir also nur noch die Kavallerie übrig – und ich gedenke Reiter zu werden.«

»Reiter – gut, es sei. Aber bei welchem Regiment? Es gibt gegenwärtig in der französischen Reiterei Husaren, Jäger, Karabiniere, Dragoner und Mamelucken. Wollen Sie am Ende Mameluck werden? Das wäre ja gar nicht so übel, ihre Equipierung ist stattlich, das läßt sich nicht leugnen, allein es hätte doch eine kleine Schwierigkeit für Sie: um in der Schwadron mit den weißen Turbanen und den roten Halbstiefeln Aufnahme zu finden, darf man einerseits das Französische nicht sprechen können und muß andererseits ein geborener Türke sein.«

»Nun, Vater Roblot,« sagte Julian lächelnd, »dann werde ich eben Kürassier.«

»Ah, das läßt sich hören. Kürassiere, sonst auch Eisenfresser genannt. Das sind tüchtige und gutmütige Kerle. Sie geben einen stattlichen Kürassier, junger Mann, Sie haben ganz den Wuchs und die Gestalt für diese Waffe, und ich sage es Ihnen im voraus, daß Sie es weit bringen, wenn Sie immer vorrücken.«

»Vater Roblot, ich fürchte, daß ich es wohl nicht so weit bringen werde, als Sie vielleicht erwarten. Nur aus Liebe zu Therese, nicht aus Liebe zum Ruhm werde ich Soldat. Aber dennoch will ich danach streben, meine Schuldigkeit zu tun, denn Sie haben wohl hoffentlich nichts dagegen, wenn ich so bald als möglich wieder zurückkomme?«

»Oh, was das anlangt, gewiß nichts. Ob Sie als Wachtmeister oder als Marschall oder auch nur als einfacher Kürassier zurückkommen, das ist mir ganz gleich. Ob Sie ein Auge weniger mitbringen, ob ein Arm, ein Bein oder sonst eines Ihrer Glieder beim Appell fehlt, das soll auch kein Hindernis sein. Das Dringendste und Wichtigste dabei ist nur, daß Sie scheiden, Dienste nehmen und so dem Vaterland Ihre Schuld entrichten, wie es eines jeden Franzosen Pflicht ist. Aber nein, eine Stimme in meinem Innern sagt mir, daß Sie unversehrt und heil, vielleicht sogar mit dem Kreuz auf der Brust wiederkehren, um Granatblüte heimzuführen, die Ihnen dann mit Waffen und Gepäck gehören soll. Und dann ist es Ihre Sorge, wie Sie zusammen gute Menage führen, ohne daß weder ich noch Madame Roblot uns in Ihre bürgerliche Marketenderei zu mischen brauchen. Hauptsache ist, zwischen [Baum und Rinde] keine Finger stecken. So sagt der Abbé Chamelle oft zu Madame Roblot.«


Am anderen Tag trat Julian d'Hervilly mit einem Kästchen unter dem Arm um zwei Uhr nachmittags in das Hinterzimmer des Klempners ein. Nachdem er seine leichte Last vorsichtig auf den Tisch niedergesetzt hatte, betrachtete er abwechselnd Frau Roblot und ihre Tochter, die bei seinem Eintreten aufgestanden waren.

»Die Sache ist abgemacht,« rief er, indem er einen Seufzer unterdrückte, »ich bin Soldat.«

»Was, schon, Herr Julian?« rief Granatblüte mit einem unbeschreiblichen Tonfall.

»Sie haben, wie es scheint, keine Zeit verloren, mein künftiger Schwiegersohn«, sagte der Klempner, der mit der Brille in der Hand aus der Werkstatt kam, um den frischgebackenen Krieger willkommen zu heißen.

