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Durch das Braten wird nichts, als gerade nur der Braten gewonnen; aber durch das Sieden gewinnt man außer dem zu siedenden und gesottenen Fleisch auch noch die Brühe des Gesottenen, deren Verwendung äußerst mannigfaltig ist.
Nationen, welche, wie die englische, eine zwar lobenswerte, doch einseitige Vorliebe für das Gebratene gefaßt haben, pflegen gegen das gesottene Fleisch ein Vorurteil zu hegen. Auch ich stimme der Meinung berühmter Ärzte bei, daß ein zu sehr verkochtes, fast bis auf die bloße Fiber eingesottenes Fleisch durchaus keine nahrhafte und nicht einmal eine schmackhafte Speise abgeben könne. Aber glücklicherweise läßt sich durch ruhiges, verständig bemeistertes Sieden ein gedoppelt erfreuliches Resultat, gute Brühe und saftreich gesottenes Fleisch hervorbringen.
Will man überhaupt auf die Brühe verzichten, so wird man wohl tun, ein gegebenes Stück Fleisch in ein mehrmals ohne Seife durchgewaschenes Tuch fest einzubinden, oder noch besser einzunähen, und es dann so lange zu sieden, als die Dicke und Art des Fleisches erfordert. Auf diese Weise pflegen die Engländer ihr boil'd mutton, auf Deutsch, ihre gesottene Hammelkeule, zuzubereiten, ein ebenso saftiges als nahrhaftes Gericht. Ich rate, einer solchen Zurichtung, nach der jedesmaligen Dimension in die Breite oder Dicke des Stückes, eine zwölf- oder vierundzwanzigstündige Einsalzung vorangehen zu lassen, weil man es während der Bereitung selbst nicht mehr nachsalzen kann. Allein es wird auch das Gesottene selbst nach den Umständen durch die Flüssigkeit, in der es gesotten wird, gewinnen können, weil es während des Siedens ebensoviel einsaugt als abläßt. Aus diesem Grunde gerät alles in kräftiger Fleischbrühe Gesottene höchst schmackhaft, wie die Hühner aus dem Kessel, den man zu Paris unausgesetzt im Sieden erhält, oder wie das Donkinsche Patentfleisch, welches im eigentlichsten Sinne in kräftiger Fleischbrühe eingemacht wird. Daß Gesalzenes in Milch abgesotten lieblicher werde, bemerkt schon Apicius. Man siedet den Schinken auch in Wein oder mit gewürzhaften Kräutern und Spezereien in Wasser.
Es ist noch ungleich größeren Schwierigkeiten unterworfen, die Fische, als das Fleisch zu sieden. Ein kunstgerechtes Sieden der Fische wird an den meisten fischreichen Ufern, vorzüglich aber in Holland, durch eine stumme Überlieferung in allen Klassen der Gesellschaft fortgepflanzt und erhalten, während es an anderen Orten häufig selbst den berühmtesten Köchen mißlingt.
Vergeblich habe ich mich bemüht, der Theorie vom Sieden der Fische auf den Grund zu kommen. Die Art und die Größe der Fische, das Wasser, in dem sie gelebt haben, die Zeit, die seit ihrem Ableben verflossen, die Witterung, das Wasser endlich, in dem sie gesotten werden sollen, bringt bei jedem neuen Versuche neue Erscheinungen hervor. Die Kunst, die Fische gut, das heißt vollkommen gar, doch nicht auseinander zu kochen, beruht daher auf einer Feinheit des Taktes, der dem Koche schon zur anderen Natur werden muß, wie dem Holländer oder jenen neapolitanischen Fischern, die Winters an die toskanische Küste zu kommen pflegen.
Beim Sieden der Fische kann zweierlei beabsichtigt werden: das eine, den Fisch selbst gar zu machen; das andere, eine gute Fischbrühe zu gewinnen. Im ersten Falle muß gerade, weil man auf die Fischbrühe verzichtet, vorzüglich dahin getrachtet werden, dem Fleische des Fisches seinen tierischen Leimstoff zu erhalten. Dieses geschieht, wenn man den Fisch nicht eher in das Wasser einlegt, als bis dasselbe den höchstmöglichen Grad der Siedehitze erreicht hat. Denn die jähe Hitze zieht die Außenseite des ganzen Fisches oder seiner einzelnen Stücke schnell zusammen und verhindert mithin das Auslaugen, welches stattfinden würde, wenn man den Fisch mit kaltem oder lauem Wasser ans Feuer bringen wollte. Aus demselben Grunde muß man die Fische nicht etwa in kaltem Wasser liegen lassen, nachdem sie gereinigt und ausgeweidet worden, wovor ich schon oben gewarnt habe. Doch mit Ausnahme einiger Seefische, welche durch vorangehende leichte Ansalzung sich wesentlich verbessern, daher vor dem Sieden wiederum zu wässern sind; gleich dem Kabliau, den die Holländer stets in Scheiben schneiden und wenigstens auf einige Stunden einsalzen.
Seefische geraten am besten im Seewasser, wenn man dieses gerade haben kann.
In einigen Gegenden von Deutschland siedet man alle Fische mit Zwiebeln, Essig und Pfeffer ab. Obgleich dies nicht geradezu schlecht ist, so hebt es doch den Unterschied des Geschmackes von einem Fische zum andern auf. Einige ganze Pfefferkörner pflegen übrigens, eben wie ein reichliches Salz, keinem Süßwasserfische zu schaden. Mit Essig pflege ich Forellen und Lachse nur alsdann abzusieden, wenn ich sie mehrere Tage hindurch unter einfachem Fischgallerte erhalten will. In einigen Gegenden liebt man die Forelle in gutem Wein abzusieden, was zwar nicht übel ist, doch einer Forelle aus den Hochgewässern vieles von der unbeschreiblichen Feinheit ihres Geschmackes benimmt. Ich würde immer vorziehen, sie in ihrer eigenen Brühe aufzutragen und nichts anderes als frische Butter und gutes Brot dazuzugeben.
Süßwasserkrebse können mit kaltem Wasser angesetzt werden, weil ihre Schale sie schützt. Indes halte ich es für ein Vorurteil, daß sie auf diese Weise schmackhafter geraten sollen. Einige sieden die Krebse mit Pfeffer, Salz und Kümmel. Mir schien dieser Zusatz passend; andere mögen sich nach dem Geschmack ihres Tischherrn richten.
Seekrebsen der größeren Art, als dem Hummer, der Lokuste und dem Taschenkrebse, muß man das Maul und den After mit etwas Kork verstopfen, damit das Wasser nicht eindringe und das Fleisch auslauge. Dieses empfiehlt schon der mehrerwähnte Bartolommeo Scappi. Strandkrebslein siedet man geradezu in Seewasser und bestreut sie, wenn sie gesotten sind, reichlich mit Salz.