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Das Abc des Umlernens

Im November 1790 kam Josephine mit der kleinen Hortense nach Frankreich zurück, das sie im Juni 1788 verlassen hatte. Daß wieder kühle, regenstürmende Zeit war wie das erstemal, verdroß sie diesmal nur im Hinblick auf ihre und Hortensens Garderobe, die lediglich in den paar an Bord zusammengeborgten und zurechtgeschneiderten Kleidern und Wäschestücken bestand, die zusammen ein recht mageres Bündel Reisegepäck für die Post nach Paris abgaben. Man fror ein bißchen; das Kind saß eng an die Mutter geschmiegt und in deren Umhang mit eingewickelt. Josephine horchte jetzt auf jedes Gespräch der Mitreisenden, stellte Fragen, verstand nicht recht, horchte weiter und kam allgemach in die Erregung, an die Frankreich sich derweil schon zu gewöhnen begonnen hatte.

Als Josephine fortgegangen war, war noch die vom Könige innerhalb der nächsten fünf Jahre verheißene Einberufung der Generalstände eine Sache für die Leute gewesen, die das Politisieren aus Beruf oder Liebhaberei trieben. Indessen waren die Generalstände längst zusammengetreten, hatten ihre ungeheuerliche Umschichtung vollzogen und waren zur Nationalversammlung geworden, zu Hirn und Herz der Nation. Indessen hatten seit Menschenaltern zum ersten Male wieder die Sturmglocken über Paris geklungen, der Aufruhr hatte die Bastille hinweggefegt, und am ersten Jahrestag ihrer Eroberung hatten die Abgesandten von ganz Frankreich auf ihren Trümmern getanzt. Und Josephine wußte nicht einmal jetzt, da die erste, die große Revolution vollendet war und die zweite, kleinere, begonnen hatte, sechzehn Monate später, wer Camille Desmoulins und die anderen Männer waren, deren Namen sie von Mitreisenden nennen hörte, als seien das immer dagewesene Namen. Mehr denn zwei solcher Jahre, wie deren die Jahrhunderte wenige kennen, hatte Josephine am letzten Rande der Welt gelebt. Und nun kam sie zurück, noch voll ihrer in der Abtei von Panthémont erworbenen Erziehung zur Gesellschaft und noch voll der Entschlossenheit zu vergnügtem Mitsein mit heiteren, gesittet-genußfrohen Leuten von Welt – und schon in der Postkutsche ahnte ihr von Relais zu Relais heftiger, daß sie in etwas unfaßbar Verändertes hineingeraten sei. Sie hatte sich damals, da sie als ein unwissendes kleines Provinzmädchen in der Rue Thévenot zum ersten Male eine der Konversationen mit angehört hatte, bei weitem nicht so unwissend gefühlt als jetzt, da sie die Gespräche in der Diligence hörte, voll von den allen bekannten Ereignissen und Namen, von denen nur sie nicht wußte. Den Mitlebenden solcher Jahre, mag ihre Natur noch so widerspenstig allem Politischen abhold sein, gehen die Wandlungen in Staat und Gesellschaft nicht mehr als Politik, sondern als ein Stück Leben aus jedem Gespräch, ja aus der Atemluft ins Wesen ein: jeder ist ein Stück dieser Wandlung, oder vielmehr diese selber ist, was mit den Einzelnen zusammen geschieht. Josephine kam zurück wie ein Schüler, der vom Unterricht weggeblieben ist, da man eben das Deklinieren zu lernen begann, und der bei seiner Wiederkehr die Klasse etwa schon bei der Lektüre des Bellum Gallicum findet; oder wie etwa ein Deutscher, der jahrelang in irgendwelchen Urwäldern lebend etwas von einem Kriege raunen gehört hätte und übergangslos in das Berlin jenes Nachher, da selbst die Bettler mit Millionen rechneten, versetzt worden wäre. Aber Josephine war jung, siebenundzwanzig Jahre alt, unverbraucht, und in solcher Lebensgier ist unvermeidlich Lernlust mitbeschlossen. Als die Postkutsche sich Paris näherte und die Nationalgarden mit ihren blauweißroten Kokarden, die ersten, die Josephine sah, an den Wagenschlag kamen, war das Gefühl vom Abenteuerlichen schon stärker als das Beängstigende in ihrer Erregung.