»Jawohl, Fräulein Therese, schon. Mit wichtigen Entschlüssen darf man nicht zaudern. Es blieb mir nur dieser einzige Weg übrig, um mir Ihren Besitz zu sichern. Wohlan, ich habe ihn auch eingeschlagen. Habe ich es Ihnen denn nicht versprochen? Was ich Ihnen früher so oft verschwiegen gesagt, wiederhole ich Ihnen heute vor Ihren lieben Eltern: ich kann ohne Sie nicht leben und – deshalb scheide ich jetzt von Ihnen.«

»Herr Julian, ich wäre das undankbarste Geschöpf, würde ich je vergessen, was Ihre Aufmerksamkeit für mich vollbracht hat. Julian, ich gebe Ihnen mein heiliges Versprechen, daß ich nimmermehr einem anderen angehören werde als Ihnen allein.«

Bei diesen Worten vermochte Granatblüte kaum die Tränen zurückzuhalten, die sich gewaltsam unter ihren langen goldenen Wimpern hervordrängten und langsam über ihre blühenden Wangen wie durchsichtige Perlen herabrollten. Aber ihr schönes Gesicht erglänzte im Strahlenschein wie das einer Heroine. Zum ersten Male fühlte vielleicht heute das junge Mädchen den Wert seiner Reize, denn es war stolz darauf, dem Mann seiner Liebe eine solche Hingabe dadurch eingeflößt zu haben.

»Umarmt euch jetzt, meine Kinder, ich erlaube es«, sagte Vater Roblot und rieb sich vor Freude die Hände. »Ihr seid für einander geschaffen und werdet auch hoffentlich einst Kinder bekommen, die bald in eure und meine Fußstapfen treten werden. Also vorwärts und den Brautkuß im voraus geholt.«

Das ließ sich Julian nicht zweimal sagen, und errötend hauchte er einen keuschen Kuß auf Thereses Rosenwangen. Es war der erste Kuß, den sie in ihrem Leben empfing. Diese geheimnisvolle Einweihung des Treubundes, den Therese soeben beschworen, ließ Julian wie einen Rekruten erbeben, der zum erstenmal die Kugeln an seinem Ohr vorübersausen hört.

»In welches Regiment sind Sie aufgenommen worden?« fragte der Klempner.

»In das erste Kürassierregiment, das gegenwärtig in Straßburg in Garnison liegt.«

»So, in das erste Kürassierregiment,« wiederholte Vater Roblot, »Bomben und Granaten, das ist ein berühmtes Regiment. Bestand einst aus tüchtigen Soldaten, alles brave, unerschrockene Eisenfresser. Bei Valmy und Jemappes trugen sie dreieckige Hüte, lange Röcke und kurze Zöpfe.«

»Ja, so ist's. Das Regiment trug damals Hüte und gepuderte Haare, das hat man mir auch erzählt. Jetzt haben die Kürassiere Helme und kurzgeschorene Haare«, entgegnete Julian, der keineswegs jetzt von seinem künftigen Schwiegervater einen Vortrag über die Uniformen der Regimenter zu hören wünschte.

»Der Helm taugt zu nichts anderem, als um einen Säbelhieb aufzuhalten, wohlgemerkt nach dem Zopf, der eine natürliche Waffe ist,« fuhr der Klempner unbekümmert fort, »und zum Beweise dessen will ich Ihnen eine Geschichte erzählen, die ich von einem Grenadier der ehemaligen Konsulargarde hörte, der mit in Ägypten war. Dort begleitete er eines Tages in der Wüste eine rekognoszierende Patrouille, als er sich plötzlich einem Löwen gegenübersah, der keine andere Verteidigungswaffe hatte als seinen Schwanz, und der doch mit einem einzigen Hiebe damit den Sergeanten und den Korporal, die die Patrouille führten, entzweihieb. Das war ein Schlag mit einem Schwanz! Respekt. Und was für ein sonderbares Zusammentreffen erst! Was?«

Doch Julian lächelte nur zu Vater Roblots Soldatenwitz, und der fuhr fort:

»Das ist mal sicher, daß der Helm dem Kopf nicht so gut steht wie der dreieckige Hut. Aber man will eben heutzutage überall was Neues haben. Was mich allein noch tröstet, das ist, daß der Kaiser unsere alte Kopfbedeckung beibehalten hat. Und es besteht auch wohl gar keine Gefahr, daß er jemals einen Helm aufsetzen wird. – Aber sagen Sie mir doch, lieber Junge, was Sie in dem Kästchen da Schönes mitgebracht haben?«

»Ach ja, das Kästchen, ich hätte es beinahe ganz vergessen. Es birgt das Wertvollste, was ich auf der Welt besitze. Liebe Therese,« wandte er sich an das Mädchen, »wollen Sie mir versprechen, es in Ihre Verwahrung zu nehmen?«

Granatblüte sah etwas verlegen ihre Eltern an, als bitte sie um deren Einwilligung.