Vor allem wollte sie in Paris bleiben, Umschau halten, sich zurechtfinden lernen. Dann mußte sie sich und Hortense ja auch ausstatten; sie kamen wie Zigeuner an. Die Kleine hatte noch die klobigen Schuhe eines Schiffsjungen an den Füßen. Zum Glück hatte sich bei der Tante Renaudin ein bißchen Geld für sie angesammelt. Josephine stieg in einem Gasthofe ab, in dem ehedem gern Reisende von Stand Quartier genommen hatten. (Vermutlich kam Madame Renaudin nach Paris, brachte der Nichte das erbetene Geld, führte Hortense zum Vater und nahm sie dann mit sich nach Fontainebleau.) Und Josephine hielt Umschau in der schwer verständlichen Welt. Es scheint, daß ein hübscher und imposanter Landsmann von den Inseln sich ihr vor oder während der Reise zugesellt hatte, ihre Gefühle eine Zeitlang beschäftigte und – selber ein Entdeckungsreisender in diesem so ungeheuerlich anders gewordenen Frankreich – ihr ein wenig Halt und Deutung zu geben sich bemühte. Vielleicht hat er die Verbindung zu der Schwägerin hergestellt, der von ihrem Gatten, dem Bruder Alexandres, seit kurzem getrennt lebenden Marquise de Beauharnais, die Josephine nun fürs erste Unterkunft bot (und auch dem neuen Freunde Josephinens in einem ihr gehörigen Nachbarhause eine Wohnung vermietete).

Die Gastfreundschaft der Schwägerin erwies sich als höchst vorteilhaft, vor allem darum, da sie Josephine die Gelegenheit bot, in einem guten Rahmen vielerlei Bekanntschaften machen zu können. Die junge Marquise war die Tochter jener »berühmten« Fanny Beauharnais, die zur Gabe, mühelos Verse zu schreiben, eine völlige Hemmungslosigkeit in der Stoffwahl für sie besaß; sie war bürgerlicher Herkunft, hatte mit einem großen Vermögen heftigsten Ehrgeiz in die Ehe gebracht, war hübsch, bedenkenlos und von jedem klingenden Namen zur Verliebtheit entzündet, schrieb Schlüsselromane von naiv-raffinierter Schamlosigkeit und schmückte ihre durch allzu viele Jahre flackernden Feuerchen aus Lüsternheit und Ambition mit mythologisch ausstaffierten faustdicken Lobpreisungen und ebenso maßlosen lyrischen Anklagen unverkennbarer Personen aus. Sie kannte natürlich alle Welt, und wie wenig auch die Tochter mit ihr sonst gemeinsam haben mochte, war sie doch Nutznießerin dieser vielfältigen Beziehungen. Daß die Marquise sich nun der Schwägerin annahm, geschah um der Ähnlichkeit der Lebenssituation willen sowie aus Groll gegen ihre Vettern, den reaktionären François sowohl, der ihr Gatte war, wie den eitlen Alexandre, der nun seines Bruders heftiger politischer Gegner geworden war. Josephine sah jetzt endlich viele Menschen. Und wenngleich ihre Lebhaftigkeit noch nicht den Weg zur befreiten Unbefangenheit des Umgangs gefunden hatte, war sie in ihr doch schon hellwach, zu beobachten und zu lauschen. Sie wird von etlichen, die ihr in dieser Zeit begegnet sind, als eine der unauffälligen kleinen Damen geschildert, die in jedem Salon zu treffen sind. Wahrscheinlich war sie weniger sicher in ihrer Manierlichkeit als die Mehrzahl von diesen (obgleich eben jetzt schon Frauen in diesen aristokratischen Salons anzutreffen waren, die zwei Jahre zuvor gesellschaftlich noch nicht vorhanden gewesen waren); und bestimmt hatten sämtliche Frauen, denen Josephine jetzt begegnete, vor ihr noch die Kenntnis der neuen Verhältnisse voraus. Aber das dauerte nicht lange.