»Nimm nur das Gut an, das dir anvertraut wird, meine Tochter,« sagte der Vater, »du wirst es am Hochzeitstage deinem Gatten unversehrt wieder zurückgeben. Aber, liebster Schwiegersohn, ist es nicht unbescheiden, wenn ich nach dem Inhalt frage?«

»Oh, durchaus nicht, Vater Roblot. Ich will es gleich öffnen und Ihnen den unbedeutenden Inhalt zeigen.«

Der junge Mann trat an den Tisch und entnahm dem Kästchen ein Bündel verstaubter Pergamente. »Sehen Sie, hier sind Dokumente,« sagte Julian und legte sie auf den Tisch, »Dokumente, denen ich nur einen gewissen Wert beilege.«

»Ah, ich verstehe,« fiel ihm der Klempner ins Wort, »das sind sicher Adelspapiere, Gnadenbriefe, Diplome, verbriefte Privilegien, denen die Nationalversammlung ihr Recht angetan hat und die –«

»Vater Roblot,« unterbrach ihn Julian würdevoll, »wenn ich auf die Erhaltung dieser Papiere sehe, so dürfen Sie doch überzeugt sein, daß es nicht aus Eitelkeit noch aus Stolz geschieht. Es sind jetzt fünfzehn Jahre her, daß ich in die Reihen des Volkes getreten bin und es wird mir auch gar nicht einfallen, mich wieder daraus hervorzuheben. Aber mein älterer Bruder, der vom Strudel der Emigration mit fortgerissen wurde – –«

»Wie?« sagte Vater Roblot verwundert, »ich hielt Sie immer für den einzigen Sohn einer Witwe ,...«

»Ja, ich habe noch einen Bruder und auch noch meinen Vater, wenigstens hoffe ich, daß sie beide noch unter den Lebenden weilen«, versetzte Julian traurig. »Und sie werden vielleicht eines Tages auch wiederkehren. Ich für meinen Teil kann auf die Chimären der Geburt, auf dies Steckenpferd des Glückes, verzichten, aber meinem Namen und meiner Familie darf und kann ich nimmermehr entsagen. Ich rufe Sie selbst als Schiedsrichter an: soll ich die Papiere aufbewahren oder vernichten? Urteilen Sie selbst.«

»Allerdings sollen Sie diese behalten,« antwortete Vater Roblot, der trotz seiner revolutionären Vorurteile doch eine gewisse Ehrfurcht vor allem besaß, was sich auf die Familie bezog, »allerdings«, meinte er, »das Königtum des häuslichen Herdes war auch in den Augen der Veteranen stets das erste und heiligste aller Königtümer.«

»Dies Porträt ist das meiner Mutter«, fuhr Julian fort und nahm ein allerliebstes Miniaturbild von Greuze aus dem Kästchen.

»Ach, welch hübsche Gestalt«, rief Madame Roblot entzückt aus.

»Und was für ein bezauberndes Gesicht«, fügte Granatblüte bei.

Der alte Soldat setzte seine Brille auf, um das Porträt genauer zu betrachten. »Ich finde, daß Sie ihr sehr ähnlich sehen«, meinte er.

»Leider ja, wenigstens hat man es mir oft versichert«, seufzte der junge Mann. »Zu der Zeit, wie sie auf dem Bilde ist, war meine Mutter schön, jung und reich. Aber Schönheit, Jugend und Reichtum, das hat sie alles mit einem Male verloren, und es blieb ihr nichts übrig als ihre Tugend. Und diese Tugend, meine Lieben, hat sie, wie Sie alle ja selbst wissen, auch in den Tagen der Prüfungen und des Schicksalswechsels aufrecht erhalten. Das Bild ist mir von allem, was dies Kästchen enthält, das Teuerste und Wertvollste.« Und Julian drückte einen Kuß kindlicher Liebe auf das Porträt.

»Ja, das vermag ich vollkommen zu verstehen«, meinte Therese und schlang ihren Arm um den Nacken ihrer Mutter und schmiegte sich innig an sie.