Im Sinne jenes Ausspruches, daß Männer sich für Sachen, die Frauenzimmer sich für Personen interessieren, war Josephine ein rechtes und echtes Frauenzimmer. Mit dem ganzen Brio ihrer Lebendigkeit warf sie sich darauf, »die Zeit« zu erfassen, wie sie sie verstehen konnte: durch die Personen und was an ihnen von den Veränderungen allgemeiner Art zu Persönlichem geworden war. Und hier war sie wiederum den Damen der alten Gesellschaft gegenüber beträchtlich im Vorteile. Denn die alle hatten ein längeres oder kürzeres Stück Leben lang schon geübt und gelebt, was Josephine gerade nur theoretisch und grundsätzlich gelernt hatte (und wie eine Natur von dieser Art es mit Theorien und Grundsätzen halten konnte, mag ja jetzt schon zu erraten sein). Die anderen hatten Beispiel und Experiment gesehen, ehe die Folgerungen als Lehren ausgesprochen wurden, wie man Kindern die Naturlehre erst mit der Vorführung von Phänomenen anschaulich beibringt und dann daraus die Gesetze ableitet; Josephine hingegen kannte Gesetze und Lehren, die durch kein Beispiel gestützt waren – und kam nun ins Laboratorium, und die so neuen Experimente verstellten ihr schnell die vorweggenommenen Lehren, die jetzt erst vorgeführten Beispiele korrigierten den von der letzten Bank aus gesehenen Anschauungsunterricht im Kloster Panthémont auf die überraschendste Art. Auf die völlig unerwartete Nachricht von der Erstürmung der Bastille hatte Ludwig XVI. ausgerufen: Das ist Aufruhr! Worauf ihm der Herzog von Liancourt erwidert hatte: Nein, Majestät, das ist Revolution! Wenngleich nicht wenige unter den Männern, die Josephine jetzt in Gesellschaft traf, diese Revolution machten und zu führen glaubten, zog es die Gesellschaft selber doch vor, das Geschehende in anzuerkennende oder abzulehnende Einzelheiten zerlegt zu sehen und das schicksalvoll Ganze und Zusammengehörige dieser Einzelheiten nicht wahrhaben zu wollen. So lernte Josephine jeden Tag Einzelheiten (wenn das Wort lernen überhaupt hier angebracht ist), die in sie einwuchsen und sie zu einem der unzähligen Bestandteilchen der Revolution machten, einem der winzigen Stückchen Rohmaterials, an denen ein Menschheitsgeschehen sich vollzieht und die dann darin auch ihr eigenes Schicksal haben.

Schmerzlich genug war gleich die Erfahrung, daß Josephine nicht mehr die Vicomtesse, sondern einfach die Bürgerin Beauharnais heißen sollte. Daß dieser Abschaffung der Titel jene Nacht des 4. August vorausgegangen war, in der wirklich Großherzige und andere einfach Mitgerissene sich selber ihrer Privilegien entäußert hatten, bedeutete für Josephine weit weniger als der Verzicht auf den hübschen Titel, den sie mit einer bitteren Ehe bezahlt hatte. Die Nationalisierung der Kirchengüter war ihr wie anderen nicht viel mehr als ein beliebter Gesprächsstoff, und wie es sich mit den daraus hervorgegangenen Assignaten verhalte, war vorläufig, da man mit ihnen noch alles kaufen konnte, kein Problem. Aber Probleme entstanden ja überhaupt nicht bei dieser sozusagen geistigen Umstellung, in der der naive Realismus hinnahm, was sich eben jetzt als Leben oder Welt darbot; mochte auch manches störend oder verdrießlich sein, so war anderes dafür wieder entschädigend komisch. Und solange sich aus allem zusammen eine angemessene Summe von Vergnüglichkeit ergab, ließ sich's schließlich auch mit dieser Revolution zurechtkommen. Josephine hatte weiß Gott keine absoluten Forderungen. Und wenn in Gesellschaft politische Debatten entstanden – das war eine der Neuerungen, daß es solche jetzt nur allzu häufig gab – und einer der Konservativen gegen den Wandel der Dinge wetterte, dann dachte Josephine: wenn es großen Leuten wie den Noailles, Liancourt und Larochefoucauld so recht ist und der König sich sogar selber hat die blauweißrote Kokarde anstecken lassen, warum sollte es dann schließlich nicht allen so recht sein?

Die meisten der Damen, die Josephine bei der Schwägerin kennengelernt hatte, luden sie ein; sie war immerhin die Frau dieses jungen Beauharnais, der in der Nationalversammlung so gut redete und von sich reden machte, überdies waren in diesen Salons als Staffage für die politischen Zierden »nette« Frauen nötig, manierliche, leidlich hübsche, die sich nicht wichtig machten. Josephine kam nun in viele Häuser und lernte auch eine Reihe der Größen verschiedenen Formats kennen, oder besser gesagt, sie sah sie und hörte sie sprechen. Um diese Zeit hatte die Parteienbildung in der Nationalversammlung bereits begonnen, doch konnte man noch Angehörigen der Rechten wie der Linken in denselben Häusern begegnen, etwa kämpferischen Konservativen wie dem Abbé Maury, oder dem Gemäßigten Clermont-Tonerre neben den »die Triumvirn« genannten Radikalen der Linken, die damals noch Nationalpartei hieß. Von diesem Zusammenwirken Duports, Barnaves und Alexandre Lameths sagt ein Historiker, es sei besonders charakteristisch für die Zeit, daß der aus der Mittelklasse kommende Advokat, der Gerichtsrat, der von Gens de robe, aus einer Art Beamtenadel, herkam, und endlich der hochadelige, dem Hofe nahestehende Oberst Lameth sich solcherart zum Wirken fürs Gemeinwohl zusammengetan hatten.

Eines Tages stand Josephine plötzlich Alexandre Beauharnais gegenüber. Alexandre war höflich, ja freundlich. Seine Erfolge füllten ihn völlig aus. Und da Josephine ohne sein Dazutun eingeladen wurde und auch ihr Äußeres jetzt seine Empfindlichkeit nicht mehr verletzte, war er sogar ganz zufrieden, ihr zu begegnen und unter der Maske des vielgeplagten und schwere Verantwortung tragenden Politikers ihr etwas von seinem neuen Glanze vorzuführen. Josephine genoß das neue Vergnügen, eingeladen zu werden, begierig; sie nahm jede Einladung an, und erfuhr sie einmal, daß sich in einem ihr bekannten Hause Menschen zusammenfanden, ohne daß man sie dazu gebeten hatte, so war ihr, als ob sie ganz Wichtiges versäumte. Sie begegnete auf diese Art Alexandre jetzt öfter; hatte er eine gut aufgenommene Rede gehalten, so versäumte er nicht, sich nachher in einflußreichen Salons zu zeigen und Glückwünsche entgegenzunehmen. Mit Josephine sprach er von den Kindern, verfehlte nicht, eine gut gewandete Bemerkung über die Erziehung zu den Bürgertugenden, auf die er nun schwor, einzuflechten und etwa seinen eigenen mühevollen Weg im Menschheitsdienste beispielhaft anzuführen. Zwar wollte Josephinens Humor sich dabei regen – aber etwas stand dagegen auf: sie hatte kein Urteil für Leistungen, so maßen sie sich ihr am Erfolge. Und daß Alexandre Erfolg hatte, war nun schon außer allem Zweifel. Als die Gerüchte von seinem politischen Aufstiege bis nach Trois-Ilets gedrungen waren, war er unter den Tagesberühmtheiten eben mitgenannt worden, die unter den ersten diese kühnliche Sprache geführt hatten. In der so vielfach aufgeschriebenen Geschichte der ersten Revolutionszeit ist jedoch noch wenig von ihm die Rede. Erst als der gewaltige Tribun der großen Zeit der Revolution, Mirabeau, starb, schienen sich die Maßstäbe zu verändern, und nun wurde auch Alexandre Beauharnais sichtbar. Er hatte sich freilich in diesen Jahren tüchtig umgetan, hatte den Argumentswert von Tatsachen für die Rhetorik erfahren, hatte seine Improvisationsgabe außerordentlich geschult und sich in die Überzeugung hineingesteigert, die zu vertreten eine so erfolgreiche Rolle geworden war. Seine wirklich nicht gewöhnliche Rednergabe und sein Schauspielerinstinkt für den richtigen Augenblick hatten ihn in den ersten Monaten des Jahres 1791 unter die besten Sprecher dieser konstituierenden Nationalversammlung gerückt (in der es doch so viele große Überzeugungen und Charaktere gab). Immerhin war es selbst noch für seine Freunde eine Überraschung, daß ihn die Versammlung im Juni zu ihrem Präsidenten ernannte. Dieser Erfolg war ein harter Schlag gegen Josephinens Meinung von Alexandre. Natürlich wußte sie, daß sie nicht mit ihm leben wollte; aber ihre sonstigen Anschauungen über ihn wurden für eine Weile ganz und gar schemenhaft, als das Ereignis eintrat, das den Präsidenten der Nationalversammlung, der Alexandre seit ein paar Tagen war, zu einer Persönlichkeit von ungeheurer Macht und Bedeutung machte. Als im Spätfrühling die Mehrzahl der Damen, die Josephinens gesellschaftliche Stützen geworden waren, ihre Salons geschlossen hatten, war sie wieder nach Fontainebleau zur Tante und dem Marquis gezogen, um hier mit den beiden Kindern den Sommer zu verbringen. Am Morgen des 21. Juni (dieses Sonnwendtags, an dem der Frühling der Revolution endete) war in alle Richtungen Frankreichs die Nachricht unterwegs, daß die königliche Familie in der Nacht heimlich Paris verlassen habe. Dieses Ereignis, das Alexandre für eine kurze Zeit zum ersten Mann im Staate machte, veränderte mit einem Schlage das trotz allem optimistische neue Antlitz von Frankreich. Den Nachrichten von massenhafter Emigration revolutionsfeindlicher Adeliger und der Brüder des Königs, von der wachsenden konterrevolutionären Bewegung im Klerus und endlich von der feindseligen Haltung der europäischen Mächte gegen das sich befreiende Frankreich hatte man immer noch die Bürgschaft entgegenhalten können, daß die Nation ihre Befreiung mit ihrem Könige vollzogen hatte. Trotz allem Schwanken im Verhalten des Hofes und der gelegentlichen kleinen, auf ihn ausgeübten Zwangsmaßnahmen hatte man Vertrauen in Ludwig XVI. gesetzt oder sich, wo es daran mangeln wollte, gesagt: Er ist doch da, in unserer Mitte! Nun war diese Bürgschaft dahin. Doch in diesem Buche können solche Ereignisse, wie bedeutungsvoll sie auch gewesen sein mögen, nur als der historische Ort angedeutet werden, an dem sich jeweils das Leben Josephinens und der für sie bestimmenden Menschen vollzog. So dürfen hier Flucht und Heimbringung der königlichen Familie samt allen Folgen nur insofern erwähnt werden, als sie der Anlaß zu Alexandre Beauharnais' größter Zeit waren.