»Ja, Therese, es ist ein großes Glück, noch eine Mutter zu haben. Wenn es uns aber an der reinen, natürlichen Liebe der Mutter gebricht, dann legt uns Gott bisweilen das reine, keusche Gefühl der Liebe zu einem gleichgesinnten Wesen ins Herz, das uns belebt und tröstet. Diese Liebe, so züchtig wie die der Engel im Himmel droben, begeistert und entflammt uns zu den edelsten Handlungen, zur schrankenlosen Hingabe. Therese, es ist herrlich, ein solches Gefühl zu empfinden, aber es ist doch noch weit schöner, es jemand einzuflößen.«

Granatblüte verstand Julians Worte. Sie ergriff seine Hand und drückte sie zärtlich. »Ich wünschte, es sei mir gegeben, Ihnen wieder in Ihrer schönen Sprache antworten zu können, mein Freund. Allein ein armes Mädchen wie ich, das bloß ein bißchen lesen und schreiben gelernt hat, besitzt nicht die Fähigkeit, seine Gedanken und Gefühle in so feine Worte zu kleiden. Doch ich versichere Ihnen, daß mein Herz des Ihren würdig ist, und daß meine Hingebung für Sie, mag auch kommen, was da will, sich nie und nimmermehr ändern soll.«

Der junge Mann ward durch dies offene Geständnis tief ergriffen. Er machte sich jetzt wieder daran, die Papiere und das Porträt seiner Mutter in das Kästchen zu legen. Da rief ihm der Klempner zu:

»Aber Sie zeigen uns ja nicht alles, Herr Julian. Da liegt doch noch etwas auf dem Boden des Kästchens.«

»Ach, das ist nur von geringer Bedeutung, Vater Roblot, es hat so wenig Wert, daß ich es gar nicht für nötig hielt, Ihnen zu zeigen.«

»Ei, was nicht gar! Wer A sagt, muß auch B sagen, nach meiner Ansicht ist halbes Vertrauen kein Vertrauen.«

»Nun denn, Vater Roblot, dieser Beutel, den Sie da auf dem Boden sehen, enthält meine kleinen Ersparnisse, die ich mir seit einem Jahre zurückgelegt. Sechshundert Franken, halb in Silber, halb in Gold. Bleibe ich auf dem Felde der Ehre, so bitte ich Sie, diese kleine Summe Thereses Mitgift beizufügen, die ich von heute ab zu meiner Universalerbin einsetze.«

Dieser neue Beweis seiner zärtlichen Fürsorge ließ Granatblüte unwillkürlich erzittern.

»Wie, Julian,« rief sie, »Sie scheiden mit der trüben Ahnung, uns nicht wiederzusehen? Ich erkläre Ihnen ganz offen, daß ich das Geld niemals anrühren werde, wenn Sie nicht mehr zurückkehren sollten. Um eine Gunst jedoch möchte ich Sie bitten, wenn Ihre Zärtlichkeit sie mir bewilligen kann ,... Vielleicht darf ich aber gar nicht darauf hoffen ,...«

»Eine Gunst, Therese, eine Gunst sagen Sie?« wiederholte der junge Mann lebhaft und drückte die Hand seiner Verlobten innig, »wie könnte ich Ihnen etwas versagen? Sprechen Sie, Therese, sprechen Sie, und was es auch sei, so betrachten Sie es als bereits zugesagt. Ist es mein Blut, mein Leben? Gehört denn nicht alles, was ich besitze, Ihnen?«

»Dies Medaillon, das Porträt Ihrer Mutter ,...«

»Nun, was ist damit?«

»Ich möchte es als ein teures Andenken stets tragen. Bei Ihrer Rückkehr gebe ich es Ihnen wieder zurück, und bis dahin werde ich wenigstens den Trost haben, mich immer in der Begleitung eines Gegenstandes zu sehen, der Ihnen so kostbar ist.«

Da hängte Julian dem Mädchen das Medaillon um den Hals mit den Worten: »Hier haben Sie das Bild, das in meinen Augen alle Schätze der Welt aufwiegt. Therese, ich vertraue es Ihnen an. Tragen Sie es zu meinem Gedächtnis, zum Andenken an meine Mutter, die ja auch Sie so sehr liebte.«

Granatblüte drückte ihre jungfräulichen Lippen auf das Porträt und ließ es dann auf ihren Busen niedergleiten.

»Hier, Julian, werden Sie es wiederfinden ,... hier ,... hier soll stets sein Platz sein.« Sie wandte ihr Gesicht zur Seite, um die hervorbrechenden Tränen zu verbergen.

»Ei zum Teufel,« rief Vater Roblot, der von der Psychologie der Liebe wenig verstand, »wollt ihr euch etwa im Weinen Unterricht geben? Laßt das jetzt sein. Trocknet eure Tränen, und wir wollen zu einer anderen Beschäftigung übergehen. Die Sachen wären ja nun soweit eingeleitet, Julian. Sie sind Thereses Herz gewiß, sie des Ihrigen ebenfalls. Sie scheiden so fröhlich und munter wie ein Schwarm Finken und so leicht wie ein Rudel Damhirsche. Jetzt muß ich Ihnen noch ein paar Verhaltungsmaßregeln mit auf den Marsch geben, die mich meine Erfahrung gelehrt hat. Fünfundzwanzig volle Dienstjahre, sieben Feldzüge und ein halbes Dutzend Blessuren, die ich gern gegen das Ordensband eingetauscht hätte, das der kleine Korporal kürzlich erfunden hat, geben mir wohl ein Recht, Sie darauf vorzubereiten, wie Sie sich in dem edlen Beruf, dem Sie sich widmen wollen, zu verhalten haben. Setzen Sie sich also einen Augenblick, mein lieber Rekrut von Schwiegersohn, und hören Sie mir ein wenig zu.«

Julian war es allerdings wenig um die militärische Vorlesung Vater Roblots zu tun, aber er nahm doch einen Stuhl, setzte sich an Thereses Seite, und der alte Soldat begann, nachdem er mit der Hand über die Stirn gefahren, wie einer, dem eine Menge von Gedanken im Kopfe herumgehen, also:

»Es gibt gar herrliche Berufe in der Welt. Ein Schriftsteller zum Beispiel, ein Porzellanmaler, ein Weinhändler, ein Klempner und Lampenfabrikant, sehen Sie, das sind lauter Gewerbe, die ihren Mann ernähren und seine Kinder erziehen. Diese Gewerbe sind ehrenwert und einträglich, allein zwischen denen, von denen ich da spreche, und dem Soldatenberuf ist ein ebenso großer Unterschied wie zwischen einem Zuckerhut und dem Invalidendom. Der Soldat, verstehen Sie, Julian, ist alles, die Bürger sind nichts, sie können am Ende gar nicht einmal ohne ihn überhaupt existieren. Wenn der Schriftsteller ruhig seine Theaterstücke schreibt, wenn der Porzellanmaler in Ruhe arbeitet, wenn der Klempner und Lampenfabrikant seine Seier und Zuglampen nach neuestem Muster im Frieden herstellt, so haben die das alle nur dem Soldaten zu verdanken. Wenigstens ist das meine Meinung. Mag er nun den äußeren Feind bekämpfen oder nur im Innern der Stadt zur Nachtzeit Ordnung halten, der Soldat ist zum Heil und Wohl aller geschaffen. Und was ist die Triebfeder des Soldaten, daß er sich so freudig den Kanonen- und Flintenkugeln, der Kälte, der Hitze, dem Wind, dem Regen und anderen mehr oder minder üblen Wurfgeschossen, den unausbleiblichen Begleitern der Strenge der Jahreszeiten und der Kommandierenden, aussetzt? Die Ehre. Julian, weiter nichts als die Ehre. Denn nicht um die Bagatelle von den fünf lumpigen Sous, die das Vaterland großmütig einem jeden seiner Verteidiger aussetzt, macht sich der ein Vergnügen daraus, im Schnee zu schlafen, mit Hunger und Durst zu kämpfen und obendrein sich noch totschießen oder, was noch schlimmer ist, sich ein Teil von seinem eigenen Fleisch und Blut abhauen zu lassen. Die Ehre ist es, ich sage es nochmals, einzig und allein die Ehre, die den Soldaten aufrecht erhält, die ihn begeistert und antreibt, sie ist es, was den Soldatenstand, dem es gar oft an Salz und Schmalz gebricht, zum ersten von allen freien Berufsarten macht.«