Von dieser kurzen Zeit diktatorischer Gewalt und dem Eklat, den Alexandre ihr zu geben wußte, strahlte auch ein bißchen Gloriole auf seine Familie. Während man in Fontainebleau in diesen Tagen, in denen jeder Mensch in Frankreich den Namen Alexandre Beauharnais kannte, den kleinen Eugène den Dauphin nannte, wurde Josephinens Bekanntschaft von allen gesucht, die verbleichenden alten Rang und Namen an den Jungbrunnen neu aufkommender Macht zu bringen wünschten. Und Josephine genoß dies Gesuchtwerden von denen, die sie vorher kaum beachtet hätten, wie Alexandre jetzt seine dröhnenden Anklagen gegen die königliche Familie genoß, die zu allem anderen Unrecht das große gefügt hatte, von Alexandre Beauharnais' Dasein früher nicht Kenntnis genommen zu haben. In diesen kurzen Tagen der Macht, in denen Alexandre voll ungeheurer Spannung mit seinem gewaltigsten Pathos und einer rastlosen Tätigkeit wirkte, meinte er, sich unvergängliche Verdienste um die Nation erworben zu haben. In der Tat war sein Name ein allgemein bekannter geworden, so bekannt, daß sich an all sein künftiges Tun Erwartungen knüpfen mußten. Das aber ist nicht die Art von Verdiensten, die man sich in einer Revolution erwerben kann. Ihre Lorbeeren welken furchtbar schnell; und wer auf ihnen ausruhen will, ist kein Revolutionär. Und da die Revolution, wie einer bemerkt hat, sogar ihre echten Kinder zu fressen pflegt, wie sollte sie des Eindringlings schonen?


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