Der Klempner erhärtete seine Behauptungen durch eine Unmenge von Beweisen, die Julian gutmütig über sich ergehen ließ. Dann fuhr der alte Soldat fort: »Ein Regiment, mein lieber Julian, ist eine Welt im Kleinen, in der man einer Unzahl der verschiedensten Charaktere begegnet. Ich darf Ihnen wohl nicht verhehlen, daß gute Naturen sich im Militär ebenso selten finden wie beim Zivil. Da trifft man Duckmäuser, Prahlhänse, Egoisten und Brauseköpfe, und diese Brauseköpfe sind weiter nichts als Leute, die offene Türen einstoßen. Stellen Sie einen solchen auf die Probe, so zieht man gleich vom Leder. Man braucht nicht erst ein halbes Jahr den Fechtboden zu besuchen, um den Säbel zu handhaben. Ein junger Mann, der Mut hat, steht viel fester da als der älteste Klopffechter.«

»Wie, mein Vater, Sie raten Julian, sich zu schlagen?« rief Granatblüte besorgt aus. »Wenn Sie jemals einen Zweikampf bestehen müssen,« wandte sie sich nach Roblots spöttischen Worten an Julian, »so denken Sie nur immer an mich, und dann seien Sie sicher, daß Ihnen kein Unfall zustoßen wird.«

Ohne es zu wissen, hatte da das liebe Mädchen den edlen Gedanken ausgesprochen, den der große Corneille dem Lied in den Mund legt:

»Siegreich entgehst du dem Kampf, denn der Preis ist Ximene.«

»Es wird nicht lange dauern, Julian,« fuhr der Klempner wieder wohlgemut fort, »so werden Sie Unteroffizier. Ihre Haltung, Ihre Bildung sowie Ihre Führung im Truppenkörper berechtigen Sie zu dieser Hoffnung. Erst einmal Brigadier oder Wachtmeister, dann kommt es auch nur auf Sie an – –«

»Heimzukehren und Therese zu heiraten«n unterbrach Julian geschickt des Alten Luftschlösser.

»Bravo, so ist's recht,« meinte der Alte lächelnd, »da sieht man wieder, wohin der Ehrgeiz führen kann. Der Appetit kommt beim Essen. Sind Sie Unteroffizier, dann trachten Sie nach den Epauletten.«

»Ich trachte nach Therese, Vater Roblot. Was frage ich nach den Graden, nach Epauletten und Ehren. Gibt es für mich denn einen begehrenswerteren Titel, als Thereses Gatte zu heißen?«

»Handeln Sie immer, wie Sie es für gut halten, mein lieber künftiger Schwiegersohn,« entgegnete der Klempner, »Sie haben in dieser Beziehung schon einmal den Zügel um den Hals. Haben Sie keinen Ehrgeiz, nun, um so besser für Sie, denn Ihre Liebe leidet dann weniger Not, und wir sehen Sie um so früher wieder bei uns. Und sehen Sie, schon der griechische Philosoph hat auf lateinisch gesagt: l'ambition perlus perla perd l'homme, der Ehrgeiz richtet den Menschen zugrunde.«

Der alte Soldat setzte seine guten Ermahnungen und Lehren noch eine ganze Weile fort, und es hing nur von Julian ab, in ein paar Stunden sämtliche Rechte und Pflichten des Soldaten vom Korporal bis hinauf zum Marschall auswendig zu lernen. Doch der junge Mann hatte für die Reden des Veteranen nur ein halbes Ohr, er wandte kein Auge von Granatblüte und suchte aus den Blicken seiner Verlobten einen Teil jener Ruhe und Festigkeit zu schöpfen, mit der sie in so hohem Grade begabt war, und deren er selbst so sehr bedurfte.

Um den Abschied seines Schwiegersohnes in spe würdig zu feiern, hatte Vater Roblot einige seiner vertrautesten Nachbarn eingeladen. Alle stellten sich pflichtgemäß ein und beglückwünschten Julian d'Hervilly während des Mahles zu seinem heldenmütigen Entschluß, allein trotz der einstimmigen Lobsprüche, trotz der bacchisch-patriotischen Lieder des Klempners nahm der Abend einen recht trübseligen Verlauf. Denn ein Fest, das einer Trennung vorausgeht, kann niemals fröhlich sein.

Als sich gegen elf Uhr die Gäste empfohlen hatten, wandte sich der alte Soldat wieder an Julian. »Ei, mein Junge, Sie haben mir wohl Ihre Marschroute gezeigt, aber ich habe gar nicht aufgepaßt, auf welchen Tag Sie Ihre Abreise festgesetzt haben.«

»Auf morgen früh«, entgegnete Julian kalt.

»Morgen früh ,... so,« wiederholte der Klempner erstaunt, »nun, da werde ich Sie begleiten.«

»Nein, Vater Roblot, ich danke Ihnen und bitte Sie, sich nicht stören zu lassen,« erwiderte der frischgebackene Soldat verbindlich, »das ewige Abschiednehmen macht mir das Herz nur schwer und führt doch zu nichts. Ich verlasse Sie jetzt wie gewöhnlich, um Sie nicht wiederzusehen, bis ,... Was weiß ich, wann ,...«

»Aber ich will es so haben«, beharrte der Alte.

»Hören Sie mich an, Vater Roblot. Ehe ich Paris verlasse, muß ich noch einen letzten Besuch machen, ein letztes Lebewohl sagen.«

»Therese?« fragte der Klempner gespannt.

»Nein, jemand anders. Es gibt Tränen, die man vor niemand außer Gott vergießt.«

»Eine Tränenvisite also«, schloß der alte Soldat nachdenklich. »Wem gilt sie denn?«

»Dem Grabe meiner Mutter«, antwortete Julian weich.

Vater Roblot senkte das Haupt und bestand nicht länger mehr auf seinem Verlangen. Ein Augenblick des Schweigens folgte, dann sagte er:

»In diesem Falle umarmen wir uns und dabei soll es bleiben.«

Er rief Frau und Tochter herbei, die gerade aufräumten. »Madame Roblot, Herr Julian reist morgen früh ohne Aufenthalt ab, er möchte daher dir diesen Abend noch einen guten Morgen wünschen.«

Granatblüte war auf solche Worte durchaus nicht gefaßt, und wie vom Blitz getroffen ließ das arme Mädchen eine Salatschüssel ihren zitternden Händen entgleiten, die laut klirrend auf dem Boden zerbrach.

»Bomben und Granaten, da haben wir einmal das Schlagrohr, bis die Bombe platzt«, sagte der Klempner leise, während er unruhig um sich schaute.

Frau Roblot, die mitangesehen hatte, wie ihre Tochter erbleichte, die Augen schloß und zu wanken anfing, schloß diese in ihre Arme, während Julian der Liebsten krampfhaft zitternde Hand ergriff und seine glühenden Lippen darauf preßte. »Leben Sie wohl, Therese, leben Sie wohl. Gedenken Sie meiner, Therese, wir sehen uns wieder. ,...«

Das Mädchen antwortete nicht. Ihr Köpfchen ruhte auf dem Busen der Mutter, und sie stotterte nur ein paar zusammenhanglose Worte, die niemand verstehen konnte.

»Leben Sie wohl, Vater Roblot,« drückte Julian die Hand des guten Mannes, »leben Sie wohl und erinnern Sie sich unseres gegenseitigen Versprechens.«

»O ganz gewiß, immer und in alle Ewigkeit«, erwiderte der alte Soldat und fuhr verstohlen mit seinem Rockärmel über die feuchten Augen. Und ohne Madame Roblot zu umarmen, stürzte Julian zur Stube hinaus, wie ein Betrunkener, der nicht mehr weiß, was er tut.

Als der junge Mann in seine bescheidene Wohnung zurückgekehrt war, legte er sich erst spät zu Bett, ohne jedoch schlafen zu können. Der Liebende dachte nur an seine Geliebte, der Künstler nur an seine Arbeiten, die er nun verlassen mußte, der neue Soldat an die Laufbahn, die vor ihm lag und die er jetzt durchlaufen sollte.

Am andern Morgen bei Tagesgrauen begab sich Julian auf den Friedhof Père-la-Chaise und betete lange und inbrünstig am Grabe seiner Mutter. Dann machte er sich über die Barriere von Pantin auf den Weg nach Straßburg. Auf dem kleinen Hügel von Croix du Puits, von wo aus man einen herrlichen Blick auf die im Tale liegende Hauptstadt genießt, wandte sich Julian d'Hervilly zum letzten Male um, schaute zum Himmel empor und rief mit schmerzerstickter Stimme aus: »Lebe wohl, Paris, dir lasse ich, was mir das Teuerste auf Erden ist: die Asche meiner Mutter und Thereses Liebe. Bewahre sie mir treu bis zu meiner Rückkehr ,... wenn ich jemals wiederkehre ,...«


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